Fritz Grünbaum
Die Schöpfung und andere Kabarettstücke
Fritz Grünbaum

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Das Märchen vom unschuldigen Nixlein

        Der Mond hat seine Schale vergossen.
Über den Schloßteich ist Licht geflossen,
Grünes und blaues, silbernes Licht.
Der Nachtwind flüstert den zärtlichen, frischen,
Leuchtenden Göttinnen in den Nischen
Zwischen den Bäumen ein Liebesgedicht.

Im Weiher teilt sich träumend die Welle,
In die verliebte, verbuhlte, grelle
Mondnacht taucht ein Nixlein empor.
Verwundert schaut's an den Göttinnen nieder,
Blinzelt und dehnet die lichten Glieder,
Seufzet und schreckt sich und weiß nicht wovor!

Vorüber rauschen die blauen Stunden.
Faun hat das sehnsücht'ge Nix gefunden,
Als er den Nachtwind eifernd vertrieb.
Wie küßt sich's heiß an der Haintempelschwelle!

»Faunchen, was hast du für weiches Felle,
Faunchen, ach Faunchen, was hab' ich dich lieb!«
Mit fliegenden Gliedern und kußumschlungen,
Sind sie in den Weiher gesprungen ...
Im Busche weint die Nachtigall und schluchzt.

Als der Nachtwind gefaltet die Schwingen,
Stiegen zwei Perlen vom Teichgrund. In Ringen
Zogen sie traurig den Weiher entlang,
Dann sanken sie grundwärts, die grundtief geboren ...
Nixlein hat seine Unschuld verloren!

 


 


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