Luise Adelgunde Victorie Gottsched
Die Pietisterey im Fischbein-Rocke
Luise Adelgunde Victorie Gottsched

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Sechster Auftritt.

Frau Glaubeleichtin, Frau Seuffzerin, Frau Zanckenheimin, der Bücher-Krämer Jacob.

Frau Glaubeleichtin. Nun! was bringt ihr uns!

Jacob. O! ich bringe viel neue schöne Sachen, die ihnen recht gefallen werden. Sehen Sie!

Frau Glaubeleichtin (liest:) Christianus Democritus redivivus; das ist: der zwar gestorbene, aber in seinen Schrifften noch lebende und nimmer sterbende Königl. Dänische Cantzeley-Rath Dippel; in einem summarischen Auszuge seiner ehemahligen und letzteren Theologischen Schrifften, denen Liebhabern der unpartheyischen Wahrheit mitgetheilet von einem ungenannten Freunde derselben. Friedrichsstadt 1736. Das wird ein schönes Buch seyn; man hat es schon längst mit Sehnsucht erwartet.

Frau Seuffzerin (liest:) Doctor Joach. Langens Gestalt des Creutz-Reichs. Man muß bekennen, daß das innere Christenthum diesem Manne sehr viel zu verdancken hat. Seine Wercke sind lauter Meister-Stücke in der Gelehrsamkeit und Beredsamkeit; und ich wüste nichts, was ihm vorzuziehen wäre, als die Sintzendorffischen Schrifften.

Frau Zanckenheimin (liest:) Geistliches Blumen-Gärtlein inniger Seelen, oder kurtze Schluß-Reimen, Betrachtungen und Lieder über allerhand Wahrheiten des inwendigen Christenthums, zur Erbauung, Stärckung, und Erquickung, in dem verborgenen Leben mit Christo in GOTT; nebst der Frommen-Lotterie. Franckf. und Leipzig 1735. Das ist ein schönes Buch! das muß ich haben.

Jacob. Sehen sie! Hier habe ich ein schönes Werckchen. Der seeligen Frau Ursula Maria Zornin, gebohrnen Bernhardtin, sorgfältiger Gebrauch der Gnade GOttes, welcher in der Führung des wahren Christenthums durch Glauben, Lieben und Hoffen; in Wachen, Fasten und Bethen; in Kämpfen, Meiden und Leiden zu beweisen. In Gottseligen Betrachtungen vorgestellet in zweyen Theilen. Zum drittenmahle dem Druck überlassen, mit einer Vorrede von Daniel Heinrich Arnoldt, der Heil. Schrifft D. und P. P. zu Königsberg. Züllichau, im Verlag des Waysen-Hauses 1734. Ach! die Mägde und Handwercks-Frauen kauften das Buch sehr, und es ist auch recht schön zu lesen.

Frau Glaubeleichtin. Ich wills kauften.

Frau Seuffzerin. Und ich behalte dieses: Der erste Tempel GOttes in Christo, darinnen das keusche Leben der heiligen Alt-Väter, heiligen Matronen und heiligen Märtyrer in der ersten Kirchen abgebildet ist, bey dem heiligen Bau des letzten Tempels Jesu-Immanuel denen beruffenen heiligen Kindern der Liebe GOttes und dessen Hertz-suchenden umgewandten Sündern zum Vorbilde ihres inneren Tempels entworffen und gewidmet von Johann Otto Glüsing, Anno 1720. Ey! das ist ein treflich Werck! daraus kan man lernen ein heiliges Leben führen. Ich zweifle aber sehr, daß es bey vielen Würckung haben wird.

Jacob. Hier haben sie einen Catalogum von den Büchern, die ich noch zu Hause habe.

Frau Glaubeleichtin (liest.) Sammlung auserlesener Materien zum Bau des Reiches GOttes. Leipzig 1736. Bey Benjamin Samuel Walther.

Jane Leade Garten-Brunn, gewässert durch die Ströme göttlicher Lustbarkeit; Oder Diarium, darinnen alles, was sich mit dieser Autorin von Tage zu Tage zugetragen hat, sammt allen ihren Schrifften. Amsterd. 1679.

Vorblick des Blicks der unbekannten Gloria, oder des allerneuesten Leipziger Buchs lautere Anzeige und Summa, wie solche zu Christgebührlicher Erkänntniß und Nutz gestellet als ein erwünschtes Jubilate der Gläubigen, M. O. E. Leipzig und Hof, verlegte Johann Gottlob Vierling. 1735.

Die Würtenbergische Tabea, oder das merckwürdige, äussere und innere Leben, und seelige Sterben der weiland Gottseeligen Jungfer Beata Sturmin, welche den 17 Januar. 1730, zu Stuttgard im Hertzogthum Würtenberg, durch einen seeligen Tod ist vollendet worden; aus eigenem Umgange und Erfahrung wahrgenommen, in der Furcht des HErrn unpartheyisch abgefasset, zur Offenbahrung der herrlichen Gnade GOttes wohlmeynend mitgetheilet von etlichen, der Seeligen wohlbekannten Freunden. Zweyte Auflage, bey Metzlern und Ehrhardten. 1732.

