Paul Haller
S Juramareili
Paul Haller

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III

                     

Di nechschte Wuchen isch es i dr Hütte
So trüeb und feischter gsi, wi wen im Winter
Vo allne Bärge d Wulken abehange;
Und doch het dusse d Sunne warm und häiter
I d Gärte gschinnen und uf s Öpfelbäumli,
Wo d Jockebärli bald händ welle falle.
Dr Mueter het s no ’böset, zu de Wunde,
Het s gschinne, wel e rächti Chranket cho.
S Mareili het iez alles müesse mache:
Im Anni z ässe geh, dr Mueter luege,
Und wen si nid händ welle Hunger ha,
Het s müesse Spüehli machen i dr Stube.
Wol guet isch gsi, as niemer wäg dr Ornig
Cho luegen ischt, süscht wer s em übel ’gange.
Wo d Bäsi s Anni uf dr Schoos gha het
Und gsäit het: «Bring en Strehl!» het s kene gfunde.
Drum isch es, wo si äinischt i dr Chuchi
Het welle hälfe, lieber gschwind go bschlüße;
Und d Böden i dr Hütte händ nid ’glänzt
Wi bi de Herelüt, und obem Ässe
Het s mängischt fascht dr Chöchi sälber ’gruset.
Und glych het d Bäsi gsäit: «Mit sächzäh Johre
Macht es eläi, was mängs mit zwänzge nid.»
So sind em d Tagen immer länger worde
Und chürzer d Nächt. S het mängischt bis am zwölfi
Nid wellen überue, und äinischt isch es
Vertschlofe. S Liecht ischt us-, de Mon ufgange
Und het i d Stube gluegt. Do het s de Chopf
Uf beeden Armen i de Spuehle gha.
De Mon het us sim bläiche Silberliecht
21 En fyne Schleier gwobe, het en lyslig
Uf Tisch und Pfäischtersins und über s Chind
I d Stube gläit, und es het wyter gschlofe.

De Sundig ischt em fascht wi Wärchtig gsi;
Nid wägem Spuehle, wäge diser Arbet,
Wo s gspaart gha het. Und wen z mittag scho d Lüt
Vom Fahr här cho sind und am Hus vrby
Mit neue Hüet und Röcke, isch s Mareili
No wine Strubelhäx im Schöpfli gstande.
Den händ si gluegt, die Mäitli us dr Stadt,
Hochmüetig d Chöpf verdräiht und spöttisch gsäit:
«Herrjeh, isch das e Hootsch!»

A some Sundig
Ischt einischt s Hus au gar so äng und d Stube
So feischter gsi. «jez, wen i use chönnt!
All Lüt händ s besser weder i», het s gsäit;
Und d Mueter, wo si s ghört, so het si s gschickt.
Do isch es mit de Gspahnen usem Dorf,
Und wo si a dr Stroß in äiner Räihe
Am Börtli ghocket sind und gsunge händ:
«Im schönsten Wiesengrunde», isch em gsi,
S seig alls wi ame. Aber zmitzt im Lied
Het s gmäint, es ghöri d Mueter. «Näi», het s ’dänkt,
«Wen s öppis geb dehäim und i wer furt!»
S ischt uf und drus, s het nümme glost und gluegt,
Was hinde ’gangen ischt, und i dr Angscht
Isch s über d Ächer ie und d Räben ab,
Und erscht wo s d Hütte gseh het a dr Aare,
So het s verschnufet.
22

A dem glychen Obe
Het d Mueter zuenem gsäit: «Iez isch es fertig,
S goht nümmen oni Hülf, mr müend a d Gmäin.»
«Ja, fehlt dr öppis, Mueter? Machi näume
Nid alles, was i sött?» «Näi, dynetwäge,
Nid wäge myne. Lueg, du hescht ke Stund
Zum Ruehje meh, du schaffischt di no z tod.»
Iez isch s Mareili zu dr Mueter gstande:
«Lue, schaffe wili gärn, das bi mi gwonet.
Und wen is gueti Lüt wänd öppis geh,
So wäm-mr froh sy. Aber nid a d Gmäin!
Wäischt, was si säite zuen is: ‹Ihr sind Pack!
Wer eue Vatter rächt und hätt er gschaffet,
Ir müeßted nid von andere Lüte ha
Und ab dr Gmäin cho frässe.› Zähmol lieber
Eläigge luege, lieber Hunger ha
Und schaffe win es Roß!» «Di arme Lüt
Müend immer unde dure; leider Gottes,
Mareili, s wird dr au nid anderscht go.
Gang oder blyb, i cha nid sälber springe.»

