Georg Forster
Bemerkungen ... auf seiner Reise um die Welt ...
Georg Forster

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Achter Abschnitt.

Oeffentlicher und Privat-Unterricht. Ursprung und Fortgang der Manufakturen, Künste und Wissenschaften.

Usus, et impigrae simul experientia mentis
Paulatim docuit pedetentem progredientis.
LUCRET. L.IV.p 14.51.52

Unsere Handwerke und mechanische Künste sind, so gut als unsere historischen und anderen Wissenschaften, Resultate der Beobachtungen und Erfindungen vieler tausend Menschen, die, zu verschiedenen Zeiten und in weit von einander entlegenen Ländern, gelebt haben. Mit Recht könnte man sie, den gemeinschaftlichen Vorrath menschlicher Kenntnisse, nennen; einen Schatz, wozu einem jeden lehrbegierigen Menschen, hauptsächlich bey den gesittetern europäischen Völkern, der Zugang frey gestattet wird. Dieser unermeßliche Vorrath kann heut zu Tage nicht mehr von einem einzigen Menschen ganz umfaßt und durcharbeitet werden; wäre dieser auch das größte Genie. Der gegenwärtigen hohen Cultur in Europa ist es daher angemessener, die Menge dieser Kenntnisse, in mehrere Zweige vertheilt, auf die Nachwelt fortzupflanzen, und eine große Anzahl Menschen mit wissenschaftlichen Untersuchungen zu beschäftigen, indem man ihnen, nach den Umständen, die Wahl eines gewissen einzelnen Theils überlaßt. Jeder kleine Zweig der Wissenschaft hat, eben auf diese Art, nicht nur seinen jetzigen Grad der Vollkommenheit erreicht, sondern wird auch noch fernerer Entwickelung fähig. Die Erfindung der Schriftzüge und der Buchdruckerkunst bewahrt schon hinlänglich alle neue und nützliche Bemerkungen, Erfahrungen, Entdeckungen in jeder Wissenschaft vor gänzlicher Vergessenheit. Hätte das ganze Menschengeschlecht beständig als Wilde oder als Jäger in den Waldern verstreut umhergeirrt, oder im Hirtenstande sich mit großen Heerden weitläuftig ausgebreitet, so wäre die Sammlung, Vermehrung und gemeinnützige Anwendung eines solchen Vorraths von Kenntnissen schon nicht möglich gewesen. Noch mehr: der Anbau nützlicher Gewächse und namentlich der Kornbau ist die Hauptstütze, worauf die starke Bevölkerung unserer Länder, und die Vereinigung in große Gesellschaften sich gründet. Da nun aber viele Künste und Gewerbe, blos durch die Menge der Arbeiter, eine gewisse Vollkommenheit erreichen können, und die Abzweigung der Handwerke, in viele Unterabtheilungen, oft am sichersten auf ihre Vervollkommnung würkt; so ist unleugbar, daß nur zahlreiche Gesellschaften, in Ländern welche an Lebensmitteln und andern Erfordernissen Ueberfluß haben, vorzüglich dazu geschickt sind, große und wichtige Verbesserungen in der Lebensart zu entdecken, und alle Zweige der Künste und Wissenschaften mit glücklichem Erfolge zu kultiviren.

Egypten, beglückt durch jährliche Ueberschwemmungen des Nils in seinen niedrigen Gefilden, ward früh ein Sitz des Ackerbaues. Man vergaß das Hirtenleben bald, man verabscheute es sogar; die Volksmenge wuchs zum Erstaunen heran, und mit ihr keimten und blühten mechanische Künste, allerley Handwerke und Wissenschaften auf, erhielten fort und fort neuen Zuwachs, und erweiterten den ganzen Kreis des menschlichen Wissens. Eine ähnliche Lage, der Länder um die Mündungen des Tigris und des Euphrats, war auch dort dem Ackerbau, den Handwerken, Künsten und Wissenschaften schon damals günstig, als die übrige Welt noch in Barbaren versunken lag. Eben solches Klima, und eben solche Lage, nebst demselben frühen Ackerbau, und dem nämlichen Fortgang in Künsten und Wissenschaften, finden wir an den Ufern des Sind und des Ganges in Indien, so wie am Hoanho und Jantsekian in Schina. Diese Beyspiele sind für die Richtigkeit jenes Satzes, hinlängliche Beweise.

Fast auf die nehmliche Art läßt sich der Grad der Aufklärung in den Societäts- und freundschaftlichen Inseln erklären. Die Volksmenge ist daselbst beträchtlich, und zwang meiner Vermuthung nach die Einwohner zu fleißiger Vermehrung der Landfrüchte. Das sanfte Klima, die ausnehmende Fruchtbarkeit des Bodens, und die Vervollkommnung des Landbaues, befestigten ihre gemeinschaftliche Verbindung, und machten ihnen das gesellige Leben immer süsser; so mußte alles sich dahin zusammenfügen, daß die Künste, Begriffe und Grundsätze, worauf ihre Erziehung erbaut ist, leicht und vollständig auf die Nachkommen fortgepflanzt wurden.

Daß die westlichem Inseln im stillen Meere, bey einem eben so glücklichen Himmel, hinreichender Fruchtbarkeit und ziemlicher Volksmenge, dennoch in der Kultur der Künste, so wie in wissenschaftlichen Begriffen weiter zurückstehen, habe ich bereits im vorhergehenden erwähnt, aber auch die Ursach dieses großen Unterschiedes bereits aufgesucht und namentlich in dem Umstande gefunden, daß die verschiedenen Stämme, von denen die zwey Menschenrassen in den Inseln des Südmeeres entsprossen sind, vermuthlich nicht in gleichem Maaße von ihren Voreltern einen Vorrath von Begriffen mögen beybehalten haben. Es bleibt uns folglich nur noch übrig, von dem Erziehungssystem dieser Völkerschaften selbst, etwas umständlicher zu sprechen.

Was zur Nahrung, Kleidung und Wohnung gehört, oder eigentlich alle Begriffe die das erste Bedürfniß des Lebens, die Erhaltung, betreffen, werden den Kindern von ihren Aeltern natürlicherweise zuerst beygebracht. Da es hier noch keine erkünstelte Bedürfnisse giebt, sondern die vorzüglichste Beschäftigung der Einwohner blos auf jene drey Hauptsorgen abzweckt, so sind die Gewerbe auch noch in ihrer Einfalt, und nicht, wie bey uns, in mehrere Zweige vertheilt. Die hieher gehörigen Kenntnisse werden mit Recht für unumgänglich nothwendig gehalten, mithin einem jeden Kinde mitgetheilt. Jedes lernt also, wie es den Brodbaum,, den Pisangstamm, die Pamwurzeln, und andere Vegetabilien, am besten bauen soll; wie man am sichersten Fische fängt; es lernt die Jahrszeit, die Aetzung für jede besondre Art, und die Stellen kennen, wo sie sich am häufigsten aufhalten. Alle Arten von Seegewürmen, Schaalthieren, und hauptsächlich der eßbaren Fische, werden den Kindern gezeigt und genannt, und deren Eigenschaften, Nahrung, Strich, etc. gelehrt. Eben das geschieht bey den Vögeln; und nicht minder sorgfältig ist der Unterricht in Ansehung der Hunde- Schweine- und Hünerzucht. Auch werden den jungen Leuten die Namen aller wilden Pflanzen mitgetheilt, die irgend zu Lebensmitteln dienen oder sonst nützlich seyn können, dergestalt, daß man schwerlich einen Knaben von zehn oder zwölf Jahren dort antrift, der nicht von allen diesen Dingen vollkommen unterrichtet wäre. Der Anbau des Papiermaulbeerbaums, dessen Rinde zu Kleidungsstücken verarbeitet wird, erfordert die mehrste Sorgfalt; allein auch hierüber erhalten die jungen Mannspersonen hinreichende Belehrung, so wie anderntheils die Mädchen frühzeitig alle Handgriffe erlernen müssen, diese Rinde zu verarbeiten, die verschiedenen Zeuge daraus zu verfertigen, sie zu färben, imgleichen Matten und andre Kleidungsstücke zu machen. Vom niedrigsten Leibeignen bis zum obersten Befehlshaber im ganzen Lande weiß jedermann, welche Holzarten am besten taugen, um Häuser und Kähne zu bauen, was für Materialien zur Verfertigung der verschiedenen Werkzeuge gehören, kurz alles, was zur Errichtung einer Behausung, oder Zusammensetzung eines Boots mit dessen Zubehör, an Rudern, Masten, Stangen, Segeln, etc. erfordert wird. Die Jugend aus allen Ständen wird mit diesen und allen andern mechanischen Arbeiten die unter ihren Landsleuten üblich sind, so frühzeitig bekannt, daß sie durch Uebung es darin bald so weit als ihre älteren Lehrmeister bringt.

Man möchte hier einwenden, daß dies alles, in Rücksicht auf Erziehung, doch nur für Kleinigkeiten zu achten sey. Allein, in dem Fall bedenkt man nicht, daß das Daseyn dieser Insulaner ja schlechterdings von ihrer Kenntniß der Pflanzen, Vögel, Fische, Muscheln, u. d. gl. abhängt, welche Land und Meer ihnen zur Speise darbieten. Auch ist diese Kenntniß an und für sich weitläuftig genug. Ich fand Gelegenheit, in Taheiti allein, 48 Namen eßbarer Fische aufzuschreiben; und Capitain Cook versicherte, daß die Zahl derer, die man daselbst auf seiner ersten Reise gesehn, und wovon man die Namen vernommen, sich auf 150 beliefe.

Die Brodfrucht (Artocarpus) welche bey den Taheitiern Uru heißt, hat drey Spielarten, und jede derselben wissen die Einwohner durch einen eignen Namen zu unterscheiden; die erste mit schmaleren, tief eingeschnittenen Blättern (foliis pinnatifidis) und länglicher Frucht, heißt Maira; die zwote, mit ebenfalls länglichter aber rauher, oder gleichsam schuppiger Frucht, Epatea; und die dritte, ebenfalls mit länglichter Frucht, welche, von der Menge ihrer kleinen Warzen, gleichsam stachlicht ist, Tattara. Von dem Pisang (Musa Sapienutm & paradisaica) zählen sie wenigstens dreyzehn Spielarten, jede mit einem besondern Namen, und ausserdem noch die große wilde Gattung, oder die sogenannten Plantanen (horse-plantanes). Von der Aronswurzel kultiviren sie zwo Gattungen, nämlich die gewöhnliche eßbare, mit bläulichten sammetähnlichen Blättern (Arum esculentum LIN.) welche dort Tarro heißt, und die größere, mit glatten grünen Blättern, (Arum marcrorhizon Lin.) auf taheitisch: Ape. Nächst diesen Kräutern pflanzen sie noch einen Baum, mit Apfelähnlichen Früchten, der bey ihnen e-Wih heißt, und mit den brasilianischen Myrobalan-Pflaumen (Spondias) die nächste Verwandschaft hat. Ein großer Baum, der, in einer faserigten Schale, einen Nußkern trägt, welcher im Geschmack mit Kastanien Aehnlichkeit hat, heißt bey ihnen Ratta; es ist unser Inocarpus edulis. Der Jambusenbaum, der in den Ostindischen Inseln wohl bekannt ist (Eugenia malaccensis LIN.), ist auf den Societätsinseln nicht selten; seine saftigen erfrischenden Früchte werden häufig gespeißt, und heissen e-Haya. Noch ein ansehnlicher Baum, den diese Inselgruppen mit Ostindien gemein haben, und der in den Moluckischen Inseln unter dem Namen Pandang bekannt istPandanus odorratissimus Lin. Suppl. 64.424 Rumph. Amboin IV.p. 139. t.74.81. Kaida Rheed. Hort.Malab. II.p.i.t.i. – 8. Athrodactylis spinosa Forst. Gen. plans. p: 149.tab. 75., heißt auf O-Taheiti e-Hwara. Die Früchte desselben wachsen in großen Trauben, und haben, wenn sie reif sind, einen lieblichen Geruch. Ihr Geschmack war mir unangenehm und zusammenziehend, obgleich die Insulaner sie gern essen. Die breiten Blätter dieses Baums, werden getrocknet, und zum Dachdecken gebraucht. Die männliche Blüthe eben dieser Pflanze wird statt Puders auf den Kopf gestreut, und, wegen ihres süssen Geruchs, von den Vornehmen, unter dem Namen Hinanno, gebraucht, um sich wohlriechend zu machen. Die Banianen haben, um dieses Wohlgeruchs willen, den Baum aus Indien nach Yemen in das glückliche Arabien verpflanzt; der verst. Forskal, glaubte sogar, daß man in Yemen keine andre als nur männliche Stämme dieses Gewächses habe; diese heissen dort Keura, und jeder einzelne Blumenstraus davon, wird zur Stelle mit ohngefähr sechs Groschen bezahltForskal. Aegypt. flora-arabica, Havniae 1775. 4. pag. 172.. Die Morinda citrifolia Lin. hat in Taheiti den Namen e-Nonno, und im Nothfall essen die gemeinen Leute die Früchte dieses Baums. Die Wurzeln der Tacca pinnatifida, oder wie sie taheitisch heißt: Piha; die des vielblättrigen Drachenwurz (Dracontium polyphyllum), dort Teweh genannt, die eines Saumfarrens (Petris grandifolia?) oder e-Narre, dienen oft zur Speise; jedoch die beyden letztern nur im Nothfall, der die Insulaner auch zwingt, zu Portulakblättern (Portulaca lutea) oder e-Aturi, zu Nachtschattenblättern, Puraheite, zu den Stängeln einer Boerhaavie (Boerhaavia procumbens) oder e-Nuna-nuna, ihre Zuflucht zu nehmen, und solche gebacken, oder eigentlich gedämpft, zu essen. Ausser diesen werden noch die süssen Batatten (Convo!vulus Batatas) oder Umarro, und die Yamswurzeln (Dioscorea alata) oder Uhwi, ordentlich angepflanzt, und gehören, in derjenigen Jahrszeiten wo die Brodfrucht aufhört, unter die besten Lebensmittel; der Kern in den Kokosnüssen, wird ebenfalls häufig gespeißt.

Blos die Kenntniß der eßbaren Pflanzen setzt also schon eine ansehnliche Reihe von Benennungen und damit verknüpften Begriffen voraus; obgleich ich hier noch nicht alles aufgezeichnet habe, was auf jenen Inseln bisweilen zur Nahrung gebraucht wird. Auf den freundschaftlichen Inseln ist die Pompelmusfrucht (Citrus decumanus Lin.) häufig und heißt dort Molìa oder Morìa. In Mallikolo hat man Pomeranzen; in Tanna, zwo verschiedene Jambusenbäume, (Eugenia Iambos, und noch eine), auch verschiedene eßbare Feigen; von einer Gattung werden sogar die Blätter, in einer Art von Pastete, welche aus Pisangfrucht und Pamswurzeln bereitet wird, gebacken. Die Katappnüsse, (Terminalia Catappa) und die Kerne der Sterculia Balanghas werden dort ebenfalls gegessen. In Neukaledonien endlich, kaut man noch die Rinde des Linden-Eibisches, hibiscus tiliaceus, welches mir aber eine elende Speise zu seyn scheint.

Nächst den Lebensmitteln, betrift die zwote Sorge die Kleidung. In O-Taheili und den umliegenden Inseln, sind die Einwohner, was diesen Punkt betrift, gewiß am reichlichsten versorgt; allein, der Unterricht in allen Zweigen der dazu erforderlichen Kunst, ist daher auch etwas weitläuftiger und mühsamer. Sie haben dreyerley Kleidungsstücke: Die erste Art sind Zeuge aus Baumrinden verfertigt; die zwote, geflochtene Matten, und zur dritten rechne ich allerhand Zierrathen, für Personen von verschiedenen Ständen, die nur bey gewissen Gelegenheiten oder zur feyerlichen Begehung gewisser Cerimonien und gottesdienstlichen Gebräuche angelegt werden.

Die Kunst das taheitische Zeug zu machen, begreift mancherley Kenntnisse und Handarbeiten in sich. Zuerst sind die Materialien verschiedener Art; die besten Zeuge werden aus dem Splint des Aaute, oder Papiermaulbeerbaumes, verfertigt. Zu dem Ende pflanzt man in gutem, fettem Erdreich, welches zuvor noch mit allerley Muscheln gedüngt wird, eine Menge junger Maulbeerstämme, und umgiebt die Pflanzung gemeiniglich mit tiefen Gräben, damit sie, weder von Menschen noch vom Vieh, beschädigt werden möge. Die jungen Pflanzen stehen regelmäßig in Reihen, etwa achtzehn Zoll auseinander; die Blätter und Aeste welche seitwärts ausbrechen wollen, werden abgeschnitten, damit der Hauptstamm stärker und gerader in die Höhe schießen könne. Sobald die Bäumchen einen Zoll im Durchmesser haben, und etwa sechs bis acht Schuh hoch sind; werden sie ausgerissen, Wurzeln und Aeste abgeschnitten, und die aus der Wurzel ausgewachsenen jungen Sprößlinge zu einer neuen Pflanzung aufgehoben. An dem geraden, Mittlern oder Hauptschoß, schlitzt man nun die Rinde der Länge nach auf und legt sie in fliessendes Wasser, unter ein mit Steinen belastetes Brett. Wenn hierauf die Fasern der Rinde im Wasser biegsamer, das Gummi welches sie verband, ausgelößt, und die in den Zwischenräumen enthaltene breyartige Substanz erweicht worden, so fangen die Weiber an, die Rinde im Wasser, oder nahe am Ufer, auf einem glatten Brett, welches schief liegt, zu kratzen. Eine dünne Muschelschaale (Tellina Gargadia) ist das Werkzeug, dessen sie sich hiezu bedienen. Während der Arbeit wird die Rinde oft ins Wasser getaucht. Die kleinen schmalen Streifen von Rinde, welche solchergestalt bereitet werden, legt man auf Pisangblätter sorgfältig neben einander, bis die bestimmte Länge und Breite des Stückes ganz beysammen, oder doch aller Vorrath von Rinde verbraucht ist. So bleibt die Masse eine Nacht hindurch liegen, und während derselben kleistern sich die feinen Fäserchen der Rinde, vermittelst des noch bey sich habenden Gummi so fest aneinander, daß, am folgenden Morgen, das Ganze, ein einziges zusammenhängendes Stück ausmacht, von welchem das Wasser theils abgedunstet, theils abgelaufen ist. Bey diesem Ausbreiten der Lagen von Rinde, wird viel Sorgfalt und Vorsicht erfordert, indem die Streifen nicht überall von gleicher Dicke sind, mithin an zu dünnen Stellen ausgebessert werden müssen. Hierauf trägt man diese großen Stücke Zeuges unter eine Art von Schoppen, der von den übrigen Wohnungen etwas abgelegen ist. Dort sehen sich die Weiber, zu beiden Seiten, eines langen viereckigten glatt behauenen Balkens, und schlagen, auf selbigem, das Zeug mit einem viereckigten langen Klöpfel von schwerem Keulenholze (Caf. equifet). An den vier Seiten dieses Schlägels sind, der Länge nach, Furchen, oder Hohlkehlen, eingeschnitten, deren Tiefe und Weite, aus jeder Seite des viereckigten Klöpfels, verschieden ist. Diejenige Seite nun, welche die gröbsten Hohlkehlen hat, wird zuerst gebraucht, und hernach mit den feinern das Klopfen fortgesetzt, bis das Zeug zum Gebrauch hinlänglich zubereitet ist; durch das Klopfen werden die Fasern noch genauer mit einander verbunden, dergestalt, daß, wenn das Zeug trocken geworden, es in der That ziemlich fest und dauerhaft ist. Dennoch muß man es für Regen in Acht nehmen, weil dieser das Gewebe wiederum aufzulösen pflegt. Einige Zeuge, welche man aus der besten und feinsten Rinde bereitet, müssen länger als die gewöhnlichen geklopft werden, wodurch sie ein zarteres und weicheres Gewebe erhalten, fast so schön als unsere Mousseline. Während dem Klopfen steht, neben jeder Arbeiterin, eine Kokosschale mit Wasser, womit sie von Zeit zu Zeit das Zeug bespritzt. Wenn ein Stück fertig ist, wird es sorgfältig gewaschen und gebleicht, um es weisser und weicher zu machen. Von diesem weichen Zeuge, auf taheitisch Hobu genannt, werden oftmals mehrere Schichten übereinander gelegt. Und mit einem Kleister, der aus den Wurzeln der Tacca pinnatifida gemacht wird; zusammengeleimt. Diese Schichten werden sodann durch abermaliges Klopfen, Reiben, Waschen und Erweichen noch fester zusammen verbunden, wodurch der Zeug zuletzt Flanellartig und weich wird, so daß er wirklich warme Kleidungsstücke abgiebt. Auf die nämliche Art kann auch die Rinde des Brodbaums zu Zeugen verarbeitet werden. Die Einwohner pflanzen davon, eben wie vom Maulbeerbaume, junge Sprößlinge an; streifen die Rinde ab, kratzen oder kämmen sie, breiten sie aus und klopfen sie eben so wie jene. Nur sind die daher erhaltenen Zeuge etwas gröber und heissen Tu-erru. Eine Art Feigenbäume, welche mit der Linneischen Gattung, Ficus indica, übereinkommt, und dort Ea-Uwa heißt, imgleichen eine zwote noch nicht beschriebene Art, (Ficus aspera) haben eine Zimmetfarbene Rinde, welche ebenfalls zu Zeugen verarbeitet wird. Die Zubereitung desselben ist nicht verschieden; das Zeug selbst aber, welches Ocra heißt, widersteht der Nässe besser als die vorhergehenden Arten, und wird deshalb sehr gesucht, auch hauptsächlich von den Vornehmen getragen, nachdem es zuvor wolriechend gemacht worden ist.

