Sextus Julius Frontinus
Des Sextus Julius Frontinus' Schrift über die Wasserleitungen der Stadt Rom
Sextus Julius Frontinus

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95. Welcher Behörde aber das Recht Wasser zu bewilligen oder zu verkaufen zugestanden habe, wird in eben jenen Gesetzen verschieden angegeben : denn zu Zeiten finde ich es von Aedilen, zu Zeiten von Censoren überlassen; jedoch erhellet, dass, so oft Censoren im Staate waren, es von ihnen hauptsächlich erbeten worden, widrigenfalls Aedilen diese Vollmacht gehabt haben. Hieraus ist ersichtlich, in welch höherem Maasse sich unsere Vorältern die Sorge für allgemeinen Nutzen als für Privatannehmlichkeiten angelegen seyn liessen, indem selbst dasjenige Wasser, welches Privatleute leiteten, dem Staate Vortheil brachte.

96. Die Erhaltung der einzelnen Gewässer aber pflegte, wie ich finde, verdungen und den Unternehmern die Verbindlichkeit auferlegt zu werden, eine bestimmte Anzahl von Werkleuten bei den Leitungen ausserhalb der Stadt, eine bestimmte in der Stadt zu halten, und zwar so, dass sie auch die Namen deren, welche sie für jedes Stadtviertel in Dienst zu halten beabsichtigten, in die öffentlichen Tafeln eintrügen; und das Geschäft der Prüfung ihrer Arbeiten hatten zu Zeiten die Censoren und Aedilen, zu Zeiten fiel dieses Amt auch den Quaestoren anheim, wie aus dem Senatsbeschlusse erhellet, welcher unter der Censur des C. Licinius Caesulla und des Q. Fabius gegeben worden ist.

97. Wie sehr man aber besorgt gewesen, dass nicht Jemand Leitungen zu verletzen oder nicht bewilligtes Wasser abzuleiten wage, kann, wie aus vielem, so daraus ersehen werden, dass der Circus Maximus nicht einmal in den Tagen der Circensischen Spiele anders als mit Erlaubniss der Aedilen oder Censoren bewässert wurde: was, wie wir bei Attejus Capito lesen, noch bestanden hat, auch nachdem unter Augustus die Wasseraufsicht an Curatoren übergegangen war. Felder aber, von denen nachgewiesen werden konnte, dass sie gegen das Gesetz mit öffentlichem Wasser bewässert worden waren, fielen dem Staate zu. Dem Pächter auch wurde, wenn überhaupt ein Sklave desselben etwas gegen das Gesetz gethan hatte, eine Geldbusse auferlegt. In denselbigen Gesetzen steht so hinzugefügt: Niemand soll das Wasser der öffentlichen Röhrbrunnen löslich verunreinigen. Wenn Jemand es verunreinigt, soll die Geldbusse 10,000 Sestertien seyn. Deshalb wurde den Curulischen Aedilen befohlen, für jeden einzelnen Strassenbezirk aus der Zahl deren, die darin wohnten oder Grundstücke hätten, zwei Männer anzusetzen, unter deren Ausspruche die öffentlichen Röhrbrunnen stehen sollten.

98. Zuerst ist M. Agrippa nach der Aedilität, die er nach seinem Consulate bekleidete, über seine Wasserhäuser und Künste gleichsam beständiger Curator gewesen, und hat schon nach der dermaligen Wassermenge abgetheilt, wieviel Wasser an die Wasserhäuser , wieviel an die Becken, wieviel den Privaten gegeben werden sollte. Er hielt auch eine eigene Dienerschaft zur Unterhaltung der Wasserleitungen und Schlösser und Becken. Diese hat Augustus, welchem jener sie als Erbschaft hinterlassen, dem Staat als Eigenthum übermacht.

