Paul Haller
S Juramareili
Paul Haller

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VIII

                     

Sächshundert Johr sind drüber gloffe gsi,
As d Äiggenossen i de höchschte Bärge
Am grüenschte See uf hertem Schwyzerbode
Für Rächt und Freihäit zämegstande sind.
Das sind no Manne gsi mit March im Rugge,
Mit Bluet im Härz und Munichraft im Lyb,
Mit Liebi gäge Chind und Wyb, mit Haß
Und Rach am Find, a sine Tier und Lüte.
Im Hergott händ si sini äigne Waffe
I Bärg und Wald vertlehnt; s het gchätzeret,
Wi wen de Roßbärg iez scho abe chem,
Und Roß und Harnisch sind im See versunke.
Di Junge händ no was dr Ätti ’glaubt,
Und niemer het uf d Syte ’dörfe stoh,
Wen disi ’bättet händ. Im ganze Land
Händ alli Freud gha oder alli ’briegget,
Und käine het sis Gras uf äigne Matte
Und Alpe gmäiht, de Bärg het allne ghört.
Wi d Chlätte sind si anenander ghanget,
Wi d Dischtle händ si gstoche gägem Find,
Wi d Rose ’blüehjt und obem Blüehje gchratzet.
Vo frönde Here händ si Laschte träit,
Bis s gnue gsi ischt; do händ si d Chöpf ufgrüehrt:
Iez träged sälber, wen si träit müend sy!
Es tapfers Wort isch nie vergäbe gsi
Im alte Schwyzerland, s het zündt und ’brönnt,
Und wen en Ma gsi wer, wo mit sim Gält,
Mit Zeis und schlächtem Loh de Nochber ’druckt
Und d Armet gschunde hätt, das tapfer Wort
Hätt tapfere Tate grüeft und Rächt wer worde.
43 Stolz sind si gsi, voll Laschter und voll Tuget,
Voll Fläcken und so hell wi Gletscherys.
Im Schwyzerwage händ si d Achse gschmiert
Mit Bluet und Schwäis, drum lauft er no wi ame;
Drum händ au i dr schönschte Summernacht
Vo allne Höchene di rote Für
Is Tal und gäg de bläiche Stärne zündt.
Vom Räinerbärg und ab dr Lägere,
Vo Gisli-, Wasserflueh, vom Wyßestäi,
Im Bärnischen und über Neueburg,
Durs Wattland y bis gägem Gämferegge
Händ d Jurabärge gflammt, en Fackelzug
Dr Schwyzergränze noh, und übers Land
Vom ewige Schnee, vom wyße Gletscherrugge
Vo tusig Alpespitz het s widerglüchtet,
E wunderbari großi Bundesfyr.
Us schwarzem Talgrund singe d Obeglogge
En Schwyzerpsalm; katholisch, refermiert,
S het alles zämeglütet, alles gstimmt.
Di ander Wält isch tief im Schatte gläge
Und het verstuunt i d Schwyzerbärge gluegt,
Wi s gwätterläinet het; im wyte Oschte
Händ armi Buren ufem herte Bett
De Chopf ufgha, und wo si d Chettene
A Hals und Arme wider abezieht,
So händ si doch vo Rächt und Freihäit traumt.

Am Morgen ischt es luschtigs Fescht verwachet.
Kanunneschütz händ s gweckt; mit blauen Auge
Het s ab de Bärge gluegt und d Möntsche gsägnet,
Und d Morgesunne het di goldige Chränz
Um d Hüser gwunde. Lang scho vor mittag
44 Sind d Schuelerchind an allen Egge gstande.
Wyß, rot und blaui Sundigröck und Hüet
Händ durenand bim Brunne näb dr Schuel
Es luschtigs Wäse gha. En fräche Bueb
Ischt über d Stroß de Mäitlene cho rüefe:
«Hütt chöme d Buebe z erscht, grad no dr Musig,
Und d Mäitli müend an Schwanz!» Er het no glachet
Und Gyrigäbi gmacht, do chunnt vom Brunne
En lange Wasserstrahl, es Jubelgschrei:
«Do hesch fürs Murre, Studerannihans!
Iez chauscht jo z vorderscht mit dim nasse Huet!»