Die Zeuge sind indeß, nicht allein wegen der Verschiedenheit der Materialien, sondern auch nach ihrer Farbe, und in dem Gebrauch der davon gemacht wird, verschieden. Alle Sorten desselben werden unter dem gemeinschaftlichen Namen Ahau begriffen. Ein Kleid für Frauenzimmer, welches mehrentheils von dem warmen Zeuge, Hobu, gemacht wird, heißt: Paruwai. Ein Stück, welches ohngefähr sechs Schuh lang ist, und in der Mitte, um den Kopf hindurchzulassen, einen, der Länge nach laufenden, Einschnitt hat, wird bey den Einwohnern Tiputa genannt. Diese Kleidung ist Personen beyderley Geschlechts gemein; der Kopf wird durch den Einschnitt gesteckt, und das Kleid hängt hinten und vorn, entweder ganz frey, bis an die Knie hinab, oder es wird noch ein anderes Stück über dasselbe, queer um den Leib, bis in die Gegend der Brust gewickelt. Ausserdem pflegen auch beyde Geschlechter ein schmales langes Stück dieses Zeuges, als einen Gürtel oder Unterkleid, zu tragen; bey den Männern heißt derselbe Marro, bey den Weibern Paréu. Rothes Zeug heißt e=Hwaayo; gelbes, Heàpa. Eine andre Gattung des gelben Zeuges, auf welchem, vermittelst eines in die Farbe getauchten Bambusrohrs, allerhand rothe Figuren gedruckt werden, wird Apäh genannt; eine braune, stark gegummte Art heißt: Puhwirri. Die Farben sind schön und hell, und würden Aufmerksamkeit verdienen, wenn sie dauerhafter wären. Die rothe Farbe wird nicht ohne Mühe bereitet. Man nimmt hiezu die kleinen Früchte einer Art von Feigenbäumen, (Ficus tinctoria, bey den Einwohnern Matti) welche, so wie man sie abbricht, ein paar Tropfen eines Milchsafts geben. Diesen Saft sammelt man in reine Kokosschalen, und wenn ein hinreichender Vorrath beysammen ist, werden die Blätter des Etau oder Cordia Sebestena Lin. darin eingeweicht. Der Milchsaft zieht sich in diese Blätter hinein, und erhält dadurch die schönste Carmesinfarbe. Diese druckt man gelinde aus, seigert sie durch Kokosfasern und hebt sie zum Gebrauch auf. Statt der Cordia können auch verschiedene andere Pflanzen dazu genommen werden, z. B. Tahinnu, oder die Tournefortia sericea; Pohua oder die brasilianische Winde (Convolvulus brasiliensis) und e=Pua, oder eine Nachtschattenart Solanum repandum.) Der Milchsaft der kleinen Feigen, für sich allein, färbt gelb; die schönste gelbe Farbe aber bereiten die Einwohner aus dem Safte, welcher von den Blumenstielen des Pappel=Eibisches Hibiscus populneus LINN. besser, Thespesia populnea BANKS.) oder e=Miro, trieft; ein Aufguß von der Wurzel der Morinda cirrifolia, oder Nonno, giebt ebenfalls eine schöne gelbe Farbe; endlich erhält man eine solche Farbe auch vom Schönblatt Calophyllum inophyllum) welches die Taheitier Tamannu nennen. Eine kastanienbraune Farbe erhält man von einer Wolfsmilch, (Euphorbia) Pirri=pirri genannt, und die eingeweichte Rinde des Mehlblatts Aleurites triloba) oder Tutui, liefert eine harzigte Substanz, womit das braune Zeug, Puhwirri, wie mit Gummi, steif gemacht wird.

Matten werden, theils zur Kleidung, theils zu Fußteppichen und Betten, theils auch zu Segeln gebraucht. Die zur Kleidung bestimmten Matten zieht man, entweder bey regnigtem Wetter oder beym Fischfang, an. Die Rinde des Purau, oder Linden=Eibisches, (hibiscus ciliaceus) wird zu sehr starken, dauerhaften Matten verarbeitet. Sie heißen, nach dem Baume wovon sie genommen sind, e=Puròa, und sehen fast so aus, als wenn sie aus grobem Flachs oder Hanf gemacht wären; bisweilen sind sie ziemlich fein, doch behalten sie jederzeit eine gewisse Härte oder Sprödigkeit. Die Art von Matten, welche e=Warau heißt, wird aus den Blättern eines Pandangbaumes (Pandanus)) geflochten. Die schönsten glänzenden, weissen Matten, unter dem Namen: e=Wanne, werden aus dem häutigen wohl zubereiteten Theile eben dieser Blätter, zuweilen aber auch aus einer Grasart, verfertigt. Wiederum eine andre, starke Art, wird aus Binsen gemacht, und heißt Moeya, eine Benennung die zugleich auf den Gebrauch abzielt den die Einwohner davon machen, indem sie auf diesen Matten schlafen. Mit dieser nahe verwandt, giebt es noch eine andre Sorte, welche oftmals schwarz gestreift oder in schwarz und weissen Feldern gesprenkelt ist, und zu Teppichen, desgleichen bey den dramatischen Vorstellungen, um darauf zu tanzen, gebraucht wird. Diese Art ist dreyßig bis vierzig Ellen lang. Die größte und gröbste Sorte aber heißt Hohorra, und wird von der Rinde eines Baumes gemacht, den ich nicht entdecken konnte. Diese Art, in einen eyrunden Rahmen gespannt, giebt das Segel (Eiya) ihrer Kähne ab.

Die Taheitier und ihre Nachbarn wissen hiernächst auch noch allerhand geschmückte und zu besonderen Feyerlichkeiten bestimmte Kleidungen zu verfertigen. Wenn z.B. eine Person von gewissem Ansehen stirbt, so muß sich einer der nächsten Anverwandten in einen sehr seltsamen Habit vermummen. Es wird nicht überflüßig seyn, hier die verschiedenen Stücke dieses Anzuges zu beschreiben, damit man sich desto leichter einen Begriff von demjenigen Grade der Vervollkommnung machen könne, den diese Insulaner, in Künsten und Erfindungen, erreicht haben. Das erste Stück desselben, Ta=Upo, ist der Kopfputz. Dieser besteht aus einem Stück Matte, welches in kegelförmiger Gestalt zusammen gebunden, statt einer Mütze dient. An dasselbe klebt man ein Stück tahitischen Zeuges, welches die Ohren, den Hals und die Schultern bedeckt. Auf der Mütze selbst werden wechselsweise rothe, braune und weisse Streifen eben dieses Zeuges, der Queere nach, aufgeklebt; oben darauf kommt ein Kranz von dunkelgrünen glänzenden Taubenfedern, woran bisweilen noch kleine Sträusse von gelben oder gar rothen Federn, mit Kokosfasern umwunden, befestigt sind. Um diesen Kopfputz herum, gehet eine breite, aus zweyerley taheitischem Zeuge bestehende Schnur nebst einer Menge kleinerer Schnüre, welche aus der roth und schwarz gefärbten Rinde verschiedener Winden (Convolvulor.) geflochten werden. Der Habit selbst besteht aus mehreren Stücken; das erste dazu gehörige Stück ist: Pa-Tia, eine grosse Perlen-Austerschale, deren äußere rauhe Seite soweit abgeschliffen wird, daß die braune Farbe, welche drunter liegt und fast wie Schildkrötenschaale aussieht, zum Vorschein kommt. Diese Muschel ist am Rande mit vielen Löchern durchbohrt, welche zur Befestigung einer Franze, von glänzenden, dunkelgrünen, Taubenfedern dienen; indem letztere auf einem aus Kokosfasern geflochtenen Bande angebracht sind. In diese Besetzung steckt man noch eine große Menge langer Federn aus dem Schwanz des Tropikvogels (Phaeton aetereus,) welche, wie die Stralen aus einem leuchtenden Körper, immer weiter von einander abstehen müssen. An das Pa-Tia wird, unten, das Stirnblatt; Pa-Rae, vermittelst einiger Schnüre befestigt, und ist wiederum eine Muschel von eben der Art als die vorige, worinn ein sehr enger Ritz angebracht ist, damit derjenige der diese Maske trägt, hindurch gucken könne. Unter dieser folgt das Pa-Utu, ein dünnes schwarzes Brett, in Gestalt eines halben Mondes, welches ohngefähr drey Schuh in der Weite, und sechs bis 7 Zolle in der Höhe hält. Auf demselben sind fünf, von beiden Seiten polirte, Austerschalen befestigt, wovon die beiden äußersten, wie das Pa-Tia, wiederum mit Taubenfedern berändert sind. Von jeder

dieser beiden Muscheln, hängt noch ausserdem eine 18 Zoll lange Quaste von Taubenfedern, welche Orro-orro heißt, herab. Am untern Rande des Brettes folgt das Hupa, eine Art von Schürze, oder Brustdecke, aus lauter kleinen Stücken Perlenmutter, welche anderthalb Zoll lang, zwey zehentheil Zoll breit, und, vermittelst eines kleinen Loches an jedem Ende, senkrecht übereinander aufgereihet sind. In einem solchen Hupa sind manchmal 15 bis 20 Reihen PerlenmutterstÜcke. Die Löcher in denselben werden mit Stücken von Muscheln, oder zugespitzten Knochen, eingebohrt; und wenn man bedenkt, daß alle diese Stücke durchaus gleich lang, und dergestalt befestigt seyn müssen, daß sie flach liegen; so wird man über die Geduld und Geschicklichkeit der Einwohner erstaunen, die, an einem einzigen Theile dieser Kleidung, 2000 und mehr kleine Stücke von gleicher Länge, Dicke und Breite, so bearbeiten können. Eben deswegen ist das Pa-Rae (welches auch das ganze zusammengesetzte Muschelwerk bedeutet,) bey ihnen im höchsten Werth, und wird nicht anders als um etwas äusserst schätzbares vertauscht. Alsdenn folgt der Ahau-aibu, ein Kleid mit dem Einschnitt, (Ti-Puta) von dickem Zeuge, (siehe weiter oben, Seite 387) welches, auf der Vorderseite, mit runden Scheiben von Kokosschalen, anderthalb Zoll im Durchmesser, reihenweise durchaus besetzt ist. Dieses Kleid wird über zwey andre, von eben der Art, angelegt, wovon das unterste von weissem oder rothem Zeuge das Breiteste, das andre aber schmäler und von braunerFarbe, hingegen das Ahau-aibu, (als das oberste,) das schmälste ist. Ein aus zweyerley Arten des taheitischen Zeugs gewundener, 1 1/2 Zoll dicker Gürtel, Nau-Kau, umschließt diese Kleider; über dieselben hängt ein Mantel über den Rücken frey hinab, und wird Ahau-Rupe genannt, weil er auswendig ganz mit Taubenfedern bedeckt ist, die an einem von Schnüren weitläuftig zusammen gestrickten Netzwerke, befestigt sind. Hiernächst hält der Vermummte in einer Hand eine Klapper, Teteh, welche aus zwey großen Perlenmutterschalen besteht, die seine Annäherung mit Lärm verkündigen. In der andern hat er den Payho, einen hölzernen Stab, der oben mit scharfen Hayfischzähnen besetzt ist, und womit diejenigen blutig geritzt werden, die den feyerlichen Umgängen des Leidtragenden nicht zeitig genug aus dem Wege gehenIn Hawkesworths Geschichte der englischen Seereisen etc. Edition ln 410. 2. Bandes S. 234. Kupfert. 32., oder in 8vo. Band 3 Seite 550, und in der englischen Ausgabe von Coeks zweyter Reise 1ster Band. S. 185. Taf. 44. wird der Leidtragende in der Trauerkleidung abgebildet. Allein es muß bemerkt werden, daß die Federn des Tropikvogels nicht über das ta-Upo hinausgehen, und nie am Pa-Tia befestigt werden, wie Herr Hodges sie unrichtig gezeichnet hat.. Diese Kleidung ist unter allen Arbeiten, welche wir aus jenen Inseln sahen, am meisten zusammengesetzt, und erfordert daher, wenn sie nett und zierlich ausfallen soll, eine besondre Geschicklichkeit.

Ein andrer besonderer Anzug ist, ferner, den vornehmsten Kriegsmännern bestimmt, wenn sie zur See in die Schlacht ziehen, und zu dem Ende, in den Kriegscanots, auf einem erhabenen Streitgerüste ihren Platz einnehmen. Zu dieser Kleidung gehört erstlich der Ahwau, oder Helm, eine hohe runde Mütze von geflochtner Arbeit, die fünf bis sechs Schuh hoch ist. An der Vorderseite ist sie (wie unsre Grenadiermützen es mit Blech sind) mit einer drey bis vier Schuh hohen Platte, ebenfalls von gestochener Arbeit, versehen, die oberhalb sich von dem Helme ab, und, mit breiterem etwas ausgeschweiftem Rande, vorwärts beugt. Dieses ganze vorderste Stück ist mit grünen glänzenden Taubenfedern dicht besetzt; zuweilen hat es auch einen oder mehrere Ränder von weissen Federn, und ist am äussersten Rande, allemal mit einer großen Menge Federn aus dem Schwanz des Tropikvogels, in einer strahlichten Richtung, besetzt, welches dem Helme ein herrliches Ansehen giebt. Diese ungeheuren Maschinen können offenbar nicht zur Vertheidigung oder zum Schutz getragen werden, denn sie sind so leicht, daß der mäßigste Wind sie erschüttern und der Krieger selbst, alle Augenblick, Gefahr laufen müßte, damit umgeworfen zu werden. Sie scheinen daher eigentlich zur Pracht zu dienen, und nebenher den Nutzen einer Standarte zu haben, nämlich die Truppen um ihre Anführer her zu sammeln. Dies ist um desto wahrscheinlicher, da wir, in einer Flotte von 169 Canots, nur auf einem oder zwo Canots, einzelne Helme wahrnahmenMan findet eine Abbildung dieser Helme in einer, aus Sidney Parkinsons Tagebuch entlehnten Zugabe, von 12 Kupfern zu der Hawkesworthschen Geschichte der englischen Seereisen etc. Edition in 4to. im 2ten Bande S. 237. oder in der Edition in 8vo. 3. Band Seite 556.. Dagegen ist das Brustschild, taheitisch Ta-Umi, welches ebenfalls aus Korbmacherarbeit besteht, bey denen auf den Streitgerüsten zur See dienenden Kriegern, allgemein im Gebrauch. Auf das platte Gerippe von geflochtenen Zweigen, werden zwey, aus Kokosfasern geflochtene, Streifen von Mattenwerk, in Gestalt eines halben Mondes, befestigt, und diese wiederum mit grünen glänzenden Taubenfedern dicht bedeckt, zwischen denselben strahlen drey halbe Zirkel von Hayfischzähnen hervor, welche hinten durchbohrt und mit Fäden angeheftet sind. Der Rand des Schildes ist mit langem weissem Hundshaar, (welches von den niedrigen Eilanden nach Taheiti und den Societätsinseln gebracht wird) eingefaßt. Zuoberst sind, auf jedem Flügel, Perlenmutterschaalen angebracht, und mit grünen Federn berändert. Das Schild wird, vermittelst einer Schnur, um den Hals gehangen, und schützt die Brust gegen einen Lanzenstoß, der sonst, wegen des Rochenstachels womit die Spitze der Lanze gemeiniglich bewafnet ist, gefährlich werden könnte. Auch zur Verfertigung dieser Rüstungen gehört eine geübte Hand, nebst Musse und Geduld.

Es würde mich zu weit führen, die mancherley Körbe, Schemel, Klöpfel und andere Hausgeräthschaften der Südländer, nebst ihrer Verfertigung, zu beschreiben. Ich komme also zu dem dritten Zweige der daselbst üblichen mechanischen Künste, nämlich zum Bau der Häuser, die, sowohl nach ihrer Größe und Bestimmung, als auch nach denen dazu angewandten Materialien, unterschieden sind. Die verschiedenen Holzarten welche hiezu gebraucht werden, sind: e-Hudu, oder Barringtonia speciosa, Ratta, (Inocarpusedulis), e-Wih, (Spondias dulcis), Tamannu oder Schönblatt (Calophyllum inophyllum) und Uru, oder der Brodbaum, (Artocarpus communis). Die allgemeine Bennennung: te-Hwarre bezeichnet allerley Arten von Häusern; kleine runde Häuser heißen: Hwarre-potto, sehr große, lange aber, Hwarre-tàrra. Ausser diesen giebt es noch Schober oder Schoppen, unter denen die großen doppelten Kähne gegen Wind und Wetter geschützt sind. Die gewöhnlichen Wohnhäuser sind 15 bis 20 Schuh lang, und 10 bis 15 Schuh breit; das Dach ist in der Mitte neun bis zehn, an den Seiten aber nur fünf bis sechs Schuh hoch, und läuft, ausserhalb vor den Pfosten des Hauses, noch weit tiefer gegen die Erde herunter.

Alle Häuser werden auf drey Reihen von Pfosten oder Pfeilern gebaut, welche das Dach, Erà-Woro, tragen. Die mittlere Reihe, e-Pó-u, ist in großen Häusern 16 bis 20 Schuh hoch, und 9 bis 10 in den kleinern. Sie trägt einen Balken, der den Forst (ridge) des Dachs Tokore-yore ausmacht, an welchem die Sparren oder Streben, Ahéo, befestigt werden. Diese ruhen mit dem andern Ende auf einem andern langen Balken, Epài. Die Seitenpfosten, Tuto-oru, tragen denselben, und ruhen zugleich mit dem untern Ende auf einem andern Balken, Tu-Arru, der auf der Erde liegt. Zuweilen wird der Zwischenraum zwischen den Seitenpfosten mit einer Rohrwand vermacht, und diese Art von Gebäuden wird Paruru genannt. Gewöhnlicherweise aber sind die Häuser auf allen Seiten offen. Das Dach ist mit Pandangsblättern gedeckt. Zuweilen läuft auch bey den offenen Häusern, eine kleine Umzäunung von Bambusrohr, die nicht über einen Schuh hoch ist, rund um das Haus. Eben so stehen manchmal einige kleinere Hütten innerhalb einer Art von Umzäunung, die, ohngefähr wie Schafhürden, aus kleinen Stäben geflochten ist. Die Schweine werden des Nachts gemeiniglich in die Häuser eingesperrt. Zu diesem Behuf findet man in einer Ecke einen abgeschlagenen Stall, Pa-Bua, der oben mit Brettern bedeckt ist, und auf welchem die Einwohner ihre Schlafstelle zu nehmen pflegen.

Die großen Kriegscanots kosten den Insulanern so viel Fleiß und Arbeit, daß man sich nicht darüber wundern muß, wenn sie diese großen Fahrzeuge ungemein sorgfältig verwahren. Ueberdem sind diese Kähne die besten Vertheidigungsmittel gegen die Angriffe ihrer Feinde. In der Nähe von Huaheine liegen die Inseln, Raietea, o Tahà, Borabora und Maurua, welche insgesammt unter dem Opuni, einem mächtigen Könige und Eroberer der beiden zuerst genannten Inseln, stehen. Huaheine hätte vielleicht mit jenen gleiches Schicksal gehabt; allein ihr Beherrscher, Ori, war nebst den dortigen Einwohnern auf der Hut, und hielt beständig eine starke Flotte für den Nothfall, unter dergleichen Schoppen, in Bereitschaft. In einem solchen Schoppen bemerkte ich ein doppeltes Kriegskanot, welches 144 Ruder- und acht bis zehn Steuer-Leute brauchte, um in See zu gehen. Auf dem geräumigen erhöheten Streitgerüst dieses großen Fahrzeugs hatten an 30 Mann Platz. Solche Schoppen oder Boothäuser sind bisweilen 40, 50 und mehrere Ellen (Yards) lang, etwa 10 Ellen breit, und die Dächer reichen bis auf 3 Schuh vom Erdboden herab. Bisweilen stellen die Wände dieser Boothäuser Cirkelsabschnitte vor, die sich oben begegnen. In Taheiti nennt man die kleinen Kähne, zum Unterschiede von den großen, e-Wàha, die größern hingegen PaheiDie Einwohner der freundschaftlichen Inseln, und die Neuseeländer sprechen das Wort e-Wàha, mit einem stärker aspirirten Tone aus, und sagen daher, te-Wagga. So verändern sie auch Tihi in Tiggi, und Tahàta, in Tangata; Ehoe, oder Ehohe in Hoghi (bey den Neuseeländern) Tohi in Togi, Tareha in Taringa, Tuhana in Tugana, etc. etc.. Letztere sind, nach Maasgabe ihrer Bestimmung, ziemlich verschieden, je nachdem sie zur Fischerey, zu langen Seereisen, oder zum Kriege gebraucht werden sollen.