99. Nach ihm sind, unter dem Consulate des Q. Aelius Tubero und Paulus Fabius Maximus, in einer Sache, welche bis auf jene Zeit, wie aus eigener Machtvollkommenheit gehandhabt, einer bestimmten Rechtsnorm ermangelt hatte, Senatsbeschlüsse abgefasst und ein Gesetz vorgeschlagen worden. Augustus auch hat durch ein Edict den Umfang der Rechte derjenigen bestimmt, welche nach Agrippa's Denkschriften im Genusse von Wasser wären, und die ganze Sache auf seine eigenen Bewilligungen übertragen. Auch die Gemässe, von denen geredet, worden ist, hat er festgesetzt, und zur Aufrechthaltung und Betreibung der Sache den Messala Corvinus zum Curator gemacht und diesem den Postumius Sulpicius Praetorius und den L. Cominius Pedarius zu Gehülfen gegeben: es sind ihnen, als obrigkeitlichen Personen, äussere Abzeichen ihres Amtes ertheilt, und über ihren Dienst ein Senatsbeschluss abgefasst worden, welcher hier folgt.

100. Den Vortrag der Consuln Q. Aelius Tubero und Paulus Fabius Maximus, die Bestallung der auf Uebereinkunft des Senates vom Cäsar Augustus ernannten Wassercuratoren anbelangend, so hat man, was rücksichtlich dessen geschehen soll, darüber folgendermassen erkannt. Es beliebe diesem Stande, dass die Vorsteher der öffentlichen Gewässer, wenn sie dieses Geschäftes wegen ausserhalb der Stadt wären, jeder zwei Lictoren und drei öffentliche Knechte, einen Baumeister und einen Schreiber und einen Abschreiber, Hülfsdiener und Ausrufer soviel halten sollen, als diejenigen halten, welche das Getreide unter das Volk vertheilen; wenn sie aber innerhalb der Stadt desselbigen Geschäftes wegen etwas zu thun hätten, sich, mit Ausnahme der Lictoren, derselbigen übrigen Aufwartenden bedienen sollen. Und dass die Wassercuratoren die Aufwartenden, deren sie sich diesem Senatsbeschlusse gemäss bedienen dürften, in den 10 nächsten Tagen nach der Abfassung des Senatsbeschlusses auf den Schatz anweisen; und den so Angewiesenen die Prätoren des Schatzes als Lohn jährlich soviel Speisegelder geben und auszahlen sollen, als die Präfecte der Getreidevertheilung zu geben und auszuzahlen pflegen; und sie diese Gelder ohne Gefahr zahlen dürften. Und dass die Consuln Q. Aelius Tubero und Paulus Fabius Maximus, beide oder einer von ihnen, nach Gutdünken unter Zuziehung der Prätoren des Schatzes, die Lieferung der Tafeln, des Papiers und der sonstigen Bedürfnisse, die den Curatoren zum Behufe ihres Amtes nothwendig geliefert werden müssten, verdingen sollen.

101. Ebenfalls, dass die Wassercuratoren, da sie, bei Uebernahme auch der Wege- und Getreideaufsicht, ein Viertheil des Jahres dem Staatsdienst oblägen, von Privat- und Staatsgerichten frei seyn sollen. – Obgleich der Schatz bisher fortfährt an die Aufwartenden und Diener an zahlen, so haben dieselben jedoch durch die Trägheit und Fahrlässigkeit der Curatoren, die ihrer Pflicht nicht nachkamen, dem Scheine nach zu bestehen aufgehört. Waren sie aber aus der Stadt gegangen lediglich zur Betreibung ihres Geschäftes, so müssten auf Befehl des Senates ihnen ihre Lictoren zur Seite seyn. Mir wird bei meiner Untersuchung der Gerinne meine Zuverlässigkeit und das mir vom Fürsten gegebene Ansehen die Stelle der Lictoren vertreten.

