Johann Wolfgang von Goethe
Kurze Schriften zu Kunst und Literatur 1792 - 1797
Johann Wolfgang von Goethe

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[Schwerins Tod.
Gemalt von Frisch, gestochen von Berger
]

Der Tod des General Schwerin in der Schlacht bei Prag den 6ten Mai 1757. hat Herrn Frisch in Berlin den Gegenstand zu einer Komposition gegeben, welche Herr Berger im vorigen Jahre in Kupfer gestochen hat. Das Blatt ist ohngefähr 22 Pariser Zoll lang, und 13 Zoll hoch.

Wir wünschen, daß der Künstler durch einen guten Absatz dieses Blattes aufgemuntert werde mehr dergleichen Stücke zu geben; da leider gewöhnlich in Teutschland ein guter Kupferstecher seinen Fleiß nur gar zu sehr auf kleine und ephemere Arbeiten zu wenden genötiget ist. Es verdient auch dieses Blatt in mehr als einem Sinne den Beifall des Publikums. Der Gegenstand selbst ist nicht für Preußen allein, nicht allein für Teutschland, sondern für alle gesittete Nationen anziehend, von denen man annehmen kann, daß ihnen die Begebenheiten des siebenjährigen Krieges nicht unbekannt sind. Der Greis, der seine militärische Laufbahn so glorreich endigte, und sich gleichsam selbst ein Ehrenzeichen auf das Grab pflanzte, ist gewiß von vielen Tausenden bewundert, von den Edelsten Augenblicke bedauert und länger beneidet worden.

Da der Tod eines Generals vorzustellen war, so ist es natürlich, daß die Komposition an den Tod des General Wolfs, wie ihn West vorgestellt, erinnern muß, da dieser Künstler gewissermaßen das Sujet erschöpft hat. Auch waren ihm die Umstände günstiger. Wolf wird noch lebend vorgestellt, als er in seinen letzten Augenblicken die Nachricht des Sieges vernimmt. Das fremde Kostüme zwischen dem Europäischen gibt dem Bilde Lokalität und Mannigfaltigkeit. Doch hat Herr Frisch durch die Figur eines verwundeten Husaren, welcher im Vordergrunde sitzt und durch die Abwechselung der übrigen Kleidungen, so viel es sich tun ließ, der Komposition von dieser Seite Interesse zu geben gewußt.

Der tote General, mit dem sich einige Chirurgi beschäftigen, liegt auf der Erde, die Fahne in seinem rechten Arme, Hut und Degen vor ihm; ein verwundeter Unteroffizier, ein junger Soldat und der obenerwähnte Husar, sehen mit verschiedenem Ausdruck den Toten an. An der Seite hält ein Reitknecht ein Pferd, und von hinten kommt ein Offizier herbei gesprengt. Der Hintergrund ist teils von Rauch bedeckt, teils sieht man die Stadt mit einem Teile des Angriffs.

Die Anwendung der verschiedenen Züge, welche der Grabstichel hervorbringen kann, auf die verschiedenen Gegenstände, deren sichtbare Eigenschaften, als Weiche, Glätte, Rauhigkeit, Glanz, Lokalfarbe, Licht und Schatten, ausgedruckt werden sollen, ist Herrn Berger glücklich gelungen, und wir wünschen, daß er dieses Talent noch künftig bei schönen und reinen Formen anzuwenden Gelegenheit finden möge. Um destomehr wiederholen wir den anfangs geäußerten Wunsch: daß eine allgemeine gute Aufnahme dieses Blatts den Künstler zu ähnlichen und größern Unternehmen aufmuntere.

 


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