Paul Fleming
Gedichte
Paul Fleming

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    Was säumst du dich / O Seele / zu zerspringen /
für Angst / für Quahl / die dich und mich ümmringen.
    Und bist noch du / mein Hertze nicht entzwey.
    Thus doch! thus bald / und mach' uns beyde frey.
O daß ich doch den Tag erleben müssen /
der mir verbeut das schöne Kind zu küssen!
    Der mir versagt das liebe Mensch zu sehn.
    Ach mir! was mehr? Es ist ümm mich geschehn.
An stat daß ich nicht eine Viertelstunde
vor kunte seyn von ihrem süssen Munde /
    da muß ich nun seyn ewig ohne Sie.
    Wo? Ach! wo ist Sie nun die wehrte die?
Sagts sicher nach ihr stummen Wasser-Scharen /
wie hertzlich offt wir beyde bey euch wahren.
    Bringts kühnlich aus / ihr Lüffte / was ihr wißt /
    wie vielmahl wir uns haben laß geküßt.
Du blasser Mund / was ists nunmehr gewesen /
daß du so offt von ihrem bist genesen?
    Wo ist dein Geist / ihr süßer Athem hin /
    von dessen Krafft ich noch verzäubert bin.
Ich ruff' euch an / O Sonn / O Mohn / O Sternen /
und was uns sonst das Glücke wirckt von fernen /
    Ich ruff' euch an / seyd Zeugen über mir /
    was ich für Angst hier leide wegen ihr.
Gehabt euch wol / Ihr schönsten meiner Tage /
der ich mit ihr so viel zu haben pflage.
    Gehab dich wol / du manche süße Nacht /
    die ich mit ihr in Liebe durchgebracht.
Ade / O Platz / den Göttern selbst begehret /
der du sie mir so vielmahl hast gewehret.
    Sey tausentmahl / sey tausent / tausentmahl
    gegrüßt. Du bleibst in Lust / ich leb' in Quahl.
Ihr Bäch' / ihr Püsch / ihr Gärten und Gefilder /
und was ihr hegt; Ihr schönen Lentzen-Bilder /
    du Sommer-Lust / du Herbst / du Winter-Zier.
    Zu guter Nacht. Ich scheid'; Ihr bleibt bey Ihr.

 


 


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