Zweu Buebli sind am Schuelhusegge gstande,
Wo d Stäge gägem Turnplatz abegoht.
De Fritz nimmt d Batze vüre: «Lue do, Sämi,
Feuf Batze het mr eusi Mueter ’geh.
Gäl, du hescht nume zwee?» De Sämi längt
In Hosesack, wird totebläich im Gsicht
Und säit: «I ha si nümme, sind verlore.»
So tonlos, troschtlos het er s gsäit, so sur
Isch s Mul verrisse gsi, so dicki Tröpfe
Händ us den Auge ’druckt, as vo de Buebe
Nid äine glachet het. S ischt alles cho,
Wi d Fleugen um es Liecht, für hälfe z sueche.
Im Gras und i de Stäine händ si gluegt
Und ufem Turnplatz bis an Brunne vüre.
S ischt alls vergäbe gsi. Wo s d Schwöschter ghört,
So chunnt si z springe: «Wart iez aber nume,
I säg s im Vatter!» Do het s Läbe ’geh:
«Für was im Vatter? Du bischt iez e Rätsch!»
«E Rätsch, e Rätsch!» händ alli Buebe grüeft.
Das het de Sämi grettet. Rot vor Täubi
45 Isch d Schwöschter wider furt. Di chlyne Buebe
Sind zämegstanden unden a dr Stäg,
Und jede het en Batze ’geh vo syne.
So het de Sämi s drüfach übercho
Für syni zwee, us Solidarität
Und rächter Chinderäiggenosseschaft.

Di Alte sind cho z trampe. Schaare Lüt
Sind umegstande; Buebe, won uf d Mäitli
Und Mäitli, won uf d Buebe gspienzlet händ.
Den isch de Zug dr Musig noh durs Dorf
Und obsi gägem Feschtplatz underem Bärg.
D Kanunne donneret vom Waldrand abe
(En Chatzechopf, wo süscht mues Fürhorn spile,
Wo zweumol abgloh wird, wen s ußwärts brönnt
Und drümol i dr äigne Gmäin), es chlöpft
Und toset luschtig übers Tal ewägg.
Vo hundert Hüete glänze roti Mäje,
Vo tusig Röcke flügt de Staub i d Luft,
Und usem dunkelblaue Himel abe
Het d Sunnen über Chind und Lüt und Musig
Uf Chranz und Fahne, Stroß und Matte, Liecht
Und Augschtehitz lo trole chübelwys.

Wo dert e Matt am Waldrand nidsi goht,
Nid z wyt vom Dorf und glych so höch am Bärg,
As s Aaretal äim vor den Auge lyt
Mit Wald und Fäld i siner stolze Bräiti,
Und as äim d Freihäit mit dr Juraluft
Um d Stirne strycht, dert händ si d Büni gha.
Und ob dr Büni gägem Bärg sind d Lüt
Im Gras, im Wald und uf de Bänke ghocket.
Z erscht isch no alles leer gsi ufem Rütli,
46 E stilli Nacht. Den sind si vürecho:
«Der Bergweg öffnet sich, nur frisch mir nach!
Den Fels erkenn’ ich und das Kreuzlein drauf.»
Den isch äim gsi, me ghöri us dr Wyti
Das Mettenglöcklein in der Waldkapelle.
Iez, won all do gsi sind, het äine gsäit:
«Man pflanze auf die Schwerter der Gewalt!»
Wi wen s Landsgmäin wer. S het Händel ’geh
Und wider Fride. Äine het verzellt,
Wi d Lüt bis z oberscht a de Gletscherbäche
Di Vögt verflueche. Wo de Pfarrer mäint,
S wer besser, we me schwigti, händ si grüeft:
«Der sei gestoßen aus dem Recht der Schweizer,
Der von Ergebung spricht an Österreich!»
Den händ si zämen abgmacht, wi s mües goh,
Wi d Lischt und d Gwalt i d Burge bricht und s Für
Von allne Bärge s Land i d Waffe rüeft.
Den händ si d Hüet abgnoh und d Händ ufgha
Und häilig gschworen underem Stärnehimel:
«Wir wollen trauen auf den höchsten Gott,
Und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen!»
S händ alti Mannen a den Auge gribe,
Wo s fertig gspilt gsi ischt; die alte Zyte
Sind obsi cho, si händ vom Sunderbund
Und vo dr Gränzebsetzig afeh zelle.

