Hans Dominik
Der Wettflug der Nationen
Hans Dominik

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Sabotage am Werk

Mit überschäumender Begeisterung hatte die Bevölkerung von New York die Nachricht von der Ankunft des ›Eagle 1‹ in der amerikanischen Kontrollstelle aufgenommen. Die amerikanische Maschine die erste im Rennen, allen Konkurrenten um mehrere 1000 Kilometer voraus . . . das war für die sport- und wettlustigen Bürger der Union schon ein ausreichender Grund, um außer sich zu geraten.

Fast noch größer war die Freude auf dem Kontrollplatz am Juruena, als der ›Eagle‹ dort am Morgen des zweiten Renntages nach einer Flugdauer von 43 Stunden niederging. Kommandant Scott Campbell und sein Ingenieur Jack Williamson ließen es sich nicht nehmen, Frank Kelly aus dem Flugzeug zu heben und im Triumph über den Platz zum Kasino zu tragen. Von allen Seiten strömten die Montagemannschaften, welche die Bay-City-Werke hier stationiert hatten, zusammen, um den bisherigen Sieger des großen Rennens mit endlosen Cheers und Hails zu bewillkommnen. Auch Pender und Hobby bekamen einen gehörigen Teil von dem Empfang ab und erreichten mehr getragen als gehend das Stationsgebäude.

Ob sie wollte oder nicht, die Besatzung des ›Eagle 1‹ mußte zunächst einmal an der geschmückten Tafel Platz nehmen und den guten Dingen zusprechen, die hier für sie aufgebaut waren.

Als Frank Kelly von den für sein Flugzeug notwendigen Überholungsarbeiten sprechen wollte, deutete Scott Campbell lachend auf den Platz.

»Keine Sorge, Direktor, die Boys haben den ›Eagle‹ schon vor, die Jungens wissen, was Ihrer Maschine nottut. Garantiere Ihnen, daß der ›Eagle‹ in einer knappen Stunde von vorn bis hinten überholt und aufs neu frisiert dastehen wird.«

Da ließ Kelly dem Platzkommandanten seinen Willen und bediente sich von den Gerichten, die vor ihm aufgebaut standen. Aber es war ihm anzumerken, daß er nur mechanisch aß und trank, während seine Gedanken wo anders weilten.

Campbell trank ihm zu. »Auf Ihr Wohl, Mr. Kelly, auf einen glücklichen Weiterflug, auf Ihre siegreiche Ankunft nach nochmals 43 Stunden in Manila. Der Reading-Preis muß von den Reading-Werken gewonnen werden. Unser alter Morgan im Himmel wird sich freuen, wenn er es von oben mit ansieht.«

Kelly runzelte die Stirn.

»Ich danke Ihnen für Ihren Toast, Campbell. Wir wollen uns nichts vormachen, das schwierigste Stück liegt noch vor uns.«

Campbell versuchte zu lachen.

»Warum schwieriger als das erste? Ich sehe keinen Grund dafür. Bis Porto Alegre haben Sie glatten Flug, auf Trinidad nehmen Sie noch mal Treibstoff. Danach das Stückchen Atlantik. Auf dem Wendekreis erwartet Sie unser Kreuzer Connecticut. Danach die kurze Strecke durch Südafrika und dann geht's ja schon auf den Stall zu. Da laufen die Gäule ganz von allein schneller . . . wollte sagen, fliegen die Maschinen von selber besser.«

»Sie haben gut reden, Campbell. Sitzen hier auf Ihrem Kontrollplatz und können den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Ist aber verflucht anders, Sir, wenn man in der Maschine sitzt und unaufhörlich lauschen muß, ob die Motoren auch richtig trommeln und die Zündungen richtig kommen. Da verwächst man mit seinem Flugzeug, hört im Augenblick die kleinste Unregelmäßigkeit heraus, wird schließlich nervös dabei, Campbell.«

Jetzt konnte der Platzkommandant ein Gelächter nicht unterdrücken.

»Sie und nervös, Mr. Kelly! Das glaubt Ihnen ja kein Mensch in Bay-City. Ich wäre froh, wenn ich Ihre Nerven hätte.«

Kelly zuckte die Achseln.

»Vorgestern hätten Sie noch recht gehabt, Campbell. Aber heute . . . ich kann Ihnen versichern, die letzten 43 Stunden haben mich einige Nerven gekostet. Je länger ich's mir überlege, desto mehr sehe ich's ein. Die Eggerth-Werke haben sehr klug getan, ihre Flugzeuge mit Spezial-Diesel-Motoren auszurüsten. Diese Pannen an unserer Zündung können einen Menschen zur Verzweiflung bringen.«

»Die Geschichte mit den Kerzen, Mr. Kelly? Wir werden Ihnen hier so viel Kerzen mitgeben, daß Sie damit bequem nach Manila kommen können.«

Kelly versuchte zu scherzen.

»Sie dürfen sich nicht ganz ausplündern, Mr. Campbell. Freund Thomson wird leider auch starken Bedarf in dem Artikel haben . . .«

Ihr Gespräch wurde durch einen Monteur unterbrochen, der meldete, daß der ›Eagle‹ startbereit war. Kelly erhob sich.

»Los Pender, Hobby! Wir wollen keine Minute verlieren, die Zeit ist zu wertvoll.«

Von Campbell begleitet, ging er zu seiner Maschine. Mit einem sehnsüchtigen Blick auf die Frühstückstafeln folgten ihm Hobby und Pender. Wenige Minuten später setzte das klingende, donnernde Spiel der Motoren ein. Kurs West zu Süd verließ der ›Eagle 1‹ den Kontrollplatz, um in jagendem Flug der südamerikanischen Küste zuzustreben.

»Hol's der Teufel«, sagte Campbell zu Williamson, »Old Kelly gefällt mir nicht. Hatte doch früher Nerven wie bessere Starkstromkabel. Die Schweinerei mit den Kerzen allein kann ihn nicht so nervös gemacht haben. Ob ihn noch eine andere Sorge drückt?« –

Kelly saß am Steuer des ›Eagle‹. Während der Stunden des langen Fluges von Luzon nach Brasilien schien er wirklich mit seiner Maschine zu einem organischen Ganzen verwachsen zu sein. Jeder einzelnen der Explosionen, die sich in jeder Sekunde so viele Male in den Motorenzylindern wiederholten, folgte er mit angespanntem Gehör, während sein Auge unablässig an den Meßgeräten der Instrumentenwand hing. Dann wieder blickte er auf die Karte vor sich, verglich Orte, die dort verzeichnet standen mit Siedlungen, die sie eben überflogen. Immer sorgenvoller wurde dabei sein Gesicht. Schließlich konnte Hobby nicht länger an sich halten und fragte:

»Was haben Sie, Mr. Kelly? Ich meine, unsere Motoren laufen nach der Überholung wieder großartig.«

Kelly nickte.

»Sie haben recht, Hobby, die Motoren laufen so gut, wie sie jemals in Bay-City gelaufen sind. Wir wollen hoffen, daß es recht lange so bleibt.«

Er hielt inne und schien wenig Lust zu haben, das Gespräch weiterzuführen, aber Hobby ließ nicht locker und fragte weiter.

Kelly hatte wieder die Karte vor, maß Entfernungen ab und rechnete. Jetzt warf er den Bleistift mißmutig auf die Karte.

»Ich will Ihnen sagen, was mir Sorge macht. Unsere Motoren arbeiten in der Tat vorzüglich und trotzdem bekommen wir unsere alte Geschwindigkeit von 500 Stundenkilometern nicht mehr heraus. Sehen Sie hier . . .«, er deutete auf das Papier, auf dem er Notizen und Rechnungen gemacht hatte, »seit unserm Start am Juruena habe ich bei den Ortschaften, die wir überflogen, die Zeiten notiert und danach unsere Geschwindigkeit festgestellt. Jetzt eben wieder über Cuyabà. Nach der Karte sind es von unserem Kontrollplatz bis dahin genau 500 Kilometer, wir hätten die Strecke in einer Stunde bewältigen müssen. Anstatt dessen haben wir eine Stunde 8 Minuten und 30 Sekunden gebraucht. Das ergibt nur eine Stundengeschwindigkeit von 485 Kilometer.«

Kelly deutete in wachsender Erregung auf das Blatt mit den Zahlen. »Können Sie mir sagen, Hobby, warum uns diese 15 Kilometer fehlen, obwohl unsere Motoren gut arbeiten?«

Hobby rieb sich nachdenklich die Stirn.

»Es wären verschiedene Möglichkeiten denkbar, Mr. Kelly. Vielleicht, daß der Treibstoff, den wir zuletzt genommen haben, nicht von derselben Güte ist, wie . . .«

Kelly unterbrach ihn heftig.

»Ausgeschlossen, Hobby! Wir haben uns unseren Treibstoff direkt von Bay-City nach dem Juruena kommen lassen. Das ist es nicht.«

Hobby suchte nach anderen Möglichkeiten.

»Vielleicht, Mr. Kelly, daß die Zylinder etwas ausgeschliffen, die Kolbenringe nicht ganz dicht sind. Etwas schwächere Kompression, das könnte schon etwas ausmachen.«

»Glaube ich nicht, Hobby! Dazu kann ich mich zu genau auf meine Ohren verlassen. Die Explosionen erfolgen in der gewohnten Stärke, übrigens, das wissen Sie ja ebensogut wie ich, es müßte schon eine gehörige Anzahl von Pferdestärken ausfallen, um die Geschwindigkeit von 500 auf 485 Stundenkilometer sinken zu lassen. Das kann es auch nicht sein.«

Hobby war mit seinem Latein zu Ende. Dafür mischte sich Pender, der hinter den beiden saß, ins Gespräch.

»Oh my, Mr. Kelly! Fünfzehn Kilometer weniger in der Stunde. Wie leicht ist das möglich. Nehmen Sie einen kleinen Gegenwind an . . . eine mäßige Brise von 15 Stundenkilometern und Sie haben die Erklärung für die fehlenden 15 Kilometer.«

Kelly winkte unwirsch ab.

»Sie hätten auf dem Kontrollplatz Ihre Nase lieber in den Wetterbericht als in die Stachelbeertorte stecken sollen, Pender! Da hätten Sie gesehen, daß auf unserer Flugstrecke bis zum Atlantik bis zu einer Höhe von 2 Kilometer absolute Windstille herrscht. Ein seltener Fall in diesen Gegenden, es mußte jedem auffallen, der auch nur einen Blick auf den Bericht warf.«

»Oh! Bah! Wetterbericht?!« Suchte Pender sich zu rechtfertigen. »Die Herren Meteorologen schwindeln das Blaue vom Himmel runter und verkünden danach Regenwetter. Wenn unser ›Eagle‹ bei guter voller Maschinenkraft jetzt gegen den Boden 15 Stundenkilometer weniger macht, dann muß eben einfach eine Gegenbrise vorhanden sein, die einen Zusatzwiderstand bildet.«

Pender war ordentlich stolz auf diese nach seiner Meinung schön wissenschaftliche Erklärung. Kelly fing nur ein einziges Wort daraus auf: »Zusatzwiderstand!« Murmelte er vor sich hin, »das ist es. Ein Zusatzwiderstand ist plötzlich da. Ein Widerstand, der den Flug des ›Eagle‹ um 15 Stundenkilometer abbremst. Aber wo kommt er her? Wenn ich das wüßte, wäre mir wohler.«

Eine Weile schwiegen alle drei, während die brasilianischen Urwälder gleichmäßig unter dem ›Eagle‹ dahinzogen. Kelly in sorgenvollen Gedanken versunken, die beiden andern darüber grübelnd, wie sie ihm seine Grillen ausreden könnten. Aber fast schien es, als ob sie dabei selber Grillen fingen.

