Agnes Günther
Die Heilige und ihr Narr
Agnes Günther

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Einundfünfzigstes Kapitel: Die Überraschung.

Und eines Abends vertraut dem Harro der Fürst: »Die Aufführung ist anberaumt auf den zehnten Oktober. Wir haben es doch so weit gebracht, sollen wir es deiner Rose sagen oder nicht? Nur der eine Tag war möglich, bis so viele Köpfe unter einen Hut gebracht wurden. Und die Sängerin ist endlich gefunden. Dein Freund verzweifelte schon daran. Sie soll noch sehr jung sein, ihr Können noch nicht auf der Höhe, dagegen eine herrliche Stimme von großem Umfang, sonst hätten alle Sopransoli verändert, verdorben werden müssen. Nun sagen wir es der Rose, oder sagen wir es nicht? Sie ist jetzt schon so musikselig, sie überfreut sich am Ende.«

»Das letztere ist sicher, Vater,« seufzte Harro. »Sie wird sich überfreuen. Vielleicht schon in Gedanken... Und wenn es geschieht, mußt du es sagen, Vater. Es ist dein großartiges Geschenk.«

»Lieber Harro, ohne deinen Freund wäre es unmöglich gewesen.«

Sie entschlossen sich, noch abzuwarten und Harro ging in den alten Fürstenstand, um zu untersuchen, wie man Rosmarie unterbringen könne. Und man fand alles sehr günstig. Die Loge angesichts der Orgel am andern Ende, der große Warteraum daneben, der zu einer Treppe führte, die ins Freie ging. So konnte Rosmarie jederzeit fortgebracht werden, ohne daß die Feier gestört worden wäre. Ganz still konnte man verschwinden. Von dem Schiff aus konnten die Leute nicht hereinsehen, nur von der weiter entfernten Orgel aus war es möglich. Das war alles sehr günstig, und Harro wurde hoffnungsvoller. Er sah sich die altersbraune Kirche mit ihren Epitaphien und Grabmälern an, sie hatten seit vielen Jahrhunderten hier ihre letzte Heimat, die Braunecker. Dort wo seine Schritte so hohl hallten, schliefen die beiden, die Heilige und ihr Narr. Der Gedanke tat ihm sehr wohl, daß nun über die Grabstätte die Töne ihrer Lebenslieder hallen würden. Es kamen ihm allerhand Gedanken, und darunter einer, der ihn plötzlich in wilder Flucht aus der Kirche jagte. Er mußte lange im Park auf und ab gehen, bis er sich wieder seiner Rose zeigen konnte.

Die Aufführung kam näher, ganz Brauneck und Umgebung sprach von nichts anderem. Das Städtchen rüstete sich wie zu einem Fest, die Wirte schmunzelten. Fräulein Berger verdoppelte sich selbst, denn die Solisten sollten alle als Gäste des Fürsten im Schlosse wohnen.

Nur die allein, der zu Ehren alles dies getan wurde, wußte nichts davon. Harros Bild war fast vollendet bis auf das Gesicht der Gisela. Stöße von Skizzen hatte er dafür gemacht und sie vor der Rose liegen lassen, aber zu allen hatte sie geschwiegen, bloß die Haltung und das nur angedeutete Haar fand ihre Zufriedenheit. Jeden Tag ging sie ihren gleichen schweren Gang, und es schien, als ob die Fürstin, wenn möglich, noch schärfer und aggressiver würde. Oder schien es Marga nur so, weil die Rose immer müder wurde? Sie weinte auch nicht mehr, aber es war, als ob es ihr zu trostlos werde, um weinen zu können.

Und heute sieht sie die Fürstin mit ihren großen sanften Augen so schmerzvoll an, daß Tante Marga unruhig wird. Und plötzlich fühlt diese Rosmaries Blick auf sich.

»Bitte. Tante Marga, ich möchte einen Augenblick mit Mama allein sein.«

Einen Augenblick zaudert sie, dann geht sie zur Türe.

Da erhebt sich Rosmarie und geht auf die Fürstin zu. Und nun – wenn das Harro gesehen hätte! – sank sie auf ihre Knie vor ihr und führte die eiskalte Hand der Fürstin an ihr Herz.

