Sextus Julius Frontinus
Des Sextus Julius Frontinus' Schrift über die Wasserleitungen der Stadt Rom
Sextus Julius Frontinus

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125. Den Vortrag der Consuln Q. Aelius Tubero und Paulus Fabius Maximus, die Wiederherstellung der Gerinne, Hohlgänge und Wölbungen der Julia, Marcia, Appia, Tepula und des Anio anbelangend, so hat man, was rücksichtlich dessen geschehen soll, darüber folgendermassen erkannt. Dass, wenn die Gerinne, Hohlgänge und Wölbungen, welche Augustus Caesar auf seine Kosten wiederherzustellen dem Senate versprochen hat, wiederhergestellt würden, alsdann aus den Ländereien der Privaten Erde, Lehm, Steine, Scherben, Sand, Holz und das übrige, das dazu nöthig wäre, von wo ein jedes dieser Dinge zunächst ohne Nachtheil der Privaten enthoben, entnommen, beschafft werden könne, nach Abschätzung eines Schiedmannes gegeben, enthoben, entnommen, fortgeschafft werden sollten; und dass zur Fortschaffung alles dessen und Behufs der Wiederherstellung dieser Bauwerke, so oft es nötig wäre, durch die Ländereien der Privaten ohne deren Nachtheil Fuss- und Fahrwege offenstehen und bewilligt werden sollten.

126. Meistentheils aber entstehen die Schäden durch den Eigennutz der Grundbesitzer, die auf vielfache Weise die Gerinne verletzen. Erstens nämlich besetzen sie die Räume, welche um die Wasserleitungen herum gemäss Senatsbeschluss frei bleiben müssen, entweder mit Gebäuden oder mit Bäumen. Die Bäume schaden mehr, weil durch ihre Wurzeln sowohl Eindeckungen als Seitenwände gesprengt werden. Dann richten sie gemeinschaftliche und Privat-Feldpfade gerade über die Leitungen hin. Endlich sind sie der Erhaltung der Leitungen hinderlich dadurch dass sie die Zugänge zu denselben sperren. Diesem allen ist durch den hier unten folgenden Senatsbeschluss vorgesehen.

127. Den Vortrag der Consuln Q. Aelius Tubero und Paulus Fabius Maximus, die Pfade der zur Stadt kommenden Wasser würden mit Denkmälern und Gebäude besetzt und mit Bäumen bepflanzt, anbelangend, so hat man, was rücksichtlich dessen geschehen soll, folgendermassen erkannt. Zum Behufe der Wiederherstellung der Gerinne und Hohlgänge und überhaupt dessen was durch jene Anlagen dem Gemeindewesen verdorben würde, werde festgesetzt: dass um die Quellen und Wölbungen und Mauern herum auf beiden Seiten ein Raum von 15 Fuss frei und unbesetzt bliebe; und dass um die Gerinne unter der Erde und um die Hohlgänge herum innerhalb der Stadt und ausserhalb der Stadt, das heisst innerhalb der mit der Stadt zusammenhängenden Gebäude, auf beiden Seiten ein Raum von 6 Fuss leer gelassen werde: so dass weder ein Denkmal auf diesen Stellen noch ein. Gebäude nach dieser Zeit zu setzen, noch Bäume zu pflanzen erlaubt sei. Befänden sich gegenwärtig Bäume innerhalb dieses Raumes, so sollten sie ausgehauen werden, ausser wenn sie mit einem Landsitze zusammenhängend und mit Gebäuden eingeschlossen wären. Wer sich dagegen vergangen, sollte für jeden einzelnen dieser Punkte mit 10,000 Sestertien büssen, wovon die Hälfte dem Ankläger, durch dessen Bemühung hauptsächlich der Verletzer dieses Senatsbeschlusses überführt worden wäre, zur Belohnung gegeben, die Hälfte aber in den Schatz gebracht werden sollte. Und über diese Angelegenheit sollten richten und erkennen die Wassercuratoren.

128. Es könnte dieser Senatsbeschluss höchst billig erscheinen, selbst wenn jene Räume nur zum einseitigen Vortheil des Staates in Anspruch genommen würden; umsomehr da unsere Vorfahren bei ihrer bewundernswürdigen Billigkeit nicht einmal diejenigen den Privaten entrissen haben, welche eigentlich zum Bereiche des Staatseigenthumes gehörten, sondern, wenn bei der Herleitung eines Gewässers ein Grundbesitzer sich im Verkaufen eines Ackertheiles etwas schwierig zeigte, den ganzen Acker bezahlt und nach Abmarkung der nöthigen Stöcke den Acker wieder verkauft haben, damit jeder innerhalb seiner Gränzen, der Staat wie der Private, seine Rechte wahren könnte. Sehr viele jedoch sind nicht damit zufrieden gewesen, die Besetzung der Gränzen sich anzumessen, sondern haben sogar an die Leitungen Hand angelegt, indem sie durch die Seitenwände der verwundeten Röhre hin und wieder den Wasserlauf zu ihrem Gebrauch abkehrten, sowohl solche, denen das Recht auf Wasser bewilligt ist, als solche, welche nun jede geringste Gelegenheit einer Bewilligung missbrauchen, um sich an den Leitungen zu vergreifen. Was würde fernerhin geschehen, wenn nicht das Alles durch ein sorgfältiges Gesetz verboten und den Trotzenden eine bedeutende Strafe angedrohet würde? Folgen hierunter die Worte des Gesetzes.