Die von der letzteren Art sind hinten sehr hoch, und allemal paarweise zusammen gekoppelt. Gegen das Vordertheil hin ruhet, auf beiden Kähnen, ein flaches Gerüst, (Etuti,) von sechs bis acht Pfeilern unterstützt, die vier bis fünf Schuh hoch und, im Verhältniß der Kähne, dick sind. Auf diesem Gerüste stehen die Krieger und greifen von da aus den Feind an, der am Ufer sich der Landung widersetzen will. Das gewöhnliche Schiffsbauholz ist hier der Taheitische Myrobalanenbaum, oder e-Wih, (Spondias dulcis) oder auch der e-Marra (Nauclea orientalis). Der Kiel ist ein einziger Stamm, wie ein Trog ausgehölt; doch muß, zu größern Kähnen, der Kiel aus zwey oder gar aus drey Stücken zusammengesetzt werden. Die Planke oder die Diele, welche auf den Rand des Kiels zu stehen kommt, hat eine schräge Richtung, so, daß sie den Raum des Kahns erweitert. Die zunächst daruf folgende ist von aussen convex und von innen hohl oder gewölbt; und hierauf folgt noch eine dritte Planke. Diese Stücke müssen sämmtlich, mit der größten Genauigkeit, auf- und in einander passen, und werden hernach noch mit Stricken, oder eigentlicher, mit Schnüren von Kokosfasern, fest zusammen gebundenDie älteste und einfachste Art Kähne, oder andre Fahrzeuge, zu verfertigen, ehe man mit Eisen und Nägeln die Planken an die Kniee und Queerbalken befestigen lernte, scheint die gewesen zu seyn, sie mit Schnüren zusammen zu nähen. So bey Plin. Hist. Nat. lib. XXIV. c. 40. Cum futiles fierent naves, lino ramen, non sparto unquam futas. Im neunten und zehnten Jahrhunderte nach Christi Geburt wurden bereits alle Arten von Schiffen mit Nägeln zusammen geschlagen; allein, um eben diese Zeit strandete an der syrischen Küste ein Fahrzeug, dessen Planken insgesammt genähet waren. Der Verfasser der Reisen einiger Mahomedaner nach China, (von Renaudot herausgegeben) sagt S.53 . daß es ein »arabisches Fahrzeug von Schiraf gewesen sey, dessen Planken nicht genagelt, sondern so verbunden wären, als hätte man sie an einander genähet«. So ließt man auch in Arrian. Peripl. Maris Erythr. pag. 20: και απο Ομανων εις την Αραβιαν εντοπια ραπτα πλοιαρια, τα λεγομενα Μαδαρατε. Herr Niebuhr (Beschreibung von Arabien S. 306.; Reise. I. S.285) fand auch zu Oman eine Art Fahrzeuge, welches dort Tarad genannt wurde. Merkwürdig ist es, daß die dortigen Einwohner ihre genäheten Fahrzeuge, und sogar den Namen derselben, von Arrians bis auf unsre Zeiten, d.i. ohngefähr 1700 Jahre lang, beybehalten haben: denn daß Madarate und Tarad einerley sind, wird man leicht zugeben, da bey ersterem die vorgesetzte Sylbe ein blosses formativum nominis, zu seyn scheint. – Auf der Insel Enganho, südwärts von Sumatra, haben die Einwohner kein Eisen, und verfertigen gleichwohl sehr nette Canots, welche aus zwey dünnen aneinander genäheten Brettern bestehen, deren Fugen mit einer harzigten Materie ausgefüllt sind. (Charles Miller) in Philos. Transact. LXVIII. Vol. Part. I. pag. 174., dergestalt daß sie wasserdicht sind, und keines Kalfaterns bedürfen. In größern Kähnen wird jedoch, zur Vorsicht, einem von den Leuten aufgetragen das etwa eindringende Wasser auszuschöpfen. Die Vorder- und die Hintertheile des Schiffs sind mit Schnitzwerk gezieret, und zuoberst stehet gemeiniglich eine unförmliche menschliche Figur, die sie E-Tihi nennen. Man möchte sie mit dem Schutzgeiste der alten Römer und Griechen vergleichen.

Kähne, die zu langen Reisen bestimmt sind, haben auf dem Vordertheile eine kleine mit Palmblättern gedeckte Hütte, welche, an einer oder an beyden Seiten, mit Brettern oder mit Bambusrohr, verschlagen, und überdies inwendig mit Matten behangen ist. In diesen Hütten halten sich die vornehmen Reisenden bey Tage auf, und schlafen auch des Nachts in selbiger. Im übrigen sind diese Kähne fast so wie die Kriegscanots beschaffen, führen aber einen Mast (E-Tira) und ein, in einen Rahmen ausgespanntes Segel von Matten (Eiya). Oben an der Spitze des Masts befestigt man ein Bündel junger Baumzweige, welches E-Hwatewa heißt, und, entweder an eben dieser Stelle oder an der höchsten Spitze des Segelrahmens, hängen eine oder zwey sehr lange Schnüre, mit Quasten oder Guirlanden von Federn, geschmückt, Matitti, herab. Wenn statt zweener zusammen gefügten Kähne nur einer gebraucht wird, so befestigt man, in der Mitte desselben, einen langen Queerbalken (Patoa) und, an dessen einer Seite, etliche kleine Hölzer deren anderes Ende etwas hinabwärts an einem kielförmigen d. i. dreyeckigten Sparren befestigt wird, welcher beynah die Länge des Kahns hat und, demselben parallel, auf dem Wasser ruht. Diese Zurüstung, welche wir Ausleger, die Insulaner aber E-Oa nennen, wird ausserdem noch durch verschiedene Queerbalken mit dem Kahne verbunden. Man verhindert dadurch das Umschlagen, ohne die Bewegung des Fahrzeuges zu erschweren. Die schnellen, oder sogenannten fliegenden Proën, in den Diebsinseln, deren Anson in der Beschreibung seiner Reise erwähnt, geben, von der Nützlichkeit dieser Zurüstung, den besten Begriff. Die Wände (Shrouds) oder das stehende Tauwerk, ist an etliche Queerbalken befestigt, welche um den Mast hervorstehen. Auch pflegt zuweilen ein großer Stein an der dem Ausleger entgegen gesetzten Seite festgemacht zu werden, um das Gleichgewicht desto besser zu erhalten.

Die Fischerkähne sind den Reisekähnen ziemlich ähnlich, nur unansehnlicher, und mit einer schlechtern oder gar keiner Hütte versehen. Doch, es erhellet aus dem bereits gesagten zur Genüge, daß es diesen Insulanern an mechanischen Kenntnissen nicht fehlt, welche sie auf ihre Nachkommen mit Sorgfalt fortpflanzen. Eine steinerne Axt, ein Meissel ebenfalls von Stein, ein Stück Korallfelsen zum poliren, und eine Säge, welche aus einem Stücke von der Haut des Stachelrochens gemacht wird, indem man es auf ein Holz klebt; – dies sind, bey dem Bau der Häuser und der Kähne ihre sämmtlichen Geräthe. Muß man nicht erstaunen, daß sie, mit so schlechten und so wenigen Werkzeugen, das Geschick haben, so vieles auszurichten? Ich sahe einst einen Insulaner, der die Planken seines Kahns zusammen nähete; er hatte sich dazu eine Art von Gabel gemacht, mit welcher er die Schnur fester anziehen konnte. Wenn er einen Zacken dieses Instruments an die unterste Planke legte, indeß die Schnur um den andern Zacken gewickelt war, so vermochte er die Schnur mit großer Kraft anzuziehen, und sobald sie aufs äusserste gespannt war, schlug sein Gehülfe einen Pflock in das Loch wodurch diese Schnur gieng, damit sie nicht wieder nachgeben konnte. Ihre Fischergeräthschaft zeugt ebenfalls von Erfindung und Beobachtungsgeist. Sie verfertigen Harpunen von Rohr (E-Tao-werro-Eiya) mit einer Spitze von hartem Holz, welche Widerhaken hat, wie eine Pfeilspitze. Zugnetze (Upea) brauchen sie nur in seichtem Wasser; diese sind von großem Umfange, und bestehen aus Fäden von einer Bohnen- (phaseolus) oder Winden- (Convolvulus) Art. Die Angelhaken (Mattau) sind aus Muschelstücken; die kleinen, für kleinere Fische, sind überaus nett und aus einem Stücke; die mittlere Sorte ist von Perlenmutter und aus zwey Stücken zusammen gesetzt. Zum Rücken nimmt man gewöhnlich das hellglänzendste der Schaale; und an diese wird der Haken selbst, durch die in beyden Stücken befindlichen Löcher, mit Fäden befestigt. Haare, Federn oder kleine Quäste von Fäden, stellen dabey die Flossen der Fische vor, um die größeren, auf deren Fang es angesehen ist, desto leichter zu täuschen. Diese Mittelart heißt Witti-Witti. Die größte Sorte hat ein Rückenstück von Holz oder Knochen, welches nur von oben her mit brauner Perlenmutter belegt ist, nebst einem Haken von Schildkrötenschaale der bisweilen wieder aus zwey mit einander verbundenen Theilen besteht. Die Angelschnur zu dieser Art Haken muß von E-Rua, einer Art Nesseln (Urtica argenta) gemacht werden, welche, ohne zu reissen, den größten und stärksten Boniten, Albicoren oder Doraden hältBonito, taheitisch Pirara, Scomber Pelamys. Albecore, – – E-Ahai, Scomber Thymnus. Dorade, – – E-Uma, Coryphaena Hippurus.. Zu allem andern Gebrauch bedient man sich der Schnüre die ans E-Mohu (Cyperus alatus), aus der Rinde des Purau (Hibiscus tiliaceus) des Matti(Ficus tinctoria) und des Pipi (Dolichos luteolus) gedreht werden.

Zum Behuf des Fischfanges sind den Insulanern ausserdem auch gewisse Pflanzen und Früchte bekannt, welche, zerstossen und mit klein gehackten Krebsen ins Meer geworfen, die Fische dergestalt betäuben, daß sie mit Händen gefangen werden können. Hieher gehörten vorzüglich die Frucht des E-Hudu Baumes (Barringtonia speciosa), die Blätter des O-Ao (Daphne foetida), des E-Hora (Galea littoralis) und des E-Nau(Lepidium Piscidium). Sobald sie über einem gewissen Fleck im Meere eine große Anzahl Vögel schweben sehen, so wissen sie, aus Erfahrung, daß sich daselbst eine Menge Fische aufhalten. Alsdann eilen sie mit ihren Kähnen und den Witti-Witti, oder Angelhaken, hinzu, befestigen die Angelschnur an einem ziemlich starken Bambusrohr, welches auf beyden Seiten des Kahns weit über Bord reicht, und verfehlen nicht leicht ihrer BeuteAuch die Einwohner der Maldivischen Inseln sind im Fischfang, der an ihren Küsten reichlich ist, sehr geschickt. Fleisch von vierfüßigen Thieren ist bey ihnen eine Seltenheit; Fische hingegen sind ihre vornehmste Speise. D. Voyage de François Pyrard 4to Paris, 1679. part.I. p.88.136.166..

Nachdem die Begriffe die sich auf Speise, Kleidung und Obdach beziehen, bey der Erziehung des Insulaners zum Grunde gelegt worden sind, und die Fruchtbarkeit seines Landes, das schönste Klima, und sein eignes fröliches Temperament ihn allmählig für sinnliche Freuden gestimmet und empfänglich gemacht haben; so wird irgend ein besonders glücklicher Vorfall, ihn bald mit Wonne erfüllen, und dieses Gefühl wird ihn in Bewegung setzen. Er fängt vor Freuden an zu hüpfen, zu tanzen; und athmet, durch diese Bewegung gezwungen, in gemessenen Zeiträumen. Wünscht er, während diesem Affekt, den Umstehenden seine Ideen mitzutheilen, sie anzureden, so mißt er seine Rede-Abschnitte nach den Athmungen, und die Stimme des Frohlockens wird ein Anfang des Gesanges. Inniges Gefühl beflügelt seine Worte; Bilder strömen hervor; zu köstlich ist ihm die Zeit, um jedesmal das Ding mit rechtem Namen zu nennen, welches eine Ähnlichkeit, ein Zug, ihm jetzt lebendig darstellt, und andern kenntlich machen kann; jede auszeichnende Eigenschaft eines Dings ist ihm die Sache selbst; so entsteht eine Art von Poesie, mit ihren Gemälden, Gleichnissen, Metaphern und Epitheten. Die Zuschauer ergötzt dieser Auftritt; sie fangen an, bekannte Handlungen ihres einfachen Lebens durch Pantomimen auszudrucken, und diese Vorstellungen mit rohem, materiellen Scherz zu würzen. Je näher und natürlicher jemand einen gewissen Zug nachzuahmen weiß, je auffallender er den Miston oder das disproportionirliche dieser oder jener Handlungen und Charaktere angiebt, desto größer ist das Vergnügen aller derer die ihn hören. So wird das Drama, ein neuer Zeitvertreib, erfunden und immer mehr ausgebildet; ja sobald das Volk Geschmack an diesen Künsten findet, so lehrt natürlicherweise, derjenige der es weit darin brachte, seinen Kindern die Grundsätze durch deren Anwendung er Beyfall erhielt, und durch deren Befolgung sie ihm nacheifern können. Dies ist also ein andrer Zweig der Erziehung, der bey den mehr gesitteten Völkern der Südländer statt findet. Ihre Tänze, ihre Musik, Dichtkunst und dramatische Vorstellungen haben jedoch noch keinen besondern Grad von Vollkommenheit erreicht; es sind nur noch die ersten rohen Anfänge dieser Künste, die aber eben darum weil sie noch roh und einfach sind, auch weit allgemeiner erlernt werden, als bey uns der Fall zu seyn pflegt. In O-Taheiti tanzen gemeiniglich nur die Weiber, seltner die Männer; doch ist jedermann mit den dazu gehörigen Schritten und Bewegungen bekannt. Die Kunst, aus dem Stegereif Verse zu machen und sie zugleich abzusingen, ist allgemein. Ihre dramatischen Vorstellungen sind gemeiniglich dergleichen auf der Stelle erdachte Compositionen, oder ein Gemisch von Gesängen, Tänzen und Musik. Unser Welttheil hat also seine Improvvisatori nicht allein. Im Tanzen bewegt das taheitische Frauenzimmer die Füsse sehr genau nach dem Takte, der durch laute und schnell aufeinander folgende Trommelschläge angegeben wird. Die Kleidung, welche bey den dramatischen Tänzen üblich ist, scheint dabey eben nichts wesentliches zu seyn, und ist bereits anderer Orten ausführlich beschriebenS. Hawkesworths Sammlung der engl. Seereisen. Edition in 4to. II. Band S. 261. und in 8to. III. Band S.24.25. Forsters Reise I. Band S.399. u.f. worden. Nur zeigt die Länge der Kleider an, daß man in der zierlichen Bewegung der Füsse hier keine besondere Vollkommenheit setzt, indem man sie sorgfällig bedeckt; Geschicklichkeit und Zierlichkeit, äussert sich bey ihnen blos in der Bewegung der Hände und Finger. Ihre Finger sind fast durchgehends lang gut proportionirt, und zugleich so ausnehmend biegsam, daß sie, mit samt der ganzen Hand, beynahe zirkelförmig zurückgebogen werden können; und gerade in dieser Figur bewegen sie dieselben während dem Tanzen mit bewundernswürdiger Geschwindigkeit. Diese Art von Tänzen heißt: Hiwa-he-ura, und die Bewegung der Finger: Eorre. Ausserdem wußten sie, sowol aufrechtstehend, als auch in einer auf den Knieen und den Elnbogen gestützten Stellung, den Hüften eine schnelle, schwankende Bewegung mitzutheilen, welche in ihrer Art oft nicht weniger merkwürdig war als jene welche sie mit den Fingern vornehmen; in der Landessprache, heißt sie: Onne-Onne. Ausser diesem giebt es noch andere Tänze, zu welchen abgemessene Schritte erfordert werden; sie fassen einander bey den Händen, und klatschen dazu, letzteres heißt: Pa-ata. Bey allen Arten von Tänzen aber, verziehen sie den Mund auf eine ganz entsetzliche Art. Wir sahen in dieser Bewegung nichts als die häßlichste Verunstaltung: die Taheitier aber sind hierin von anderem Geschmack. Sie können den Mund ganz schräge ziehen, indem sie die Lippen, durch eine plötzliche krampfartige Bewegung verzucken, und diese scheußliche Grimasse verfehlt niemals des lauten Beyfalls der Zuschauer. Diese Verzerrung heißt: Uru-roa (große Lippen). In den Tänzen welche die nächtlichen Orgien der Errioys begleiten, sollen, nach dem Bericht der Insulaner, sehr unanständige und und wollüstige Bewegungen vorkommen; diese Tänze, welche keiner von unserer Reisegesellschaft zu sehen bekam, heissen t'-nài-morodi, und die Tänzerinnen selbst: Tu-àha. Bey den gewöhnlichen dramatischen Tänzen ist die Bewegung äußerst heftig; das gefälligste daran ist das Spiel der Hände; denn Füsse bekommt man dabey nicht zu sehen, und das Schaukeln der Hüften ist, nach unsern Begriffen, seltsam und unanständig zugleich, die Verzerrung des Mundes aber wiedrig und eckelhaft. Bey den Tänzen der Frauenzimmer, war allemal eine Mannsperson zugegen, der beym Takt der Trommel, eine Art von Gesang recitirte, und die Bewegungen der Tänzerinnen, durch Händeklatschen und laut ausgesprochene Worte, zu dirigiren schien. Allem Anschein nach sind also ihre Tänze nicht ganz ohne Plan; und der Uebergang von den schrägen Schritten, mit welchen die Scene anfängt, bis zur Bewegung der Finger und Hüften, hat einige Beziehung auf den Inhalt des Gesanges, den der Balletmeister absingt.

Weit unvollkommener als ihre Poesie und Tanzkunst, ist ihre Music. Die taheitische Flöte hat nur drey Ventile, und ist folglich auf gar wenige Noten beschränkt. Die Musik die damit gemacht wird, besteht in einem einförmigen Gesumme. Die Flöte wird mit der Nase geblasen. Auch die Vocalmusik ist von keinem weiteren Umfange; sie enthält nur drey bis vier Töne, demohnerachtet sind einige ihrer Gesänge nicht ganz unangenehm. Unter den Einwohnern der freundschaftlichen Inseln hat die Musik ungleich stärkern Fortgang gehabt. Die Gesänge der Frauenzimmer auf der Insel Ea-uhwe oder Middelburg, wo wir sie zuerst hörten, hatten etwas angenehmes. Noch mehr Abwechselung und Umfang findet man in den Gesängen der TannesenIn Tanna hörten wir alle Morgen bey Tages Anbruch einen feyerlichen Gesang, der uns von der Landspitze auf der Ostseite des Havens herzukommen schien. Wahrscheinlich verrichten also die dortigen Einwohner ihren Gottesdienst mit Gesang. Es bestätigte uns sehr in dieser Vermuthung, daß wir einigemal diese Ostspitze besuchen wollten, jedesmal aber von bewafneten Insulanern zurückgewiesen wurden. S. Forsters Reise. 2. Band. S.300.362. und der Neuseeländer; es scheint also, daß diese von Natur mehr Anlage zur Musik haben.

Die Taheitier pflegen, wie auch die Griechen ehemals thaten, ihre Verse stets singend zu recitiren. Diese kleinen Gedichte werden mehrentheils aus dem Stegereif gemacht; denn ihr Inhalt bezog sich öfters auf unsere Schiffe und Reisegefährten, und auf Begebenheiten, die sich während unseres Aufenthalts zugetragen hatten. Doch gab es auch Gesänge die mit unserm Besuch nichts gemein hatten. Die Verse haben ein förmliches Sylbenmaaß, und beym Singen wird die Quantität ausgedruckt. Von den poetischen Schönheiten konnten wir nicht urtheilen, weil wir von ihrer Sprache zu wenig Kenntniß besaßen, gleichwol bemerkten wir so viel, daß in ihren Gedichten verschiedene Worte vorkommen, die man sonst, im gemeinen Leben, nicht hörte. In der Nacht, bey Mondenschein, pflegten die Mädgen, an Bord unseres Schiffs, folgendes couplet oder Pehai öfters zu singen:

 . _    · _     ·  _    · _
Te U | wa no | te Ma | lama
 · _    _  ·  _   ____
Te U | wa te hi | naro.

