Ludwig Frahm
Wenn de Scharrnbulln brummt
Ludwig Frahm

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De Rottenbieter

Was ich Sie sage, Frau Rütern, es gibt kein ander Mittel as'n Rottenbieter. Wo wollen Sie sonst woll diese entfamigten Tiere los werdn. Gift, ach was Gift! Gehn Sie mir bloß los mit die Apthekers und Kammerjägers, nix als Swindel. Katzen? na, da könn' Sie ßwanzig kriegn, und kein ein fäßt'n Rott an, und wenn Sie mal ein kriegen, die's tut, bauz is sie hinüber. Das kenne ich alles aus Erfahrung. Helfen tut auch'n Wessel (Wiesel); na und wo wolln Sie'n Wessel kriegen!«

»»Je, Herr Griese, wie kriege ich denn man so'n Hund?««

»O den will ich Sie woll besorgen, wenn Sie es wirklich wolln. Und außerdem, wo angenehm is sonst noch so'n Hund. Er hält Sie das Haus und den Garten rein von Mäuse, Katzen, Kraien, Sweinigels und ander Ungeziefer. Und denn for Sie, die Diebe wegen. Ick würde ja keine Nacht ruhig ßlafen bei so viel Geld und all den andern Kram, was Sie haben.«

»»Denn sehn Sie mal zu, Herr Griese!««

»Jawoll, Frau Rütern, da könn' Sie sich zu verlassen.«

75 Herr Rüter harr all veele Jahr in Hamburg wahnt. Dat Geschäft harr bannig gahn, nu harr he't düer verköfft. Harr sik trüggtrocken, harr sik dar upt Himmelsbüttelsch en arigen Flicken Land köfft un en Villa hensett. Allns nett, en Park mit Barkenböm, de dar all von Olingstiden her stünn', en groten Gorn, sogar noch en lütte Wisch mit en lütten Karpendiek. Karpen weern dar nich in, awer Rotten kunn man dar ümmer to sehn kriegen, besonners an'n Abend, wenn sünst allns still weer.

Nich wiet von den Diek stünn en Höhnerhus. Awer Eier geev dat nich veel, un de Küken würden nich grot. De Rotten slachen sik allns in. Toletz würdn se so frech, dat se all ut de Löcker keeken, wenn de Höhner fodert würdn. Darüm wull Fru Rüter nu so gern en Rottenbieter hebben.

 

Nah ungefähr acht Dag keem Herr Griese – de olen Himmelsbüttler säden »de griese Gaudeef« to em – mit en Köter antrecken, mit'n ruges Mul, fühnsche Ogen, bald stünn' de Ohren hoch, bald häng' se dal, an welke Stelln weern de Haar kort, an welke lang un rug, un speeln dädn se in alle Farben. Herr Rüter weer grad to Hus un harr all dat Wort up de Tung': Pfui Deubel, wat'n Bastard! Awer de Griese keem em tovör un säd: »En richtigen Rottenbieter, Herr Rüter, de lett nix entkamen, vör den is nix seeker. Ik hev em all dree Dag in de Prov hatt. Das Tier is gut, Herr Rüter, das sag ich Sie, un ich muß das doch woll kenn'.«

»»Wat kost denn dat Deert?««

»Ja, Herr Rüter, wenn Sie mir gar nix abdingen wolln, un denn aus Gefälligkeit for Sie solln Sie ihn for zwei duppelte Föß haben.«

76 »»Veertig Mark för so'n Köter, ne, Herr Griese, is nich, funn' hev ik min Geld ok nich.««

»Wenn Sie so gesunn' sind, Herr Rüter, denn kann da überhaupt nix aus werdn, und wenn Sie kein' Rotterbieter nich kenn', denn hätten Sie mir damit vom Leibe bleiben müssen.«

He däd örntlich, as wenn he deep in sin Ehr kränkt weer un wedder afftrecken wull.

Da smeet Fru Rüter sik in't Mittel un sett ehrn Mann so lang' to, bet he de beiden Vöß rutrück. Un as de Gries den Hund in'n Stall anbünn', da steek se em noch en Teinmarkstück to, wiel he sünst gar nix verdeent harr.