»Mama,« flüsterte sie, »fühlst du das... ich werde nicht mehr oft kommen... O Mama, und nun wirft du so allein sein in deinem Leiden! Warum stoßest du dir den Stachel immer weiter ins Herz!«

Die Fürstin zuckte unaufhörlich zusammen.

»Laß mich,« ächzte sie, »ich will deine Hände nicht, ich will dein Mitleid nicht und deine frommen Redensarten, ich hasse dich... ich verfluche dich. Du mußt sterben, und wenn du tot bist, dann werde ich befreit sein.«

Rosmarie erhob sich sehr mühsam und ging hinaus. Am Abend sagte sie zu ihrer Mutter Ulrike: »Uli, heute habe ich bei Mama wieder alles verdorben, was ich bis jetzt getan habe. Ich habe dem Herrn Stiftsprediger nicht gehorcht und habe, obgleich er es mir verboten hat, doch zuerst von unserem Jammer, meinem und Mamas, gesprochen. Nun ist mir, wie wenn ich erst vom Goldhaus gekommen wäre. Ich muß von vorne anfangen. Ich bin so traurig, daß ich nicht einmal weinen kann.«

Ulrike machte keine Trostversuche. Sie sagte: »Wenn du eine andere Methode anwenden wolltest...!«

Aber davon will die Rose nichts hören. Und am nächsten Tag geht sie wieder hinauf. Heut kann sie die paar Schritte nicht gehen, sondern Märt und die Schwestern tragen sie herein.

Aber mit der Fürstin ist eine schreckliche Veränderung vor sich gegangen. Sie ist weiß und wie von einer schrecklichen Angst gequält. Sie erwidert den Gruß der Tochter ohne jede schlimme Bemerkung. Sie wendet sich an die Marga: »Ich will allein mit ihr sein.« Und diesmal geht Marga sofort.

»Rosmarie,« sagt die Fürstin mit unterdrückter Wildheit. »Du, du hast es getan, du hast mit deinem Mann geredet, du wirst es tun, du – – –«

»Nein, ich werde es nicht tun, Mama.«

»Wie lange nicht?«

»Ich sehe keinen Grund ein, warum er es wissen müßte.«

»Du hast dir das ausgedacht, mich zu foltern, du hältst immer das Schwert über mich, jeden Tag kannst du es fallen lassen. Du weißt das, und daß du nichts Schrecklicheres ersinnen könntest.«

»Mama, dein Herz ist noch kränker als das meine. Ich habe meinem Mann nichts davon gesagt, weil ich weiß, daß es ihn sehr schmerzlich treffen würde, das alles... und er leidet genug.«

»Du lügst, Rosmarie, du hast schon öfter gelogen...«

»Mama, ich will Marga rufen, wenn du erlaubst; ich komme ja morgen wieder.«

»Wirst du es heute nacht deinem Mann sagen?«

»Was hat meine Antwort für einen Wert, wenn du es mir doch nicht glaubst?« »Ich glaube dir ja... wirst du heute noch schweigen?«

»Ich habe es dir schon einmal gesagt, Mama. Und du solltest wissen, daß ich schweigen kann.«

Die Fürstin legte ihren Kopf auf den Tisch und sprach nichts mehr, und Rosmarie ließ sich hinuntertragen. Am Abend erzählte die Rose.

»Heute haben wir hundert Schritte vorwärts gemacht. Ich hoffe wieder.«

Nun kann man es der Rose nicht mehr verbergen, der große Tag kommt so nahe heran. Tante Helene kommt heute abend, die so schwer etwas bei sich behalten kann, und Fräulein Berger schmückt das Zimmer des Soprans mit einem schönen Herbststrauß.

Im Saal ist heute abend wieder Musik. Er sieht nicht mehr so feierlich aus, der Saal, es ist ein so buntes Leben unter den alten Bildern. Harros große verhüllte Leinwand, das alte Fellpferd, auf dem Seelchen ihre ersten verunglückten Reitkünste machte und auf das sich der kleine Heinz jetzt schon hinauf traut, wenn er auch noch nicht selbst hinauf kommt, Rosmaries Chaiselongue, der Flügel, das Malgeräte, große Rosen mit goldgelben Buchenzweigen und den herrlichen tiefroten Blättern des amerikanischen Ahorns, Teetischchen und Tante Ulrikens Strickkorb, der in seiner Größe zu ihr paßt. Auch Tante Marga ist da und erholt sich in einem bequemen alten Lederstuhl.