Das Wölkchen im Monde,
Das Wölkchen liebe ich!

Aus der Hawkesworthschen Geschichte der englischen Seereisen und Entdeckung im Südmeer setze ich noch eine ähnliche Strophe her, welche bey der Anwesenheit des Schiffs Endeavour in Taheiti componirt ward:

· ·_     _ ·   __ · ·   __ ·
Epaha | tayo | Malama | taye
 ·  ·__    · __   __ __   __  ·  __   __ ·
No Taba | ne to | no Ta | wa hwanno | maye.

Vielleicht befreundete dieser Mond
Den Banks, der zu seinen Freunden her kam.

Auch hier ist der Mond mit eingeflochten, und folglich das Liedgen, allem Ansehen nach, bey Mondenschein gemacht worden. Bemerkenswerth ist dabey noch der Reim am Ende der Zeilen, der nicht ein Werk des Zufalls ist, wenn gleich das vorige Couplet, und die übrigen im Hawkesworth angeführten, ohne Reime sind. Noch eine solche Strophe von zwo Zeilen pflegten die Insulaner, bey unsrer Anwesenheit im Jahr 1774, am Bord der Resolution oft zu singen.

  ·   __  ·  ·__    · ____
Awa | hi te Pahi | no Tute
 · __   _  ·   ·_    ·  ·__   ·   _
Teini | a to  Teo | ri horo | a - e.

Für die Scansion will ich mich eben nicht verbürgen, denn sie ist blos nach dem Ohr entworfen.

Bey Gebeten, bey dramatischen Vorstellungen, und andern FeyerlichkeitenAls der Einwohner von Duskybay, in Neuseeland, an Bord unseres Schifs kommen wollte, recitirte er zuvor, einen grünen Zweig in der Hand haltend, ein Carmen, oder eine Rede, in einem singenden, jedoch feyerllchen, Tone; die ein paar Minuten lang dauerte. Vor und nach der Rede schlug er mit dem Zweige an das Schif, und warf ihn zuletzt hinein, auf das Verdeck. Im Charlottensunde kamen einige Neuseeländer, die uns zuvor noch nicht besucht hatten, an Bord. Einer hielt eln grünes Schilf in der Hand, indeß ein anderer eine lange, metrische Rede hersagte. Etwas ähnliches scheint die Feyerlichkeit und das Gebet des Tupaya, bey der Landung auf den Inseln Huaheine und O-Raietea gewesen zu seyn. S. Hawkesworths Geschichte der englischen Seereisen etc. Edition in 4.Band II. S.247.248. und in der Edition in 8.Band 3. S.6. Als wir in Neukaledonien landetet, hielt der Vorgesetzte, Teabuma, nebst noch einem andern, einige feyerliche metrische Reden, mit Zwischenabsätzen, wo etliche Männer ganz kurz antworteten. S. Forsters Reise 2.B. S.310. Es ist daher die erste Zusammenkunft oder der Friedensschluß zwischen verschiedenen von einander entfernten Völkern nicht nur ein feyerlicher Aktus, sondern die dabey üblichen Reden sind eigentliche Gedichte. hörten wir, daß die Sprache vom gewöhnlichen Conversationstone abwich, und den Namen eines Carmen, ohngefähr in eben dem Sinne, verdiente wie derselbe von der Formul galt, welche die Römischen Feciales hersagten. Liv. Hist. l.I. c.24.

Die dramatischen Vorstellungen der Taheitier und ihrer Nachbarn, deren ich bereits mit ein paar Worten erwähnt habe, verdienen, als ein Zweig der freyen Künste, eine ausführlichere Anzeige. Sie bestehen aus Tänzen mit eingestreuten Gesängen; doch sind die Schauspieler blos Mannspersonen, wie solches im alten Rom ebenfalls gebräuchlich war. Das Drama stellt irgend eine Handlung oder einen Vorfall aus dem gemeinen Leben vor. Z.B.: Es vertraut jemand seinen Bedienten einige Sachen an; sie schlafen dabey ein, und, ob sie gleich Sicherheitswegen, die Sachen unter sich gelegt haben, so kommen geschickte Diebe, die demohngeachtet damit entwischen; oder aber ertappt und derb durchgeprügelt werden, bisweilen auch die Schläge erwiedern. In einer andern Posse erscheint ein Vater mit seiner Tochter, und ihrem Liebhaber. Der letztere misfällt dem Vater und erhält eine abschlägige Antwort, giebt aber gleichwol diesem so viel Argwohn, daß er seine Tochter genau bewacht. Mitten in der Nacht begegnet der Liebhaber endlich seiner Schönen, überredet sie, mit ihm zu entlaufen, und die Folge ihres Umgangs ist – die Geburt eines Knaben. Die Kreissende erscheint auf dem Theater, und nach allerley Gaukeleyen, wird ein großer Kerl, der den neugebohrnen Knaben vorstellt, zum Vorschein gebracht, und läuft mit der Nabelschnur und dem Mutterkuchen auf dem Schauplatz herum. Dieser Auftritt verliert hier sein Unanständiges, indem jedermann, bis auf die Kinder von vier oder fünf Jahren, mit einer so natürlichen Ereigniß bekannt sind. Der seltsame Umstand, daß das neugebohrne Kind herumläuft, und der Hebamme, die es fangen will, entwischt, wird mit dem lautesten Beyfall und Gelächter von den Zuschauern aufgenommen. Der Vater des Mädgens wird endlich selbst, von der besonderen Geschicklichkeit seines Enkels, gerührt, und mit seinem Schwiegersohne ausgesöhnt.

Eine andre Posse in diesem Geschmack ward in Huaheine aus dem Stegereif ausgeführt, und war eine Satyre auf das Mädgen, welches bey unsrer Abreise aus Taheiti an Bord unseres Schiffes diese Insel verlassen hatte, um wieder nach O-Raietea zu ihren Aeltern zurück zu kehren, denen sie mit einem jungen Errioy entlaufen war. So unvollkommen und plump diese Vorstellung ausfiel, so beschämte sie doch das Mädgen, welches unter den Zuschauern saß, und brachte ihr die Thränen in die Augen. Mich dünkt dieser Zug enthält für die ganze Nation viel vortheilhaftes. Die Thränen der kleinen Sünderin zeugten von seinem Gefühl, welches desto lobenswürdiger war, da Klima, Temperament, Erziehung, alles sie entschuldigen mußte, daß sie den Ueberredungen ihres jungen feurigen Liebhabers Gehör gegeben hatte; und da dieser Schritt, nach landesüblicher Sitte, einer künftigen Heirath auch keine Hindernisse in den Weg legte. Indessen war es von den Schauspielern ebenfalls wohlgethan, daß sie die Gelegenheit wahrnahmen, um die Folgen der Immoralität zu schildern, ohne sich daran zu kehren, daß der Gegenstand ihrer Satyre ein Frauenzimmer, und noch dazu eine Fremde war, die sich unter dem Schutz der mit Feuer bewafneten Europäer auf ihrer Insel befand. Welch' eine Unerschrockenheit, trotz dieser mächtigen Vertheidiger, ihrer Pflicht ein Genüge zu leisten! Die Zuschauer selbst zeigten sich dabey von einer guten Seite. So lange sie blos die Spässe ihrer theatralischen Helden anhörten, ergötzten sie sich daran mit herzlichem Lachen; als sie aber entdeckten, daß der Gegenstand dieser beissenden Satyre zugegen wäre, daß sie für ihre Vergehungen büßte, daß Schamhaftigkeit, Reue und Selbstverdammung ihr Thränen auspreßten, da litte manches Herz mit ihr, und manches Auge trübte sich. Nach geendigtem Schauspiele waren die Zuschauer bemüht, dem Mädgen Freundschaft zu bezeigen, sie zu trösten und für ihre Wiederkehr zu ihren Aeltern zu loben; ich möchte fast sagen, ihr für die angenehme Unterhaltung welche sie ihnen zufälligerweise verschaft hatte, zu dankenSo dankt der Magistrat einer Stadt in Thessalien dem Lucius, dafür, daß er sie mit seinem Proceß ergötzt hatte. Apulej. de Asino aureo. . Wie viel gewinnen diese guten Insulaner nicht im Vergleich mit jenen fühllosen Menschen, die unsere Schaubühnen täglich besuchen, ohne jemals, wie diese Kinder der Natur, eine mitleidsvolle Thräne zu vergiessen, oder einige Spur eines sanften Gefühls blicken zu lassen!

Mollissima corda
Humano generi dare se natura fatetur
Quæ lacrymas dedit; hæc nostri pars optima sensus.
IUVEN.

So verbreitet also die taheitische Schaubühne, nebst ihren Tänzen, Gesängen, und musikalischen Compositionen, Freude und muntere FröhlichkeitΑιει δ' ημι̃ν δαίς τε φίλη κίθαρίς τε χοροί τε
Είματά τ' εξημοιβὰ λοετρά τε θερμὰ καὶ ευναί.

HOMER. Odyss. [Θ] 247. 248. [recte: 248. 249.]

im ganzen Volke, lehrt die Ausübung tugendhafter Pflichten und bestreitet die Laster würksamer als es unter den verfeinerten Europäern geschieht. Ich habe bereits gesagt, daß die Personen, welche sich mit diesen Künsten beschäftigen, dadurch keinesweges an der Achtung ihrer Mitbürger verlieren. Im Gegentheil sind es Prinzeßinnen vom Geblüt, die den Unterthanen ihres Vaters, oder Bruders, ihre Geschicklichkeit im Tanzen zeigen, und Kammerherren (Hoas) die als Schauspieler auftreten. Wir haben keinen Einwohner jener Inseln angetroffen, der nicht sein Liedgen hätte singen können; und sogar die Frauenspersonen die unsern Matrosen ihre Liebkosungen feil boten, sangen bey jeder Veranlaßung, Verse ihrer eignen Erfindung, aus dem Stegereif. Von den dramatischen Vorstellungen und den Tänzen der übrigen Insulaner im Südmeere konnten wir, wegen unseres kurzen Aufenthalts bey ihnen, und bey der geringen Kenntniß ihrer Sprachen, kein Urtheil fällen.

Die Neuseeländer pflegten uns zuweilen mit ihrem Schlachtgesange zu unterhalten. Einer stimmte ihn an, und stampfte dabey heftig mit den Füssen, machte allerley Bewegungen und Gebehrden dazu, und schwenkte seine Streitaxt. Am Ende jeder Strophe folgte eine Art von Ritornell, in welches der ganze wilde Haufe, als Chor, mit lautem gräßlichen Geschrey einstimmte. Dadurch erhitzen sie sich bis zu einem gewissen Grade von Raserey, welches der einzige Gemüthszustand ist, in dem sie handgemein werden.

Aus der Insel O-Tahà war ich bey einem Begräbniße zugegen, wo drey kleine Mädgen tanzten, und drey Mannspersonen Zwischenspiele vorstellten. Zwischen den Aufzügen traten die Freunde und Verwandten (Hea-biddi) des Verstorbenen, vom Kopf bis auf die Füsse bekleidet, paarweise vor den Eingang der Hütte, jedoch ohne hineinzugehen. Darauf ward der Platz auf welchem das Schauspiel vorgestellt worden war, ein Fleck von 30 Schuh in Länge, und acht Schuh in in der Breite, mit Zeug belegt, und dieses dem Trommelschlägern, die während der Vorstellung Musik gemacht hatten, zum Geschenke gegeben. Ob diese Ceremonie irgendeine besondere Bedeutung hätte, konnte ich nicht herausbringen; nur so viel erfuhr ich, es sey gebräuchlich, daß, bey dem Absterben vornehmer Leute, der erste Leidtragende, zur Begräbnißfeyer in dem weitr oben beschriebenen Trauerkleide umher gehe, und daß Schauspiele, von Tänzen und Gesängen begleitet, angestellet würden.

Die Wissenschaften der Insulaner, als der nächste Gegenstand dieses Abschnitts, sind freylich, mit den unsrigen verglichen, von keinem großen Umfange. Doch haben die Taheitier darin vor den übrigen Inselbewohnern im Südmeere einen großen Vorsprung, der ihre Volksglückseligkeit um eine Stufe erhöht, indem sie dadurch theils an baarem Genuß gewinnen, theils manchen Uebeln und Unbequemlichkeiten auszuweichen, oder vorzubeugen wissen. Diejenigen Wissenschaften, wovon die Taheitier einige Begriffe haben, sind 1) die Heilkunde, 2) Geschichte, 3) Geographie, 4) Sternkunde, 5) Schiffarth, und 6) Theologie.

1) Durchgehends in den Südländern geniessen die Menschen einer dauerhaften Gesundheit, und müssen sehr alt werden. Wir sahen eine Menge alter Leute unter ihnen mit grauen Köpfen, und oft Greise mit schneeweissem Haar, nebst allen übrigen Kennzeichen eines hohen Alters. Indeß war keiner im Stande die Zahl seiner Lebensjahre anzugeben: es genügt ihnen gelebt zu haben, ohne die Länge des Hierseyns nach Zeitabschnitten zu berechnen. Den Erih Tutahàh nennt Capt. Cook, 1769 einen Mann in seinen besten Jahren. Im Jahr 1774, als wir Taheiti besuchten, fanden wir seine beyden äiteren Brüder, als Grauköpfe, noch am Leben. Ihre Mutter aber, die damals ebenfals noch lebte, mußte zwischen 60 und 70 Jahr alt seyn; sie war sehr corpulent, hatte weisses Haar und schien Lebhaftigkeit und Kräfte genug zu haben, um noch älter zu werden.

Meines Erachtens giebt es unter diesen Insulanern weder so häufig noch so mannigfaltige Krankheiten als in unsern Gegenden. Der Tod, der bey uns so viele gräßliche Gestalten annimmt, und der selbst den stoischen Philosophen zu erschüttern weiß, kann folglich in jenen Eilanden, aus mancherley Ursachen, nicht so heftig wüthen als unter europäischen Völkern. Zum Theil liegt der Grund davon in dem vortreflichen Klima. Bey mäßiger Bewegung, und ohne sich der Sonnenhitze gar zu sehr blos zustellen, findet man die Witterung durch die abwechselnden See- und Landlüfte mehrentheils temperirt. Die Nacht über pflegen die Einwohner aller Inseln im Südmeere durchgehends am liebsten unter einem Dache zuzubringen, um vor der kühlen und feuchten Luft einigermassen geschützt zu seyn; doch ist man, was diesen Punkt betrift, in Taheiti und den Societätsinseln lange nicht so sorgfältig, als auf den westlicher gelegenen Inseln, woselbst die Hütten nicht blos nach Schoppen-Art gebauet sind, sondern auf allen Seiten dichte Wände haben. Wenn Regenwolken, mit kühlen Winden begleitet, von den Bergen herabkamen, bemerkten wir jedesmal, daß sich die Einwohner eilig dagegen in Sicherheit zu setzen suchten.

Die Kleidung der Taheitier ist, je nach dem die Maulbeerrinde zubereitet wird, bald luftig, bald erwärmend; bey Tage hält sie die Hitze und bey Nacht die Kälte ab. Ihre Kost, die aus den besten Früchten des heissen Erdstrichs besteht, ist ebenfalls gesund; und daher wissen sie auch wenig von dem Fluche der gleichsam auf Europa haftet, wo mancher mit einem gebrechlichen Körper und verderbten Säften bereits auf die Welt kommt, und von Mutterleibe an ein sieches Leben führt. Die gefräßigen Erihs pfiegen zwar ungeheure Portionen Speise zu sich zu nehmen, jedoch erfolgt daraus kein anderes Uebel, als daß sie dicke Wänste davon bekommen. Die dortigen Fische und andere Seethiere, z.B. Hummern, Schnecken, Meerigel, Calmars (Sepias) und eine Art Quallen (Medusae), scheinen eine eben so gesunde als wohlschmeckende Nahrung abzugeben. Was aber andere animalische Speise, nämlich Schweinefleisch, Hundefleisch und Hüner betrift, so kommt diese zuverläßig nur selten auf ihren Tisch, und eben darum können die Erihs, wenn ein Schwein oder ein Hund geschlachtet wird, ungeheure Portionen Fleisch, Fett, Blut und Eingeweide verzehren, über welche wir erstaunen müssen. Das gewöhnliche Getränk ist frisches Wasser, und in einigen Fällen Seewasser; beydes ist gewiß unschädlich. Die Oberhäupter und Vornehmen aber sind an einen Trank gewöhnt, der aus den Wurzeln einer gewissen Pfefferstaude (Piper methysticum) bereitet wird. Man kaut diese Wurzeln, thut das Gekaute in eine hölzerne tiefe Schüssel, gießt entweder frisches Wasser, oder den Saft aus Kokosnüssen darauf, und läßt es durch eine Menge Kokosfasern seigern; alsdenn sieht es weißlich aus, und ist unschmackhaft, oder schmeckt vielmehr wie ein schwacher Aufguß von Pfeffer. Wenn sie von diesem ekelhaften Gebräu in großen Quantitäten trinken, werden sie schläfrig, betäubt, ja endlich völlig berauscht.Bey allen unkultivirten Völkern ist die Völlerey, und das Berauschen im Schwange. Die alten Skythen berauschten sich indem sie den Dampf von Hanfsamen einzogen, den sie auf heißgemachte Steine warfen, Herodot. L.IV. 69.70.71. Maximus Tyrius 0rat. XIII. §.6. Die verschiedenen Celtischen und Teutonischen Stimme braueten durchgängig, Bier und Meth; auch einige ihrer fremden Nachbarn hatten diese Sitte angenommen. Hist. des Celtes. I.2. Ch.18. Tacit de morib. germ. c. 22.23. King.Alfred's Orosius in Anglosaxon. p. 26.27. Die Tschuktschen und Jukaghiren, an der Nordostspitze von Asien, betrinken sich in einem Aufguß von Erdschwämmen oder Pilzen. Alle Mongolische Völker und unter andern die Kalmycken lassen Stutenmilch gähren, bis daraus ein berauschendes Getränk entsteht, oder sie ziehen das geistige davon ab, welches sie Kumyß nennen. Bey den Mohamedanern sind Opium und Taback üblich; das Tabakrauchen ist unter den Kalmycken ebenfalls so allgemein, daß auch Weiber und Kinder rauchen. Die Neger auf der guineischen Küste sind nach Brandwein äusserst lüstern. (S. Römers Beschr. der Küste von Guinea.) Kolbe und Sparrmann bemerken das nämliche von den Hottentotten. Eben so allgemein bekannt ist es, wie begierig die Wilden, sowohl in Nord- als in Südamerika nach Brandwein sind. La Honran. liv.XI. u. a. m. Hieraus entstehen nun allerley üble Folgen, welche ich weiter unten namhaft machen werde. Auf Taheiti ist die Wurzel jener Pfeffergattung selten, und wird dort auch nicht häufig gebraucht. In Huaheine, und den andern Societätsinseln giebt es bereits weitläuftige Pflanzungen davon; am stärksten aber wird sie auf den freundschaftlichen Inseln angebaut; und überall bedient man sich des Krautes dieser Pflanze als eines Freundschaftszeichens. Indessen, da der Trank verhältnißmäßig nur von wenig Leuten genossen wird, so kann er auch, auf die Gesundheitsumstände des ganzen Volks, keine allgemeine Wirkung verursachen.

Ein mäßiger Grad von Bewegung in ihren kühlen Haynen, wo sie theils spatzieren gehen, theils ihre ökonomischen Geschäfte abwarten; und die gelinde Anstrenguug, die sie beym Rudern ihrer Kähne, desgleichen beym Fischfang anwenden, alles dies stärkt den Körper ebenfalls. Wenn auch die Sonne, welche dort zuweilen im Scheitelpunkte steht, durch ihre Hitze die festen Theile zu sehr erschlaffen sollte, so wird dieses doch durch wiederholtes Baden in der See, und durch Abwaschen mit frischem Wasser wiederum gut gemacht. Gemeiniglich badet man sich Morgens und Abends, oder auch nur einmal des Tages, je nachdem es ein jeder gewohnt ist. Indeß ist die unmerklich« Ausdünstung in heissen Ländern so beträchtlich, daß der Körper darunter leiden, und die Säfte zur Fäulniß geneigt werden könnten; daher pflegen die Insulaner, sich zuweilen das Haar, den Kopf, oder gar den ganzen Leib mit Kokosöl zu salben, um dadurch der allzuhäufigen Ausdünstung vorzubeugenFranz Pyrard (Voyage L.i. p.126.) sagt eben das von den Einwohnern der Maledivischen Inseln.. Das Oel wird mit wohlriechendem Holz, Früchten, Blumen und Blättern zubereitet. Rechnet man zu allem bereits Angeführten noch das fröliche Temperament der Insulaner, ihr sorgenfreyes Leben, die Einfalt ihrer Sitten, nebst der fast allgemeinen Mäßigkeit, so ist leicht zu begreifen, warum sie von einem Heere von Krankheiten verschont geblieben sind, welches bey uns die schrecklichsten Verwüstungen anrichtet.