»Vielleicht«, begann Hobby vorsichtig, »vielleicht . . .«

»Was ist's mit vielleicht?« unterbrach ihn Kelly unwirsch.

»Der Lack . . . die Lackierung des Eagle . . . vielleicht ist sie während der 20 000 Kilometer, die wir hinter uns haben, doch ein wenig rauher geworden.«

Kelly griff sich an die Stirn, als hätten die Worte Hobbys ihm die Erleuchtung gebracht. In der Tat, das war denkbar. Wie viele und wie lange Versuche hatten sie nicht in Bay-City gemacht, um unter hundert verschiedenen Lackarten endlich diejenige Sorte herauszufinden, die den glattesten Anstrich ergab, den geringsten Luftreibungswiderstand erzeugte. Es war ja beinahe lachhaft, wieviel bei diesen hohen Geschwindigkeiten von scheinbaren Nebensächlichkeiten abhing. Erst nach dem Aufbringen eines ganz besonders glatten Lackanstriches hatten die Eagle-Maschinen in Bay-City die 500 Stundenkilometer erreicht, während sie bei anderen Anstrichen, die äußerlich fast gleichwertig schienen, um 20-30 Stundenkilometer langsamer waren.

»Teufel Hobby! Wenn Sie recht hätten?« entfuhr es Kelly. »Der lange Flug. Wir haben über den Kordilleren ein paar schwere Hagelböen abbekommen . . . Wenn die Glätte unserer Lackierung darunter gelitten hätte . . .«

Pender versuchte zu beschwichtigen.

»Bis jetzt sind die Eagle-Maschinen immer noch die schnellsten im Rennen, Mr. Kelly. Die andern haben natürlich auch besondere Anstriche und die werden nach 20 000 Kilometern auch nicht besser geworden sein. Ich meine, wir brauchen den Kopf noch nicht hängen zu lassen, wenn uns auch ein paar Stundenkilometer fehlen.«

Weder Pender noch Hobby vermochten die Stimmung Kellys zu verbessern. Der blieb während des Weiterfluges einsilbig und verschlossen. –

Um 7 Uhr 35 Minuten American Eastern Time war der ›Eagle 1‹ auf dem Kontrollplatz am Juruena gestartet, kurz vor 12 Uhr mittags kam die Atlantische Küste in Sicht, und um 12 Uhr 8 Minuten wasserte das Flugzeug bei der Etappenstation in Porto Alegre. Als es auf der spiegelglatten Wasserfläche an einer Boje festmachte, konnten seine drei Insassen feststellen, daß kein Lüftchen wehte. Für die unteren Luftschichten traf der Wetterbericht jedenfalls zu. Mit stillem Ingrimm konstatierte Kelly, daß der ›Eagle‹ auf der 2200 Kilometer langen Strecke vom Juruena bis zur Küste nur eine Stundengeschwindigkeit von 485 Kilometer entwickelt hatte.

Seine Neigung, der Einladung des Leiters der Station zu einem Imbiß Folge zu leisten, war nur gering. Erst nach einigem Zögern folgte er Pender und Hobby in den Wellblechschuppen, in dem Don Alfonzo Valleida das Beste an Speisen und Getränken aufgebaut hatte, was die brasilianische Küche in dieser Jahreszeit zu bieten vermag. –

Draußen an der Hafenmole entwickelte sich inzwischen eine Szene, die während der ersten beiden Renntage an den verschiedensten Punkten des Erdballes nun schon so oft zu sehen war, welche die Illustrierten Zeitungen der ganzen Erde während der letzten 48 Stunden nach Funkbildern aus allen Weltteilen schon viele dutzende Male veröffentlicht hatten.

Eine starke Motorbarkasse, schwer beladen mit eisernen Fässern, die den Treibstoff enthielten, fuhr auf das Flugzeug zu und machte neben ihm fest. Ein Schlauch wurde zur Füllöffnung des ›Eagle‹ hinübergereicht, eine Pumpe begann zu arbeiten und warf das Benzin in die Tanks des Flugzeuges. Reichlich vier Tonnen Öl sollte der ›Eagle‹ in dreißig Minuten an Bord nehmen. Es lag auf der Hand, daß die Leute in der Treibstoffbarkasse sich kräftig dranhalten mußten und wenig Zeit hatten, sich um andere Dinge zu kümmern.

So fiel es kaum auf, daß zur gleichen Zeit auch an der andern Seite des ›Eagle‹ ein Motorboot anlegte. Auch auf dem begann eine Pumpe zu arbeiten. Aber sie warf keinen Treibstoff in die Tanks des Flugzeuges, sondern spritzte es aus einer feinen Brause mit einer wasserklaren Flüssigkeit ab, so wie man wohl Eisenbahnwagen und Kraftfahrzeuge vom Staub eines langen Weges zu säubern pflegt. Als die Steuerbordtanks des ›Eagle‹ gefüllt waren, fuhr die Treibstoffbarkasse nach der Backbordseite hinüber, um die Füllung dort fortzusetzen. Da war das andere Boot dort schon seit geraumer Zeit mit seiner Reinigungsarbeit fertig. Es ging jetzt an die Steuerbordseite des ›Eagle‹, um das Abbrausen hier fortzusetzen.

Der Obmann in der Barkasse sah ungeduldig auf die Uhr, trieb seine Leute an: »He! Hallo! Noch drei Minuten, dann müssen die letzten Liter in den Tanks sein.«

Stärker arbeitete die Pumpe. Ein Faß und noch ein Faß wurde herangerollt. Dann endlich lief das Benzin an der Füllöffnung über, die Tanks waren voll, die Barkasse kehrte zur Mole zurück. Auch das zweite Motorboot war verschwunden. Zwischen zwei Kohlenschuten verborgen, lag es an einer andern Stelle der Mole gegen eine Sicht vom Wasser oder vom Lande gleich gut gedeckt.

Der einzelne Mann in diesem Boot zündete sich nach getaner Arbeit seine Pfeife an. Die Hände zitterten ihm dabei, als ob er stark erregt wäre. Von seinem Platz aus beobachtete er, wie Frank Kelly mit seinen beiden Piloten in der Barkasse zum ›Eagle‹ zurückkehrte. Er sah sie in ihre Maschine steigen, hörte das Brummen und Donnern der Motoren, sah den ›Eagle‹ über das Wasser schäumen, aufsteigen und nach Westen hin in der Himmelsbläue verschwinden.

Mit einem Atemzug der Erleichterung ließ er die erloschene Pfeife sinken. Seine Hand strich über die linke Brusttasche, in der Papiere knisterten. Dann zog er die Uhr, während seine Lippen Worte murmelten . . . ›Noch vier Stunden . . . dann kommt der zweite . . . den auch noch abgebraust, dann sind die Dollars verdient . . . vier Stunden noch . . .‹

Mr. Adams streckte sich auf dem Boden des Bootes aus und suchte sich eine bequeme Lage. Bald verkündeten seine tiefen Atemzüge einen gesunden Schlaf. –

Die Freude des wackeren Platzkommandanten am Juruena war groß, als das deutsche Stratosphärenschiff um die neunte Morgenstunde des zweiten Renntages dort die drei Mann des ›Eagle 2‹ wohlbehalten ablieferte. Sie wurde noch größer, als Heinecken Mr. Campbell auf sein Wort versicherte, daß der ›Eagle 2‹ mit seiner Hilfe repariert und im Anfluge wäre. Er wußte nicht, wie er seiner Dankbarkeit Ausdruck geben sollte und stellte dem deutschen Piloten den ganzen Kontrollplatz mit allem Drum und Dran zur Verfügung.

Heinecken dankte lachend für das großzügige Angebot.

»Ihren ganzen Platz kann ich nicht gebrauchen, Mr. Campbell. Aber Treibstoff, viel Treibstoff! Unsere Tanks sind fast leer.«

Kaum war der Wunsch ausgesprochen, als Campbell seine Leute auch schon auf die Beine brachte. Bei den Lagerschuppen wurde es lebendig. Ein Motorwagen, der in seinen Abmessungen an einen vorweltlichen Saurier erinnerte, kam puffend über den Platz gerollt und hielt neben dem Stratosphärenschiff. Ein moderner Tankwagen, dessen Behälter an die zwölf Kubikmeter fassen mochte.

Heinecken musterte das Untier mit wohlwollenden Blicken.

»Heißen Dank, Sir! Ich denke, das wird's tun«, sagte er englisch zu Campbell. Fügte zu Beckmann auf deutsch hinzu, »Donnerwetter, die Kerls verstehen zu leben. Die erste anständige Tankstelle, die uns auf dem ganzen Flug bis jetzt begegnet ist.«

Dann begann die Pumpe des Tankwagens zu arbeiten und mit Staunen sah Campbell, wie die Behälter des Stratosphärenschiffes den größten Teil des Treibstoffes schluckten. Aber jeden Versuch Heineckens, das Öl zu bezahlen, wies er energisch zurück und sagte schließlich:

»Wenn Sie den Treibstoff bezahlen wollen, Mr. Heinecken, dann muß ich auch den Transport von drei amerikanischen Bürgern über 2000 Kilometer mit Ihnen verrechnen. Da bekommen Sie noch verschiedene Dollar heraus.«

So wurde Heinecken sein Geld nicht los und machte sich wieder zum Start bereit. Gerade als er die Tür schließen und verschrauben wollte, kam Campbell noch einmal zurück, einen der Leute vom ›Eagle 2‹ neben sich herziehend:

»Hallo Sir! Hallo Mr. Heinecken! Der Mann hier ist verrückt geworden! Behauptet, Sie hätten ihn in eineinhalb Stunden vom Amazonas hierher gebracht.«

Heinecken nickte ihm lachend zu:

»Der Mann ist gar nicht verrückt. Good by, Mr. Campbell!« er warf die Tür ins Schloß und zog die Dichtungsschrauben fest. Gleich darauf hob sich ›St 2‹ vom Boden ab und stieg in die Höhe.

Er ließ die Amerikaner auf dem Platz in einer lebhaften Diskussion darüber zurück, wer von ihnen denn nun eigentlich verrückt wäre. –

»So, Beckmann!« sagte Heinecken befriedigt, als der Kontrollplatz unter ihnen versank, »den Bauch haben wir ordentlich voll. Der Yankee hat uns wenigstens acht Kubikmeter gestiftet. Was wollen wir jetzt unternehmen?«

Beckmann deutete nach hinten.

»Eigentlich könnten wir mal unsern blinden Passagier, den braunen Boy aus Mahuka nach Hause bringen. Der dürfte nachgerade genug vom Fliegen haben.«

Heinecken zuckte die Achseln.

»Ach was, der Junge macht sich ganz nützlich. Seitdem wir ihn an Bord haben, brauchen wir uns ums Kochen und Tellerabwaschen nicht mehr zu kümmern. Der kann ruhig noch eine Weile bei uns bleiben.«

»Wie Sie meinen, Heinecken. Aber drei Menschen essen mehr als zwei. Wir werden bei nächster Gelegenheit unseren Proviant auffüllen müssen.«

Heinecken griff sich nach der Stirn.

»Schade, Beckmann! Das haben wir in der amerikanischen Kontrollstation versäumt. Dieser Mr. Campbell hätte uns in seiner Herzensfreude die Speisekammer gut gefüllt.«

Beckmann beschwichtigte.

