Anastasius Grün
Nibelungen im Frack
Anastasius Grün

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Der Herzog bestellt sein Zeughaus und wirbt sein Heer.

        Und kam die erste Schwalbe, bald kommen nach die andern,
So eine Geigenwallfahrt sah man zum Schlosse wandern,
Da zogen hin sanglustig die Cremoneserinen,
Bassette, Bratsche, Gambe, mit Violon und Violinen.

Viola auch d'amore, ach, ein entthronter Namen!
Dann ihr Gefolg einst holder, jetzt längstvergessner Damen,
In Blousen und pappnen Panzern, geschleppt, geschleift, getragen,
Die ein' im Schiebekarren, die andre in Ministers Wagen

Anflogen da die gelben Sangvögel aus Tyrol;
Schalk Stainer hat verschlossen in ihres Busens Hohl
Zugleich die Häherzunge, die Nachtigallenkehle,
Daß jene den Lehrling quäle, der Meister diese neu beseele.

Wie einst um sich versammelt der Welserin Gemahl
Der Ahnen Rüstung, Waffen, zu Ambras in dem Saal;
– Man hält noch werth Festbecher, drin edler Wein einst kochte:
O daß zur Fürstenzwiesprach ein Herz noch in den Panzern pochte! –

So eint hier köstlich Rüstzeug der Fürst zum Arsenale,
Manch Werk Zeugschmieds Amati, Küriss' aus Fichtenschale,
Vom Patagonen Basso, vom Lapplandszwerg Sopran;
Doch Sprache, Leben allen gibt eines Zauberstäbchens Bann!

Die langen vollen Reihen besieht der Herzog heiter:
»Ein Marstall edler Hengste, doch fehlen noch die Reiter!«
Horch, durch die Gassen hallend Gesänge, Tritte wogen!
Mit Kränzen kommt und Bändern vom Land Rekrutenvolk gezogen.

»Weit hinter'm Berg ja wohnen die Türken und Corsaren!
Hält Prinz Eugenius Wache, was ist uns zu befahren?
Kommt Hagelschlag und Dürre, ihr könnt's vom Land nicht wenden!«
Der Herzog spricht's am Fenster und nickt und winkt mit beiden Händen.

Da kamen schlanke Bursche, die Freier der Muskete,
Der Fürst schnell Geig' und Bogen in ihre Hände drehte:
»Da schultre mir, mein Junge, das Flintlein ring und rund!
Das trägt in weite Ferne und drückt dir nicht die Achsel wund!«

Mit Geigenharz die Kiste gibt er den Grenadieren
Und reicht die stattlichen Bratschen den stämmgen Kanonieren:
»Nicht werden diese Granaten die Hand euch, platzend, sengen,
Das Brummen dieser Karthaunen wird nicht das Ohrenfell euch sprengen.«

Vorführt er dann das Cello dem Reitervolk mit Sporen:
»Das wär' ein feines Rößlein, ein Vollblut auserkoren!
Das braucht nicht Streu und Hafer; nur aufgesessen munter!
Es beißt nicht und es schlägt nicht und wirft den Reiter nicht herunter.«

Nun ist das Heer gesammelt! Commandoworte schallen!
Die Rößlein scharren und wiehern, im Takt Fußvölker wallen,
Kanonen rasseln und brummen; doch durch das Kampfgewimmel
Ragt hoch der Baß des Herzogs, im Pulverdampf des Feldherrn Schimmel!

Es klirren von den Salven die Merseburger Scheiben,
Wie fernes Donnerrollen durch's Land die Klänge treiben.
Doch nun die Schlacht geschlagen, der Held belobt die Seinen,
Und freut sich still des Sieges, denn siehe – keine Mütter weinen. – –

Es ist kein Glück vollkommen; wer hat, der hätte noch gerne.
Der Herzog, fast beklommen, erfleht von seinem Sterne:
»O könnt' ich mein noch nennen den Zwerg, den also kleinen,
Daß er die Violine als Contrabaß strich' zwischen den Beinen!

»Und hätt' ich einen Riesen, den Anblick, Götter zu laben,
Der Contrabaß als kleine Armgeige kann handhaben!
So würde Laune, Mißklang, die in die Form der Wesen
Natur im Unmuth legte, versöhnt durch Wesen auserlesen.

»Das Zwerglein mit dem Basse ein Größeres mir deute!
Klein Roland ist's, nachschleppend das Riesenschwert als Beute;
Die Hirtin, die begeistert den Stab des Marschalls schwingt.
Groß wird der Kleine, Schwache, der kühn des Starken That vollbringt.

»Der Riese mit dem Geiglein ein andres Bild mir zeigt:
Auf's Knie der große Bearner als Kinderpferd sich neigt;
Des Bauers Pflug ein Kaiser mit weißen Händen lenkt.
Die Größe wird nicht schrecken, die sich zum Werk des Kleinen senkt.

»Die Beiden sind zwei Wellen, die senkend sich, die hebend,
Doch beide zurück zum Einklang der Spiegelfläche strebend.
O hätt' ich beide diese, daß mir kein Wunsch mehr bleibe,
Und mir mein Glücksstern wiese die ganze, helle Vollmondscheibe!«


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