Der Unruhgeist Harro wandelt hin und her, er wird nur durch Musik gebändigt. Der Fürst hat auch einen tiefen Stuhl links von seiner Tochter, rechts von ihr liegt ein Teppich auf dem Boden, auf den sich Harro in höchstem musikalischem Entzücken ausstrecken kann. Der Fürst sieht liebenswürdig über diese Extravaganz hinweg, sein Schwiegersohn ist ja längst in allem über ihn hinausgewachsen, und einen Fehler findet er nicht mehr an ihm. Alfred wendet mit großer Gewandtheit Noten um und weiß stets, welches Buch gewünscht wird. Er ist fast wieder gesund, hat aber etwas Scheues, Gedrücktes zuweilen und manchmal Kopfhängerisches... sein armer Leichtsinn hat eine gar so harte Kur erfahren. Und sie behandeln ihn alle mit der größten Zartheit und Freundlichkeit. Selbst Ulrike ist fast schmelzend mit ihm. Es ist, als ahnten alle, daß er eine andere Behandlung noch nicht erträgt.

Die Rose hat natürlich den besten, schönsten Platz, nicht zu nahe und nicht zu weit vom Flügel, und Harro hat wieder ein sehr schönes Stilleben aus ihr gemacht. Ein wenig muß er doch noch mit ihr spielen, und seine Künstlerhände können nicht anders, als das genau passende Kissen heraussuchen und den Falten ihres Kleides – eine Decke hat sie fast nie – den denkbar schönsten Wurf geben. Und wenn musiziert wird, hält sie auch so schön still. Es liegt heute auf allen eine gewisse erwartungsvolle Feierlichkeit. Der Fürst wird ja sein großes Geschenk überreichen. Er will es auf einen Zufall ankommen lassen, aber er ist überstimmt worden. Sie werden alle schweigen, wenn die Rose etwas merken sollte. Die Rose fühlt, daß etwas in der Luft liegt, aber sie hat heute sehr viel zu denken und zu sinnen, sie wartet. Sie werden es ihr schon sagen.

Und nun setzt sich Hans Friedrich mit einer leichten Verbeugung gegen die Damen ans Klavier und bittet um Vorschlüge.

»Rose, was willst du?« fragt der Fürst.

Sie sagt: »Am allerliebsten höre ich aus dem Chorwerk, Vater. Aber ich fürchte, euch wird es langweilen, immer nur Motive und einzelne Stimmen zu hören oder Begleitung ohne Gesang.«

»Wenn wir noch eine Geige hätten,« wirft Harro ein als Lockvogel für ihre Gedanken.

Und sie folgt ihm gehorsam und sagt lächelnd: »Und eine Harfe, Harro, und Cello und Knabenstimmen, und soll ich weiter machen?«

Alle fühlten, daß der große Augenblick herannaht.

»Na,« ruft die Tante Ulrike, um den Fürsten zu ermuntern. Man hat lange von ihr kein so munteres »Na« gehört.

»Bitte, mach weiter, Rosmarie,« sagt der Fürst.

»Und den Frauenchor und die große Orgel und den Heinz und die Gisela für die Soli.« Sie lächelt. »Ach, wäre doch etwas hier an den Wänden hängen geblieben, hier haben sie ja gesungen. Der Schönste und Sie. Er warf seinen Kopf zurück und rückte ihr ein kleines Stühlchen unter ihr linkes Knie. Warum er das tat, weiß ich nicht... Darauf kniete sie dann. Seine Geige hatte er im Arm und er nickte ihr zu: »Taktiere ein wenig« und dann begannen sie.«

Sie hatten ihr alle zugehört, wie sie ihren feinen Faden spann mit heller, weicher Stimme – plötzlich unterbrach sie sich. »Ach, nun red ich, und wir wollen doch Musik hören...«

Hans Friedrich begann leise das Präludium zu dem ersten Chor: Jauchzet dem Herrn! und nun fühlt der Fürst, daß der erwartungsvollen Blicke, die sich auf ihn richten, zu viele werden.