129. Der Consul T. Quintus Crispinus hat rechtmässig beim Volke angetragen und das Volk rechtmässig erkannt, auf dem Forum vor den Schnäbeln des Tempels des Divus Julius, am Tage vor den Julischen Kalenden. Die Tribus Sergia stimmte zuerst. Für diese Tribus stimmte Sex. Varro, des L. Varro Sohn. Wer nur immer nach der Beantragung dieses Gesetzes die Gerinne, Hohlgänge, Wölbungen, Röhren, Rohre, Schlösser, Becken der öffentlichen Gewässer, die zur Stadt geleitet werden, mit Wissen böslich durchlöchert, durchbricht, durchlöchern oder durchbrechen lässt, oder verschlimmert, so dass diese Gewässer oder jedes derselben minder gut in die Stadt Rom laufen, fallen, fliessen, gelangen, geleitet werden können, oder dass in der Stadt Rom und innerhalb der jetzt und in Zukunft mit der Stadt zusammenhängenden Gebäude das Wasser in denjenigen Gärten, Grundstücken, Plätzen, welcher Gärten, Grundstücke, Plätze Eigenthümern oder Besitzern solches gegeben oder angewiesen worden ist oder seyn wird, minder gut springe, ausgetheilt, vertheilt werde und in Schlösser und Becken einfliesset der soll dem Römischen Volke 100,000 Sestertien zu zahlen verurtheilt seyn. Und wer heimlich etwas dergleichen auf die Weise thut, der soll verurtheilt seyn, dieses Alles zu flicken, auszubessern, wiederherzustellen, aufzubauen, hinzusetzen und schnell niederzureissen, ohne Trug und alles so, dass derjenige, welcher Wassercurator ist oder seyn wird, oder in Falle kein Wassercurator da seyn wird, derjenige Prätor, welcher zwischen Bürgern und Fremden Recht spricht, durch Geldbusse und Unterpfänder zwinge und strafe, und jenem Curator, oder im Falle kein Curator da seyn wird, jenem Prätor desfalls das Recht und die Vollmacht zustehe, zu zwingen, zu strafen, Geldbusse zu erkennen oder Pfand zu nehmen. Wenn etwas dergleichen ein Knecht tut, so soll dessen Herr dem Volke 100,000 Sestertien zahlen. Wenn um die Gerinne, Hohlgänge, Wölbungen, Röhren, Rohre, Schlösser, Becken der öffentlichen Gewässer, die zur Stadt geleitet werden und werden geleitet werden, eine Absteckung des freien Raumes durch Gränzzeichen sieht, so soll an diesem Orte nach Beantragung dieses Gesetzes weder Jemand etwas entgegenstellen, aufwerfen, verzäunen, anheften, aufsetzen, anlegen, aufstellen, ackern, säen, noch etwas in denselben hineinbringen, ausser um solches zu thun und wiederherzustellen, was nach diesem Gesetze geschehen darf und muss. Wer gegen diese Punkte fehlt, gegen den soll in allen Punkten und jeder betreffenden Person gleiches Gesetz, Recht und Klage, geltend seyn, als, wie geltend wären und geltend seyn müssten, wenn dieser gegen dieses Gesetz ein Gerinne oder einen Hohlgang durchbrochen oder durchlöchert hätte. Damit nicht Strauchwerk an diesem Orte das Grasweiden und Heumähen verhindern, so sollen durch die Wassercuratoren, die es jetzt sind und die es seyn werden, um die Quellen und Wölbungen und Mauern und Gerinne und Hohlgänge die innerhalb der Absteckung des freien Raumes befindlichen Bäume, Weinreben, Dornen, Gesträuch, Ufer, Gemäuer, Weiden und Rohrgebüsch fortgeschafft, ausgehauen, ausgegraben, ausgerottet, und wie sie es sonst für gut finden, entfernt werden: und soll ihnen desfalls Pfandfahung, Erkennung von Geldbusse und Zwangsmassregeln ohne ihre Gefahr erlaubt seyn; und ein solches Verfahren zu gebrauchen ihnen das Recht und die Vollmacht zustehen. Dass nicht Weinreben, Bäume, welche in Landsitzen, Gebäuden oder Gemäuer eingeschossen sind, und Gemäuer, welche niederzureissen oder nicht niederzureissen die Wassercuratoren den Eigentümern freigestellt haben, und auf welchen die Namen eben der freistellenden Curatoren eingeschrieben und eingegraben ständen, bleiben sollen, davon sey in diesem Gesetze keineswegs ein Antrag. Dass nicht aus jenen Quellen, Gerinnen, Hohlgängen, Wölbungen Wasser zu nehmen und zu schöpfen denjenigen, welchen die Wassercuratoren es gestattet haben, ausser mittelst Rad, Kelch und, Maschine, erlaubt sey, wenn nur nicht weder ein Brunnen noch ein neues Loch gemacht würde, davon sey in diesem Gesetze keineswegs ein Antrag.

130. Die Uebertreter eines so heilsamen Gesetzes möchte ich der angedrohten Strafe nicht unwerth nennen. Allein diejenigen welche, weil die Hintansetzung des Gesetzes durch die Länge der Zeit zur andern Natur geworden war, in der Verblendung lebten, mussten auf eine sanfte Weise auf den rechten Weg zurückgerufen werden. Deshalb haben wir fleissig dahin getrachtet, dass die Irrenden, soviel an uns lag, sogar unbekannt blieben. Diejenigen wiederum, welche gewarnt zu des Kaisers Gnade ihre Zuflucht genommen haben, können uns als den Urheber erlangter Bewilligung ansehen. Für die Zukunft aber wünsche ich, dass die Vollziehung des Gesetzes nicht nöthig seyn möge, obgleich es vorzuziehen ist, die Strenge seines Dienstes selbst dem Aergerniss zum Trotz wahrzunehmen.


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