Auf allen jenen Inseln fanden wir wenige mißgestaltete oder gebrechliche Personen; doch sind sie nicht gänzlich ftey von körperlichen Fehlern. Ich habe etliche Schielende, andere, die ein Fell auf dem Auge hatten, und verschiedene Einäugige angetroffen. InTanna bemerkte ich bey mehreren eine Schwäche der Augenlieder, so daß sie solche nicht aufziehen konnten, sondern den Kopf zurückbeugen mußten, um einen Gegenstand, der mit ihrem Kopfe in gleicher Hohe stand, gewahr zu werden. Dieses Uebel scheint mir nicht ganz zufällig, indem ein Mann nebst seinem kleinen sechsjährigen Sohne zu gleicher Zeit damit behaftet waren. Es mochte also wohl von der in ihrer Familie üblichen Lebensart, oder von der ungesunden Lage ihrer Hütte; oder endlich von einem Erbfehler herrühren, und solchergestalt in der Familie transcendent seyn.Es giebt Beyspiele, daß Stummheit und Taubheit sich von Aeltern auf Kinder fortgepflanzt haben, Blindheit desgleichen. Leute mit vier und sechs fingrigten Händen haben eben solche Kinder gezeugt. Im gegenwärtigen Falle würde ich jedoch eher glauben, daß der paralytische Zufall in den Augenliedern, von der etwas sumpfigen Lage der Hütten, worin sich die damit behafteten Familien aufhielten, und vielleicht auch von dem beständigen Rauch herrührte, den sie des Nachts in ihren Hütten unterhalten um Mücken und Schnaken, welche in ihren feuchten Wäldern sehr häufig sind, zu verjagen. Dies ist um soviel wahrscheinlicher, da es gewisse Arten von Hölzern giebt, deren Rauch theils völlige Blindheit, theils eine merkliche Verminderung und Schwächung der Sehkraft verursacht. S. Osbecks Reise, I. Theil S.320. (Engl. Ausgabe.) Weiter bemerkte ich einige Bucklichte, und einige verwachsene, einige mit schiefen Beinen, und einen dem ein Bein fast gänzlich verdorrt war. Unter den Neuseeländern sahe ich einen wohlgestalteten Menschen mit einer lahmen Hand; da wir aber anfänglich der Sprache nicht kundig, und auch mit allerley Beschäftigungen überhäuft waren; so konnten wir den Ursachen solcher Verstümmlungen nicht allemal gehörig nachforschen. In Huaheine hatte ein Mann einen Nabelbruch, und eben daselbst ein andrer, einen zur Größe eines Kinderkopfs ausgedehnten skirrhösen rechten Hoden, dergestalt, daß der ganze Hodensack und die Haut der Ruthe, damit angefüllt war, und die Oefnung zum harnen seitwärts lag. Gleichwol war der Mensch recht stark und thätig, und stieg die zum Schiffe führende Leiter eben so behend und unbesorgt hinan, als ob ihm nichts gefehlt hätte.

Unter die von uns bemerkten Krankheiten dieser Völkerschaften zähle ich zuerst den Husten, der sich bey mehreren Personen, besonders des Morgens und Abends einstellt. Wahrscheinlich entsteht er von Erkältung, wenn sie von frischen Regenschauern übereilt werden, oder des Nachts, beym Fischfang auf den Riesen, sich erkälten, oder auch wenn sie in ihren eigenen Hüttten unter allzu leichter Bedeckung schlafen.

Eine zwote, dort ziemlich allgemeine Krankheit, welche verschiedene Grade hat, ist, in ihrer höchsten Bösartigkeit, ein wahrer Aussatz. Der erste Anfang besteht in einer schuppenähnlichen Abblätterung der Haut, die alsdenn von weißlicher oder auch ganz weisser Farbe ist. Bisweilen nimmt dies Uebel den ganzen Körper, bisweilen nur ein Bein oder beide, oder auch den Rücken, ein; bisweilen war es nur an einzelnen Stellen vorhanden. Mit dieser blätterigen Hautkrankheit hatten noch zwey andere Erscheinungen einige Ähnlichkeit. Die erste, die man ziemlich oft an den Einwohnern bemerkte, bestand darinn, daß die Haut rauh und als wäre Reif daraus gefallen, aussähe; dies rührte aber nicht von einer Krankheit, sondern lediglich von Salztheilchen her, welche sich, wenn die Leute an das Schiff geschwommen waren, vom Seewasser angesetzt hatten, aber eben so leicht sich wieder abreiben liessen. Die zwote Erscheinung ist eine Würkung des oben erwähnten Pfeffertrankes, wenn er zu häufig getrunken wird. In diesem Falle sieht die Haut gleichsam wie verschrumpft, von Hitze und Winden spröde und dürr gemacht aus, ist schwärzlich, und blättert sich zuweilen in kleinen Schuppen ab. Dabey sind gemeiniglich die Augen roth, entzündet und triefend, der Leib fängt an zu schwinden, und die Verstandskräfte nehmen ab. Man versicherte uns, daß alle diese Symptome lediglich von dem unmäßigen Gebrauch des Pfefferaufgusses herrührten. Die Schuppen sind bey dieser Krankheit nicht so hart und rauh anzufühlen, als diejenige Rauhigkeit, welche das Seewasser verursacht, und es pflegt gemeiniglich eine Geschwulst darunter zu liegen. Nimmt die Krankheit überhand so entstehen in den weißen Flecken Geschwüre, welche sich unter der Haut fortziehen, schwammigt aussehen, und, aus einer Oefnung welche mit rothem schwammigten Fleisch umgeben ist, eitern. Zwischen den weissen Flecken sind bisweilen auch röthliche oder grüngelbe Stellen.

Eine zwote Abart dieser schrecklichen Krankheit besteht in runden und länglichten purpurfarbnen Erhöhungen auf der Haut, von der Größe eines Conventionsthalers, die bisweilen so aussahen, als ob ein Theil herausgefallen wäre, und das übrige sich in ein Geschwür, mit rothem schwammigten Rande, verwandelt hätte. Auf der Insel Ea-uwe, oder Middelburg, war eine Frauensperson mit dergleichen Geschwüren behaftet; ihr Gesicht war sehr angeschwollen, über und über roth, grüngelblich und eiternd; die Nase war bereits weggefault, und die Wangen sahen rochen Schwämmen ähnlich. Die rothen, triefenden Augen waren tief eingesunken; mit einem Worte sie befand sich in einem bejammernswürdigen Zustande.

Noch eine andre Art derselben Krankheit bemerkte ich in der nämlichen Insel. Einer von den Einwohnern hatte, auf dem Rücken, auf der linken Schulter und auf dem Oberarm ein Geschwür, welches um einen viertels Zoll über der Haut erhöhet, und ganz grünlichroth war. Die hervorstehenden Ränder, nach den Extremitäten hin, hatten eine häsliche gelbe Farbe. Es eiterte aber nicht ob es gleich sehr darnach aussahe. Für diese Art von Geschwüren haben die Einwohner keinen besondern Namen; sondern nennen sie, wie alle übrige Arten des Ausschlags, der Hitzblattern, u.s.w. Epà.

In Tahà, o-Raietea, Tongatabbu und Neukaledonien war, bey verschiedenen Mannspersonen, ein oder beide Beine ganz ungeheuer dick angeschwollen. In diesem Zustande hatte die Haut des kranken Theils eine grünliche Farbe, und fühlte sich sehr hart an. Die Geschwulst reichte mehrentheils vom Knie bis an die Knöchel, auch wohl tiefer herab bis an die Zehen, und zuweilen auswärts bis in den Schenkel. Sie hinderte indeß die damit behafteten Leute nicht, recht scharf zu gehen, auch nahmen sie nicht Anstand, bis an den Bauch im Meere zu waten. Die einzige Beschwerde welche sie davon hatten, bestand in einem etwas keuchenden Athem. Dies ist vermuthlich die in Ostindien, an der Malabarischen Küste, bekannte ElephantiasisEs ist bekannt daß die Indier, die sich St. Thomaschristen nennen, eine Krankheit haben, welche man pedes strumosi nennt; Miscell. Médico. phys. Decur. III. tom.III. Obs.13. Sanchez diss. sur la maladie venerienne. . In Neukaledonien hatten zween Männer jeder einen dicken Arm von eben der Beschaffenheit.

Bey unserer Ankunft zu O-Taheiti, im Jahr 1773, erfuhren wir, daß, einige Monathe vor uns, ein spanisches Schiff da gewesen wäre, welches die Insulaner Pahei-no Peppe, das Schiff von Peppe, nannten. Den Befehlshaber desselben hießen sie t-Errire, und den Matrosen, die er an Bord hatte, gaben sie schuld, daß sie eine neue Krankheit, e-Pá-no-Peppe, das Geschwür von Peppe, unter ihnen eingeführt hätten. Bey der Rückkunft von unsrer Reise am Cap, erzählte uns Hr. Crozet, Capitain eines französischen Ostindienfahrers, und einige Officiere der spanischen Fregatte Juno, welche damals Don Juan de Arraos commandirte, bekräftigten es, daß im Jahr 1773 zwey spanische Schiffe, unter dem Befehl des Don Juan de Langara y Huarte, auf Entdeckungen im Südmeere ausgelaufen, und bey Taheiti vor Anker gegangen wären. Die Insulaner bezeugten, daß die neue Krankheit, Pá-no-Peppe, in ofnen Geschwüren bestände, welche mit Engbrüstigkeit vergesellschaftet wären; daß dabey zuletzt alle Haare ausfielen, und der Tod erfolge, und sie fügten hinzu, daß dies Uebel durch den Umgang der Spanier mit dem taheitischen Frauenzimmer auf die Insel gekommen wäre. Anfänglich glaubten wir also, daß die Krankheit venerisch seyn müßte; allein, wenn man bedenkt, daß die spanischen Schiffe von Callao bey Lima kamen, woselbst man viele Negersklaven hält, die öfters mit verschiedenen Arten von Aussatz, namentlich mit der Elephantiasis, behaftet sind; so wird es nicht unwahrscheinlich, daß einer oder der andre in der Schiffsgesellschaft die Elephantiasis haben, und die Einwohnerinnen dieser Inseln damit anstecken konnte. Bekanntlich können einige Arten des Aussatzes durch Beywohnung mitgetheilt werden, und die Kranken dieser Art pflegen, was die Vermischung mit dem andern Geschlechte betriff, oft noch wenige Augenblicke vor dem Tode, im äussersten Grade auszuschweifen. Was die Wahrscheinlichkeit dieser Vermuthung bestätigt, ist, daß die Symptome welche Aretäus und Paulus Aegineta von der Elephantiasis anführen, mit einigen der erwähnten übereinstimmen. Genauere Beobachtungen liessen sich im gegenwärtigen Falle nicht anstellen, indem uns von denen mit dieser Krankheit angesteckten Leuten, niemand zu Gesichte kam. Es bleibt daher auch noch zweifelhaft, ob das Uebel wirklich von den spanischen Matrosen herrührt oder nicht; denn wie leicht pflegt man nicht, Fremdlingen die Ausbreitung einer Krankheit unverdienterweise zuzuschreiben, wenn die Zeitpunkte ihrer beiderseitigen Erscheinung, in irgend einem Lande, zusammentreffen?

Im Jahr 1769 nachdem Capt. Cook Taheiti und die Societätsinseln verlassen hatte, war die Hälfte seiner Leute mit venerischen Krankheiten angestecktS. Hawkesworths Geschichte der englischen Seereisen und Entdeckungen im Südmeere, Edition in 4to. 2.Theil, S.230. u.f. und in 8.Theil. 3.Seite. 545-547.. Man hatte damals die Reisegefährten des Herrn von Bougainville in Verdacht, daß sie diese Krankheit dorthin gebracht hätten. Der Herr von BougainvilleS. dessen Beschreibung seiner Reise um die Welt. hingegen scheint den Verdacht auf die Mannschaft des unter Capt. Wallis hier vor Anker gegangenen Schiffes zu werfen, die sich ihrer Seits durch die Versicherung dagegen vertheigen, daß sie, weder während ihres Aufenthalts in o Taheiti, noch bald hernach einen einzigen venerischen Kranken gehabt hättenHawkesworths Geschichte der englischen Entdeckungen im Südmeere. Edition in 4to. 1.Th. S.265. u.f. und in Octav I.Theil. S.369.370..

Wir waren wenigstens fünf Monathe lang zur See gewesen, ehe wir, im Jahr 1773, nach Charlottensund in Neuseeland kamen. Keiner von unsern Matrosen hatte das geringste venerische Symptom, welches doch schwerlich so lange Zeit in ihrem Körper hätte verborgen liegen können, da sie, seitdem wir vom Vorgebirge der guten Hofnung ausgelaufen waren, nichts anders als gesalzenes Rind- und Schweinefleisch, und dagegen kein frisches Zugemüse genossen, auch Brandtwein in Menge getrunken hatten, und überdies der Nässe und Kälte eines rauhen Himmelsstrichs beständig ausgesetzt gewesen waren. Wären sie angesteckt gewesen, so müßte dies alles zusammengenommen den heftigsten Ausbruch der Krankheit verursacht haben, den sie ihrem Wundarzte gewiß nicht verheelt hätten. Allein, sechs Monathe nachdem wir das Vorgebirge der guten Hofnung verlassen hatten, giengen wir auch von Charlottenssund wieder unter Seegel, und gleich darauf entdeckte ein Midschipmann (Seekadet) auf der Adventure, daß er die Seuche von einer Neuseeländerin bekommen habe. Unsere Mannschaft wurde im Jahr 1773 in o-Taheiti und den Societätsinseln ebenfalls angesteckt. In den freundschaftlichen Inseln ward den Angesteckten der Umgang mit den Frauensleuten verboten, mithin die Seuche diesen Insulanern nicht mitgetheilt. Dafür ward aber auch keiner von unsern Leuten hier angesteckt. Die Marquesasinseln und Ostereiland, wohin unsere Leute frey von allen venerischen Symptomen kamen, verließen wir auch wieder eben so frey davon. Hingegen hatten wir 1774 nach dem zweyten Besuch auf o-Taheiti und den Societätsinseln, wiederum eine Menge Patienten. Während den wenigen Tagen, welche wir in Namoka zubrachten, ward die Infektion vermuthlich weder von unsrer noch von Seiten der Eingebohrnen fortgepflanzt. In den westlichern Inseln Mallicollo, Tanna und Neukaledonien hatten unsre Matrosen keinen Umgang mit den Frauenspersonen; allein bey ihrer Rückkehr nach Neuseeland, wurden sie von neuem angesteckt. Es scheint überhaupt, daß die Lustseuche nicht erst seit kurzem auf diesen Inseln eingeführt worden, sondern daß sie daselbst schon längst bekannt gewesen ist. Ohediddi oder Maheine, der junge Mann aus Borabora, der uns im Jahr 1773 von o-Raietea aus begleitete, pflegte zu erzählen, daß diese Krankheit in Borabora sehr gemein wäre, obgleich kein europäisches Schiff daselbst angelegt hatte; ja, wir erfuhren von ihm, daß seine eigene Mutter an dieser Krankheit, noch vor Ankunft der Europäer, gestorben wäre.

Sollte demnach diese Seuche nicht von einer solchen Beschaffenheit seyn, daß sie durch unzüchtige Ausschweifungen, und durch einen unordentlichen Umgang zwischen mehreren Personen beiderley Geschlechts, entstehen könnte? daß in O-Taheiti und den umliegenden Inseln Beyspiele von dergleichen Ausschweifungen nichts seltenes sind, ist nunmehr bekannt genug. Sollte es so gar unbegreiflich seyn, daß eine Krankheit, welche sich durch die Beywohnung fortpflanzt, unter einem wollüstigen Volke, welches in einem heissen Erdstriche wohnt, und ohnedies zum Aussatz geneigt ist, überhand nähme? Wir bemerkten unter den Einwohnern einige bedaurenswürdige Opfer dieser schrecklichen Krankheit, an denen sie bereits den höchsten Gipfel erreicht hatte.Dem Gefühl unserer Leser können wir die nähere Beschreibung eines so traurigen und ekelhaften Gegenstandes füglich ersparen. G.F.
Sanchez hat in seinen beiden kleinen Traktätgen (Dissertation sur l`origine de la maladie venerienne Paris, 1752. 12mo. Examen historique sur l`apparition de la maladie venerienne en Europe. Lisbonne (Paris) 1774, hinlänglich erwiesen, daß die Lustseuche keinesweges zuerst aus Amerika nach Europa gebracht worden sey. Er zeigt, daß diese Krankheit bereits im März 1493,in Italien sowohl als auch in Auvergne in Frankreich, bemerkt worden ist. Gerade zu derselben Zeit war Christoph Columbus noch auf der Rückreise von Amerika nach Spanien begriffen; denn er landete am 15ten März 1493 zu Sevilla, und kam ohngefähr in der Mitte Aprils desselben Jahrs nach Barcelona, woselbst sich der Hof damahls aufhielt. Aus einer Schrift, die einen spanischen Arzt, Peter Pintor, zum Verfasser hat, erhellet, daß die venerische Krankheit im März 1493, in Rom bereits gewüthet habe; und aus verschledenen andern Schriftstellern ist erweislich, daß diese Krankheit um eben diese Zeit bereits als eine Epidemie in ganz Italien sich ausgebreitet hatte. Pacificus maximus ein Dichter, dessen Werke 1489 zu Florenz gedruckt sind, beschreibt die venerische Seuche so deutlich, daß sie ohne allen Zweifel schon damals völlig bekannt gewesen seyn muß. In der Kirche St. Maria del popolo zu Rom, sieht man das Denkmal eines gewissen Mario Alberti, qui annum agens XXX. peste inguinaria interiit, Anno 1485; acht Jahre vor Columbus Rückkehr von seiner ersten Reise. (Viaggiana, or detached Remarks on the buildings, pictures, statues, inscriptions, etc. of ancient and modern Rome. London 1776) Die Juden, die aus Spanien vertrieben wurden, brachten, wie Leo Africanus, bezeuget, (Descr. Africae L.I. p.86, ed Elzev. Lugd. Bat. 1632. 16mo.) diese Krankheit nach Afrika, wo man es die spanische Seuche, malum hispanicum nannte, Mariana (Lib. XXXIV. Cap.I, ad.ann.1492.) sagt aber ausdrücklich, daß der Befehl, die Juden aus Spanien zu vertreiben, im März 1492 gegeben, und daß man ihnen nur vier Monathe Frist gelassen habe. Mithin waren sie vermutlich schon im Junius 1492 ehe noch Columbus abreiste, hinübergezogen; Auch fehlt es nicht an andern Beyspielen, in noch ältern Zeiten, wo die Symptome der Lustseuche bekannt gewesen, und deutlich beschrieben worden sind: Alfonsus I. König von Neapel, starb im Jahr 1458 an der Gonorrhöe, oder wie sich Tristano Carraciolo de varietate fortunae, ausdruckt: morbo insuper immundo et pertinaci, involuntario scilicet insensibilique seminis Fluxu. Ladislas, König von Neapel, starb 1414 an einer ansteckenden Krankheit der Geburtstheile, die er von einer Maitresse bekommen hatte, L'art de verifier les dates, p. 903. et Cardani Chronicon, von 1410-1494). Mehrere Beyspiele, daß die Lustseuche auch den Alten bekannt gewesen, findet man in Joh. Zachar. Platners Opusculis Tom.II. Prolus.3. de morbo Campano p. 21. Lipsiae, 1748 4to. Petrus Martyr de Angleria (Epist. lib.I. No.67 vom 5ten April 1489) führt an, daß Ario Barbosa, Professor in Salamanca, dazumal die bubat d.i. Die Lustseuche gehabt hätte. Endlich erhellet aus Muratori Collect. Scriptor: Historiae Ital. Tom. XVl. p.554. 555. (nach dem Chronico Placentino) daß im Jahre 555 nach Christi Geburt eine pestilentialische, epidemische Krankheit in Italien gewüthet habe, welche nebst andern auch diese merkwürdigen Symptome hatte, daß die Drüsen, hauptsächlich diejenigen in der Gegend der Geburtsglieder, zur Größe einer welschen Nuß anschwollen, worauf eine unleidliche Hitze entstand; und daß die Kranken mehrentheils in Zeit von ein paar Tagen daran starben. Aus Briefen des Königl. Dän. Leibarztes, Herrn Henslers, an einen meiner Freunde ln London, habe ich mit Vergnügen ersehen, daß er mehrere wichtige Fakta älterer Zeiten, aus Chroniken und alten Urkunden gesammelt hat, die es außer allen Zweifel setzen, daß diese Krankheit in verschiedenen europäischen Ländern einige Jahrhunderte vor Columbens Entdeckung von Amerika bekannt gewesen, und daß, im Norden von Deutschland, vor allen andern Ständen, die Mönche zur Ausbreitung dieser Seuche beygetragen haben. (Ein mehreres hiervon besagt dieses Verfassers so eben erschienenes gelehrtes Wort über diese Materie) Man sehe ferner die Philosophical Transactions Vol XXVII u. XXXI. No.365. hierüber nach. Herr André, Wundarzt und Apotheker ln London bemerkte in seinen Observations on the Theory and Treatment of the Veneral disease 8. daß die Lustseuche auch in England vor der Entdeckung von Amerika bekannt gewesen ist. Er erwähnt zu dem Ende einer Originalhandschrift eines alten Kirchenrituals, für die Diocese von Winchester, welche Dr. W. Becket in den Phil. Trans. No.355 Abrigd. Ph. Trans. Vol.V. p.382 seq. auch schon anführt, und woraus er mit völliger Gewisheit erweiset, daß diese Krankheit damals the Brenning (Burning) of an Harlot, das Brennen einer Hure, heißt. Daher nannten es die französischen Schriftsteller jener Zeit la Brulure; und in lateinischen medicinischen Büchern, findet man dafür incendium. In einer Schrift des Ioh. Arden, Esquire, der Richards des zweyten und Heinrichs des vierten Wundarzt war, (1377 – 1413.) und um das Jahr 1380 schrieb, findet man die letzterwähnte Benennung. Ein anderer Schriftsteller um das Jahr 1390 nennt die Gonorrhöe the Brenning of the pyuryl, that men clepe the Apegalle, von Galle ein ofnes eiterndes Geschwür, und Ape. pudenda; wovon noch das englische Wort Apron, Schürze, herkommt. Das vorhinerwähnte book of ordinances, rules and Costumes welches dem Blschof von Winchester gehört, ist um das Jahr 1430 geschrieben.