Er sagt: »Liebe Rosmarie!« und hält sofort inne.

Nun hat sie aber etwas bemerkt. »Oh, was habt ihr?« ruft sie hell auf, »ihr seid ja so wunderlich, ich seh's euch an. Ihr wollt mich überraschen. Ihr habt eine Geige!«

»Vater,« ruft Harro, »auf dem Ton machst du weiter.«

»Liebe Rose, wir haben allerdings eine Geige –, wir haben auch Knabenchöre und Celli, nur leider den Heinz und die Gisela haben wir nicht, du wirst also nicht ganz befriedigt sein, aber du mußt eben vorlieb nehmen ...«

Harro klatscht in die Hände: »Wunderschön gesprochen, Vater! Nun, Rose. Ich bitte dich, tu, was du willst, aber versteine nicht und überfreu dich nicht, du hast selbst den Schaden.«

»Aber Vater, wo hast du die Knabenchöre?« fragte sie ganz benommen.

»Sie kommen morgen. Morgen ist große Probe am Vormittag, und den Nachmittag wollen wir die Aufführung haben, in der Kirche, Rosmarie.«

über ihr Gesicht schießen schnelle Tränen, sie holt schnell ihr kleines Tuch, muß es gebrauchen und fragt mit etwas mühsam heller Stimme: »In der Kirche? Ach, das ist sehr schön. Vater... und ihr alle geht hin, wie schön, wie wunderschön.«

»Und du gehst auch hin, Rose, und wenn du dich heute abend schon überfreust, kannst du dich ja bis morgen wieder erholen.«

»Ihr nehmt mich mit? In die Kirche... mich... Ich soll... ich...«

»Liebe Rose, wie kannst du denken, daß wir uns den Genuß verschaffen und dich hier liegen lassen,« ruft der Fürst, und Uli ermuntert: »Sei kein Schäfchen, Rose, ich sitze neben dir und bewache dich, was soll es dir denn schaden,« und Harro sagt: »Rose, sentimental werden darfst du auch nicht.«

Die Rose liegt eine Weile ganz stumm, dann sagt sie mit stockender Stimme: »Der Herr Hofrat...«

»Er lobt es gerade nicht, aber er will es dulden.«

»Herr Friedrich, bitte, setzen Sie sich zu mir und sagen mir... ich habe es nicht recht verstanden, welche Chöre? Jauchzet dem Herrn?«

»Das Ganze, Durchlaucht, bis zu dem großartigen Finale, das Sie noch nicht kennen, mit dem wir Sie überraschen wollen. Einen guten Sopran haben wir auch, der Bariton ist fast vollkommen. Ein Bariton mit etwas Tenorklang in den oberen Lagen, Durchlaucht.«

»O Harro,« rief sie, »sie sprechen alle, als ob es wirklich wahr wäre.«

»Törichte Rose, Fräulein Berger hat schon die Gastbetten für den Sopran und Bariton beziehen lassen, glaubst du es nun?«

»Ja,« seufzt die Rose, »aber wer...:«

»Sieh ihn errötend neben dir sitzen,« rief Harro.

»Ein verspätetes Geburtstagsgeschenk, Rose; die Mühe hat alle Herr Friedrich gehabt.«

»Du, Vater, du... aber sie sagten doch, es sei unmöglich!«

»Eigentlich war es unmöglich, Rose,« sagte Harro, »aber Vater hat es doch möglich gemacht.«

»O Harro, kann man nicht ein wenig, nur ein wenig hinausgehen, ich muß Vater etwas sagen... Ich muß, Harro – – – nur dorthin.«

Der Saal ist so groß, sie gehen alle nur bis zu Harros Leinwand und sind schon außer Hörweite.

Der Fürst flüstert ängstlich: »Errege dich nicht. Rose.«

Sie hebt ihre Arme und legt sie um seinen grauen Kopf. Sie hätte niemand fortzuschicken brauchen, sie spricht kein Wort, sie sieht ihn nur an. Und seine ängstliche Erregtheit weicht von ihm.