 

De Hunn'kerl harr ganz recht seggt: Vör den Köter weer nix seeker. Jeden Dag däd he Schann'. Denn wörg he mal en Hähn, denn dreih he mal en Aant den Hals üm; mit all, wat Tüg heet, speel he Schindluder; keen Katt dörf sik sehn laten. Blot de Rotten würdn nich weniger. Dar vergreep he sik nich an; denn he kreeg veel beetere Kost. De Bettlers leet he ruhig nah't Hus rin un de Huseerers ok. Awer wenn se wedder rut güng'n, reet he ehr von achtern ut sin Versteek de Büx twei. Tweemal harr Fru Rüter all fief Mark betahlt. Ehr Mann lä sik erst upt Hanneln un keem denn mit dree Mark frie. Herr Griese harr seggt, de Hund hör up den Namen Donis. Fru Rüter awer wüßt recht god, dat dat Adonis heeten schull, un so heet dat Deert denn richtig Adonis. Dat heet, hörn däd he nich up Donis un nich up Adonis; he hör öwerhaupt nich. Hörn kunn he sünst heel god. Wenn de Dochter, Fräulein Frieda, up den Klavezimpel speel, denn kreeg he den Kopp hoch, verdreih de Ogen in'n Kopp un hul mit, besonners wenn se dat schöne Leed »Puppchen, du bist mein Augenstern« speel.

77 Un den Gemüsemann kunn he heel god von den Fischhändler ünnerscheeden. Üm den ersten kümmer he sik gar nich, un den letzten stöhl he jedesmal een von de besten Fisch.

Wo mennig schön Stück Fleesch müß Fru Rüter ut en Eck oder utn Goren wedder halvtereeten herhaln mit blödige Tran' in de Ogen.

So füll Adonis denn bilütten in de Achtung bi alle Husgenossen, un wenn de Köksch, wat en handfaste Person weer, mal mit den Hund alleen in den Stall weer, denn kunn man gewöhnlich en gräsiges Bellen un Jaulen hören. Dat heet nich von de Köksch, de smeet blot eenige Schimpwör dartwüschen.

As de Hunnleewerant Griese mal wedder inkeek, üm nah oles Isen, Lumpen un Zeitungspapier antofragen, würr em vörholn, wat för'n nixnutzigen Köter he för dat swore Geld leewert harr.

»Beste Fru Rüter, dat kann ik gar nich begriepen. Kann ich den Hund mal sehn?«

He güng' nu mit nah den Stall, bekeek Adonis von alle Sieden, strakel em un erschien denn wedder bi de Herrschaften tom Bericht:

»Dat arme Tier kriggt ja sin Recht nich. Wie kann de Hund sin gode Natur beholn, wenn he ümmer an de Keed oder in'n Stall liggt. Dat geiht em grad so as en Minschen, den sin Freiheit nahmen is. Denn ward he gnittschäwig, achterlistig un heimtücksch. Ne, de Hund mutt rut, nehmen Se em doch mit up de Tur; denn schüllt Se mal sehn, wat Se noch för'n Vergnögen an em hebbt.«

 

Dat hölp nix, Herr Rüter müß mit den Hund los. Erst an'n Tau. Awer wat weer dat för'n Stück Arbeit. Bald höll he trügg un sett sik inne Huk, bald schöt he up eenmal weg nah de Siet, denn stört he vörut, 78 dat he Herr Rüter binah ümreet. As de Herr to Hus sin Hand beseeg, schrien dat Blot hendör un he müß schier en Verband darup leggen. Dat nächste Mal leet he Adonis frie lopen. Erst snücker he bi em rüm; awer dat duer nich lang', so weer nix mehr von em to hörn un to sehn. Herr Rüter geev böse un gode Wör, he fleit woll hunnertmal upn Finger, dat hölp all nix. Blot aff un an hör he em günt up de Koppel achter en Hasen oder Karnickel kläffen. Dat weer to argerlich. Dat weer ja grad so, as wenn de Hund sin Herr weer un nich ümgekehrt.

As he bi den nächsten Ort öwer de Alsterbrügg gahn wull, schöt de Hund mitnmal wedder vör em up as de wille Jagd. Da kreeg Herr Rüter dat mit de Wut. Da würr em so to Mod as mi, wenn ik en schöne Geschicht schrieben will un so'n asige Fleeg summt mi üm den Kopp un stört mi in de besten Gedanken.