Die edle neutestamentische köstliche Perle des Himmels und Gnadenreichs in uns, welche auf dem inwendigen heiligen Verleugnungs-Wege nach dem Glantz-Berge Zions der Verklärung GOttes im Geist, durch das ausstralend-vorleuchtende Gnaden-Licht gesuchet, und als ein unvergänglicher, edler, und verborgener Schatz im Acker des gereinigten Hertzens gefunden, und in diesem Seculo der bestimmten Zeit, zum hochpreißlichen Gnaden-Geschencke, aus der Fülle und Reichthum der Gnade und Liebe GOttes, allen Religionen, hohen und niedren Standes-Personen, Gelehrt und Ungelehrten, ja der gantzen Welt hiermit in dreyen Büchern präsentiret, und als eine helle Sonne am vollen Mittage eröfnet und aufgekläret wird, auf daß dadurch die unsterblichen Seelen der Menschen, zu lieben das höchste wahre Gut, ermuntert, gereitzet, als lebendige Steine zusammen gefügt, und auf dem köstlichen Eckstein Zions befestigt werden mögen; zur vollen Gewißheit des Verstandes und der innerlichen Erkänntniß. Coloss. II. 2. Alles aus innerlicher Erfahrung und täglicher Praxi geübet, und endlich durch wunderbahre Schickung GOttes ans Licht gestellet, durch einen seiner geringsten und einfältigen, aber doch treuen und aufrichtigen Werckzeuge, Joachim Heinrich Vlzen. Luc. :X. v. 21. Röm. X. v. 8, Berlin, gedruckt bey Job. Grynäus. 1726. Der andere Theil 1729.

Die unerforschlichen Wege der Herrunterlassung GOttes, in welchen er sich nach denen oft unächten Begriffen der Menschen richtet, dargeleget, in dreyen aus der Französischen Sprache ins Deutsche übersetzten Lebens-Läuften. Nebst beygefügten Erwegungen über die Absonderung und Herrunterlassung, worinnen vor der falschen und selbstklugen Condescendenz der Neulinge, welche theils aus Bekehrsucht, theils aus Creutzflucht neben der geraden Regel der Schrift vorbey gehen, und ohne inneres Licht des Geistes der Herrunterlassung GOttes nachzuahmen verwenden, besonders in diesen letzten Zeiten des Gerichts der Hure, des Thiers und des Drachen; wie auch zugleich vor vermessenem, aus dem Unglauben und eigenem Modell herkommenden Richter über diese und dergleichen, der nachgebenden Herrunterlassung GOttes gemäße Führungen, der Seelen gewarnet wird, von einem, der die langmüthige Liebe GOttes und das Saltz in Christo suchet und bittet. Leipzig, bey Benjamin Samuel Walthern, 1735.

Die Gespräche im Reiche der Gnaden, zwischen Theophilo Lebrecht, und Dositheo Eleison, von der allgemeinen Erlösung des gantzen Menschlichen Geschlechts, oder völligen Wiederbringung aller Creaturen. Aus dem Frantzösischen ins Teutsche übersetzt. Amsterd. 1722.

Arnolds Göttliche Liebes-Funcken, aus dem grossen Feuer der Liebe GOttes in Christo JEsu entsprungen. Dritte Auflage, mit neuen Göttlichen Liebes-Funcken vermehret. Leipzig, bey Benjamin Samuel Walthern.

GOtt allein soll die Ehre seyn: Welcher mir befohlen fein: Zu schreiben durch seinen Geist allein: Gantz wunderlich zwey Tractätelein: An alle Menschen insgemein: Sie mögen Käyser, Könige, Fürsten, Grafen, Freyherren, Edle, Unedle, Gelehrte, Ungelehrte, Bürger, Bauern, Männer, Weiber, Jünglinge oder Jungfrauen seyn: Daß sie sollen Buße thun, und vom Sünden-Schlaf aufwachen: Dieweil GOTT mit grossem Donner, Blitz, Hagel und Krachen: Der bösen Welt bald, bald, ja bald ein Ende wird machen. Benebst meinem Johann Tennhards Lebens-Lauf, aus welchem wird zu sehen seyn, wie lange mir der grosse GOtt und Vater, Schöpffer Himmels und der Erden nachgegangen, ehe ich mich von ihm habe ergreifen lassen, indem solches geschehen, so habe ich unwürdiger, armer, sündhaffter Mensch, nicht allein bey drey Jahren seine angenehme Stimme unmittelbar aus seinem göttlichen Munde gehöret; sondern hat mir auch auf meine Fragen gantz freundlich geantwortet; ja endlichen mich gar aus dem Schlafe erwecket, befohlen aufzustehen, und in seinem Nahmen dasjenige zu schreiben, was er mir durch seinen Geist oder ewige Weisheit dictiret, wie in diesem Wercklein allen Menschen, als Juden, Christen, Türcken und Heiden, nützlich und auch höchstnöthig zu lesen fürgeleget wird. Alles in und durch die Liebe geschrieben in Nürnberg. Gedruckt im Jahr 1710.