»Du bist ruhig, Rose... Du freust dich.«

Und nun sollen sie alle wieder kommen, und Rosmarie spricht fast nichts mehr. Hans Friedrich spielt sanft und leise alles noch einmal durch, was er schon mit ihnen studiert hat. Die Rose sieht so andächtig selig aus, daß Harro plötzlich wieder einen Schrecken bekommt und seine Hand nicht von ihrem Puls lassen kann. Aber der geht heute wunderbar ruhig und stark. Und wie man ihm ansieht, daß er sich auch beruhigt, da freuen sie sich alle mit ihm, und es wird ein so wunderschöner Abend, wie es nur sein kann, wenn die leisen Quellen rauschen und der Hauch, der darüber weht, an alle Herzen stößt und eine Liebe und ein Leid alle die verschiedenen Herzen vereinigt.

Als Harro Rosmarie hinuntergetragen hat, sagt er fast traurig: »Rose, eine solche Freude habe ich dir noch nie machen können.«

»Lieber Harro, die Freuden, die du mir gebracht hast, die vielen Freuden, die haben immer meine Schale bis zum Rande gefüllt. Was kann die Schale dafür, daß sie nicht größer ist? Und was kann sie mehr sein als voll bis zum Rande? Harro, du hast nichts zu fürchten, ich werde mich nicht überfreuen. Daß ich nachher müde sein werde, denkt ihr euch wohl. Du sitzest neben mir und hältst meine Hand. Und nachher will ich niemand danken. Ich will es annehmen wie einen Himmelregen auf durstige Blumen. Und nun will ich mich ausstrecken und ruhen und mich freuen. Harro, freust du dich nicht auch mit mir?«

Er seufzte: »Ich sorge mich immer wieder, Rose.«

»Was kann nur geschehen... ich liege still und höre zu... ich halte deine Hand, und wir sind beide Kinder, und wir stehen auf den Zehen und sehen durch ein Guckloch in den offenen Himmel hinein. Wir tun noch viel anderes. So schön danken und dem Herrn der Welt jauchzen können wir gar nicht wie der Schönste. Aber wir geben ihm unsere Seelen mit, dann trägt er sie auf seinen starten Flügeln mit hinauf. Du hast es ja gehört: wir danken, wir preisen, wir beten an. Das Meer braust vor Freude. Wir sehen den Garten Gottes in den deutschen Landen und freuen uns an dem lieben Reh und den Rosen am Weg, und dabei hören wir schon die Melodie, das Motiv vom Garten Christi... Ach, denk ich, bist du hier so schön und läßt du's uns so lieblich gehn auf dieser armen Erden, was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden! Und dann kommen die Ströme von Geigen und Celli und werfen sich die Töne zu wie goldene Bälle und es kommt die Stimme des Mannes und des Weibes: Ich lege dich wie einen Ring an meine Brust. Da kommt das Motiv der Heiligen und das Motiv des Heinz... Ich lege dich wie einen Ring an meine Brust. O du Rose von Saron, du bist lieblicher als alle deine Schwestern. Das ist auch das Lied von unserer Liebe. Es fängt eine einzelne Flöte an... Ein Kinderchor von ferne...: Schönster Herr Jesu, dich will ich lieben, dich will ich ehren, du meiner Seele Freud' und Kron'! Und dann der große Chor: Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken. Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig: so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. – Und nun sehnt sich die Seele nach Ruhe – du wirst es hören, Harro. – Du meinst dann nicht mehr, der Schönste habe nur Freuden gekannt. – So müde wird die Seele, daß der Sopran beginnt: Ich wollt', daß ich daheime war'; den Trost der Welt ich gern entbehr'. Jetzt kehrt das Motiv von Christi Garten wieder und das Motiv des Heinz und der Gisela ... Ein einsames Flötchen klagt immer in den ganz einfachen paar Tönen... Dann kommt der feierliche Chor. Es wird ein neuer Himmel sein und eine neue Erde. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen ... Jerusalem, du hochgebaute Stadt, wollt' Gott, ich war' in dir...«


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