He nöhm sin' Handstock, hal wied ut un smeet nah den verflixten Rottenbieter. De weer frielich all tein Schritt wieder. De Handstock awer prall up den Kantsteen aff, flög gegen en Stratenlatern, de dar de Minschen an düstere Abende den Weg öwer de Brügg wiest, dat dat Glas man so up de Strat klingel. Dar kreeg de Stock wedder'n annere Richtung un sus nu dör willen Wien un Büscher nah en Goren rin. Toletz säd dat »Plumps.«

Herr Rüter keek dörch de Trallen von dat Gorengitter un würr nu gewohr, dat sin Stock mit de sülwern Krück, de em sin Kegelbröder tom Affscheed von Hamborg schenkt harrn, merrn in en lütten Diek folln weer. Den Stock wull he awer up keen' Fall missen. Rasch entslaten klatter he öwer dat Gitter un stört nah den Diek, wo eben de letzten Wellen to Land güng'n. Awer von den Stock weer nix to sehn; de 79 swore sülwern Krück harr em in de Grund trocken. Tom Glück fünn' he en langen Bohnenschacht un füng' nu an, den Diek afftosöken. Dat hölp awer all nix. As he sik denn nu tom drüttenmal den Sweet affwisch, würr he wieß, dat de Diek en Mündpahl harr. Ahn sik lang to besinn, reet he een Schott nah dat anner los un leet den Diek afflopen. Richtig, toletz würr de Stock sichtbar, de ünnerste Enn' keek nah baben, as en Lüchttorn merrn in de See.

Nu kunn he de Steweln uttrecken un denn mit den Bohnschacht den Stock ranfummeln. Awer so wiet keem he garnich. Dat würr achter em schimpen un schandeern. Twee Kerls keemen up em to, dat weer de Herr von den Gorn mit den Garner. Se möken ok gar keen fründliche Gesichter, un von de Titels, de he to hören kreeg, hedd he man blot »Röwerpack« un »Karpendeef« beholn.

Dat güng' dicht bi en Dracht Prügel her; denn man dröpt disse Art von Justiz ünner veer oder söß Ogen noch hüpiger un ok in »beetere Kreise«, as mennig Minsch ahnt un denkt. De Stock mit dat sülwern Griff rett em, un as he sik verpflichten däd, de Karpen to betahln, de von dat Waterlaten verrecken würdn, leeten se den Herrn Rüter ut den Park rut.

Nah hunnert Schritt keem he an en grotes, oles Weertshus vörbi. De Weertsfru hölt sik ümmer gegen tachentig Höhner. Denn dar kamt binah jeden Dag Gäst ut de Stadt un wüllt Röhreier von Landhöhner eeten.

Nu weer up den Hoffplatz en grotes Helpholn. Dar stünn' Fruen, Kinner un ok en paar Mannslüd un schimpen un schülln, dat so'n niederträchtigen, griesen Aas von Köter grad de dree besten Höhner terreeten harr. Un grad in dissen Ogenblick keem dat 80 Undeert bi sin' Herrn an un däd, as wenn se in't beste Invernehmen levten.

»Süh, dar is dat Beest wedder!«

»Slah dat Luder dod!«

»Hört Se de Hund?«

Dat kunn denn Herr Rüter nich affstrieden. He müß in'n suern Appel bieten un för jede Hähn, de man in jeden Geflügelladen för'n Daler köpen kann, een blankes Teinmarkstück betahln, wiel dat rasseechte Weihandotters oder Plietschmutsrockers weern, de to Tucht deen' schulln.

 

Nu il Herr Rüter man, dat he to Hus keem. He güng' den Richtstieg schräg öwer en grote Koppel. Dar seeg he sin' Adonis wedder. He wull en Hasen an de Jack un schöt iwrig achter em her.

Up eenmal awer flög he rüm, schrie fürchterlich up, dod weer he. Achtern Knick, wo de Schuß herkamen weer, seeg Herr Rüter, as de Damp sik vertrocken harr, en Jäger stahn, de em toröp: »Auf'n ander Mal halten Sie ihren Hund an sich!«

 

Herr Rüter will sik woll wohrn. He köfft sik keen' Rottenbieter wedder. 81

 

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