Es ergiebt sich also, aus den angeführten Gründen, zur Gnüge, daß die venerische Krankheit auch in älteren Zeiten nicht ungewöhnlich war. Um 1493 aber brach sie mir neuer Heftigkeit hervor, und ward durch die Beywohnung ansteckend, indem sie vielleicht auf andre epidemische Krankheiten gepfropft wurde. Nach alle diesem wird es nun auch begreiflicher seyn, wie diese Krantheit, bereits vor Ankunft der Europäer, in Taheiti habe entstehen können.

Ausser den vorhingenannten Krankheiten hatte Tohwa, der oberste Befehlshaber der taheitischen Flotte, und einer der Oberhäupter vom Distrikt Attahuru, Symptome vom Podagra, die so wenig zweydeutig waren, daß, von uns Europäern, ein jeder sie dafür erkannte. Er war von starker Leibesconstitution, und dabey sehr corpulent; vermuthlich hatte er also diese Krankheit der unter Personen seines Standes so sehr eingerissenen Unmäßigkeit im Essen zu verdanken. Noch bemerkte ich öfters an den Einwohnern kleine Entzündungen der Augenlieder, und zuweilen einige Symptome der Wassersucht. Wahrscheinlich giebt es auch noch andre Krankheiten unter ihnen, die wir, während unseres kurzen Aufenthalts, nicht alle entdecken konnten.

Die taheitischen Aerzte, die bey ihnen Tahauwamai heissen,Tahauwa heißt auf taheitisch ein Priester; mai, oder momai, ein Schmerz, eine Wunde, eine Krankheit; aus diesen beyden ist das Wort Tahauwa-mai welches den Arzt oder Wundarzt bedeutet, zusammengesetzt; und fast scheint es, daß dadurch die Aerzte gewissermaassen unter die Priester gerechnet werden. Es kommt mir auch nicht unwahrscheinlich vor, daß sie biswellen bey ihren Kuren von Gebeten, Ceremonien und Beschwörungen Gebrauch machen. (Siehe Hawkesworths Geschichte der englischen Seereisen und Entdeckungen im Südmeere, Edition in Quart 2 Theil S.282. 229. und in Octav Theil III, S.544. scheinen eben nicht sehr ausgebreitete Kenntnisse zu besitzen, denn für die hier erwähnten schwereren Krankheiten gestehen sie offenherzig, daß ihnen kein Heilmittel, oder Irrepau, bekannt sey. Indessen wird in der Hawkesworthischen Geschichte der englischen Seereisen und Entdeckungen im Südmeere Edit. in Quarto, 2 Th. S.230. u. in Oct. Th.3. S.546. ein Beyspiel angeführt, aus welchem zu folgen scheint, daß sie die venerische Krankheit zu heilen wissen. Auch uns sagten einige, daß es ein Mittel wider diese Krankheit gebe; allein, entweder war es ihnen selbst nicht bekannt, oder sie machten uns ein Geheimniß daraus. Von einer Stachys die bey ihnen Enia-rohitti heißt, einer Cotula (E-Wainu) und einer dritten Pflanze, Etuhu, welche gequetscht werden, mächen sie Umschläge auf Wunden; jedoch kann ich nicht bestimmen, wie weit die heilsamen Eigenschaften dieser Kräuter gehen mögen; denn, bey der einfachen Lebensart und dem gesunden Körper der Einwohner heilt jede Wunde ohnehin leicht genug. Demohngeachtet kann die Wissenschaft, Wunden vermittelst Umschlägen von Kräutern zu heilen, sich von ihren Voreltern, durch die Tradition, fortgepflanzt haben, und, in einem geringern Grade, eben das seyn, was Aeskulaps Wissenschaft war, dessen Söhne im troyanischen Kriege die verwundeten Griechen verbanden; denn diese scheinen, ausser einigen chirurgischen Operationen und der Zusammensetzung einiger Pflaster, eben nicht weitere Kenntnisse besessen zu haben. Die Narben, die wir bey manchen Taheitiern wahrnahmen, gaben der Kunst ihrer Wundärzte nicht immer das beste Zeugniß; neben einigen gut geheilten, fanden sich auch mehrere mit erhabenen Näthen. Ein glückliches Beyspiel von der ersten Gattung konnte O-Retti, der Erih von O-Hiddia und Freund des Herrn von Bougainville, aufweisen, indem von einer Wunde, die er über den Schläfen, durch einen Steinwurf, bekommen hatte, keine Spur von Narbe zu sehen war, ohnerachtet der Stein den Schädel dergestalt eingedruckt hatte, daß man eine Faust in die Hölung legen konnte.

Bey den Einwohnern der freundschaftlichen Inseln bemerkten wir, daß sie, fast durchgehends, auf jedem Backenknochen einen Fleck hatten. Bey einigen hatte die Haut blos eine andre Farbe, bey andern aber war der Fleck mit einem Schorf bedeckt, und bey noch andern sahe die Stelle roth und wund aus, als ob sie eben von irgend einem ätzenden Mittel angegriffen, oder, nach Art der japanischen Mora, cauterisirt worden wäre.Alle orientalischen Aerzte brauchen Brennmittel gegen gewisse Krankheiten. Die Araber laßen auf dem schmerzenden Theile des Körpers ein Stück Baumwollenzeug zu Asche brennen. Die Indier und Malayer bedienen sich verschiedener Aetzmittel, wovon das gewöhnlichste das Mark einer Art Binsen ist, welches in Sesam-Öl getaucht wird. Die Schinesen und Japanesen bedienen sich des Wollhaars von den jungen Blättern des Beyfußes (Artemisia vulgaris) machen daraus ein kleines Häufchen, legen solches auf das kranke Glied, und lassen es auf selbigem zu Asche brennen. Einige niederländische Aerzte haben dieses Mittel wider die Gicht und Rheumatische Zufälle empfohlen, allein es hat kein sonderliches Glück gemacht. Die Lapländer bedienen sich, in eben der Absicht, des gemeinen Zunderschwamms (Boletus igniarius) (S. Knud Leems Beschreibung der Lappen.) Die Beduinen nehmen Baumwolle dafür (S. D'Arvieux Reisen nach Palästina), und Leeuwenhoek hält diese Methode für eben so gut als die Moxa. S Rob. Hooks philosophical Experiments and Obss. p. 73. Sonst haben von der Moxa noch geschrieben: Valentinus in Epistola ad Cleyerum, in Act. Nat. Curios, Kaempfer in Amoen Exot. p.589, seqq. – Ejusd. history of Japan. vol. II. app. p.37. – P.S. Pallas in s. Sammlung historischer Nachrichten über die Mongolischen Völkerschaften, p.169.170. J. G. Gmelin Flora Sibirica I. p.170). Auf unser Befragen, wozu es diene? deuteten die Einwohner auf die Augen, daher wir glaubten, es sey ein Mittel gegen Augenschmerzen.In der vorläufigen Nachricht die seitdem von Cooks letzter unglücklicher Reise heraus gekommen ist, heißt es, daß diese Flecke Zeichen der Trauer wären, welche sich die Ueberlebenden beym Absterben ihrer nächsten Verwandten einbrennen liessen; wie weit dies gegründet sey , wird sich aus der authentischen Beschreibung von Cooks lezter Reise in die Südsee ergeben, welche aus dessen Handschriften in England herauskommen soll, und von welcher ich, im Verlage der Haud und Spenerischen Buchhandlung in Berlin, eine deutsche Übersetzung herausgeben werde. G. F. Auf welche Art es zuwege gebracht würde, hatten wir keine Gelegenheit zu erfahren.

Der taheitische Arzt, oder Tahauwa-mai, muß nicht nur die verschiedenen Heilmittel kennen, deren man sich auf jenen Inseln gewöhnlich bedient, sondern er besitzt gemeiniglich noch eine allgemeine Naturkenntniß, sofern sie den eingeschränkten Begriffen seines Volkes angemessen ist. Fast möchte ich glauben, daß er auch etwas von der Zergliederung wissen muß; denn woher sollten die Einwohner sonst ihre ziemlich genaue Kenntniß der inwendigen Theile des menschlichen Körpers erhalten haben? Für jeden dieser Theile haben sie eine eigene Benennung; als z. B. das Gehirn, Roro; das Herz, O-Huttu, die Leber, Paraia; die Nieren, Huahaua; der Magen, Opu-arahai; die Gedärme, Aau; die Blase, Obubu; der Blinddarm, Pau-ohure; die Gebärmutter, Awa, und das Netz, (omentum) Toa-hauwa. Eben so wissen sie auch die Namen der Pflanzen und Thiere in und um ihre Inseln; ja, oft scheint die Benennung einigen Beobachtungsgeist zu verrathen, indem sie eine Eigenschaft des Thiers oder der Pflanze ausdruckt. Man findet z. B. in O-Taheiti eine Art Riemenblume (Loranthus) welche, gleich den übrigen Pflanzen dieses Geschlechts, und wie unsre Mistel, auf andern Bäumen parasitisch wächst, und mit jener auf gleiche Art fortgepflanzt wird, indem die Vögel die Beeren verschlucken, und den Saamen unverdaut von sich lassen, der, wenn er auf einen Ast eines Baumes fällt, sofort zu keimen anfängt. Dieser Art der Fortpflanzung wegen, heißt die Pflanze auf otaheitisch Tute-Upa, Taubendreck, von einer Art Tauben (Upa) welche die Frucht davon begierig frißt. Ferner giebt es daselbst auch eine Art des Phyllanthus, dessen Blätter sich des Nachts zusammen legen und gleichsam schlafen, wie LINNE selbst es an andern Pflanzen nennt. Auch dieser kleine Umstand ist den Einwohnern nicht entwischt; sie haben das Pflänzchen, Moe-moe, die Schläfrige, genannt. Der Keulenbaum (Casuarina equisetifolia) hat ein überaus hartes und schweres Holz, welches zu Keulen verarbeitet wird, deren man sich im Kriege bedient; daher ist das Wort Toa, welches Krieg bedeutet, zugleich der Name dieses Baumes.

Die Saamen der Urena lobata, haben die Eigenschaft unserer Kletten, daß sie sich an die Kleider hängen; sie werden daher Pirri-pirri genannt, welches sonst zusammenkleben, fest anschliessen, bedeutet. Eben dieser Beobachtungsgeist erstreckt sich bey den Einwohnern auch bis auf die Theile der Pflanzen; die Wurzel heißt, Ea; der Stamm unter der Erde (Caudex intra terram) Tumu; der Stamm über der Erde Eraau; die Zweige, Ama; die Blätter, Elau; der mittelste Schoß oder das Herz, Amau; die Blume, Tearri! die Frucht, Huerru. Noch merkwürdiger aber sind die Benennungen Oròe, der Blumenscheide der Kokospalme, und Te-Pewaye, der Blumenblätter (bracteæ), welche in der That eine genauere Aufmerksamkeit auf Gegenstände der eigentlichen Botanik verrathen. Diese Kenntniß bestätigte sich immer mehr, auf unsern Spaziergängen, wo die Insulaner uns oft an Pflanzen, die einander im Ganzen ähnlich sahen, die charakteristischen Unterscheidungszeichen derselben, in der Figur der Blätter, der abweichenden Beschaffenheit der Blumen, u.s.f. zeigten. Sie kennen auch die männlichen und weiblichen Theile der Blüthe, namentlich an der Kokospalme.

Schmerzen, Krankheit und Wunden, waren es demnach, welche die ersten Menschen antrieben sich nach Heilmitteln umzusehen, das Pflanzenreich zu erforschen, und den Bau ihres eignen Körpers genauer zu untersuchen. Nichts geringeres als der Verlust alles Genusses, aller Glückseligkeit, die mit der Gesundheit zugleich verschwanden, weckte sie zur Anstrengung aller ihrer Fähigkeiten, um die Mittel zur Genesung aufzusuchen und anwenden zu können.

2) Das Andenken vergangener Thaten und verstorbener Männer, wird auch in Taheiti auf die Nachkommenschaft vererbt; die Einwohner wissen von den Vorgängen auf ihrer Insel genaue Nachricht zu ertheilen; jedoch ist hier die Rede nur von spätern Zeiten, denn da sie ihr eignes Alter nicht nach Jahren berechnen, so können sie auch den Zeitpunkt eines Vorfalls nie genau bestimmen. Sie begnügen sich mit dem Ausdruck: es geschah bey Lebzeiten meines Großvaters, Ureltervaters etc. Ausgezeichnete Begebenheiten und Namen berühmter Männer, werden in ihren Versen aufbewahrt, und, als die rohen Annalen ihrer Geschichte, bisweilen abgesungen. In diesem Betracht gleichen die Taheitier allen Völkern, denen es an Schriftzügen, oder einer anderen Art das Vergangene aufzuzeichnen, noch mangelt.

3 – 5) Die Taheitier besitzen aber auch ferner einige in die Sternkunde, Geographie und Schiffahrtskunde einschlagende Kenntnisse. Ich nehme diese drey Wissenschaften hier zusammen, theils wegen ihrer engen Beziehung auf einander, theils weil bey den Taheitiern die beyden ersteren nur Folgen und zugleich Hülfsmittel zur Erleichterung der letztern geworden sind. Denn das wenige, was ihnen von der Lage der Oerter und ihrer Beschaffenheit bekannt geworden ist, lernten sie bloß durch ihre Schiffarth, und wäre es ihnen, bey längeren Reisen, nicht um Wegweiser zu thun gewesen, so hät- ten sie schwerlich auf die Bewegungen der Himmelskörper geachtet. Nicht Neugier, sondern Bedürfnis lenkte ihren Blick auf die Sterne. Wenn sie auf der Reise nach den nahe gelegenen Inseln von einem Sturm betroffen, und fern von ihrer Richtung verschlagen werden, so würden sie vielleicht nie wieder ihre Heimath erreichen, wofern nicht einige Kenntnis von der Bewegung der Gestirne ihnen dazu behülflich wäre. Diese Kenntnisse, welche die Noth zuerst erfinden lehrte, werden jetzt, als ein Theil der Erziehung, von einer Generation auf die andere fortgepflanzt.

Der Himmel ist in jenen Gegenden gewöhnlich heiter, und im ganzen Jahre nur wenige Tage hindurch umwölkt; die Einwohner des heissen Erdstrichs haben folglich hinreichende Gelegenheit die Bewegung der helleuchtenden Sterne wahrzunehmen. Die Dämmerung und Morgenröthe sind nicht, wie bey uns, von langer Dauer; die Sonne erscheint plötzlich in vollem Glanze, und gleich nach ihrem Untergange ist alles in dunkle Schatten versenkt. Jedermann mußte dort gewahr werden, daß die Sonne zu bestimmter Zeit, in Gegenden des Horizonts die einander gerade entgegen gesetzt sind, auf und unter gehe; denn die Abweichung durch das ganze Jahr beträgt dort nicht über fünfzig Grade. Eben diese Gegenden mußten den Einwohnern wegen des Auf- und Niederganges des Mondes merkwürdig werden; und in der Folge mußten sie ebenfalls entdecken, daß fünf Sterne, (die Planeten), wovon die meisten scheinbarlich eben so groß, ja noch größer als die ansehnlichsten unter den übrigen sind, in eben denselben Abschnitten des Horizonts auf und untergehen. Dies gab ihnen hinreichende Veranlaßung, jene Himmelsgegenden durch eigene Benennungen zu unterscheiden. Der Ort des Sonnenaufgangs heißt daher Tataheita, der des Sonnenuntergangs, Topa-t-Erà. Sie bemerkten ferner, daß die Sonne, vom Augenblick ihres Aufgangs an, sich bald mehr bald weniger, dem Scheitelpunkte nähert, daß sie alsdenn bis zu ihrem Untergange sich wieder in eben dem Maaße vom Scheitelpunkte entfernt, daß sie an gewissen Tagen im Jahre, wirklich senkrecht über ihren Scheiteln zu stehen kommt, und daß alle jene Punkte der täglichen Annäherung zum Zenith, in einer Linie liegen. Diesen Meridian oder die Mittagslinie nennen sie T'Erà-Hwattèa; die Nordspitze derselben Tu-errau, und die entgegengesetzte auf dem Horizont, oder Süden, Toà. Zwischen diesen Cardinalpunkten haben sie auch Benennungen für einige Unterabtheilungen, die mir zwar genannt wurden, doch so, daß ich nicht im Stande war zu bestimmen, wie sie sich zu unserm Compaß verhalten. Soviel ich weiß, theilen sie den ganzen Horizont in zwölf Abschnitte, mithin fallen zwischen zwey Hauptpunkte, noch zwey andre.

Die Bemerkung, daß die Brodfrucht, als die vorzüglichste Nahrung der Einwohner, innerhalb zwölf Monden nur einmal wächst, konnte ihnen nicht entgehen. Sieben Monate lang sammelt man diese Frucht, in größerer oder geringerer Menge, von den Bäumen; die übrigen fünf Monate hindurch ist keine Frucht daran vorhanden. Es war natürlich, den Grund einer so auffallenden Erscheinung erforschen zu wollen, und eben so natürlich, ihn in der scheinbaren Bewegung der Sonne zu finden. Bey der Sonnenwende im December steht die Sonne in O-Taheiti südwärts vom Zenith, bey der andern im Junius, nordwärts; folglich geht sie zweymal im Jahr durch den Scheitelpunkt. Ohngefehr zwey Monate vor und nach der südlichen Sonnenwende, ist die Brodfrucht sehr selten auf der Insel, hingegen vom März bis August überaus häufig, indem sie im März oder Anfang Aprils zu reifen anfängt. Diese Jahrszeit heißt daher auch Pa-Uru nach dem Na- men der Brodfrucht (Uru). Bey dem milden Klima pflegt, bald hie bald dort, ein Brodbaum, je nachdem er in einem höher gelegenen Thale, oder an der Südseite eines hohen Berges etc. steht, zu einer Jahrszeit Früchte zu bringen, wenn die mehresten Bäume bereits längst davon entblößt sind. Dergleichen einzelne Bäume liefern dann denen Erihs und vornehmsten Personen der Insel, diese Frucht in ununterbrochener Folge, in- deß sich der gemeine Mann, theils mit groben Plantanen, Rattanüssen, (Inocarpus fagifera) Jams- und Aronswurzeln (Dioseorea alata; & Arum macrorhizon & esculentum); theils mit dem aus Brodfrucht bereiteten sauergegohrnen Teige, Mahei, begnügen mußDie Zubereitung dieses Teiges lieset man in Hawkesworths Geschichte der englischen Seereisen, Edition in 4 Theil ll. S.196 197. und in Octav. dritter Band S. 499..

