Georg Forster
Bemerkungen ... auf seiner Reise um die Welt ...
Georg Forster

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Zweytes Hauptstück.

Vom Wasser und vom Weltmeere.

Hoc elementum caeteris omnibus imperat.
PLIN. hist. nat. I. 31. c.v.

Erster Abschnitt.

Quellen.

Auf den Societätsinseln strömen viele reiche Quellen des reinsten, hellen, kühlen Wassers. Die Nymphe des Quells in Raietea darf sich immerhin mit der Blandusischen messenHORAT. Carm. Lib. III. Od. xiii.. Ihrer Silberwelle hatte die ländliche Einfalt ein schönes Behältniß, mit rohen Steinen eingefaßt, zum sichern Aufenthalte gemacht. Blumenreiche Stauden umkränzten den ehrwürdiggrauen Felsen, dem sie entfloß, und dickbelaubte Bäume zogen kühle Schatten rings um sie her. Die Anmuth einer Gegend, wo ein klarer Bach zwischen Ufern von lebendigem Grün, aus jenem Behälter strömte, lud oft den fremden Wanderer unter diesem heißen Himmel in das Bad, und das Gefühl verjüngter Kraft, womit er jedesmal wieder aufstieg, und die Erinnerung an Felsenhöhen, durch diese Stärkung erklommen, an brennende Mittagshitze, durch sie überwunden, werde hier der wohlthätigen Quelle zum bleibenden Denkmal! – –

In Tanna entdeckten wir einige heiße Quellen, von den Einwohnern Duguhs genannt, an derjenigen Seite des Havens, welche nach dem Volkane hin gelegen war. Sie quollen aus der oben erwähnten, schwarzen Sandsteinschicht, nah am Meeresstrande, und wurden zum Theil bey hoher Fluth von den Wellen bedeckt. Wir fanden mehrere solcher Quellen dicht neben einander, und zu unsern Beobachtungen sehr bequem gelegen. In dem Felsen unter ihnen waren bereits kleine Höhlungen,Wahrscheinlich durch die Länge der Zeit, von dem heißen Wasser selbst verursacht. G. F. welche wir nur von dem Sande und Schutt reinigen durften, damit das Wasser sich darinn sammelte. Sobald dieses geschehen und die kleinen Höhlungen überflossen waren, stellte ich mein Fahrenheitisches Thermometer (von Ramsden verfertigt) hinein, dergestalt daß die Kugel und ein Theil der Röhre mit dem heißen Wasser bedeckt wurden. In meiner Cajüte, am Bord des Schiffs, hatte es an diesem Tage 78° angezeigt; nachdem ich es aber bis an die Quellen, in der Tasche dicht am Leibe, getragen, war es bis 80° gestiegen. In dem heißen Wasser stieg es bis 191° wo es auch stehen blieb, nachdem ich es fünf Minuten lang darinn hatte liegen lassen. Ich nahm es hierauf heraus, erweiterte die Höhlung noch mehr, und machte sie tiefer, allein das Thermometer zeigte bey abermaliger Einsetzung 191° und blieb diesmal zehn Minuten lang unverändert so stehen. Dies geschah den 17ten August, 1774 um vier Uhr, 30´ Nachmittags, bey hoher Fluth. Am folgenden Morgen um neun Uhr kam ich zur Ebbezeit wieder, und bemerkte, daß es, wie das vorigemal, in anderthalb Minuten, jedoch nur bis auf 187° stieg, wo es auch einige Minuten lang stehen blieb. Kleine Fische und Miesmuscheln wurden in wenigen Minuten, nachdem ich sie ins heiße Wasser hineingeworfen, gar gekocht. Das Wasser war an sich hell und klar, ohne besondern Nachschmack, jedoch kam es mir vor, fast unmerklich zusammenziehend. Ein Stück reines geschliffenes Silber, welches ich eine Stunde lang darinn liegen ließ, zog ich hernach völlig unbeschädigt, auch nicht einmal angelaufen, heraus. Einige Tropfen des aufgelösten Weinsteinsalzes darauf gegossen, präcipitirten nicht das geringste, so wenig als eine verstärkte Gabe eben dieses Salzes. Andre Probiermittel hatte ich damals nicht bey der Hand.

Noch am Fuß des nämlichen Felsens, jedoch bereits auf dem sandigen Strande, der sich längst dem südlichen Ufer des Havens erstreckt, fand ich zwey andre heisse Quellen. Auch diese besuchte ich am 18ten des Morgens, zwey Stunden später als die vorigen. Ich mußte in den Sand eine kleine Verliefung scharren, damit das Wasser sich sammlen könnte, und versenkte sodann mein Thermometer genau an der Stelle, wo es hervorquoll. Innerhalb zwo Minuten war das Quecksilber bis 202° gestiegen, woselbst es etliche Minuten stehen blieb, nämlich so lange ich das Thermometer im Wasser ließ.