102. Da wir die Sache bis zum Auftreten der Curatoren durchgeführt haben, ist es nicht am unrechten Orte, diejenigen, welche nach dem Messala diesem Amte bis auf uns vorgestanden haben, hier folgen zu lassen. Dem Messala folgte, unter dem Consulate des Plancus und Silius, Atteius Capito; dem Capito, unter dem Consulate des C. Asinius Pollio und C. Antistius Vetus, Tarius Rufus; dem Tarius, unter dem Consulate des Servius Cornelius Cethegus und L. Visellius Varro, M. Cocceius Nerva, des Divus Nerva Grossvater, welcher auch als Rechtsgelehrter berühmt ist; diesem folgte, unter dem Consulate des Fabius Persicus und L. Vitellius, C. Octavius Laenas; dem Laenas, unter dem Consulate des Aquilius Julianus und Nonius Asprenas, M. Porcius Cato; diesem folgte ein Jahr darnach, unter dem Consulate des Sextus Junius Celer und Nonius Quintilianus, A. Didius Gallus; dem Gallus, unter dem Consulate des Q. Veranius und Pompejus Longus, Cn. Domitius Afer; dem Afer, unter dem vierten Consulate des Nero Claudius Caesar und dem des Cossus des Sohnes des Cossus, L. Piso; dem Piso, unter dem Consulate des Verginius Rufue und Memmius Regulus, Petronius Turpilianus; dem Turpilianus. unter dem Consulate des Crassus Frugi und Lecanius Bassus, P. Marius; dem Marius, unter dem Consulate des L. Telesinus und Suetonius Paullinus, Fonteius Agrippa; dem Agrippa, unter dem Consulate des Silius und Galerius Trachalus, Albius Crispus; dem Crispus, unter dem dritten Consulate des Vespasianus und dem des Cocceius Nerva, Pompeius Silvanus; dem Silvanus, unter dem Consulate des Valerius Messalinus, T. Ampius Flavianus; dem Flavianus, unter dem fünften Consulate des Vespasianus und dem dritten des Titus, Acilius Aviola; nach welchem, unter dem dritten Consulate des Imperator Nerva und dem dritten des Verginius Rufus, das Amt uns übertragen worden ist.

103. Jetzt will ich folgen lassen, was der Wassercurator beobachten muss, und die Gesetze und Senatsbeschlüsse, die zu seiner Unterweisung dienen. In Betreff des Rechtes Wasser abzuleiten unter den Privaten, ist zu beobachten, dass Niemand ohne ein Schreiben des Caesar, das heisst dass Niemand öffentliches Wasser ohne Bewilligung, und dass Niemand mehr, als ihm bewilligt worden ist, ableite. Dadurch nämlich werden wir es möglich machen, dass die Wassermenge, von deren Erwerbung wir geredet haben, zu neuen Röhrbrunnen und zu neuen Bewilligungen des Fürsten verwendet werden könne. In beiden Punkten aber ist grosser Diensteifer dem vielfachen Betruge entgegenzusetzen. Sorgfältig müssen oft nacheinander die Leitungen ausserhalb der Stadt untersucht werden, um die Bewilligungen zu prüfen : dasselbige muss bei den Wasserschlössern und Röhrbrunnen geschehen, damit das Wasser ohne Unterbrechung Tag und Nacht hindurch fliesse; eine Sache, die dem Curator auch durch einen Senatsbeschluss befohlen wird, welcher wörtlich also lautet.

104. Den Vortrag der Consuln Q. Aelius Tubero und Paulus Fabius Maximus, die Zahl der öffentlichen Röhrbrunnen, welche in der Stadt und innerhalb der mit der Stadt verbundenen Gebäuden wären und welche M. Agrippa angelegt hätte, anbelangend, so hat man, was rücksichtlich dessen geschehen soll, so erkannt. Es beliebe, dass die Zahl der öffentlichen Röhrbrunnen, die gegenwärtig nach dem Berichte derjenigen, welchen vom Senate befohlen worden ist, die öffentlichen Gewässer zu untersuchen und eine Aufzählung der öffentlichen Röhrbrunnen vorzunehmen, vorhanden wäre, weder vermehrt noch vermindert werden sollte. Gleichfalls beliebe es, dass die Wassercuratoren, welche Caesar Augustus nach dem Antrage des Senates ernannt hat, Sorge tragen sollten, dass die öffentlichen Röhrbrunnen möglichst anhaltend Tag und Nacht zum Gebrauche des Volks Wasser gäben. – In diesem Senatsbeschluss sollte mir das Verbot des Senates, die Zahl der öffentlichen Röhrbrunnen weder zu vermehren noch zu vermindern, bemerkenswerth dünken. Ich halte dafür, dass dieses geschehen ist, weil das Maass der Gewässer, welche damals in die Stadt kamen, ehe die Claudia und der Neue Anio hingeleitet wurden, keine grössere Verausgabung zu erlauben schien.


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