»So schlimm ist's noch nicht. Für die nächsten fünf bis sechs Tage sind wir noch gut versehen.«

»Wissen Sie«, sagte Heinecken, »gegen zwei Uhr mittags könnten vielleicht die ersten Japaner in ihrer Kontrollstation bei Petrolina-Joazeiro fällig sein. Wir könnten mal rüber fliegen und uns die Ankunft der Gelben aus der Nähe besehen.«

»Einverstanden, Heinecken! Aber nicht zu sehr aus der Nähe. Unter keinen Umständen möchte ich auf dem Kontrollplatz landen. Dafür ist mir ›St 2‹ zu sehr ans Herz gewachsen.«

Heinecken nickte vergnügt.

»Ich verstehe, Beckmann! Sie haben die Herren Yoshika und Konsorten noch von den Eggerth-Werken her in zu guter Erinnerung.«

»Habe ich auch, Heinecken! Nach meiner Meinung haben wir Sabotageakte in erster Linie von den Gelben, in zweiter vielleicht von Moskau zu fürchten. Erinnern Sie sich an die dunkle Sache mit dem Nitroöl, die unserer ›Seeschwalbe‹ in San Pedro passierte?«

»Natürlich. Hansen hat uns die Sache ja haarklein gefunkt.«

»Das hat er und weiter auch, daß er unserem ehemaligen Schulze 3 aus Bitterfeld dafür in San Pedro die Jacke vollgehauen hat.«

»Aber ich sehe noch keinen Zusammenhang mit . . .?«

»Mit den Japanern, wollen Sie sagen«, fiel ihm Beckmann ins Wort, »der Zusammenhang ist mir von Tag zu Tag klarer geworden. Niemand anders als diese, wahrscheinlich sogar die Gruppe Yoshika und Genossen haben uns diesen Menschen als Spion ins Bitterfelder Werk gesetzt und nachher weiter für Sabotagezwecke benutzt.«

Heinecken pfiff durch die Zähne.

»Sie könnten recht haben. Wir wollen unter keinen Umständen auf dem japanischen Kontrollplatz landen, sondern uns die Dinge aus einer sicheren Entfernung besehen.« –

Um die zweite Nachmittagsstunde hing das Stratosphärenschiff ›St 2‹ in 10 Kilometer Höhe über dem japanischen Kontrollplatz bei Joazeiro.

Ein verschwindender Punkt im Äther, völlig unsichtbar für das Volk, das sich unten auf dem Platz aufhielt. Aber auch die Insassen von ›St 2‹ konnten von den Vorgängen unten kaum etwas erkennen. Während Heinecken das Schiff möglichst langsam seine Kreise ziehen ließ, gerade ebenso schnell, daß es sich in der Luft hielt, versuchte Beckmann die Vorgänge auf dem Flugplatz mit einem scharfen Glas zu beobachten. Es brachte mit einer zwölffachen Vergrößerung die zehn Kilometer entfernten Gegenstände bis auf etwa 800 Meter heran, doch das genügte nicht, um einzelne Personen oder irgendwelche technischen Einzelheiten erkennen zu können.

Immerhin konnte Beckmann feststellen, daß nach einiger Zeit eine gewisse Unruhe auf dem Platz entstand. Die winzigen Punkte, die nach seiner Meinung Menschen sein mußten, liefen umher, bildeten Gruppen, schienen immer aufgeregter zu werden.

»Merkwürdig«, sagte er zu Heinecken, »irgendwas muß da unten los sein. Möchte nur wissen, was eigentlich? Die Leute stehen da um irgendein Ding herum, ich werde nicht recht klug, was es eigentlich sein mag. Ein Tankwagen oder ein großer Radioempfänger. Man müßte viel tiefer heruntergehen, wenn man es genau sehen will.«

Heinecken winkte ab.

»Vorläufig noch nicht, Beckmann, wenn wirklich japanische Flugzeuge ankommen, können wir es auch von hier sehen. Dann wäre eventuell immer noch Zeit dafür.« –

Der Gegenstand, den Beckmann von dem Stratosphärenschiff aus nicht richtig erkennen konnte, sah in der Nähe doch wesentlich anders als ein Tankwagen aus, obwohl er ebenfalls fahrbar eingerichtet war. Auf einer kräftigen Automobilchassis war um einen kurzen senkrechten Mast drehbar ein Gebilde angeordnet, das recht wunderlich aussah. Es bestand aus wenigstens einem Dutzend größerer, mehrere Meter langer Metalltrichter, wie sie vor langen Jahren einmal für die ersten Starktongrammophone in Gebrauch waren. Aber diese Trichter hier waren nicht zum Sprechen, sondern zum Hören da. Ihre engen Enden mündeten gemeinsam in einem sehr empfindlichen Mikrophon, das seinerseits wieder mit einem hochwertigen Verstärker verbunden war. Das Ganze war ein modernes Schallmeßgerät, das die Japaner hierher gebracht hatten, um herankommende Flugzeuge schon auf große Entfernungen feststellen zu können.

Schon seit den Vormittagsstunden war der Apparat in Betrieb. Das Trichtergebilde war in die Richtung gedreht, aus der man die Ankunft der japanischen Flieger erwartete. Die Lampen des Verstärkers brannten, und ein Mann, die Kopfhörer an den Ohren, war ständig bei dem Gerät.

Er hörte gegen zwei Uhr Motorgeräusche und gab Alarm. Eilig kam Itomo, der Führer der japanischen Mannschaften, herbeigeeilt.

»Was gibt's, Koami?« fragte er den Horchposten. »Sind unsere Leute zu hören?«

Der Gefragte machte ein verlegenes Gesicht, antwortete:

»Eben noch war das Motorgeräusch deutlich hörbar. Jetzt ist es wieder verschwunden.«

Itomo griff nach einem Kopfhörerpaar, stöpselte es an den Verstärker und lauschte. Nichts als ein leises Rauschen, das Eigengeräusch des Verstärkers, drang an sein Ohr. Er warf einen verweisenden Blick auf Koami.

»Sie haben sich getäuscht. Geben Sie weiter scharf acht. Alarmieren Sie nur, wenn Sie Ihrer Sache sicher sind.«

Er wollte die Hörer wieder abstreifen, als er plötzlich innehielt. Erst noch schwach, dann plötzlich viel stärker war jetzt deutlich Motorengeräusch in den Hörern. Doch ebenso schnell, wie es anwuchs, schwoll es auch wieder ab, eine kurze Zeit nur, und es hatte aufgehört.

Kopfschüttelnd blickte Itomo den Posten an. Der zuckte die Achseln.

»Genau so war es vorher. Das Geräusch war ebenso stark. Das Flugzeug kann seitdem nicht näher gekommen sein.«

»Wir wollen warten, Koami, und hören, ob es zum dritten Male wieder kommt.«

Schweigend lauschten sie . . . eine Minute . . . zwei Minuten . . . drei Minuten . . . dann war das Geräusch von neuem da und schwoll auf. Als es schwächer werden wollte, griff Itomo nach einem Stellrad an der Apparatur, er drehte es und gleichzeitig begann sich auch das große Trichtergebilde zu drehen. Es schwenkte ein wenig nach rechts herum und schon war wieder ein Trommeln von Flugzeugmotoren in den Kopfhörern. Sobald es nachließ, schwenkte Itomo weiter. Jetzt folgte er mit ständiger Drehung und behielt das Geräusch in gleicher Stärke in den Hörern. Drei Minuten verstrichen darüber. In drei Minuten hatte er das Gerät einmal um seine Achse gedreht.

»Sonderbar, Koami«, kam es von seinen Lippen. »Ein Flugzeug, das um unsern Platz kreist. Warum funkt es nicht, wenn es zu uns gehört?«

Während er sprach, blieb seine Rechte unablässig an dem Handrad, welches die Schwenkung des Apparates betätigte, jetzt griff seine Linke noch nach einem zweiten Rad und das Trichtergebilde begann sich auch noch um eine waagerechte Achse zu drehen. Wie etwa ein Astronom mit seinem Fernrohr den Himmel nach irgendeinem Stern absucht, versuchte Itomo durch gleichzeitiges Schwenken und steiler oder flacher Richten der Trichter die größte Lautstärke zu bekommen. Es gelang ihm, als die Schallfänger in einem Winkel von 45 Grad nach oben gerichtet waren. Mehrmals hatte er während dieses Suchens die ganze Apparatur bereits um einen vollen Kreis geschwenkt. Nun nahm er die Hände kopfschüttelnd von den Stellrädern, sprach mehr zu sich als zu dem andern:

»Merkwürdig! Unverständlich! Ein Flugzeug muß über unserm Platz sein. Alle drei Minuten vollendet es einen Kreis.«

Er zog einen Schreibblock aus der Tasche und begann zu rechnen, sprach dabei weiter:

»Es könnte mit 400 Stundenkilometer fliegen. Dann würde es in drei Minuten einen Kreis von 3,3 Kilometer Halbmesser vollenden können . . .«

Nachdenklich betrachtete er seine Zahlen.

»Das könnte auch damit stimmen, daß wir es unter 45 Grad am besten hören. Es müßte dann auch in 3,3 Kilometer Höhe fliegen. Aber dann . . .«, wieder führte er eine Rechnung aus, ». . . dann müßte es ja weniger als 5 Kilometer von uns entfernt sein. Dafür ist das Geräusch ja viel zu schwach . . . und wir sehen nichts von dem Flugzeug . . . bei dem klaren Wetter müßte es doch mit Leichtigkeit zu erkennen sein.«

Er gab Koami einen Auftrag. Der eilte zu den Stationshäusern und kam bald in Begleitung einer größeren Anzahl von Mannschaften zurück, die einen umfangreichen Apparat mit sich schleppten. Das geschah gerade in dem Moment, als 10 Kilometer höher im Stratosphärenschiff Beckmann zu Heinecken sagte, daß man unten unruhig würde.

Das Ding, was die Mannschaften anbrachten, erwies sich als ein ziemlich großes Fernrohr mitsamt einem Stativ. Itomo ließ es dicht neben dem Schallmesser aufstellen, und während er Koami anwies, diesen stets in der Richtung der größten Schallstärke zu halten, versuchte er es selber, mit dem Fernrohr die gleiche Richtung anzuvisieren. Das war nicht eben leicht, aber nach einigem Hin und Her glückte es schließlich doch, und mit Staunen sah Itomo durch das starke Rohr ein Flugzeug, das nach allem, was er aus gelegentlichen Abbildungen und Beschreibungen davon wußte, nur das deutsche Stratosphärenschiff sein konnte.

Ein Rätsel schien dadurch gelöst zu sein, aber andere tauchten dafür auf. Wie kam das geheimnisvolle Schiff hierher? Was hatte es über dem japanischen Kontrollplatz zu suchen? Warum zog es hier beharrlich seine Kreise, anstatt sein Rennen auszufliegen? Viele neue Fragen, zu denen die Antworten fehlten. Hätten aber die Führer des Stratosphärenschiffes geahnt, wie genau sie beobachtet wurden, sie hätten sich ihren Beobachtungsplatz vielleicht doch irgendwo anders gesucht. –

Es ging bereits auf die vierte Nachmittagsstunde, als Beckmann in Richtung West zu Nord durch die Steuerbordscheibe deutete.

»Da hinten kommt was, Heinecken. Könnte ein Japs sein.«

Heinecken setzte den Kurs auf die angedeutete Richtung und ließ die Motoren stärker arbeiten. Im Augenblick war unten auf dem Kontrollplatz das Bild des Stratosphärenschiffes aus dem Fernrohr verschwunden. Den Leuten am Schallmesser gelang es, sein Motorgeräusch wieder einzufangen. Aber da hörten sie jetzt noch etwas anderes. Ein Trommeln und Donnern anderer Maschinen, das schnell lauter wurde und die Geräusche des Stratosphärenschiffes übertönte. Im Augenblick wußten sie, daß einer ihrer eigenen Flieger herankam und verloren darüber das Interesse an dem Stratosphärenschiff.