Etwa sechzig oder achtzig Klafter höher als diese Quellen, lag, auf der Höhe desselben Felsen, ein ziemlich ebener Platz, von Bäumen entblößtUnd gleichwol mitten im Walde., woselbst wir sogar vom Schiffe ab, bey kühlem Wetter, und hauptsächlich nach dem Regen, Dünste aufsteigen sahen. In wenigen Minuten, nachdem wir an diesen Platz hinaufgestiegen waren, brach uns ein überaus starker Schweiß aus, den theils die heißen Dünste, theils die oft unleidliche Hitze des Bodens, wo wir standen, verursacht hatten. So oft nun im nahgelegnen Volkan ein Auswurf geschah, welcher jedesmal mit einem Knall oder Getöse vergesellschaftet war, so oft kamen die Dünste mit mehrerer Heftigkeit, und brachen gleichsam durch die Erde hervor. Vermuthlich liegt tiefer unten eine Höle oder unterirrdischer Gang, wenn gleich an der Oberfläche gar keine Oefnung zu sehen ist; denn der ganze Boden rund um diese Solfatarre klang hol bey jedem Fußtritte. Auch fand ich eine Reihe ähnlicher Dunstorte, theils oberhalb, theils unterhalb des jetzt erwähnten, bis auf wenige Schritte von den heißen Quellen am Strande. Die daraus aufsteigenden Dünste sind dem Wachsthum der Pflanzen nicht sehr schädlich; denn kaum 2 Schritte weit davon, standen wilde Feigenbäume, die mit Früchten beladen waren. Ich habe diese Solfatarren dreymal besucht. Das zweytemal hatte ich mein Thermometer mit, und nachdem ich in die dampfende Erde ein schuhtiefes Loch gemacht, hieng ich es, vermittelst eines Bändchens, an einem querüber gelegten Stecken hinein. In wenigen Sekunden stieg es von 80° auf 170°; ich verließ es in dieser Lage; nach Verlauf von vier Minuten fand ich es noch auf dem nämlichen Standpunkte, und so blieb es noch drey Minuten, indem ich es allemal nach Verlauf einer Minute beobachtete. Im Herausziehen fiel es schon bis 160° und hernach allmälig tiefer. Es hatte am Schiffe in meiner Kajüte auf 78° gestanden, war aber auf dem langen schlängelnden Pfade, wo ich es am Leibe getragen, bis 87° gestiegen. Jetzt hieng ichs an einen Baum in die freye Luft, ohngefähr zwölf Schritt von dem Dunstorte in den Schatten, und nach Verlauf von fünf Minuten blieb es auf 80° stehenHieraus kann zugleich auf die Wärme des dortigen Klima geschlossen werden; jedoch ist in heissen Ländern, wenn nur die Seeluft geht, die Wärme von 80° gar nicht lästig. August steht jenseits der Linie unserm Februar entgegen. G. F.. Einige von den Einwohnern der Insel, die mich das Loch fürs Thermometer graben sahen, wurden dabey sehr unruhig, und besorgten nichts geringers, als einen Ausbruch des unterirrdischen Feuers. Alles dieses geschah den 12ten August um 10 Uhr Morgens.

Am 14ten August, Vormittags, gieng ich wieder hinauf, und wiederholte die vorige Erfahrung, mit dem Unterschiede, daß ich diesesmal das Thermometer in dem dazu gegrabenen Loche mit der lockern Erde ganz verschüttete. In meiner Cajüte und in freyer Luft hatte es wie das vorigemal gestanden, in dem Dampforte stieg es aber in Zeit von einer Minute auf 210° und blieb so fünf Minuten lang darinn stehen.

Der Umstand, daß sich diese Solfatarren bis in die Nähe der heissen Quellen hinabziehen, bringt mich auf die Vermuthung, daß in unterirrdischen Gängen, welche von dem Volkane glühend heiß werden, irgend ein fliessendes Wasser in Dünste zertheilt wird, und in dieser Gestalt, theils durch Felsen und Erde hindurch einen Ausweg sucht, theils aber wieder in kühlern Hölen sich sammelt, und jene heissen Quellen bildet, welche am Meeresstrande noch fast kochend hervorsprudeln. Vielleicht stehen diese Gänge selbst in Verbindung mit dem Crater des Volkans, da jedesmal die Dünste aus den Solfatarren heftiger emporstiegen, so oft die Rauchwolke, nebst glühender Asche, und großen Felsenstücken aus dem Volkan in die Höhe geschnellt wurden, wovon wir besonders am 11ten August, da der Volkan heftig tobte, sehr viel Beyspiele sahen.