Wo d Nacht do z grächtem abegfallen ischt
Uf s Schwyzerland, und d Musig agloh het,
Sind hundert Mäitlibäi uf d Büni ’gumpet.
Erscht iez het s Läbe ’geh und d Schwyzerfreud
Het d Fahne gschwunge, bis di chlynschte Glüet
Im hele Für gsi sind.
47

Spot, no den äise
Sind ire zweu dur d Matte gägem Dorf.
Di große Stärne händ mit schüchem Liecht
E schwachi Häiteri uf s Strößli gläit.
Im Bach noh aben isch es feischter gsi,
Und wer dur d Matten ischt, het meh as äinischt
De Chopf im Laub und i de Neschte gha.
Es Heueli het ’brüelet a dr Halde,
Süscht het me nume s Wasser ghört im Bach.
Die zweu, wo zäme häi sind abem Tanz,
Händ au kes Wörtli gsäit. Gar häilig still
Uf alles ’Brüel und alli Musig abe
Isch d Nacht uf irem schwarze Ruehjbett gläge.
S het äis im andere d Hand ’geh obem Laufe,
Und langsam händ si nöcher zämegha,
Und d Händ sind wermer worden inenand.
Im Dorf bim erschte Brunne händ si gwartet,
Und äis hätt gärn im anderen öppis gsäit,
Und käis het ’dörfe. «Säg mr», feht er a,
«Wi häißischt äigetli?» Do lachet es:
«Mareili häißi, hesch es nonig gwüßt?
Und du, wo chunnscht du här?» «Vo än am Bärg,
Wo d Füchs und d Hase tanze mitenand.
Min Vatter het es Häimetli im Tal
Und wen i guet tet, sötti äinischt erbe.»
«Wo schaffischt?» frogt s, und er het gsäit: «He läider
Iez no dehäim. Es wird mr aber z dumm,
Im Jura ume z chräble. Wen i chönnt,
I chem scho morn do duren i d Fabrik.
Bin eus häißt s nume gcharschtet und für was?
Für nüt und nomol nüt; de Bur verlumpet.
Do hescht doch Gält im Sack.» «So chum doch, Hans!»
48 Het s zuenem gsäit, und er: «I chem, Mareili,
Gwüß Gott, i chem, wen s Häimetli nid wer.»
«Gang jetz und loh mi häi, suscht balget d Bäsi!»
«Jä bischt du nid dehäim und nid vo do?»
«Lueg, Hans, i cha dr das iez nid verzelle;
De ghörsch es vo de Lüte. Dert am Egge,
Dert woni bi dr Bäsi. Aber ghörscht,
De darfscht nid cho, i wäis nid, was si säiti.
Im Winter chunnscht den wider dure z Tanz.»
«Mareili, gim-mr no es Schmützli, gäl?»
«I? näi, was säischt au?» S dräiht si wine Chatz
Und um de Brunne gägem Hüsli abe.
Er noh und het s am Ermel; lys und schüch
Het s öppis ufem rächte Bagge gspürt.
Enandernoh isch d Tör scho bschlosse gsi.
«I chume den im Winter», het s no ghört;
Den isch es i sim dunkle Gade gstande,
Und s ischt em gsi, s mües häiter wärden um s
Vom hele Für, wo s gha het i dr Stirne
Und über d Bagge bis in Äcken abe.
S ischt z häiß gsi für is Bett; s het müeße lose,
Öb duß no öppis gang, öb niemer meh
Am Brunnen obe stöjh und abeluegi.
S het öppis welle dänken, aber d Zyt
Het vor und hinderem e Lucke gha.
Wo s under d Decki schlüft und bätte wil,
Goht s Bett und alles mitem z ringsetum
Im Takt wi d Musig blost, und näbem Brunne
Ischt äine gstande, het s am Ermel gha:
«Mareili, gim-mr au...» es ischt em drus
Und het no ghört: «I chume den im Winter.» 49

 


 


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