Und dann war die japanische Maschine über dem Platz und ging in Spiralen nieder. Itomo und seine Leute eilten darauf zu. Langsamer und würdevoll folgte Mr. Darlington, der Zeitnehmer des Reading-Kuratoriums, ein Präzisionschronometer in der Hand, gefolgt von zwei amerikanischen Kontrolleuren.

»Drei Uhr 30 Minuten American Eastern Time« konstatierte er und schrieb sich die Zeit der Sicherheit halber auf seine Manschette.

Es folgte eine Prüfung der Fabriknummern und Erkennungszeichen an den Motoren und anderen Bauteilen seitens der beiden Kontrolleure, durch welche die Identität des hier gelandeten Flugzeuges mit dem auf der Insel Jap gestarteten festgestellt wurde, und die Formalitäten seitens der Beamten des Reading-Kuratoriums waren beendet. Ebenso würdevoll, wie er gekommen war, begab sich Mr. Darlington wieder in sein Astbesthaus und unter den Schutz des Sternenbanners zurück. Wenige Minuten später flatterte sein Funkspruch aus der Antenne, gleich danach verkündete ihn der Reading-Sender in der New Yorker Radio City der ganzen Welt.

›Petrolina-Joazeiro, 3 Uhr 30 Minuten Eastern Time erstes japanisches Flugzeug gelandet, Flugdauer 51 Stunden 30 Minuten. Durchschnittsgeschwindigkeit 390 Stundenkilometer.‹

Schon den Funkspruch Mr. Darlingtons fing Beckmann auf und schob den Zettel, auf dem er ihn notiert hatte, Heinecken hin. Der konnte ein schadenfrohes Lächeln nicht unterdrücken.

»Ja, ja, Beckmann. Unrecht Gut gedeihet nicht. Da haben die Herren unsere ›Seeschwalbe‹ gekauft. Haben sich davon inspirieren lassen . . . haben . . . sagen wir mal . . . stark nachempfunden und jetzt haben sie den Salat. 390 Stundenkilometer Durchschnittsgeschwindigkeit . . . damit können sie in diesem Rennen und bei dieser Konkurrenz keine Bilder rausstecken.«

Beckmann zuckte die Achseln.

»Unterschätzen Sie die Japaner nicht. Sie erinnern sich wohl, daß Yoshika und seine Leute damals in Bitterfeld die ältere ›Seeschwalbe‹ mit 300 Stundenkilometer bekamen. Sie müssen die Type doch ganz gehörig verbessert haben, wenn sie jetzt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 390 Stundenkilometer damit schaffen. Berücksichtigen Sie die Zeitverluste bei den Zwischenlandungen, so können sie immerhin mit wirklichen Fluggeschwindigkeiten von 400 Stundenkilometer rechnen.«

»Hm, hm«, sagte Heinecken nachdenklich, »wenn Sie es so betrachten, sieht die Sache allerdings etwas anders aus. Sie haben recht, es sind mit unsere stärksten Gegner in diesem Rennen. Ein Glück, daß sie keine Gelegenheit hatten, etwas von unserem Stratosphärenschiff zu sehen. Das hätte sonst vielleicht eine unangenehme Überraschung für uns werden können.«

Beckmann zog die Stirn in Falten.

»Das sagen Sie so, Heinecken. Wir wissen ja gar nicht, was für Material durch den Werkspion, diesen Schulze 3, in japanische Hände gekommen ist. Vielleicht ist man in Tokio schon heftig dabei, nach den Bitterfelder Plänen Stratosphärenschiffe zu bauen.«

Heinecken machte eine Bewegung, als ob er etwas fortwischen wolle.

»Kann sein, kann auch nicht sein, Beckmann, jedenfalls waren die Japs noch nicht in der Lage, Stratosphärenschiffe in das Reading-Rennen zu schicken und das ist im Augenblick für uns die Hauptsache. Mit unserm ›St 1‹ haben wir einen Trumpf in der Hinterhand, mit dem wir immer noch stechen können, wenn die ›Seeschwalbe‹ versagen sollte.«

»Wenn . . .«, fiel ihm Beckmann ins Wort, »ich hoffe, dies ›Wenn‹ wird nicht eintreten. Die erste Hälfte des langen Weges hat unsere ›Seeschwalbe‹ tadellos durchgehalten. Denken Sie an die großen Kanonen, mit denen unsere Konkurrenten in das Rennen gingen, an die Gamma-Romea-Maschinen der Italiener, an die schnellen Flugzeuge der Engländer und Franzosen. Von welchen Geschwindigkeiten wurde da berichtet. Fast aussichtslos schien es, mit der ›Seeschwalbe‹ dagegen ankämpfen zu wollen. Und wie sehr haben diese Maschinen nachgelassen, wie stark sind ihre Geschwindigkeiten gesunken. Unsere ›Seeschwalbe‹ dagegen . . . ich möchte einen trivialen Vergleich machen und sagen, die mahlt ihre Tour so regelmäßig wie eine Kaffeemühle ab, ist heute noch ebenso schnell wie vor 50 Stunden in der Schreckensbucht.«

Heinecken wollte etwas erwidern, was jedenfalls für Professor Eggerth und seine Konstrukteure schmeichelhaft ausgefallen wäre, als die Aufmerksamkeit der beiden Piloten durch zwei japanische Flugzeuge in Anspruch genommen wurde, die sich vom Westen her dem Kontrollplatz näherten. Heinecken warf einen Blick auf die Uhr an der Apparatenwand.

»Die Leutchen haben sich ja reichlich Zeit gelassen. Fast 53 Stunden. Durchschnittsgeschwindigkeit 380 Kilometer. Die dürften unserer ›Seeschwalbe‹ nicht mehr gefährlich werden.«

Beckmann hatte sich inzwischen die Hörer der Radioanlage über die Ohren gezogen, fingerte an den Abstimmknöpfen herum und sagte dabei zu Heinecken:

»Eigentlich haben wir hier ja alles gesehen. Ich schlage doch vor, daß wir endlich einen Abstecher nach Mahuka machen, um diesen Mister Kiliri endlich los zu . . .«

Er unterbrach sich plötzlich, stimmte den Empfänger noch schärfer ab und schrieb ein paar Worte auf seinen Notizblock.

Heinecken las den Zettel.

»Der gute Kiliri wird sich noch etwas gedulden müssen. Das hier ist wichtiger. Wir müssen mit Volldampf dorthin.«

Noch während er es sagte, drehte er das Steuer. Das Stratosphärenschiff nahm Kurs Ost zu Süd und stieg bis in die Höhe von 13 Kilometern, in der es seine größte Geschwindigkeit entwickeln konnte. Mit voller Maschinenkraft schoß es auf dem neuen Kurse davon, während Beckmann den Sender in Betrieb setzte. Aus der Antenne von ›St 2‹ spritzte die Nachricht, daß es dem havarierten ›Eagle 1‹ zu Hilfe komme.

*

Nach dem Start in Porto Alegre begann sich die Laune Kellys allmählich zu bessern. Während die Motoren des ›Eagle‹ wieder in voller Stärke ihr altes dröhnendes Lied sangen, während Hobby am Steuer saß und die Maschine genau auf dem angegebenen Kurse auf Trinidad zu hielt, ließ Kelly den Sextanten kaum aus den Händen. Immer wieder nahm er die Sonnenhöhe, wälzte astronomische Tabellen und zog ein Chronometer zurate, welches die Zeit von Greenwich auf die zehntel Sekunde genau hielt. Er rechnete, schrieb Ortsbestimmungen und Zeiten nieder, ließ endlich zufrieden den Bleistift sinken.

»Es stimmt, Pender! Der ›Eagle‹ macht wieder 500 Stundenkilometer.«

Pender nickte zustimmend. Er zog es in diesem Augenblick vor, seine Gedanken für sich zu behalten. Die Ansicht nämlich, daß es mit der Genauigkeit von Ortsbestimmungen, wenn man sie bei Tage macht, und nur auf die Sonne angewiesen ist, bisweilen eine etwas unsichere Sache sein kann.

»500 Stundenkilometer«, wiederholte Kelly seine letzten Worte.

»Dann waren ja Ihre Sorgen überflüssig, Mr. Kelly«, pflichtete ihm Pender bei. »Wir sind die ersten im Rennen und was an uns liegt, werden wir tun, um den Reading-Preis für die Reading-Werke nach Hause zu bringen. Schade, daß Harrow & Bradley keine telegraphischen Wetten annehmen. Die Kerls wollen immer gleich bar Geld sehen. Möchte sonst noch eine ordentliche Summe auf die Zeit von 86 Stunden setzen.«

Kelly lachte. Er hatte seine gute Laune wiedergefunden und sagte wohlmeinend:

»Sie brauchen bei Harrow & Bradley keine Nebenverdienste zu suchen, Pender. Wenn wir den Preis gewinnen, werden die Bay-City-Werke sich gegen die Mannschaft ihrer siegreichen Flugzeuge sehr nobel zeigen. Auf ein Extrajahresgehalt dürften Sie dann rechnen.«

»Alle Wetter, Mr. Kelly!« Pender rieb sich vergnügt die Hände. »Das wäre so was für meines Vaters einzigen Sohn. Käme mir gerade zupasse.«

Kelly schien Spaß daran zu finden, seinem Piloten rosige Zukunftsmöglichkeiten auszumalen. Während er sich behaglich eine Zigarre anzündete, sprach er weiter.

»Damit würde es noch nicht getan sein, Pender. Was meinen Sie, was unser Geschäft in Bay-City für einen Aufschwung nehmen würde, wenn wir den Preis gewinnen. Die Eagle-Type würde die große Mode sein. Wir werden Bestellungen auf Hunderte von Maschinen bekommen . . . vielleicht auf Tausende . . . wir werden dafür eine besondere große Abteilung einrichten müssen. Sie könnten Direktor dieser Abteilung werden.«

Pender machte eine abwehrende Bewegung.

»Nicht zu schnell rechnen, Mr. Kelly. Wer zu schnell rechnet, muß doppelt rechnen. Erst wollen wir den Preis mal haben, dann werden wir weiter sehen. Vielleicht gibt's dann noch andere Möglichkeiten. Man hat in Bay-City so mancherlei von dem Stratosphärenschiff gesprochen, für das Mr. Reading während seiner letzten Lebensjahre die Pläne entwickelte . . .«

»Halt Freundchen!« unterbrach ihn Kelly, »daraus wird nichts. Die praktische Ausführung von Morgan Readings Stratosphärenschiff behalte ich mir selber vor. Sie werden Direktor der neuen Abteilung für die Eagle-Maschinen.«

Pender versuchte zu widersprechen. Er wollte lieber einfacher Mechaniker bei dem neuen Stratosphärenschiff als Direktor der anderen Abteilung werden. Kelly bestand darauf, ihn zum Direktor zu machen, und so stritten sie scherzhaft hin und her.

Schneller als sie es gedacht, verstrich darüber die Zeit, und schon kam in der Ferne die Insel Trinidad in Sicht. Ein kleines felsiges Eiland, ein verlorener Punkt in der unendlichen Weite des Weltmeeres. Eine der vielen Inseln und Inselchen des südlichen Atlantik, die von den ersten spanischen Entdeckern nach der heiligen Dreieinigkeit benannt wurden.

In tausend Meter Höhe zog der ›Eagle‹ seine Kreise darüber, bis Kelly in einer Bucht das Sternenbanner wehen sah. Dort lag die Tankstelle der Reading-Werke, hier mußten die Behälter für den Ozeanflug zur afrikanischen Küste noch einmal gefüllt werden.