In dem Haven von Tanna liegt, nahe beym Strande, ein kleiner Teich mit reinem wohlschmeckendem Wasser, aber von etwas bräunlicher Farbe, welches vielleicht mit fremden entzündbaren Theilen überladen ist, well es in unsern Fässern bald in Fäulniß übergieng, und einen weit heftigern Geruch, als alles andre Wasser, welches wir auf der ganzen Reise gebraucht hatten, verbreitete. Der Teich steht, an der Waldseite, in Verbindung mit einigen Sümpfen, welche sich auf der Ebene eine oder ein paar Meilen weit vom Strande ziehen, und vermuthlich von den Regengüssen in der nassen Jahreszeit entstanden sind. Da sie nun keinen Abzug haben, so stockt das Wasser darinn, geräth in Faulung, lößt zum Theil die Salz- und Schwefeltheilchen der volkanischen Asche auf, und erhält die braune Farbe von dem abgefallnen Laube, welches darinn gewissermaßen ausgelaugt wird.

Auf den übrigen Neuhebridischen Inseln sieht man viele ansehnliche Bäche von steilen Höhen herabstürzen, und sich in die Meeresfluthen mischen.

Auf den freundschaftlichen Eilanden scheint es keine Quellen zu geben. Die Anhöhen von Ea-uhwe, und Namoka sind nicht beträchtlich genug, um die Wolken anzuziehen, und aus ihrem beständig herabträufelnden Seegen das Land mit Quellen zu versehen. Die Einwohner behelfen sich daher mit Regenwasser, welches in Teichen, von ziemlichem Umfange, stehen bleibt. Allein nur gar zu oft giebt die allzunahe See diesem Wasser einen eckelhaften Salzgeschmack. Ausser dem frischen Wasser auf Namoka, befindet sich daselbst noch ein grosser Teich, oder besser, ein kleiner See (Lagune) mit salzigtem Wasser gefüllt, und durch mehrere kleine waldigte Eilande verschönert. Diese schwimmende Baumgruppen, das Manglesgebüsch, welches sich um die Ufer des Sees schlingt, die sanften Hügel um ihn her, die unzähligen Enten die sich hier aufhalten, machen zusammen eine schöne romanische Landschaft aus.

An der Nordspitze von Huaheine, einer von den Societätsinseln, liegen ebenfalls zween beträchtliche Salzseen, oder Lagunen, mit überaus schlammigtem Grunde. Sie können vom Winde wenig bewegt werden, denn sie sind sehr flach, ganz in Land eingeschlossen, und mit dicken Gebüschen und hohen schattigten Bäumen umgeben. Daher duftet auch beständig ein unerträglicher Gestank, und, wie ich vermuthe, auch schädliche Dünste von ihnen aus. Vielleicht ist dies die Ursach, weshalb längst der Anhöhe, südwärts von diesen Pfuhlen, nur wenige Wohnungen, und auch diese, in einiger Entfernung von den Ufern standen.

Auf Norfolkeiland fanden wir eine kleine Quelle, und bey genauerm Durchsuchen hätten wir vielleicht noch mehrere entdeckt.

In der Osterinsel war das Wasser durchgehends sehr schlecht, faul und salzig, und fand sich in brunnenähnlichen Behältern, wohin es sich vermuthlich vom Regen gesammelt hatte.

Auch die Marqueseninseln sind reich an schönen Quellen, Wasserfällen und Bächen. Ihre Berge werden von den Wolken beständig angefeuchtet, und können folglich diese Quellen mit frischem Vorrath unterhalten.

In Neuseeland giebt es unzählig viel Quellen und Bäche; kaum ist ein Eiland oder eine Klippe so klein, die nicht ihre eigne Quelle hat. In Duskybay ist der Reichthum an fliessenden Wässern besonders auffallend; das dortige Wasser ist ausserordentlich rein, ohne allen Nachschmack, und hält sich vortreflich zur See, ohnerachtet seiner dunkelbraunen Farbe, die es in dem fetten lockern Erdreich von zerstörten Pflanzen erhält.

Das Feuerland hat auf seinen hohen öden Felsen viele schöne Quellen, nebst großen Teichen mit Schneewasser gefüllt. Hin und wieder rauscht auch mancher starke Wasserfall, und stimmt die Wildheit der ganzen Gegend zu etwas sanfteren Szenen herab.

Auf Südgeorgien und Sandwichland fanden wir gar keine Quellen; doch das häufige Eis in der Nähe dieser Länder, kann den Seefahrern alle Besorgniß um frisches Wasser benehmen. Im Frühlinge findet man Eis im 51°. südl. Breite und im Sommer und Herbste im 67°. bis 70°.

Mineralisches Wasser, von welcher Art es sey, haben wir während unserer ganzen Reise nirgends entdeckt, wenn man nicht etwa die heissen Quellen in Tanna hieher rechnen will, deren etwas zusammenziehender Geschmack vielleicht das Daseyn einiger wenigen Salztheilchen anzeigt.


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