Die Scheidung des Lichts und Finsterniß; das ist: Gründlicher Beweiß von nothwendiger Absonderung der Frommen von den Bösen, aus einem alten Tractate Daniel – Jonae – Bedae, Separati Gal – Bel – Germ – Anglici, extrahiret; von einem, der unter Babel den Ausgang der Kirchen Christi aus Babel suchet, wünschet und hoffet, auch andern anpreiset, und ihnen den Ausgang zeiget, aufs neue aufgeleget, im Jahre Christi und seiner Aposteln 1735.

Von einem, nicht Paulisch, nicht Kephisch, nicht Lutherisch, nicht Tuchtfeldisch, sondern mit Paulo, Petro, Luthero und Tuchtfelden, nach Christo gesinneten Philadelphiern angestellete genaue Forschung, mit welcher durch und durch hin gezeiget wird, wie übel es sich verhalte in einem falschen fleischlichen Unwahrheit-Urtheile, mit derer ansehnlichen Herren Prediger in Nürnberg, die etwa besonders daran Theil haben, ihrer Vermahnung und Warnung wider Victor Christoph Tuchtfelden, einen Philadelphischen Zeugen JEsu Christi, der da hat sein Wort behalten in der kleinen Krafft der Niedrigkeit JEsu, und hat dessen Glauben nicht verleugnet, den er eingesehen durch die geöffnete Thür, welche ist JEsus Christus, die kein Drache noch falscher Prophet kann den Philadelphiern zuschliessen. Zu Beförderung Göttlicher Ehre, zu Steuer der festen Wahrheit, des weit mächtigern Evangelii von und in Christo, als gemein hin solches gar schlecht gerühmet wird, und zu Widerlegungen aller falschen Auflage, zur Ermunterung derer Philadelphischen Genossen, zur Stärkung ihres festen Glaubens an GOtt, und zur Bezeugung ihrer an Christo einmüthigen Lebens-Lehre; gründlich und gebührend verfasset, auf Unkosten der Philadelphischen Freunde. Franckfurt und Leipzig, zur Oster-Meße 1732. 4to.

Der Philosophische Religions-Spötter, in dem ersten Theile des Wertheimischen Bibelwercks verkappet; aber aus dringender Liebe zu JESU Christo und der reinen Mosaischen Lehre von demselben freymüthig entlarvet, und in seiner natürlichen Gestalt dargestellet von D. Joachim Langen, S. Theol. Profess. Ord. zu Halle. Psalm. XI. v. 3. Die Gottlosen reissen den Grund um. Andere und vermehrte Auflage. Leipzig und Halle, bey Samuel Benjamin Walthern, im Jahr Christi 1736.

Frau Glaubeleichtin. Ach Jacob! das habt ihr mit Fleiß zuletzt gelassen. Das ist gewiß! dieß Stück wird unsern Zeiten einmahl zu einer unüberschwenglichen Zierde dienen. Wie nett! wie gründlich! wie deutlich und ordentlich ists nicht geschrieben! Man sollte schwören, der Autor hätte einen Schul-Knaben von der andern Claße vor sich.

Jacob. Ja! man sagt, diese Wiederlegung sey zwar nicht so beschaffen, daß der Gegner dadurch überzeuget werde; aber sie soll doch sehr schön geschrieben seyn.

Frau Zanckenheimin. Was mir am besten gefällt, das ist, daß der Autor sich gar nichts vor übel nimmt, und an der Bündigkeit seiner Schlüße gar nicht zweifelt. O! das ist ein Mann, der lacht über alle Philosophie und Vernunfft! So bald ein Schrifft-Steller etwas herausgibt, welches auf diese zwey Stücke hinaus läufft, so macht er sich über ihn her, und widerlegt ihn, ohne zu erforschen, was er meynt, und ob er seine Sätze auch erweiset. Das sind Poßen! Er mags gut bewiesen haben oder nicht: Herr D. Lange widerlegt ihn; und fügt dieser Widerlegung noch einen Hauffen Schimpff-Wörter hinzu, ohne daß er den Autorem kennet: Und das alles zur Erbauung frommer Hertzen. Das nenne ich einen rechten Amts-Eifer.

Frau Glaubeleichtin. Nun, Jacob! lasst ihr diese Bücher nur hier, Morgen kommt wieder, so sollt ihr Antwort haben, was ich behalten will. Vergesst aber nicht, uns immer alles zu bringen, was ihr neues habt.

Jacob. Gantz wohl. (Geht ab.)

Frau Seuffzerin. Wir werden auch wohl gehen.

Frau Glaubeleichtin. Ach! bleiben sie doch noch ein wenig! Da kömmt mein Bruder, er wollte gerne unsere Unterredungen mit anhören. Wir wollen ihm doch ein wenig zusetzen.


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