Kelly blieb mit seinen beiden Piloten im Flugzeug, während die Pumpen den Treibstoff in die Tanks des ›Eagle‹ warfen. Mit der Uhr in der Hand hatte er festgestellt, daß die Geschwindigkeit des ›Eagle‹ auf der Strecke Porto Alegre-Trinidad tatsächlich nur um einen ganz geringen Betrag unter 500 Stundenkilometer geblieben war. Jetzt fieberte er darauf, das Rennen in diesem Tempo weiterzufliegen, die 4700 Kilometer lange Strecke bis nach Swakopmund in der Walfischbay an der südafrikanischen Westküste womöglich in den nächsten 10 Stunden hinter sich zu bringen. Kaum waren die letzten Behälter gefüllt und die Öffnungen verschraubt, als der ›Eagle‹ schon wieder startete, um seinen Flug nach Osten fortzusetzen. Auf diese Weise waren Kelly und seine Leute bei Trinidad nicht aus ihrer Maschine herausgekommen und hatten manches nicht gesehen, was sie sonst vielleicht nachdenklich gestimmt hätte.

Kopfschüttelnd schaute die brasilianische Mannschaft in der Treibstoffbarkasse dem davonstürmenden ›Eagle‹ nach.

»Merkwürdige Farbe«, sagte Antonio Ruasta und spuckte eine Ladung Tabaksaft über Bord.

»Vielleicht neue Gringo-Mode?«, meinte José Pereira und rollte den Füllschlauch zusammen. »Sah ja wie feinste Perlmutter aus.«

In der Tat bot der ›Eagle‹ den Leuten in der Barkasse einen merkwürdigen Anblick. An vielen Stellen hatte die reine Silberfarbe seiner Lackierung sich verändert. Sie zeigte dort den eigentümlichen, in allen Farben des Regenbogens opalisierenden Glanz der Perlmuttermuschel.

Es lag den Herren Ruasta und Pereira fern, sich über diese Erscheinung weiter den Kopf zu zerbrechen. Ein Physiker aber, der es versucht hätte, wäre wahrscheinlich zu der folgenden Erklärung gekommen. Durch irgendwelche äußeren chemischen oder sonstigen Einflüsse mußte der Lacküberzug des amerikanischen Flugzeuges eine Strukturveränderung erfahren haben. Ähnlich wie die Kalkschicht auf der Innenseite der Perlmuttermuschelschalen mußte er sich in allerfeinste Schichten und Lamellen von der Größenordnung der Lichtwellen aufgespalten haben, so daß nun das auffallende Tageslicht in diesen bunten Interferenzfarben reflektiert wurde.

Der Physiker, der solche Erklärung gab, hätte damit das Richtige getroffen, denn in der Tat war das die erste Folge jener äußerlich so harmlos scheinenden Flüssigkeit, mit der Mr. Adams in Porto Alegre den ›Eagle‹ abgebraust hatte. Aber es war nur die erste Erscheinung, denn die Wirkung dieser gefährlichen Chemikalie, die Yoshika und Hidetawa in ihrem New Yorker Laboratorium zusammengebraut hatten, ging unter der Mitwirkung des Luftsauerstoffes unablässig weiter.

Zunächst freilich schien das Brausebad in Porto Alegre dem ›Eagle‹ gut bekommen zu sein. In seinen ersten Auswirkungen gab es dem Lacküberzug jene vollkommene Glätte wieder, die er fabrikneu einmal besessen hatte. So konnte Kelly auf der Strecke Porto Alegre-Trinidad freudig feststellen, daß der ›Eagle‹ wieder mit der alten Geschwindigkeit durch den Äther stürmte.

Nun hatte der lange Ostflug über den Atlantik begonnen. Von einem wolkenlosen Himmel brannte die Nachmittagssonne mit tropischer Kraft hinab. Kein Lüftchen regte sich, nur der starke Fahrwind der mit voller Motorkraft dahinbrausenden Maschine brachte den drei Leuten an Bord etwas Kühlung.

Kelly saß selbst am Steuer. Hobby hatte noch einmal durch den Bordsender die letzte Position des ›Eagle‹ gefunkt und sich dann zum Schlaf zurückgezogen. Pender überlegte es sich in der Mittelkabine des Flugzeuges gerade, ob er seinem Beispiel folgen solle, als sein Blick auf die Schwingen des ›Eagle‹ fiel, die hier durch die Seitenfenster gut zu sehen waren. Flecke bemerkte er da, eigentümliche, in Perlmutterglanz schimmernde Flecke, die sichtlich größer wurden, zusammenwuchsen und schließlich die ganzen Schwingenflächen in wunderbarem Farbenspiel erglänzen ließen. Wie hypnotisiert starrte Pender auf die farbenprächtige Erscheinung. Immer glänzender, immer leuchtender irisierte es auf den Schwingen. Mit Gewalt riß er sich endlich zustimmen. Narrten ihn seine Sinne oder war es Wirklichkeit, was seine Augen dort erblickten? Er schloß sie, er öffnete sie, das merkwürdige Bild blieb unverändert. Er lief zum Führerstand und berichtete Kelly, was er eben gesehen. Der schüttelte unwirsch den Kopf.

»Haben Sie Fieber, Pender? Lassen Sie mal Ihren Puls fühlen.«

Penders Puls ging mit hundert Schlägen, aber er wehrte sich energisch gegen Kellys Behauptung, krank oder betrunken zu sein. Widerwillig überließ ihm Kelly schließlich das Steuer und ging selbst in den Mittelraum. Tief erblaßt kehrte er zurück. Heiser kamen die Worte aus seiner Kehle.

»Sie haben recht, Pender. Irgend etwas Unerklärliches, Unheimliches geht mit dem ›Eagle‹ vor. Wecken Sie Hobby! Nehmen Sie den Sextanten und machen Sie Ortsaufnahmen. Wir müssen die Geschwindigkeit des ›Eagle‹ dauernd kontrollieren.«

Während der nächsten zwei Stunden verlief der Flug ohne Zwischenfall, überraschend gut hielten sich die Motoren, mit unverminderter Stärke sangen sie ihr ehernes Lied und wirbelten die Propeller mit den höchsten Tourenzahlen durch die Luft. Es schien, als ob die neuen Kerzen, die man ihnen am Juruena gegeben hatte, störungsfrei arbeiteten.

Aber dies unerklärliche Farbenspiel, jetzt nicht nur auf den Schwingen, auch auf jedem anderen Teil des Flugzeuges, den die Insassen von innen her erblicken konnten! Kelly saß im Mittelraum und konnte den Blick nicht von den opalisierenden Flächen abwenden. Hobby steuerte und Pender machte andauernd Ortsbestimmungen, aus denen er die Geschwindigkeit errechnete. Die erste Stunde war sie noch auf der alten Höhe geblieben. In der zweiten begann sie erst langsam, dann schneller abzusinken. 490, 470, 450 Stundenkilometer stellte Pender fest. Vergeblich bemühte er sich, durch immer neue Messungen ein besseres Resultat zu bekommen. Die Zahlen wurden immer niedriger.

Kelly hörte die Ergebnisse kaum, die Pender ihm meldete. Wie geistesabwesend starrte er auf die Tragflächen, an denen sich jetzt neue Veränderungen zeigten. Der bunte Perlmutterglanz war verschwunden. Aber die Schwingen, die fabrikneu sonst wie spiegelndes Silber schimmerten, zeigten jetzt ein stumpfes, fleckiges Grau. Und jetzt . . . Kelly kniff die Lider zusammen . . . jetzt schienen sich an den fleckigen Stellen Blasen zu bilden. Es sah aus, wie wenn man lackiertes Metall über ein Feuer hält. Schon platzten die Blasen an einigen Stellen, und der scharfe Fahrwind riß die Fetzen von dem Metall.

»300 Stundenkilometer«, meldete Pender, als Kelly die ersten Blasen aufschäumen und platzen sah. Er trat an das Fenster und versuchte von dort aus noch mehr zu erschauen, überall das gleiche Bild. Der Lackbezug des ›Eagle‹ schien in seiner ganzen Ausdehnung zu zerkochen und zu zergehen.

In tiefer Entmutigung ließ sich Kelly in einen Sessel fallen und legte den Kopf auf die Arme. Er fühlte es im Unterbewußtsein, daß ein schweres unabwendbares Verhängnis über den ›Eagle‹ hereinbrach.

»250 Stundenkilometer«, kam die neue Meldung Penders. Kelly fuhr auf und starrte ihn verständnislos an. Dann ging sein Blick wieder zu den Schwingen da draußen. Mit einem Schrei sprang er auf, riß Pender mit an das Fenster.

»Sehen Sie, Pender, sehen Sie da!«

Penders Blick folgte der weisenden Hand. An jenen Stellen, an denen die Lackierung zuerst aufkochte und Blasen bildete, schien das Metall der Schwingendecken jetzt von einer fressenden Krankheit befallen zu sein. Wie wenn es von einer scharfen Säure zerfressen und gelöst würde, sah es aus. Schon war das kräftige Duraluminblech an einzelnen Stellen papierdünn geworden. Schon konnte es hier und dort dem starken Druck des Fahrtwindes nicht mehr Widerstand leisten, beulte sich ein und riß auf. Erst in kleineren, dann in immer größeren Fetzen wurde die Metallhaut der Schwingen abgerissen und wirbelte davon.

Schon pfiff der Wind durch die durchlöcherten Schwingen, schon begann der Flug des ›Eagle‹ unsicher zu werden. Hobby am Steuer hatte alle Mühe, die Maschine im Gleichgewicht zu halten.

Kelly raffte sich auf.

»Wir haben das Spiel verloren, Pender. Verloren durch eine unerklärliche, gemeine Schurkerei. Wir müssen niedergehen. Senden Sie SOS. Geben Sie unsere letzte Position an.«

Während Pender auf der Morsetaste hämmerte, während Kelly noch einmal eine Ortsbestimmung zu machen versuchte, brachte Hobby den weidwunden ›Eagle‹ unter Aufbringung aller Pilotenkunst ohne Absturz auf die Wasserfläche hinunter. Ein klägliches Wrack, trieb das einst so stolze Flugzeug auf einer leichten Dünung des Atlantik dahin. –

Kelly hatte die Ortsbestimmung vollendet. Er reichte den Zettel mit der letzten Breite und Länge Pender hin.

»Funken Sie weiter, Pender, stecken Sie die Notantenne aus.«

Abwechselnd arbeitete der Empfänger und der Sender des ›Eagle‹. Nach einer Minute war es Pender gelungen, mit einer andern Station in Verbindung zu kommen. Wortlos hielt er den Block mit der Antwort Kelly hin. Es war ein deutsches Stratosphärenschiff, das den Notruf vernommen hatte und zur Hilfeleistung herbeistürmte.

Pender warf den Hebel der Anlage wieder auf Senden herum und funkte der Sicherheit halber noch einmal den genauen Ort des Absturzes. Dann warf er den Schalter wieder auf Empfang zurück und lauschte. Von dem deutschen Schiff keine Antwort mehr. Es mochte seine Anlage wohl abgestellt haben. Dafür meldete sich ›Eagle 2‹, der sich bereits auf der Strecke vom Juruena nach Porto Alegre befand. Bestürzt und erregt – Pender merkte es an der Art, wie die Morsezeichen kamen, erkundigte sich Jones nach den Einzelheiten des Unfalles. Mit Entsetzen vernahm er die Antwort, daß die ganze Außenhaut des ›Eagle 1‹ durch irgendeinen Sabotageakt zerstört worden sei. Er funkte zurück, wollte Näheres erfahren, aber plötzlich wurden die Zeichen von ›Eagle 1‹ undeutlich, blieben dann ganz aus. Trotz allen Bemühungen gelang es Jones nicht, die Verbindung wieder herzustellen.