Die ganze Zeitfrist, während welcher der Brodbaum seine Frucht bringt, mit Einschluß derjenigen Monate wo man keine Frucht auf den Bäumen an- trift, also eigentlich ein ganzes Jahr, heißt auf taheitisch: Tàu. Man zählt dort aber auch die Revolutionen des Mondes, und nennt sie, wie den Mond selbst, Marama, oder Malama. Mir rechneten sie dreizehn Monden vor, und sagten alsdenn: Harre-te-tau; das Jahr ist hin: auch fügten sie noch hinzu: Umannu, d. i. oft oder vielmal, womit sie vielleicht sagen wollten, daß der Cyclus von Monden jährlich wiederholt werden muß. Ihr Jahr fängt im März an, um welche Zeit sie auch anfangen Mahei, oder den sauer gegohrnen Teig aus Brodfrucht zu bereiten, wozu sie die reifen Früchte in großer Menge abpflücken. Es entsteht also gerade zu dieser Zeit ein Mangel an frischer Brodfrucht, der in der Folge immer zunimmt. Aus der blossen Aufzählung von dreizehn Monden mag ich indeß nicht folgern, daß das tabeitische Jahr wirklich aus so vielen Lunationen besteht; vielmehr glaube ich, daß es deren eigentlich nur zwölf enthält, der dreizehnte aber von Zeit zu Zeit eingeschaltet wird, um das Sonnen- mit dem Mondenjahre zu gleichen. Wie oft dieses geschehe, ist mir unbewußt. Die Benennungen der Monden setze ich zur Befriedigung des Lesers her:

1) O-Porori-0-Mua.Einige dieser Namen haben bekannte Bedeutungen; andre sind mir unerklärbar. 1.O-porori-mua kann heissen: der erste Hunger oder Mangel, und 2.O-porori-0-muri, der letzte Mangel. Einigermassen paßten diese Benennungen, wenn man auf die oben angeführte Bemerkung achtet, daß die Brodfrucht gerade um die Zelt wenn sie reift, am seltensten ist, weil sie alsdenn zum Mahei oder sauern Teige verbraucht wird. 4. Uhi-eipa hat sicher eine Beziehung auf den Fischfang mit Angeln. 8. O-te-Ari, heißt vermuthlich so wegen der jungen Kokosnüsse, welche alsdenn häufig sind. 9. O-te-Tai, spielt auf die See an; 11. Wäe-àhau auf das Zeug von Maulbeerrinde, und 12.Pi-pirri irgend eine Sparsamkeit, oder Geitzen, vielleicht ebenfalls mit Rücksicht auf den Vorrat von Früchten. Die in Klammern eingeschlossenen Namen sind blosse Varianten, nach der Aussprache verschiedener Einwohner. März.
2) O-Porori-O-Muri April.
3) Murehà May.
4) Uhi-Eiya Junius.
5) Hurri-ama, (ohwirri-ama) Julius.
6) Tauwa August.
7) Hurri-erre-erre (ohwirri-erre-erre) Sept.
8) O-te-Ari October.
9) O-te-Tai November.
10) Warehu (Owarehiu. S. Hawkesw. 2 Theil. S. 167 Dezemb.
11) Wá-àhau – Januar.
12) Pipirri Februar.
13) E-u-nunu  

Ein jeder Monat enthält, wie man mir erzählt hat, neun und zwanzig Tage, welches mit der wahren Länge der Lunation ziemlich genau zutrift. Hat das Jahr nur 12 Mondenmonate, so enthält es also nur 348 Tage; 365 aber, wenn jedes Jahr 13 Monden enthält; im erstern Falle ist es 17 Tage zu kurz, im zweyten 12 zu lang. Hieraus scheint mir zu folgen, daß sie, auf eine uns nicht bekanntgewordene Art, das Sonnenjahr mit dem Mondenjahr wieder übereinstimmend zu machen wissen. Merkwürdig ist noch dieses, daß sie, wie die Perser, einem jeden der 29 Tage einen eigenen Namen geben. Der Mondenmonat fängt mit der ersten Erscheinung des Neumonds an; nach dem 28sten und 29sten Tage aber, pflegten sie hinzuzufügen: Mà-lama-matte, der Mond ist todt (d. i. unsichtbar.) Hieraus folgt aber, daß ihre Monden nicht allemal gleicher Länge seyn können, sondern bald 30 bald nur 29 Tage enthalten, je nachdem der Neumond früher oder später erscheint. Zählten sie allemal 29 Tage, so würden sie bisweilen die Erscheinung des Neumonds verfehlen, und der Ausdruck Màlama = matte, würde auf die beyden letzten Tage der Lunation nicht passen. Die Namen der Tage setze ich ebenfalls her, ohne ihre Bedeutung erlernt zu haben.

l.Tirreo. 16.Oturu.
2.Tirrohiddi (Hoi rohiddi.) 17.Ra-au.
3.O-Hatta (Ha-otta) 18.Ra-au-hoi (rotto)
4.Ammi-amma. 19.Ra-au-haddi.(Hwaddi)
5.Ammi-amma-hoi(Hwaotti) 20.Ororo-tai (tahai)
6.Orre-orre. 21.Ororo-rotto.
7.Orre-orre-hoi (rotto.) 22.Ororo-haddi.(hwaddi)
8.Tamatea. 23.Tarròa-tahài.
9.Huna. 24.Tarròa-rotto.
10.Oràbu. 25.Tarròa-haddi.(hwaddi)
11.Maharru. 26.Tane.
12.Ohua. 27.Oro-mua.
13.Mahiddu. 28.Oro = muri.
29.Omuddu. Màtte-màrama.
14.Ohoddu. (Ohwoddu.)  
15.Marài.  

Der Tag hat bey den Taheitiern sechs Abtheilungen oder Stunden, und eben so viele die Nacht. Bey Tage wissen sie diese Abtheilungen ziemlich genau nach der Höhe der Sonne zu bestimmen; hingegen bey Nacht, nach den Sternen davon zu urtheilen, ist eine Wissenschaft, die nur wenigen eigen ist. Diese Stunden, deren jede zwo der unsrigen enthält, sind den schinesischen ähnlich, und jede hat ihren eigenen Namen. Ich erfuhr jedoch nur folgende davon. Mitternacht heißt: Otu-rahai-pò; der Zwischenraum von Mitternacht bis Tagesanbruch, Oetai-yaau; Tagesanbruch, Utaataheita; Sonnenaufgang, Erà-wau; wenn die Sonne anfängt warm zu scheinen, Erà-t'uwerra; wenn sie in den Meridian tritt, Erà-t'-uawatea; der Abend, vor Sonnenuntergang, Uaheihei, nach Sonnenuntergang, Erà-u-opò.

Diese Zeitabschnitte erleichtern den Einwohnern ihre astronomischen Beobachtungen. Die Erfahrung lehrt sie, daß die Fixsterne ihre Lage gegen einander nie verändern, und daß sie an ihrem Horizonte zu gesetzten Jahrszeiten auf und untergehn. Mit Hülfe dieser Kenntnisse wissen sie, bey Nacht, die scheinbare Bewegung der Planeten, und die verschiedenen Himmelsgegenden zu bestimmen. Tupaya der, auf Cooks erster Reise, in Batavia starb, war in dieser Kunst so erfahren, daß er, während einer Reise die beynah ein ganzes Jahr dauerte, jederzeit richtig den Strich anzudeuten wußte, in welchem Taheiti lag.

Aus der genauern Beobachtung der größern Himmelslichter und der Sterne, folgte nun auch, daß man sie durch eigene Namen zu unterscheiden lernte, und so findet man es auch bey den Taheitiern. Die Sonne heißt Erà, der Mond Màrama, die Venus Taurua,Es verdient bemerkt zu werden, daß, im taheitischen Taurua zugleich ein Weibername ist. G. F. Jupiter Matàri, Saturn Na-ta-hia. Das Siebengestirn heißt: E-Hwettu-ohwaà;Die Benennung der Gestirne wörtlich zu übersehen, erfordert eine vollständigere Kenntniß der taheitischen Sprache, als die ist, deren ich mich rühmen darf. Einige kann ich indeß erklären; z. E. E-Hwettu-ohwaà bedeutet: die Sterne des Nests, vermuthlich wird der Begrif von der Figur des Gestirns, welches eine Aehnlichkeit mit einem Vogelneste hat, hergeleitet. Ta-hawettu-roa der große Stern, scheint eine schickliche Benennung des Hundssterns. T'Eiya, die Milchstrasse, von Eiya ein Segel, E-hwettu-werra, ein Comet, buchstäblich ein brennender Stern. Sirius, oder der große Hundsstern, Ta-Hwettu-roa; der Gürtel Orions, oder der Rechen, E-Hwettu-mahu; die Milchstrasse, T-Eiya; ein Comet, E-Hwettu-werra. Die Einwohner kennen auch das Sternschneutzen, und nennen es Epào; sie halten es für einen bösen Genius, der schnell durch die Lüfte fährt. Ausser den hier angeführten kennen sie noch eine Menge anderer Sterne, unter eigenen Benennungen.

So unvollkommen ihre astronomischen Kenntnisse, und so wenig sie auf entfernte Weltgegenden anwendbar sind, so große Dienste leisten sie ihnen gleichwol auf ihren Seereisen, wenn sie sich, in ziemlich gebrechlichen Kähnen, unter die umliegenden Inseln wagen. Tupaya, unstreitig der einsichtsvollste und erfahrenste Mann den europäische Seefahrer bisher in jenen Inseln angetroffen haben, war selbst zehn bis zwölf Tagereisen weit gen Westen von O-Raietea gewesen, welche, nach Hrn. Cooks Berechnung, etwa 400 Seemeilen oder 20 Grade der Länge betragen. Als er hernach mit Hrn. Cook, auf der Endeavour, die Reise nach Europa unternahm, beschrieb er seine vorigen Seereisen und nannte über achtzig Inseln her, die ihm bekannt waren, wobey er zugleich ihre Größe und Lage andeutete. Die mehresten davon hatte er selbst besucht. Da er auf dem englischen Schiffe die Beschaffenheit und den Nutzen der Seecharten sehr bald einsehen lernte, so gab er seinen europäischen Reisegefährten Anleitung, nach seinen Angaben, eine Charte von allen um seine Heimath ihm bekannt gewordenen Inseln zu verfertigen. Zu diesem Behuf zeigte er ihnen jedesmal die Himmelsgegend an, in welcher jede Insel lag, und bemerkte, ob sie größer oder kleiner als O-Taheiti, hoch oder niedrig, bewohnt oder wüst wäre, setzte auch bisweilen einige speciellere Nachrichten hinzu. Eine Copie dieser Charte erhielt ich von Hrn. Lieutenant Pickersgill, vom Schif Resolution, der vor unsrer Reise bereits zweymal, nämlich mit Commodore Wallis im Delphin, und mit Capt. Cook in der Endeavour, die Insel Taheiti besucht hatte. Hiernächst theilte auch Capitain Cook mir zwey Verzeichnisse von Insel-Namen mit, die er auf seiner ersten Reise, theils von Tupaya, theils von andern Taheitiern, hatte nennen hören. Bei meiner Rückkunft aus der Südsee fand ich eine andere Copie der nach Tupaya's Anweisung gezeichneten Charte, bey dem Baronet Sir Joseph Banks, der mir ebenfalls erlaubte, Gebrauch davon zu machen. Beyde Charten kamen, im Ganzen, ziemlich mit einander überein; die Verzeichnisse enthielten ebenfalls größtentheils die nehmlichen Insel-Namen, die auf den Charten standen, nebst noch einigen andern, die auf jenen nicht angeführt waren. Ich selbst endlich sammelte, in O'Taheiti und den Societätsinseln, viele Namen und Nachrichten von Inseln. Die Hauptabweichung die zwischen diesen verschiedenen Verzeichnissen statt findet, besteht in der Rechtschreibung der Namen, indem es, auf den neuen Reisen der Engländer ins Südmeer fast ohne Beyspiel ist, daß derselbe Name, von verschiedenen Personen, mit gleichen Buchstaben geschrieben worden wäre.Hieran, ist lediglich die Unbestimmtheit des Lauts der englischen Buchstaben schuld. Aus eben dieser Ursach weiß auch kein Engländer mit seinen Buchstaben einen fremden Laut füglich anzugeben. Man bedenke hiebey noch, daß auf diesen Expeditionen, unter allen Officieren und Reisenden, kein einziger eine andre lebende Sprache als seine Muttersprache verstand, und daß es ihnen folglich, ausser der vorgedachten Schwierigkeit, auch an Begriffen von einer allgemeinen Sprachlehre durchaus fehlen mußte. G. F. Jedoch liessen sich die Varianten mit Hülfe der Kritik leicht vergleichen. Die Charte habe ich als ein Denkmal, sowol von der Geschicklichkeit als von der geographischen Kenntniß der Insulaner auf den Societätsinseln, und insbesondre des Tupaya, in Kupfer stechen lassen, und füge solche hier bey. Alle Inseln sind mit einer Nummer bezeichnet, um das Referiren zu erleichtern. Ich habe die Rechtschreibung aus den verschiedenen Listen, theils nach der Analogie der Sprache, theils nach der mehreren Authorität des einen Verzeichnisses vor dem andern, gewählt. Die mit feinerer Schrift geschriebenen Namen der Inseln, sind denselben von Europäern beygelegt; die doppelt uuterstrichnen haben wir selbst, während unserer Reise auf der Resolution, in den Jahren 1773 und 1774 gesehen, die nur einfach unterstrichenen hingegen, sind von andern Seefahrern gesehen worden. Die Charte erstreckt sich auf ohngefähr 20 Grade der Länge, zu beyden Seiten des 150sten Meridians westlicher Länge von Greenwich, also zusammen auf 40 Grade; und ohngefähr auf 20 Grade der südlichen Breite, vom 7ten bis 27ten; der 17te Grad S.Br. ist der in der Charte gezogene Parallel. Von einer solchen Charte wird man keinen Nutzen für die Schiffahrt erwarten, weil sie lediglich die Begriffe der dortigen Insulaner darstellt; höchstens werden künftige Seefahrer dadurch aufmerksam gemacht werden, bey Beschiffung jener Gegend auf ihrer Hut zu seyn, und die Lage so vieler, noch zur Zeit unbekannten Inseln zu bestimmen suchen.

1. O-TaheitiDa die Originalcharte auch dieser Uebersetzung beygefügt worden, folglich die Rechtschreibung der Namen dieselbe geblieben ist, so ist auch hier allemal dieselbe Rechtschreibung, (in Klammern eingeschlossen neben der nach unsrer Ausspräche veränderten beybehalten worden, damit die Uebereinstimmung zwischen der Charte und dem Texte bleiben möge. (Uebers.) (O-Taheitee), vom Commodore Wallis, König Georgs Insel, und von Bougainville, Taiti genannt. Tupaya erzählte, daß ein feindliches Schif (Pahi-tòa) zu seines Urgroßvaters Lebzeiten (Medua no-te-Tubuna) dorthin gekommen sey. Höchst wahrscheinlich ist aber Don Pedro Fernandez de Quiros im Jahr 1606, der erste Entdecker dieser Insel gewesen, welche in diesem Fall bey ihm Sagittaria heißt, wie Herr Dalrymple solches, in dem Briefe an Dr. Hawkesworth p. 17, sehr sinnreich vermuthet. Die Insel hat ohngefahr dreyßig Seemeilen im Umfange, und besteht aus zwey gebirgigten Halbinseln, welche beyde, besonders die östliche, in schroffe Felsenspitzen getheilt sind, und, nach den Spuren zu urtheilen, durch Erdbeben und unterirdisches Feuer hervorgebracht zu seyn scheinen.

2. Mäatea, ward vom Commodore Wallis Osnabruck- Island und vom Hrn. v.Bougainville Pic de la Boudeuse genannt. Ist O-Taheiti die Sagittaria des Quiros, so muß Mäatea seine Degena seyn, die er am 9ten May 1606 erblickte. Sie hat vier bis fünf englische Meilen im Umkreise, und ist ein hoher Berg, dessen Gipfel, wie der Krater eines Volkans ausgehöhlt zu seyn scheint.

3. O-Hiva-nui, (auf der Charte: O-heeva-noòee) eine Insel ostwärts von O-Taheiti; wahrscheinlich das von Cook 1769 sogenannte Chain-island oder Ketteneiland: es ist eine Kette von flachen Eilanden, welche, durch ein Rief, in eyrunder Gestalt miteinander verbunden werden; hat ohngefähr eine Länge von 5 Seemeilen.

4. Oiròtah, eine Insel, größer als Taheiti; bewohnt.

5. Auropoe (Ouropòë) ebenfalls bewohnt, und größer als Taheiti.

6. 0-Hitti-tamaro-eirih (O-hitte-tamaro-eïree) scheint dasjenige Osnabruck Island zu seyn, welches Capt. Carteret, 1767, entdeckte; ist niedrig und wahrscheinlich noch unbewohnt.

7. Te-Newhammea-tane, ein flaches Eiland.

8. Tumeto-roaro, (Toometo-roàro) ein Haufen niedriger Eilande, wahrscheinlich dieselben die Capt. Carteret, des Herzogs von Gloucester Inseln, nannte.

9. Mautau (Moutoù) ist größer als Taheiti, und die südlichste Insel von denen die Tupaya gesehen; doch wußte er von seinem Vater, daß noch einige Inseln südlicher lägen.

10. Mannua, ein hohes Eiland, von grimmigen Leuten mit wildem Blick, bewohnt, welche Menschenfleisch fressen, aber wenig Kähne haben; liegt N.O. von O'Hitte-roa.

11. Eito-nui, (Eïto-noòe).

12. O-Hitte-roa, eine bergigte Insel, von Capt. Cook 1769 gesehen.

13. Tabu-a-mannu (Tabbu-a-mànnoo) eine kleine hohe Insel, evon Taheiti, zuerst von Commodore Wallis gesehn, der sie Sir Charles Saunders 's Island nannte. Herr von Bougainville hatte davon gehört, denn er spricht von einer Insel Tapoua-massou. Sie ist ohngefähr sechs englische Meilen lang. Der König dieser Insel, im Jahr 1774, hieß Upa (òopa).

14. Eimeo, ein hohes land, von Wallis Yorkeiland genannt, gehört zu Taheiti. Hr. von Bougainville nennt es Aimeo.

15. Huaheine, ebenfalls bergigt, zuerst von Capt. Cook entdeckt. Der oberste Befehlshaber im Jahr 1774 war Ori (Oree).

16. Ea-Watteà, mitten in der Charte, bedeutet den Meridian oder die Mittagslinie.

17. O-Raietea, eine hohe Insel, zuerst von Capt. Cook entdeckt, der sie mehrentheils Ulietea nennt. Herr von Bougainville hat sie nennen gehört, und schreibt Aiatea. Sie ward von Opuni, dem König von Borabora, bezwungen. Der unterjochte König der Insel heißt U-uru. Tupaya erzählte, daß zur Zeit seines Großvaters ein fremdes Schif dahin gekommen, dessen Mannschaft mit den Einwohnern friedlichen Umgang gepflogen hätte. In Europa haben wir keine Nachricht welche auf diesen Zeitpunkt paßte; es müßte denn seyn, daß eines von Roggewyns Schiffen sich dieser Insel genähert hätte.

18. O-Tahà, eine hohe Insel, zuerst von Capt. Cook entdeckt; und ebenfalls von Opuni unterjocht. Die gemeinschaftlichen Befehlshaber daselbst waren Otà und Boba. Herr von Bougainville scheint auch von dieser Insel gehört zu haben, er schreibt aber ihren Namen Otaa.

19. Borabora oder Bolabola, eine hohe Insel, von Opuni beherrscht. Capt. Cook sahe sie zuerst; allein Herr von Bougainville hatte schon davon gehört, wie der Name Paparra den er anführt, anzudeuten scheint.

20. Tupai (Toopài) ein flaches unbewohntes Eiland, wohin die Einwohner von Borabora gehen um Fische und Vögel zu fangen; es kommen auch bisweilen Einwohner einer andern Insel, Papaá genannt, dorthin.

21. Maurua (Mouroòa) eine hohe Insel, unter Opuni's Bothmäßigkeit, zuerst von Cook entdeckt. Hr. von Bougainville meynt vermuthlich diese Insel durch sein Toumaraa.

22. O-Anna, ein flaches Eiland, auf welchem, Tupayas Erzählung zufolge, ein europäisches Schif verunglückt ist, und einige Leute umgekommen sind. Es scheint das Prince of Wales's Island des Admirals Byron zu seyn. Seine Leute fanden zwar, nicht hier, sondern auf King George's Eiland, Eisenwerk und Meßing nebst dem obersten Theil des Steuerruders einer holländischen Schaluppe; allein, dies letztere kann, vermöge seiner Lage, ohnmöglich das Eiland seyn, an welchem das Schif verloren gieng; sondern ist vielmehr die von den Einwohnern sogenannte: Insel Teokea (auf der Charte No. 26.). Die metallenen und hölzernen Ueberbleibsel konnten leicht von O-Anna dort hinüber geschleppt worden seyn. Das an dieser Insel gescheiterte Schif ist, übrigens, allem Anschein nach, die zu Roggeweyns Geschwader gehörige sogenannte afrikanische Galiotte, und die Insel, an welcher sie verloren gieng, heißt bey ihm Schadelyk eilandt.