S Mareili isch nid ’gangen, aber d Mueter
Ischt gägem Winter immer chrenkner worde,
Und wer s verstande het, het nümme gfrogt,
Wo s Übel liggi; Scho sid mänger Wuche
Sind d Wunde ghäilet gsi. Drfür ischt z nacht
De Wueschte cho, und i dr Bruscht het s pfiffe,
Wi wen e Sagi lauft im döre Holz,
Wi wen en scharpfe Wind im schmale Chlaffe
Ken Uswäg findt, wi wen s im Gloggestuehl,
Eb s afeht lüte, gyret underem Säil.
Vom Dokter het si nüt meh welle: «Dänk,
23 Was das für Chöschte git! Wo müem-mr s neh?
De Dokter isch nid für di arme Lüt.»
Das het im Mäitli tief is Gwüsse glängt.
«He wer ischt gschuld?» hets bynem sälber gsäit,
«Dänk niemer weder du, as d nid zum Amme
Go heusche wit. E großi Sünd ischt das,
As eusi Mueter nid emol en Dokter
Und keni Mittel het. Jez mues s halt sy. —
Den sim-mr uf dr Gmäin», het s wyter ’dänkt,
«Und s erscht mol rüeft im zweute. Sim-mr gsi,
So göm-mr wider... näi, das chani nid.
I tue s nid, gang s wi s wel. I dörft de Lüte
Jo nümme d Zyt abneh.»

Wo s äinischt wider
Gstudiert het dra und fascht verzwyflet ischt,
So isch em z Sinn cho, wen s zum Dokter gieng,
Und sälber luegti: «Sonen Dokter ischt
En ryche Her, wo gwüß echli cha warte.
I säg em s halt, mr häigen iez kes Gält
Und immer weniger, solang as d Mueter
Im Bett mües sy und keni Mittel häig.»
Wo s mitem Schwöschterli go Aarau ischt,
Het d Morgesunne mitem Aarenäbel
No Händel gha und het em s Chläid verzehrt,
As d Fätze gfloge sind. Und wi im Früehlig
Het abem Nußbaum bi dr steinige Brugg
En Bufink uf dr Silberflöte pfiffe.
Fascht hätt s, wo s obem Stäibruch duren ischt,
Uf d Aaren use gjuchset. — Vor Mittag
Sind d Chind durhäi und sind am glychen Örtli
As Börtli ghocket näb dr Brugg und s chly
24 Het ’briegget, wil s Mareili ’briegget het,
Und im isch gsi, s wett lieber nümme häi
Und stärben underwägs. — Wo s mitem Anni
Zum Dokter cho ischt und em ’bychtet het,
So het er gsäit, es mües nid Chumber ha,
Für das seig d Gmäin no do. «Jä näi, Herr Dokter,
Mir wänd drum sälber zahle», säit s Mareili.
«Jä lueg, si müend, do häm-mr s schwarz uf wyß».
«Mir wänd drum nid» het s gsäit. «So?» macht de Dokter,
«Ihr wänd drum nid! Do sind r gwüß di erschte.
Den löhnd s halt sy und wärded sälber gsund.»
Do het s em gschwind versproche, s gang zum Amme,
Und er het gsäit, er wel den abecho.

S Mareili isch no jung gsi; mit em Briegge
Het s Wehtue ’guetet und zum Troscht het s ’dänkt:
«De Dokter chunnt doch emel, het er gsäit,
Und hilft is, wen er cha. Wo wett er nid?
Es wer doch trurig, wen en glehrte Ma,
Wo sibe Johr gstudiert het, nid emol
Es Mittel wüßt für sonen armi Frau.
Im Amme sägi s halt, as s mit em Spuehle
Nüt useluegt, wenn äis dehäimen ischt,
Und as mr gwüß nüt wette vo dr Gmäin,
Wen d Mueter schaffe chönnt.»

 


 


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