James Thomson wurde durch die Nachricht vom Unfall des Schwesterflugzeuges nicht weniger erschüttert als Jones. Lag doch die letzte Möglichkeit, das Rennen für die Reading-Werke zu gewinnen, jetzt bei seiner Maschine, und diese Maschine bereitete ihm dauernd Sorgen. Zwar war sie am Juruena gründlich überholt worden, und er hatte sich überreichlich mit Reservekerzen versehen. Aber die Überholung in der amerikanischen Kontrollstelle hatte auch wertvolle Zeit gekostet und die Geschwindigkeit des ›Eagle 2‹ war trotz der gründlichen Überholung nicht mehr die alte. Vergeblich zerbrach sich Thomson den Kopf über die Ursachen. Seine Motoren arbeiteten jetzt wieder mit voller Kraft. Die Umdrehungszeiger bewiesen es, daß die Propeller mit der vorschriftsmäßigen Tourenzahl liefen, und trotzdem lag die Geschwindigkeit des Flugzeuges unter 470 Stundenkilometer und zeigte eine bedenkliche Neigung, noch weiter abzufallen.

Ganz ähnlich wie einige Stunden vorher auf dem ›Eagle 1‹ begann jetzt auch auf dem ›Eagle 2‹ ein Herumraten, was wohl die Gründe für diese Verschlechterung sein mochten und ebenso wie dort kam man schließlich zu der Meinung, daß die wunderbare Glätte des Lacküberzuges auf dem langen Wege um den halben Erdball Schaden gelitten haben mochte.

Das war unangenehm. Es konnte, wenn es so weiter ging, die Siegesaussichten des ›Eagle 2‹ gefährden. Aber es war schließlich ein erklärlicher Vorgang. Es war nicht eine solche plötzliche Zerstörung, wie sie den ›Eagle 1‹ durch eine Sabotage betroffen hatte.

Zähneknirschend stellte O'Brien fest, daß dieser hundsföttische Streich nur in Porto Alegre verübt sein konnte. Mit geballten Fäusten stimmten ihm Watson und Jones bei. Sie leisteten sich einen Schwur, die Augen in Porto Alegre gut aufzuhalten und mit den Saboteuren hart auf hart abzurechnen. –

Mit einer durchschnittlichen Stundengeschwindigkeit von 465 Kilometern legte der ›Eagle 2‹ den Weg vom Juruena bis nach Porto Alegre zurück und ging dort ebenso wie seine Schwestermaschine zur Treibstoffaufnahme nieder. –

Mr. Adams war nach dem Start des ›Eagle 1‹ in einen gesunden Schlaf verfallen, durch den angenehme Träume von Reichtum und vielen Banknoten flatterten. Er wurde erst munter, als der ›Eagle 2‹ auf dem Hafenwasser aufsetzte und sich mit langsam laufenden Propellern dem Ufer näherte. Selbst dann hätte er vielleicht noch weiter geträumt, wenn nicht ein paar kanonenschußartige Fehlzündungen des amerikanischen Flugzeuges ihn aus seinem Schlummer gerissen hätten, und wahrscheinlich wäre das besser für Mr. Adams gewesen als sein rechtzeitiges Erwachen.

Er warf den Motor des Bootes an und fuhr aus seinem Versteck heraus, um sich in einem vorsichtigen Bogen an den ›Eagle 2‹ heranzuschlängeln. Die der Mole abgewendete Seite des ›Eagle‹ schien ihm eine günstige Gelegenheit zu bieten. Kein Mensch war hier zu sehen. Offenbar zog es die Besatzung des ›Eagle 2‹ vor, während des Tankens in den Innenräumen des Flugzeuges zu bleiben. Adams legte sein Boot neben das Flugzeug und hob das Strahlstück mit der Brause, um sich die Dollar der Japaner endgültig zu verdienen.

Eben wollte er das Ventil aufdrehen, als es . . . peng, peng, peng . . . scharf krachte. In unheimlicher Nähe seiner Finger schlugen Revolverkugeln in das Brausestück. Entsetzt fuhr er zusammen und ließ es fallen. Wo kamen die Schüsse her!? Vergeblich sah sich Mr. Adams nach einem Schützen um. Er konnte nichts entdecken, denn Jones stand gut gedeckt im Innern des Flugzeuges hinter einer kleinen Ausguckluke.

Flucht, schnellste Flucht war Adams nächster Gedanke. Er beugte sich zu dem Bootsmotor, um ihn wieder anzuwerfen. So konnte er nicht sehen, wie eine Bordtür des ›Eagle‹ aufgestoßen wurde und zwei Männer mit gewaltigen Sätzen in sein Boot sprangen. Erst als O'Brien und Watson über ihm waren, merkte er es . . . aber auch nur für einen kurzen Moment. Ein mächtiger Kinnhaken von O'Briens Rechten schleuderte ihn auf die Bootsplanke nieder, und für geraume Zeit befand Mr. Adams sich, wie man in Boxerkreisen zu sagen pflegt, im Land der seligen Träume.

Er spürte nichts davon, wie sie ihn umdrehten, seine Taschen durchsuchten und wie ein dickes Paket halbierter Banknoten aus seiner Brusttasche in diejenige Watsons hinüberwanderte. Er spürte den Fußtritt nicht, mit dem Jones ihm seine Ankunft in dem Boot anzeigte, obwohl dieser Tritt jeden Fußball dreißig Meter weit geschossen hätte.

Erst in der Baracke an der Mole kam Mr. Adams wieder einigermaßen zu sich. Aber da trug er um seine Handgelenke bereits einen solide verknoteten Strick und Don Alfonso Pereira machte ihm die Eröffnung, daß er sich voraussichtlich für die Dauer einiger Jahre als Gast der brasilianischen Justiz betrachten dürfte.

»Viel zu wenig!« knurrte O'Brien und rieb sich wütend die Knöchel seiner rechten Hand, »hängen müßte man den Hund oder gleich auf der Stelle totschlagen.«

Obwohl Don Alfonso bereit war, der Besatzung des ›Eagle‹ jeden Wunsch an den Augen abzulesen, konnte er dies Verlangen O'Briens nicht erfüllen. Er sorgte dafür, daß Mr. Adams alsbald in Begleitung zweier handfester Polizisten den Weg in das Gefängnis antrat und ließ die verdächtige Flüssigkeit in dem Motorboot für die spätere Untersuchung sicherstellen. –

Befriedigt kehrte James Thomson mit seinen Leuten zum ›Eagle‹ zurück. Dem Saboteur war das Handwerk rechtzeitig gelegt, aber Thomson erschrak noch nachträglich bei dem Gedanken, wie knapp er dem Schicksal Kellys entgangen war. –

Die Lage Frank Kellys und seiner beiden Begleiter war in der Tat derartig, daß nur schnelle Hilfe eine Katastrophe verhüten konnte. Um sie ganz zu verstehen, ist es erforderlich, die Bauart der Eagle-Maschinen etwas näher zu betrachten.

Um die hohe Geschwindigkeit von 500 Stundenkilometern zu erreichen, hatten die Konstrukteure in Bay-City dem Rumpf dieser Maschinen die vollkommene Stromlinienform des geringsten Luftwiderstandes gegeben. Nach diesem Grundsatz war auch die Unterseite des Rumpfes gestaltet worden. Sie lief nach unten in zwei Schwimmkörper aus, die äußerlich etwa zwei in einiger Entfernung nebeneinander liegenden Kielbooten glichen. In der Mitte jedes dieser Bootskörper war ein Rad angeordnet, das ähnlich wie das Schwert eines Segelbootes in einem wasserdichten Kasten untergebracht war und je nach Bedarf hinausgelassen und wieder eingezogen werden konnte. Wenn man wasserte, blieben die Räder eingezogen und das Flugzeug wurde von der Schwimmkraft der Bootskörper getragen. Wenn man landete, mußten die Räder vorher ausgelassen werden und die Maschine lief dann wie ein normales Landflugzeug auf ihnen.

Wie erinnerlich, schrieben ja die Bedingungen des Reading-Rennens aus Sicherheitsgründen solche doppelten Einrichtungen zum Wassern und zum Landen vor. Während des bisherigen Rennens waren die Eagle-Flugzeuge nur auf dem Kontrollplatz am Juruena gelandet, sonst hatten sie überall gewassert. Auch in Porto Alegre ruhte der ›Eagle 1‹ auf seinen Schwimmern, als Mr. Adams seinen Anschlag verübte. Alles, was von dem Flugzeug über die Wasserlinie herausragte, wurde dabei von der ätzenden Flüssigkeit getroffen und einer späteren Zerstörung preisgegeben.

Ein glücklicher Umstand hatte es gefügt, daß die Tanks des ›Eagle‹ damals schon stark gefüllt waren, und seine Schwimmer daher sehr tief im Wasser lagen. Als der ›Eagle‹ im Atlantik notwassern mußte, war erheblich weniger Treibstoff in seinen Behältern. Seine Schwimmer ragten daher um einige Fuß mehr aus dem Wasser heraus und um diesen Betrag waren ihre Wände auch oberhalb der Wasserlinie unversehrt.

So war es möglich, daß der ›Eagle‹ sich auf der glatten, nur von einer leichten Dünung bewegten Oberfläche des Atlantik zunächst schwimmend halten konnte, aber die Frage, wie lange das möglich sein würde, war schwer zu beantworten. Kam auch nur ein schwacher Seegang auf, so mußten die Wellen sehr bald die lecken Stellen der Schwimmer treffen, denen das Wasser schon jetzt bei dem leichten Schaukeln der Maschine oft bedenklich nahekam.

Verzweifelt arbeitete Pender an der Funkanlage herum. Mitten im Gespräch mit Jones hatte er es gemerkt, daß sein Sender ausfiel, hatte durch den Empfänger noch die aufgeregten Fragen vom ›Eagle 2‹ gehört, ohne antworten zu können. Endlich fand er den Fehler. Ein dummer Kurzschluß hatte die Sicherungen zerstört, die zum Schutz der Senderöhre in das Gerät eingebaut waren. Er ersetzte sie durch neue, und nun arbeitete die Anlage wieder. Noch einmal funkte er den Ort ihrer Notwasserung und den Hilferuf in den Äther. Sagte dann, während er den Schalter wieder auf Empfang umlegte, zu Kelly:

»Die japanischen Maschinen müßten in unserer Nähe sein. Sehen Sie.« Er deutete auf die Seekarte, die vor dem Pilotensitz ausgebreitet war. »Die japanische Route verläuft hier nördlich neben unserer. Die Japaner könnten uns zu Hilfe kommen.«

Kelly schüttelte den Kopf.

»Das erste japanische Flugzeug ist erst kurz vor unserer Notwasserung in Diamantino angekommen. Selbst wenn es uns zu Hilfe eilte, könnte es vor sechs Stunden kaum hier sein. Sechs Stunden, Pender? Wer weiß, wo wir in sechs Stunden sein werden . . .«

Er wollte weiter sprechen, als Pender nach Block und Bleistift griff, um zu notieren, was der Empfänger aufnahm. Schweigend schob er das Papier Kelly zu, der las.

›Deutsches Stratosphärenschiff. Sind in 45 Minuten bei Ihnen.‹

Pender warf einen Blick auf die Borduhr.

»45 Minuten, Mr. Kelly. Die 45 Minuten werden wir wohl noch aushalten.«

Kelly runzelte die Stirn. Seine Hand deutete nach vorn zu einer Stelle, wo sich an dem strahlend blauen Himmel ein dunkles Wölkchen zeigte.

