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Der Ritter mit den Nüssen

Ein Ritter ritt eines Tages, wie er öfter zu tun pflegte, mit seinen Hunden zur Jagd. Alsbald sandte seine Frau heimlich zu ihrem Buhlen und beschied ihn zu sich. Da ward dieser fröhlich und ging hin. Sie legten sich miteinander zu Bett und taten, was ihnen gefiel. Laßt einen Mönch raten, wenn ihr mehr darüber wissen wollt!

Unterdessen begann es jedoch zu regnen, so daß der Gatte sich entschloß, umzukehren. Er dachte: »Eh du naß wirst, besser, du reitest wieder heim.« Denn die Wolken ergossen sich heftig. Da begegnete er einer Schar Kindern, die um Nüsse gegangen waren, nun aber gleich ihm vor dem Regen flüchteten, ehe es noch stärker gösse. Sie hatten ein gut Teil Nüsse in ihren Schoß gebrochen, da bat er sie, ihm auch davon zu geben. Die Kinder taten es gerne und er hielt seinen Hut hin, denn er hoffte, mit den Nüssen eine Kurzweil für den Rückweg zu haben. So ritt er denn heim, während seine Hunde vor ihm herliefen. Der eine sprang voraus und kratzte am Tor. Da erschrak der Ritter, der im Bette des Wirtes lag, heftig, denn er dachte nicht anders, als der Wirt selbst wäre schon da. Als das die Frau vernahm, stand sie schnell auf: »Ihr dürft keine Angst haben«, sagte sie. »Liegt nur stille und schweiget zu allem, was ich sprechen werde. Der Bettumhang ist dicht, ich werde Euch leicht von hinnen bringen.« Als der Wirt in den Hof eingeritten war, nahm man ihm sein Pferd ab. Während er nun zur Kemenate seiner Frau ging, öffnete sie die Tür und setzte sich auf einen steinernen Sitz, der bei dem Bette stand, in welchem der Ritter nun allein hinter dem Umhang lag. Bald darauf trat der Wirt herein. »Was machst du, Frau?« fragte er. »Ei«, sagte sie, »ich wollte just zu Bette gehen. Denn ich langweilte mich gar sehr, als ich so allein dasaß. Ach Gott, wozu es wohl helfen mag, daß du immerzu mit den Hunden ausreitest und lassest mich allein hier sitzen?« »Schweig nur«, sagte er, »ich habe dir Nüsse mitgebracht.« »Das nenn' ich verständig«, erwiderte sie, »du hast wohl selbst gedacht, daß ich hier nicht eben Kurzweil habe.« Damit setzten sie sich hin und knackten die Nüsse aus dem Schoß der Frau. Indessen verging der Gast, der in dem Bette lag, beinahe vor Angst. Sie aber rief: »Herr Ritter in dem Bette, ich helfe Euch aus dieser Kemenate, des seid nur getrost! Hier wird Euch nichts geschehen, was sollte man Euch auch vorzuwerfen haben? Helft uns lieber Nüsse knacken!« Damit nahm sie eine Handvoll davon und warf sie hinter den Umhang. Aber der Gast wollte nicht knacken, es war ihm wohl zu langwierig. Um so verwunderter war der Wirt. »Was hast du nur um Gottes willen«, sprach er, »zu wem redest du?« »Ei, es liegt ein Ritter dort in unserer Bettstatt«, entgegnete sie. »Der wüßte wohl nichts Besseres, als hier auf mich zu warten?« »Das glaub' ich dir, daß ich es hernach den Tag lang von dir hören müßte! Aber ich will keine Schuld daran haben: steh auf und sieh selbst, wer es ist. Er hat gerade bei mir gelegen, mußtest du denn so früh zurückkommen und uns unsre Freude stören? Denn es ist ein gar kühner Held.« »Der Lästerteufel muß in dich gefahren sein«, rief der Gatte, »Gott steh dir bei, daß du wieder zu Sinnen kommst. Wer ginge mir denn so töricht in die Schlinge und legte sich hier in mein Bett? Daß Gott dir helfe, bedenke dich und laß mich in Frieden!« »Meinst du, ich sei verrückt? So stehe doch auf und sieh selbst! Ich bin bei gutem Verstande, aber bei dir steht es, scheint's, nicht richtig im Kopf.« »Du äffst mich nur, daß ich hingehe und niemand darin finde, damit du mich auslachen und nachher mit den anderen Weibern deinen Spott aus mir machen kannst. Ich sage dir aber, ich tue es nicht und damit hat's ein Ende.« »Du fürchtest dich nur vor ihm, deshalb wagst du's nicht.« Aber er war auf keine Weise dazu zu bringen. Jener, der indessen das Bett hütete, hatte noch immer nicht mit Nüsseknacken begonnen, er wäre lieber bis zu Sankt Jakob nach Spanien gelaufen und hätte sich von dort welche geholt. Da sagte die Frau: »Du hast recht, es war nicht die Wahrheit und es ist wirklich niemand hier. Aber das mögest du mir glauben: Wenn dennoch ein Ritter in dem Bette läge, den wollt ich dir so fein von hinnen bringen, daß er aus dem Hause käme, ohne daß ihm auch nur ein Härchen dabei gekrümmt worden.« »Ei, wie wolltest du das zu stande bringen?« fragte der Gatte. Da entgegnete sie: »Ich nähme dich unter mein Gewand, drückte dich an mich und hielte dich fest an meinen Leib gepreßt, dann deckte dir das Haupt zu, wie ich nun tue: Herr Gast, jetzt ist der Weg frei, zieht ruhig dahin! denn ich habe ihm das Haupt zugedeckt.« Der Gatte konnte nichts sehen, da ließ sich der Gast das nicht zweimal sagen und schlich eilends davon. Kaum aber hatte sie so ihrem Buhlen verholfen, daß er unbemerkt entwischen konnte, so ließ sie das Haupt ihres Mannes frei und faßte ihn vorn am Schopf. »Hebe deinen Kopf hoch, Lieb«, sagte sie, »und sieh mir offen ins Gesicht! Es war ein Scherz – vergibst du ihn mir?«


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