Fritz Grünbaum
Die Schöpfung und andere Kabarettstücke
Fritz Grünbaum

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Glück bei den Frauen

        Ich möcht' Ihnen gerne was anvertrau'n:
Unglaublich! Ich habe kein Glück bei den Frau'n!
Bitte, sagen Sie nicht »Ach Gott« und »I wo!«
Ich weiß, was ich weiß, es ist einmal so!
Ich werd' mich auch trösten, ich bin nicht so dumm;
Aber eins möcht' ich gerne nur wissen: warum?
Den Grund möcht' ich kennen prägnant und schlicht:
Warum gefall' ich den Frauen nicht?
Am Körperlichen kann's doch nicht liegen!
Zugegeben, es gibt größere Vergnügen
Als mich im Reiz meiner Anmut zu sehn,
Aber im ganzen und großen bin ich hinreichend schön!
Bitte, lachen Sie nicht, ich habe Beweise.
Ich erinnere mich einer Badereise;
Da hab' ich im Meer einmal, unbeschadet
Eines ererbten Vorurteils, öfter gebadet
Und wurde da mit einem Leutenant
Ein paarmal nicht auseinandergekannt.
Demgemäß also ergibt sich daraus:
An sich seh' ich wie ein Leutnant aus.
Ich kann mich im Wasser an Gliederpracht
Messen mit der bewaffneten Macht.
Na wenn schon? Was nützt das! Ich komm' nicht vom Fleck,
Die Wasserschönheit hat keinen Zweck,
Denn leider, einer Dame von Welt
Wird man im Wasser nicht vorgestellt!
Möglicherweise – fällt mir da ein –
Bin ich den Damen vielleicht zu klein,
Indem sie das Wesen der Schönheit vergessen
Und meine Grazie nach Metern messen!
Darüber werd' ich erst recht mich nicht kränken.
Damen verstehn halt nicht logisch zu denken;
Sonst müßten sie eben ganz einfach sich sagen,
Der Goliath wurde von David erschlagen.
Natürlich behaupt' ich nicht, David zu sein.
Ich hab' mit dem Helden zwar manches gemein,
Doch diese gemeine Seite bezieht
Sich mehr auf das konventionelle Gebiet.
Ich denke mir diesen Vergleich nur figürlich:
Der David war zierlich, und ich bin halt zierlich!
Mich müßten Sie einmal beim Abdouchen seh'n!
(Sie brauchen nichts fürchten, es wird nichts geschehn;
Ich mein' die Besichtigung rein theoretisch,
Unerotisch, einfach ästhetisch!)
Es ist gar nicht notwendig, daß Sie so lachen;
Ich erkläre, Sie würden Augen machen;
Alles, die Arme, der Bizeps, das Bein
Unter dem Motto – klein aber fein!
Nachdem ich mich also ganz ruhig als Mann
Qualitativ doch sehen lassen kann,
So muß meine mangelnde Wirkung auf Damen,
Die wir heut' unter die Lupe nahmen,
Offenbar also in geistigen Gaben
Meiner Person ihre Ursache haben!
Ich will's auch verraten in Gottesnamen:
Ich glaube, ich bin – zu gescheit für die Damen.
Lehren Sie mich doch nicht kennen die Frau.
Ihren Charakter, den kenn' ich genau.
Die Frau'n können alles den Männern verzeih'n,
Nur nicht das eine – gescheit zu sein!
Sie würden eher den Mann noch lieben,
Welcher die Dummheit so weit getrieben,
Daß er bereits den Geist aufgegeben,
Ehe er noch gekommen zum Leben;
Männer jedoch, deren Qualität
Nicht nur in der Schönheit des Körpers besteht,
Sondern die außer den physischen Gaben
Auch noch die Schönheit der Seele haben,
Männer, bei denen der Haupteffekt
Sich konzentriert auf den Intellekt,
Aus denen Kultur des Geistes spricht – –,
Kurz, Männer wie mich – das woll'n die Frau'n nicht!
Sie hab'n ja auch recht; denn ein Mann von Geist,
Der ist für die Weiber verloren zumeist;
Denn sollte sich wirklich der Fall schon ergeben,
Daß ausnahmsweise, zur Abwechslung eben,
Sich hie und da ein gescheiter Mann
Mit einer Frau unterhalten kann,
Ja, daß er sogar galant sich zeigt
Und eventuell bis zum Kuß sich versteigt ...
Beim Hängenbleiben, wenn es soweit ist,
Läßt er sie sitzen ..., wenn er gescheit ist,
Denn, daß er gescheit ist, beweist doch ein Mann
Dadurch, daß ihn keine Frau drankriegen kann.
Dran glauben, das müssen die Esel allein,
Der dumme Kerl, der fällt hinein;
Wer aber gescheit ist, der macht sich davon
Und läßt die Frau in der – Situation.
Und weil das die Damen natürlich nicht freut,
So hassen sie Männer, welche gescheit;
Und weil sie gescheite Männer so hassen,
So wird es sofort sich begreifen auch lassen,
Wieso ich mißfalle der Weiblichkeit – –:
Ich bin nicht nur schön, ich bin auch gescheit!
Doch wenn eine Dame dem Satz widerspricht
Und sagt: daß ich klug sei, das glaube sie nicht,
Dann weiß sie: »Probieren geht über Studieren«.
Dann soll sie doch kommen! Sie kann's ja probieren.
Sie soll's nur probieren, mich rasch zu blamieren.
Man kann doch nicht wissen, sie kann mich verführen!
Und was noch das Schönste bei diesem Probieren,
Sie hat beim Verführen doch nichts zu riskieren!
Denn bleibe ich standhaft (man hat schon gesehn es!)
Dann bleibt ihr die Tugend, und das ist was Schönes!
Gelingt es ihr aber, mich doch zu bezwingen
Und meine Tugend zu Falle zu bringen,
Dann macht das Verführen an sich schon ihr Freud',
Und zweitens beweist sie, daß ich nicht gescheit!
Sie wird euch erzähl'n, wie sie's anfing geschickt,
Daß erst sie mir leise die Hand hat gedrückt,
Daß ferner ich durft' an den rosigen Lippen
Mit meinen rosigen Lippen dann nippen;
Daß dann sie mit schwellendem Arm mich umfangen,
Und daß ich natürlich ins Netz ihr gegangen –
Sie gab sich mir hin, und – ich nahm sie mir hin – –
Kurz, daß ich ein Esel und Dummkopf bin.
Doch vorderhand ist ja noch keine gekommen,
Die listig mir Tugend und Reinheit genommen,
Ich steh doch noch aufrecht, noch ist's nicht so weit,
Ich war noch nicht fällig, ich bin noch gescheit!
Doch wenn ich einst falle, dann werd' ich gestehn:
Es ist auch sehr dumm, auf den Leim zu gehn!
Aber jetzt, wo's noch Zeit ist, da denk' ich mir stumm:
»Wollte nur Gott, ich wär' schon so dumm!«

 


 


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