»Sehen Sie das, Pender? Wenn es vor dem Stratosphärenschiff hier ist, sind wir verloren.« –

Langsam, schwerflüssig wie Blei tropften die Minuten dahin. Unbarmherzig brannte die Sonne von oben. Jetzt, wo der erfrischende Fahrwind fehlte, brütete eine unerträgliche Hitze in den Räumen des ›Eagle‹. Hobby hatte die Zeit benutzt, um noch einmal eine genaue Ortsbestimmung zu machen. Er kam in den Führerstand, um sie mit der vorangegangenen zu vergleichen. Kelly nickte ihm zu.

»Stimmt auf die Seemeile genau, Hobby. Wollen hoffen, daß sie uns danach finden, ehe es zu spät ist.«

Er deutete wieder auf die Wolke, die inzwischen merklich größer geworden war. Pender blickte auf die Borduhr.

»Noch 30 Minuten, Mr. Kelly, 30 Minuten werden wir noch aushalten.«

Während er es sagte, lief aus der Richtung der Wolke her ein leichtes Wellengekräusel über das Meer. Bedenklich klatschten die Wellen gegen die Schwimmkörper, warfen hier und dort ihren Schaum durch die lecken Stellen in das Innere.

»Noch 25 Minuten, bis das Stratosphärenschiff kommt«, sagte Pender.

»Zeit genug, um zweimal zu versaufen«, knurrte Hobby vor sich hin.

Wie um seine Worte zu bestätigen, schlug im gleichen Augenblick eine stärkere Welle gegen die Schwimmer des ›Eagle‹ und warf eine gehörige Portion Wasser hinein.

»Noch ein dutzendmal so, dann sacken wir ab«, schrie Hobby.

Kelly hatte die letzten Minuten nachdenklich vor sich hin gestarrt, jetzt sprang er mit einem Ruck auf.

»Wir müssen leichtern! Her mit den Handpumpen! Ran an die Tanks! Pender, Hobby! Raus mit dem Treibstoff in die See. Los Pender! Los Hobby!«

Im Augenblick begriffen die beiden, was ihr Chef wollte. Schätzungsweise mochten noch vier Tonnen Treibstoff in den Tanks des ›Eagle‹ sein. Pumpte man die in die See, erleichterte man das Flugzeug um dieses Gewicht, so mußten die Schwimmer naturgemäß um ein gutes Stück mehr aus dem Wasser herausragen. Aber höchste Zeit war es, denn von Minute zu Minute war der Wellengang stärker geworden. Bedrohlich groß und dunkel stand jetzt die Sturmwolke am Himmel.

Pender und Hobby hatten die Füllöffnungen der großen Tanks in den beiden Schwimmern aufgeschraubt, die Saugschläuche der Handpumpen hineingesteckt und arbeiteten, daß ihnen der Schweiß bald von den Stirnen lief. In breiten Strömen warfen die Pumpen den Treibstoff in die See. Mehrere Liter förderte jeder Kolbenhub und sobald das leichte Öl die Wasserfläche erreichte, schwamm es darauf und breitete sich weit aus.

Hobby und Pender waren dabei, einen Fettfleck in den Atlantik zu machen, und mit einigen 5000 Litern Leichtöl kann man schon einen ganz gehörigen Fettfleck erzeugen.

Weiter und immer weiter breitete die ölige Flüssigkeit sich über das Wasser aus. Dabei aber bewirkte sie etwas, an das Kelly bei seinem Befehl gar nicht gedacht hatte und was für ihre Rettung noch viel wichtiger war, als das Leichtern des Flugzeuges. Überall dort, wo das Öl sich über das Wasser hin verbreitete, dämpfte es den Wellengang und brachte ihn schließlich zum Einschlafen.

Schon war in einem Umkreis von 100 Metern um den ›Eagle‹ herum tote See, während weiter draußen die Wellen weiß kämmten, und immer noch spieen die Pumpen frisches Öl über Bord. Noch waren die Tanks ja kaum zur Hälfte geleert. Dabei hatten sich die Schwimmer schon ein merkliches Stück aus dem Wasser gehoben. Vorläufig wenigstens war die Gefahr eines Vollschlagens und Versackens gebannt.

Auf wie lange, das blieb eine offene Frage. Vom Flugzeug her strömte ständig neues beruhigendes Öl auf das Wasser, am Rande dieser gewaltigen Fläche nagten die immer stärker aufkommenden Wellen und versuchten sich einen Weg zu dem wracken Flugzeug hinzufressen. Was würde geschehen, wenn der letzte Liter Öl aus den Tanks heraus war, wenn die ständige Erneuerung der schützenden Schicht damit aufhörte?

Kelly, die Uhr in der Hand, war zu den beiden getreten.

»Langsamer, Pender, langsamer Hobby! Spart mit dem Öl! Noch 12 Minuten, dann kommt das Stratosphärenschiff!«

Pender und Hobby richteten sich auf. Sie trockneten die glühenden Gesichter und gönnten den schmerzenden Armen etwas Ruhe. Erst jetzt fanden sie Gelegenheit, das Ergebnis ihrer Arbeit zu betrachten, die weite glatte Kreisfläche rund um den ›Eagle‹, an deren Rand sich die Wogen brachen. In diesem Augenblick schob sich die Wolke vor die Sonne, mit einem Schlag verschwand die glänzende Helligkeit. Die starke, scheinbar von allen Seiten gleichzeitig hereinbrechende Brise machte sich fühlbar und brachte Kühlung. Aber immer stärker stürmten auch draußen ringsherum die Wellen dort, wo die Ölschicht nicht mehr stark genug war, ihre Kraft zu brechen. Es war deutlich zu sehen, wie sie mit breiten schäumigen Bahnen in die Fettschicht eindrangen, wie jeder neue Brecher große Teile davon zerschlug, zerwirbelte und unwirksam machte.

Kelly sah wieder auf die Uhr.

»Noch 7 Minuten, Boys. Wieviel habt ihr noch in den Tanks?«

»Vielleicht noch 1000 Liter, Mr. Kelly.«

»Pumpt wieder! Pumpt weiter, aber nicht zu schnell!«

Von neuem setzte das Spiel der Pumpen ein. Es war nicht zu früh dafür, denn schon war von der Luvseite die brandende See wieder bedenklich nahe an das Flugzeug herangekommen.

Pender und Hobby arbeiteten mit verringerter Geschwindigkeit. Sie pumpten nur eben noch so stark, daß die schlimmsten Lücken, die das brandende Meer in den schützenden Ölpanzer schlug, sich wieder schlossen. Aber es kam doch der Augenblick, da die Tanks leer waren, die Pumpen keinen Tropfen mehr über Bord warfen.

»So!« sagte Hobby und ließ die Hände vom Pumpengriff, »nun wären wir fertig, was jetzt?«

Kelly starrte auf die Uhr und wischte sich die Stirn. Ein Stoßseufzer entfuhr ihm.

»Wollte Gott, daß die Deutschen kommen . . . sonst . . . vielleicht, daß uns die leeren Tanks noch eine kurze Zeit über Wasser halten. Werft die Pumpen über Bord, verschraubt die Füllöffnungen!« rief er Pender und Hobby zu.

Die taten es, und dann standen die drei und blickten rings umher in die endlose Weite. Sie hatten getan, was sie tun konnten. Ihre letzten Hilfsmittel waren jetzt erschöpft. Immer kleiner wurde der schützende Kreis, immer näher fraß sich die schäumende See an das Flugzeug heran. Bald würde die Brandung sie erreichen. Der erste schwere Brecher, der die Schwimmer traf, mußte den ›Eagle‹ zum Kentern bringen, und dann war das Ende da.

Kelly warf einen verzweifelten Blick auf die Uhr.

»Schon fünf Minuten über die Zeit, die Deutschen kommen nicht.«

Ein schwerer Schlag, ein Aufklatschen, das Geräusch verschäumenden, verspritzenden Wassers übertönte seine letzten Worte. Unmittelbar bei dem ›Eagle 1‹ war das Stratosphärenschiff niedergegangen.

Nun schob ›St 2‹ sich noch ein wenig vor, bis es die Backbordschwinge des ›Eagle‹ berührte. Eine Tür in seinem Rumpf wurde geöffnet; in dem gleichen Augenblick, in dem die ersten Brecher bis an die Schwimmer des amerikanischen Flugzeuges herankamen und es kräftig schlingern ließen.

Hobby riß die Backbordtür des Pilotenraumes auf und kletterte auf die Schwinge des ›Eagle‹ hinaus, Kelly und Pender folgten ihm. Sie hatten etwa vier Meter zurückzulegen, bevor sie auf die Steuerbordschwinge des Stratosphärenschiffes auftreten konnten. Ein Weg, der unter gewöhnlichen Umständen kaum mehr als vier Sekunden beansprucht hätte. Jetzt brauchten sie viel längere Zeit dafür.

Was war aus dem festen Duraluminblech des Schwingenbezuges unter der Wirkung jener höllischen Chemikalie geworden. Zerfressen, stellenweise bis auf Papierdünne angeätzt, hatte es alle Tragfähigkeit verloren. Schon beim ersten Schritt brach Hobby ein. Er wäre auch durch das untere Blech der Schwinge gebrochen und in die See gestürzt, wenn es ihm nicht eben noch gelungen wäre, ein paar unversehrte Streben des Fachwerkes zu ergreifen, das den inneren Schwingenkörper bildete. Für einen Moment steckte er bis an die Achseln in dem zerstörten Flügel. Mit Mühe gelang es ihm, sich herauszuarbeiten. Liegend, kriechend, immer nach den nächsten noch tragfähigen Fachwerkrippen greifend, kam er langsam vorwärts, bis er endlich die sichere Schwinge des Stratosphärenschiffes unter sich hatte. Kelly und Pender sahen seinen Unfall und warfen sich sofort der Länge nach nieder. So kamen sie besser und schneller voran und erreichten dicht hinter ihm den Rumpf von ›St 2‹. Mit einem stummen Nicken empfing sie Beckmann, zog sie in die Kabine hinein und schloß sofort wieder ab. Im gleichen Augenblick gingen die Propeller des Schiffes an und zogen es aus der Nähe des ›Eagle‹ fort.

Erst jetzt fand Beckmann, während er Kelly die Hand drückte, Worte:

»Ich heiße Sie an Bord von ›St 2‹ willkommen, Mr. Kelly. Ich fürchte, Ihr Flugzeug ist verloren. Wir glaubten, wir würden es durch die Luft abschleppen können, aber . . . bei diesem Zustand der Schwingen . . .«

Er zuckte die Achseln. Kelly trat an ein Fenster und blickte hinaus nach dem ›Eagle‹, der etwa fünfzig Meter von ihnen entfernt in der kochenden See trieb. Immer stärker brachen sich die Wogen an seinem zerfressenen, zerstörten Rumpf, immer stärker holte das Flugzeug unter ihrem Anprall über. Jetzt tauchte es mit der Spitze der Backbordschwinge in das Wasser ein. Bevor es sich wieder aufrichten konnte, traf es von Steuerbord her ein neuer schwerer Brecher. Es kenterte, lag einen Augenblick auf der Seite, die Steuerbordschwinge senkrecht zum Himmel gerichtet.

Mit zusammengebissenen Zähnen sah Kelly dem Todeskampf seines Flugzeuges zu, schweigend standen Pender und Hobby neben ihm.

Der nächste Brecher drehte den Rumpf des ›Eagle‹ ganz um. Einen Augenblick noch ragten die scharfen Kiele der beiden Schwimmkörper empor, dann versanken sie. Ungehemmt stürmten die weißmähnigen Wellen über die Stelle, an welcher das Flugzeug versunken war.