23. O-Mateiwa oder o-Matea, ein flaches, gegen Norden von Raietea, und N.W. von Taheiti gelegenes Eiland. Einige Monathe vor unserer Ankunft in Huaheine, war daselbst ein Kahn mit drey Männern und einem Weibe aus diesem Eilande angelandet. Ich sahe den Kahn, der denen von Teotea ähnlich war; die Leute waren an den Armen und im Gesicht über und über punktiert, oder tattauirt,

24. O-Wahei, scheint Waterland zu seyn, welches Schouten und le Maire 1616 entdeckten; es ist flaches Land.

25. Aura (0ura) und

26. Teoheau (Teoheow) oderTeokea, zwey flache Eilande nur wenige englische Meilen von einander entfernt. Der Admiral Byron sahe sie 1765 und nannte sie, die Inseln des Königs Georg, King George's Islands. Wir landeten 1774 auf der östlichsten derselben, und erfuhren, daß sie, mit ihrem einheimischen Namen, Teaukea oder Teokea hieße. Diese Insel war es, wo Adm. Byron einen mit Schnitzwerk verzierten Kopf des Steuerruders von einer holländischen Schaluppe (longboat) ein Stück geschlagenes Eisen, ein Stück Messing, und etliche eiserne Werkzeuge fand. Er scheint selbst einzusehen, »daß es sich nicht wohl erklären läßt wie das Steuerruder der Schaluppe hier habe zurückbleiben können, falls das Schiff, dem die Schaluppe gehörte, unversehrt geblieben wäre; im entgegen gesetzten Fall aber, sey es eben so unerklärbar, warum auf dem Eilande nicht ungleich mehrere Ueberbleibsel von dem Wrack, vorzüglich von dessen Eisengeräthschaft, anzutreffen gewesen, zumahl da letztere, allen Völkern die kein Metall besitzen, von so unschätzbarem Werthe seyn müssen.« Dies ist alles ganz richtig geurtheilt, allein das holländische Schiff gieng auch nicht auf Teokea sondern auf O-Anna verloren, und die auf Teokea gefundenen Sachen waren vermuthlich nur von den Einwohnern eingetauscht, oder, als Geschenke, an die Oberhäupter ihrer Insel geschickt worden. Solche Geschenke sind aus den Inseln sehr gewöhnlich, z.E. Tutabàh verschenkte eines von den Ankern, welche der Herr von Bougainville an der taheitischen Küste einbüßte, an den König Opuni von Borabora.

27. O-Rai-Roa, vielleicht das von Roggewein im Jahr 1722 entdeckte, und von ihm Carlshof genannte, Eiland.

28. O-Tàh, kommt, der Lage nach, mit dem von uns 1773 gesehenen Adventure's Eiland überein.

29. O-Patai oder U-Patay (Oo-pati,) ist, der Lage nach, die vom Capt. Cook 1774 sogenannte Gruppe der Pallisers Eilande.

30. O-Hwarrewa(O-Wharèwa), wahrscheinlich Furneauxeiland, von uns, 1773 entdeckt.

31. O-Hwao, (O-Whào) scheint das Birdeiland (Vogeleiland) zu seyn, welches Cook 1769 entdeckte.

32. O-Rima-roa kommt mit den Islands of Disappointment, welche Byron 1765 gesehen, der Lage nach, überein.

33. O-Hiwa-tautau-ai; (O-Heeva-toutou-ai) bey dieser Insel hatte Tupaya folgende Anmerkung gemacht: »die Einwohner sind Menschenfresser, ihre Schiffe sehr groß, und das englische Schiff, die Endeavour (worauf er sich befand) ist gegen sie gerechnet, nur klein«Ich muß aufrichtig gestehen, daß es allen Anschein hat, Tupaya habe seinen Reisegefährten hier etwas aufbinden wollen. (Uebers.).

34. Haneanèa, und

35. Nio-Hiwa (Neeo-heeva) sind kleine Eilande.

36. Hwaterre-toa(Whaterre-tòa) scheint die von Mendana 1595 entdeckte Insel Magdalena zu seyn.

37. Terohwà.

38. Tibuai. (Teebooài) der Lage nach zu urtheilen, Hoodseiland unter den Marquesasinseln.

39. Hwatàrre-ura (Whatarre-oora). In Hrn. Banks Charte steht dieser Name also geschrieben: Whatterre-ero, in zwey andern Verzeichnissen aber steht für ero, oora, welches ich auch der Sprache angemessener finde. Der Name Waitahù, den die Einwohner von St. Christina ihrer Insel beylegen, bestätigt dieses noch mehr. Die Einwohner der Marquesas- Einlande (wovon St. Christina eines ist) können nämlich kein r aussprechen. Ich fand in einigen achtzig Wörtern, die ich unter ihnen sammelte, kein einziges r, wiewol diese Wörter mit dem Taheitischen bis aus den geringen Unterschied, den die Auslassung dieses Buchstabens verursachen mußte, übereinkamen; sie hatten die litteram caninam entweder ganz verworfen, oder doch einen weichern Mitlauter dafür substituirt. Komm her! heißt auf taheitisch: harre-mai, in der Sprache von Waitàhu aber, hanna-mai. Die Hand heißt auf taheitisch: Rima, in den Marquesas, Hima: Zwey heißt im taheitischen erua, in Waitahu, bohua, drey, taheitisch: a-toru, marquesisch: bo-dòhu; fünf: dort rima, hier hima; groß, in O-Taheiti: roa in den Marquesas: oa. So nannten die letztern auch ihre Insel S.Dominica, Ohiwa-oa, statt Ohiwa-roa. Waitàhu ist daher, fast augenscheinlich, das entstellte Wort Wattare-ura; denn, läßt man die rr ausfallen, so bleibt Watta-o-ua oder Watta-ua; das h wird der Verbindung wegen, zwischen die Selbstlauter eingeschoben, und dann klingt das Wort: Watta-hua oder Waita-hu. Dieses ist die Insel St. Christina, eine der Marquesas de Mendoza, welche der Admiral Mendanna im Jahr 1595 entdeckte. Sie ist bergigt.

40. Te-Mannu, (Te-Mànno)

41. O-Otto.

42. O-Hiwa-roa, (O-Heeva-roa.) ein bergigtes Land; von den Einwohnern wird es O-Hiwa-oa ausgesprochen. Dies ist das von Mendanna sogenannte S.Dominica, eine volkreiche, fruchtbare Insel, und die größte unter den Marquesas.

43. O-Hiwa-potto, (O-Heeva-potto.)

44. Mopiha oder Motu-hea, ein flaches Eiland, von großem Umfange, jedoch unbewohnt. Fische, Kokosnüsse, Schildkröten und Perlen sind dort häufig vorhanden.

45. Hwennua-ura (Whennua-oora) ebenfalls ein flaches, aber bewohntes Eiland, welches mit dem vorigen einerley Produkte hat.

46. O-Papatèa.

47. Waurio (Woureèo) eine große bewohnte Insel.

48. Ururutù, bewohnt. 49. O-Adiha (O-Adèeha) ein Eiland welches nur von Zeit zu Zeit, wegen des Fischfangs, besucht wird, sonst aber nicht bewohnt ist.

50. O-Ahaua-hau ()-Ahoua-hoù) groß und bewohnt.

51. O-Wiha. (O-Weeha.)

52. O-Rima-tarra, hohes, bewohntes Land.

53. O-Rai-Hawai.

54. O-Raro-toa, bewohnt.

55. O-Ahaurau ()-Ahouròu) größer als Taheiti.

56. O-Tumu-pàpa. (O-Toomoo-papa)

57. Tautipa. (Touteepa). ein kleines, jedoch bewohntes, niedriges Eiland.

58. O-Riwa-wai. (O-Reeva-vai) Tupaya bemerkt dabey; »Schöne Aexte kommen von daher nach O-Raietea«. Ob hier eiserne oder steinerne Aexte gemeint sind, kann ich nicht entscheiden. Waren es eiserne, so mußten sie sich entweder von Abel Jansen Tasmans Reise 1643, oder von Schoutens und le Maires Reise, 1616, hier erhalten haben. In Eo-uwe tauschte ich einen kleinen Nagel ein, der in einem hölzernen Griff befestigt war, Beweises genug, daß die Einwohner auch die geringsten Slückgen Eisen sorgfältig aufheben.

59. Tainuna.

60. O-Rima-tema, der Lage nach, vielleicht das von uns 1774 entdeckte Palmerston's Eiland.

61. O-Rotuma, (O-Rotooma,) soll grösser als Taheiti seyn.

62. O-Poppoa.

63. Moe-no-tayo, ein niedriges Eiland, mit Herveyseiland, welches wir 1773 entdeckten, ohngefähr in gleicher Lage.

64. Te-tupa-tupa-eahau. (Te-toopa-tupa-eahau)

65. O-Hitti-potto kommt ziemlich in die Lage von Savage island, welches wir 1774 entdeckten.

66. O-Hitti-tautau-atu. (Ohitte-tou-tou-atu.)

67. O-Hitti-tautau-ni. (Ohitte-toutu-nee.)

68. O-Hitti-tautau-rera. (O-hitti-tou-rou-rera.)

69. O-Hitti-taiterre. (O-hitte-taitérre.)

70. Te-Amaru-hitti. Te-amaroo-hitte.)

71. Te-Atau-hitti. (Te-atou-hitte.)

72. Auohwea. (Ouwhea.)

73. O-Tutu-erre. (O-Tootoo-erre.)

74. Te-Oruru-mateiwatea. (Te-orooroo-mativatea.)

75. Wauwau, (Wouwou,) ein kleines, flaches, aber bewohntes Eiland.

76. Uporru, (Ooporroo) eine große, volkreiche Insel.

77. Te-errepu-opo-matte-hea. (Te-errepoo-opo-matte-hèa.)

78. O-Heawai, (O-Heavai) größer als Taheiti; Tupaya setzte hinzu: »der Vater aller Inseln«.

79. Tedhu-roa, ein kleines Eiland, einige Seemeilen Nordwärts von Taheiti, welches keine andre Einwohner, als ab- und zugehende Taheitier hat.

80. O-Wanna eines der flachen Eilande, gen Osten von Taheiti.

81. Tata-hapai.

82. Tapai-arai, (Tapy-ary) und

83. Haedidi, (Haedede); drey Inselnamen die ich in einem Verzeichnisse, ohne weitere Erklärung, fand.

84. Pappaá, ein flaches Eiland, etwas östlicher als Tupai (No. 20.); dessen Einwohner oft dorthin kommen, um allda Fische und Schildkröten zu fangen; die Einwohner von Borabora, die in eben der Absicht dorthin kommen, verstehen jener ihre Sprache nicht.

Die fünf letzten Inseln habe ich nicht in die Chart gesetzt, weil ich ihre Lage nicht wußte. Inzwischen sind achtzig Inseln hinreichend, um zu beweisen, daß sich die Einwohner der Societätsinseln von der Geographie ihres Welttheils schon ganz beträchtliche Kenntnisse erworben haben. Diese ibre Wißbegierde erscheint in einem desto vortheilhaftern Lichte, wenn man erwägt, daß ihre Kähne klein, und nicht allzu dauerhaft sind, daß sie die Magnetnadel nicht kennen, daß sie endlich bey ihren Seereisen sich nicht einmahl des Vortheils bedienen können, der den Phöniziern und Griechen so gut zu statten kam, ich meyne, daß sie nicht, wie diese Völker des Alterthums, längst den Küsten eines großen festen Landes Entdeckungen machen, sondern sich in den weiten Ocean wagen, und große Strecken desselben durchschiffen müssen, ehe sie aus ein anderes Eiland stoßen. Auf diesen Seereisen führen sie keine andre Lebensmittel als ihren sauergegohrnen Teig von Brodfrucht, nebst etwas frischem Obst mit sich, welches aber nicht gar lange dauert; auch fehlt es ihnen an großen Gefäßen, worinn sie einen hinreichenden Vorrath von frischem Wasser aufbewahren könnten. Aller dieser Mängel und Schwierigkeiten ohngeachtet, haben sie ihre Entdeckungen, in einem Umkreise von vierhundert Seemeilen, rund um ihre Inselgruppe ausgebreitet.

Die Gruppe der freundschaftlichen Eilande besieht aus den drey größren größern Inseln, Amsterdam, Middelburg und Rotterdam, oder Tongatabbu, Eauwe und Namoka, nebst vielen kleinern, wovon wir einige zu Gesicht bekamen, noch mehrere aber bloß nennen hörten. Die kleinen Eilande, an der Nordspitze von Tongatabbu heißen Weweghi. Als wir 1774 nach Namoka segelten, erblickten wir, Ostwärts von dieser Insel, einige kleinere, wovon eine O-Mango-nui, und eine andere, O-Mango-iti, d. i. gros und klein Mango, heißen. Beide ließen wir gegen Norden liegen; südwärts hingegen blieben uns Tomu-mea und Terefetschea. Südlich von Namoka liegt Na-Mako-iti, welches aus Tasmanns Charte Namokaki heißt. N.W. von Namoka liegen zwo bergigte hohe Inseln; die westlichste heißt Tofua, und hat einen Vulkan, es ist die nämliche, welche Tasman, und nach ihm auch Capt. Cook, Amattafoa nennen. Die östlichste heißt bey den Insulanern Oghao, bey Tasman hingegen Kaybay. Von der Gruppe von flachen Eilanden welche sich Nord und Nordostwärts von Namoka erstreckt, heißt das westlichste: Motto-wà. Die übrigen kleinen Eilande dieses Archipelagus heißen: O-Tughua, O-Ua, Lughelà-ei, Fonnuàcka, Laghollà, Ufanga und Wofudgi. Alle diese liegen Nordwärts von Namoka. Weiter gen Nordosten liegen, nach dem Bericht der Insulaner: Uwia, Woalli-awa, Olifanga, Ko-fu, Ko-e-e-onna, Ko-Naghunamu, O-Fulango, Mau-e-e-onne, Toghuru, Koe-Nugu, Ko-odgi, Ko-Nimu und Tonunu-ofua.

Quitos hat ebenfalls ein Verzeichniß von einigen Inseln geliefert, welches ihm von einem Einwohner der Insel Tschikayana (Chicayana) mitgetheilt worden war. Er selbst aber hatte es, nach seinen eigenen Beobachtungen und Entdeckungen, berichtigtDalrymple's Collect. of Voyages. Vol. I. p.151. .

1. Taumako. Quiros sahe diese Insel im 10.° südl. Breite, 1250 Seemeilen von Mexiko. Sie hält 8 bis 9 Seemeilen im Umkreise, und hat einen hohen, schwarzen Berg, wie ein Vulkan.

2. Tschikayana (Chicayana). Vier Tagereisen weit davon liegt ein flaches Eiland, größer als Taumako; die dortigen Insulaner nennen Hunde Te-curi, oder Te-Ghurri, welches mit dem Namen dieses Thieres in der Sprache von Tongatabbu und von Neuseeland völlig übereinstimmt, folglich vermuthen läßt, daß an allen drey Orten Dialekte einer und eben derselben Sprache gesprochen werden.

3. Guaytopo, eine andre Insel, grösser als die beiden vorhergehenden, drey Tagereisen weit von Taumako, und zwey von Tschikayana; die Einwohner dieser drey Inseln sind sanfte, friedfertige Leute.

4. Mekayràyla, vermuthlich ein flaches Eiland, aber bewohnt. Die Einwohner von Guaytopo holen Schildkrötenschaale, zu ihren Ohrringen, von dorther.

5. Tukopia, eine hohe Insel, im 12.° S. Br. fünf Tagereisen S.W. von Taumako.

6. Fonofono, der Name einer Inselgruppe, die aus kleinen flachen Eilanden besteht, und drey Tagereisen weit von Taumako entlegen ist; doch kann man, bey frischem Winde, auch in zween Tagen hinüber schiffen. Die Einwohner sollen sehr langer Statur seyn, und eine andre Sprache, als die auf Taumako übliche, haben.

7. Pilen, und 8. Nupan, liegen unweit den Fonofono Eilanden.

9. Pouro ein großes volkreiches Land, dessen Einwohner, von brauner Farbe, unter einander Krieg führen, und silberne Pfeilspitzen haben.

Herrera, Galvano, Argensola und De Couto sprechen von einigen Inseln, die Alvarado und Grijalva entdeckt haben, und welche mit den neuen Carolinen-Inseln, nicht weit von der Linie, in ohngefähr 205.° westlicher Länge von Greenwich, zusammen zu hängen scheinen; die Namen dieser Inseln findet man in Herrn Dalrymples Sammlung von Reisebeschr. I. Th. S. 35-39. Da es aber nicht einheimische Namen sind, so gehören sie eigentlich nicht hieher.

Es ist eben bemerkt worden, daß die Einwohner der Societätsinseln, fast ohne alle Ausnahme, etwas vom Tanzen, Singen und aus dem Stegereif Verse zu machen wissen; in Ansehung der Wissenschaften aber verhält es sich anders, und, sowohl die Arzneykunde, als auch geographische und astronomische, nebst Kenntnissen von der Schiffarth, findet man nur bey einigen wenigen unter ihnen. Die Unwissenheit geht soweit, daß der ungleich größere Theil der Nation nicht über zehn zählen kann; nur diejenigen, die von ihren Lehrern unterrichtet sind, können bis zweyhundert zählen. Ob sie noch weiter gehen können, habe ich nicht erfahren; ich zweifle aber daran. Sie zählen, indem sie zuerst die Finger an den Händen aufzeigen: 1. atahai; 2. arua; 3. atoru; 4. a-hea; 5. a-rima; 6.a-hono; 7.a-hiddu; 8. a.-warru; 9. a-hiwa; 10. a-huru. Hierauf fügen sie noch zehn hinzu auf folgende Art, bis sie zwanzig voll haben: 11. ma-tahai; 12. ma-rua; 13. ma-toru; 14. ma-hea; 15. ma-rima; 16. ma-hono; 17. ma-hiddu; 18. ma-warru; 19. ma-hiwa; 20. a-tahai-tau. Alsdenn zählen sie bey zwanzigen fort bis 200. Z. B. 21 heißt bey ihnen, a-tahai-tau mara tahai, buchstäblich: einmal zwanzig und eins. 30. atahai-tau-mara-hru 40. a-rua-tau. 50. arua-tau-mara-huru etc.

Die Lehrer unter den Taheitiern sind Männer, die, entweder von ihren Vätern oder von andern Lehrern, in den Wissenschaften, soweit man sie dort zu Lande kennt, unterrichtet, und in Stand gesetzt worden sind, sie wiederum andern mitzutheilen. Diese Lehrer heißen Tahata-orrèro, stehen in großem Ansehen, und sind mehrentheils von der Familie der Erihs oder Oberhäupter. Ich vermuthe daher auch, daß sie, als wohlhabende Leute, keine Bezahlung von ihren Schülern annehmen. Ihr Wissen ist aber größtentheils Gedächtnißsache, nicht immer die Folge von durchdachten und verdauten Begriffen. Unter den Erihs fand ich mehrere, die es versucht hatten, die Namen der Monathe und Tage zu lernen, die aber nicht damit fertig werden konnten; hingegen waren die Lehrer ex professo, oder die Tahata-orrero besser zu Hause. Wenn nun gleich diese Kenntnisse jetzt blos erhalten und fortgepflanzt, nicht aber vermehret würden, so muß doch eine Zeit gewesen seyn, wo sie erfunden worden sind; und ihr Erfinder muß fürwahr keinen geringen Grad der Geduld besessen haben, um, aus der steten Beobachtung der Himmelskörper, die Länge des Sonnenjahres oder des Brodfruchtjahres, und die Länge der Lunationen, nebst dem Eintritt der Neumonden genau zu bestimmen. Nicht mindere Aufmerksamkeit, Geschick und eine wohlüberlegte Verbindung von mehreren Umständen gehörte dazu, um die Lage der entfernten Inseln zu bestimmen. Der Mann, der sich hiemit beschäftigen konnte, mußte große Fähigkeiten besitzen, und sich geübt haben sie beständig anzuwenden. Wenn man auch zugiebt, daß die ersten Keime der Wissenschaft, aus Asien, von den mehr gesitteten Völkern jenes festen Landes, entlehnt, und bis in die Inseln des Südmeeres allmälig verpflanzt worden sind; so kann doch dieses mit den astronomischen und geographischen Kenntnissen der Insulaner nicht der Fall gewesen seyn, indem diese eine unmittelbare Beziehung auf die Lage ihrer neuen Wohnörter hatten. Die Sternkunde, die auf eine asiatische Gegend in der Nördlichen Halbkugel paßt, würde in O-Taheiti unbrauchbar seyn; die Sonne geht dort in ganz andern Gegenden des Horizonts auf und unter; und je weiter man das asiatische Reich, woher die taheitische Astronomie gekommen seyn sollte, von der Insel selbst, und nordwärts von der Linie entlegen annimmt, desto auffallender ist der Unterschied der Jahreszeiten und der Erscheinungen. Es bleibt daher allemal wahrscheinlich, daß die Insulaner die Erfinder ihrer eignen Geographie und Astronomie gewesen sind; – hatten sie aber Geisteskräfte genug um Wissenschaften, die so genaue Beobachtungen und soviel Scharfsinn voraussetzen, zu erfinden, so darf man wohl nicht Anstand nehmen, auch den ganzen Kreiß ihrer übrigen Kenntnisse ihrer eignen Erfindung zuzuschreiben.

Matti ingenio este coeli interpretes, rerumque naturæ capaces argumenti repertores, quo deas hominesque vicistis. PLIN. hist. nat. lib. II, cap. 12.


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