Im Pilotenraum des Stratosphärenschiffes hatte Heinecken allein den Untergang des ›Eagle‹ angesehen. Er griff nach einem Bleistift, machte auf seiner Seekarte ein Kreuz und schrieb den Namen ›Eagle 1‹ daneben. An dieser Stelle gab die Karte eine Meerestiefe von ungefähr 7000 Meter an. Seine Gedanken folgten der entschwundenen Maschine. Fast eine deutsche Meile würde sie während der nächsten Stunden nach unten sinken, bis sie endlich auf dem Seegrund in ewiger Kälte und Dunkelheit zur Ruhe kam.

Jedem menschlichen Zugriff entzogen, würde sie da liegen, jahrzehnte. . . jahrhundertelang . . . und die Natur, die ewig schaffende, würde ihr das Leichentuch weben. Das reiche Leben hier in den oberen, von der Sonne durchleuchteten und durchwärmten Schichten des Ozeans war ja auch zum ständigen Sterben verurteilt. Millionen und aber Millionen jener kleinsten Wesen des Atlantischen Plankton endeten in jeder Sekunde ihr Leben und ihre toten Körper rieselten im langsamen Fall in die dunkle Tiefe. Immer dichter, immer stärker würden sie auch in den kommenden Jahren die Stelle bedecken, an welcher der ›Eagle‹ auf den Grund ging . . .

Seemannslos, Pilotenlos! Wie viele tausend Schiffe, wie viele Flugzeuge ruhten auf dem Grund der Weltmeere? Wie viele würden noch hinzukommen?

Heinecken riß sich von seinen Gedanken los. Noch wiegte sich sein stolzes Schiff leicht wie ein Schwan auf den Wogen des Ozeans. Noch vermochte es in rasendem Flug durch die Stratosphäre zu stürmen.

Er verließ den Pilotenraum und ging in die Mittelkabine, in der Beckmann und die Leute des ›Eagle‹ an dem runden Tisch Platz genommen hatten. Eine kurze Vorstellung und ein fester Händedruck. Noch besser vielleicht als Beckmann war Heinecken imstande, nachzufühlen, wie es Kelly nach dem Verlust seines Flugzeuges zumute sein mochte. Beckmann gab einen Befehl nach achtern. Kiliri erschien und stellte Soda Whisky auf den Tisch. Verwundert schaute Kelly dem braunen Burschen nach.

»Auch ein unvorhergesehener Passagier«, erklärte Heinecken. »Wir übernahmen ihn von der ›Seeschwalbe‹ und wollten ihn in seine Heimat auf den Gesellschaftsinseln zurückbringen. Immer kam etwas dazwischen, erst der Unfall des ›Eagle 2‹ am Amazonas, dann Ihre Notwasserung hier. Einmal werden wir ja schließlich wieder nach Mahuka kommen und den braunen Zeitgenossen endlich abliefern können.«

»Vorher müssen wir die Wünsche unserer andern Gäste berücksichtigen«, fiel Beckmann ein. »Wollen Sie zum Juruena gebracht werden, Mr. Kelly, oder ziehen Sie einen direkten Rückflug nach Bay-City vor?

Kelly zögerte mit der Antwort. Das Schwere, das ihn betroffen, kam ihm wieder zum Bewußtsein. Um den sicheren Sieg betrogen . . . ein Schiffbrüchiger auf einem fremden Flugzeug . . . Er schwieg und stützte den Kopf in die Arme.

Heinecken verstand ihn und ließ ihm Zeit. Beckmann war an das Fenster getreten und blickte hinaus.

Wie hatte sich die Umgebung dort draußen inzwischen verändert. Der Himmel vor einer Stunde noch strahlend blau, war mit einer dichten, schwarzen Wolkenschicht bedeckt.

Immer gröber wurde die See. Schon riß der schnell aufkommende Sturm weißen Gischt von den Wogenkämmen ab und trug ihn durch die Lüfte davon. Das Stratosphärenschiff tanzte auf den von Osten heranrollenden langen Ozeanwogen wie ein schwimmender Korken auf und nieder. Dabei hielt es sich aber . . . Pender und Hobby stellten es mit Erstaunen fest . . . mit seiner Längsachse immer senkrecht zu den Linien der Wogenkämme. Dadurch wurden seitliche Schlingerbewegungen vermieden, die bei diesem Seegang auch einem Schiff mit den guten Eigenschaften von ›St 2‹ gefährlich werden konnten.

Beckmann sah die Verwunderung der beiden Amerikaner.

»Ein einfaches, aber wirksames Hilfsmittel, Gentlemen, wir treiben an einem Wasseranker vor dem Winde. Trotzdem . . .«

Er wandte sich an Heinecken. »Ich glaube, wir starten, bevor die See noch gröber wird.«

Heinecken nickte. »Sie haben recht, Beckmann. Das Barometer ist rapid gefallen. Wir müssen uns auf einen gehörigen Sturm gefaßt machen. Wollen Sie das Steuer nehmen, ich werde den Anker einholen.«

Beckmann ging nach vorn in den Pilotenraum und ließ sich hinter dem Steuer nieder. Seine Rechte drehte ein Ventil, zischend trat die Druckluft in die Zylinder und warf die Motoren an. Ein zweiter Griff Beckmanns zu den Ventilen für die Brennstoffpumpen und schon donnerten die ersten Explosionen der nun mit eigener Kraft arbeitenden Maschinen in das Toben der Elemente hinein.

Im gleichen Augenblick betätigte Heinecken einen Schalter. Eine elektrische Motorwinde begann zu arbeiten und holte den Wasseranker herein. Vom Mittelraum aus war die breite, an vier Schnüren befestigte Leinewandbahn, die den Anker bildete, nicht zu sehen, aber es war zu spüren, wie das Schiff unter dem Druck des von der Winde eingeholten Ankers gegen den Sturm ein wenig rückwärts ging, obwohl die Motoren liefen. Dann kam der Anker aus dem Wasser und verschwand in einer Ausbuchtung am Achterrumpf, über die sich eine in Stromlinienform gebaute Abdeckung schloß.

»Anker eingeholt«, telefonierte Heinecken in die Pilotenkabine.

»Anker eingeholt«, bestätigte Beckmann von seinem Platz am Steuer aus die Meldung.

Stärker liefen die Motoren von ›St 2‹, donnerten, dröhnten und trommelten. In weiten Sprüngen jagte das Stratosphärenschiff über die langen Ozeanwellen. Dreimal, viermal schnitt sein Bauch noch durch die schäumenden Kämme. Dann kam es frei und stieg. In weiten Spiralen schraubte es sich in die Höhe. Hobby und Pender blickten auf den Höhenzeiger in der Mittelkabine. Dessen Zeiger kletterte, ein Kilometer . . . zwei Kilometer . . . zweieinhalb Kilometer . . . dann wurde es plötzlich dunkel um sie, so tiefe Nacht, daß sie kaum noch die nächsten Gegenstände erkennen konnten.

Kelly fuhr aus seinem Sinnen auf, als die Dunkelheit einbrach.

Heinecken drehte einen Wandschalter. Das Licht der Deckenbeleuchtung flutete durch den Raum.

»Wir müssen die Wolkendecke durchstoßen«, sagte er. »Scheinen gerade ein besonders dusteres Stück davon erwischt zu haben.«

Immer noch stieg ›St 2‹, immer noch kletterte der Zeiger des Höhenmessers. Drei Kilometer . . . vier Kilometer . . . die Dunkelheit vor den Kabinenfenstern wurde etwas lichter. Viereinhalb Kilometer . . . sie wich einem weißlichen Nebel . . . fünf Kilometer . . . plötzlich fiel Sonnenlicht in den Raum. Bizarre Nebelgebilde wogten unter dem Schiff, während sich über ihm der wolkenlose Himmel spannte.

»Fünf Kilometer«, sagte Hobby und stieß Pender an, »Thomson wird guttun, in fünf Kilometer Höhe zu fliegen. Hoffentlich spielen ihm seine Motoren keinen Streich.«

Pender antwortete nicht. Wie gebannt hing sein Blick an dem Höhenzeiger. Sieben Kilometer, neun Kilometer, elf Kilometer . . . schon lag das wogende Nebelmeer tief, tief unter ihnen.

Dabei kreiste ›St 2‹ noch immer über der Stelle, von der es aufgestiegen war. Weit im Westen sank die Sonne unter den Horizont. Im Osten, dort wo hinter der Wasserwüste der afrikanische Kontinent lag, kam der volle Mond über die Kimme. Die Borduhren von ›St 2‹, auf American Eastern Time gestellt, zeigten eben erst die vierte Nachmittagsstunde. In New York war zu dieser Zeit noch heller Tag. Aber die Stelle, wo der ›Eagle 1‹ sein Grab in den Wellen gefunden hatte, lag ja viele Breitengrade östlicher als die Hudson-Metropole.

Heinecken blickte nachdenklich vor sich hin. Langsam kamen die Worte von seinen Lippen:

»Es gibt für die andern, die noch im Rennen sind, einen Nachtflug bei schwerem Oststurm über den Atlantik. Wir wollen die Entscheidung darüber, wohin wir Sie bringen sollen, Mr. Kelly, bis morgen aufschieben. Ich möchte vorläufig zwischen der amerikanischen und japanischen Rennstrecke kreuzen. Es könnte sein, daß man uns in dieser Nacht noch braucht.«

Kelly nickte nur. Nach so jähem Sturz aus Siegeshoffnungen war ihm alles gleichgültig. Mochte der Deutsche ihn bringen, wohin er Lust hatte. Seine Gedanken weilten bei dem Schwesterschiff, dem ›Eagle 2‹, der jetzt die letzte Hoffnung der Reading-Werke trug. Würde James Thomson auch ein Opfer der unbekannten Gegner werden? Oder würde er die Warnung beherzigen, die er ihm während der letzten Minuten vor seinem Sturz noch gefunkt hatte? –

Gerade, während Kelly es dachte, hatten Thomson und seine Leute in Porto Alegre ihre handgreifliche Auseinandersetzung mit Mr. Adams beendet, und mit frisch gefüllten Tanks setzte der ›Eagle‹ seinen Weiterflug über den Atlantik fort. Um die gleiche Zeit ungefähr verließ auch die erste japanische Maschine bei Villa Nova unter dem zehnten Grad südlicher Breite die amerikanische Ostküste und begann den langen Seeflug.

Wer den Globus nur oberflächlich betrachtete, hätte in diesem Augenblick wohl meinen können, daß die Siegesaussichten zwischen Japanern und Amerikanern wieder ziemlich gleich verteilt seien. Aber tatsächlich hatte der ›Eagle 2‹ die Hälfte seiner langen Reise ja bereits am Juruena vollendet, das japanische Flugzeug dagegen erst in dem viel weiter östlich gelegenen Joazeiro. Trotz des schweren Unfalles, den die amerikanische Maschine am Amazonas erlitten hatte, lag sie immer noch mit ungefähr 2000 Kilometer Vorsprung vor der japanischen. –

In der fünften Nachmittagsstunde wurden die beiden Nachrichten von der Katastrophe des ›Eagle 1‹ und von dem Stand des Rennens zwischen ›Eagle 2‹ und der ersten japanischen Maschine durch den Reading-Sender in New York verbreitet. Mit verbissenem Ingrimm vernahm die Bevölkerung die Kunde von dem Attentat, dem Frank Kellys Flugzeug zum Opfer gefallen war. Hätten sie in diesem Augenblick den Verbrecher gehabt, er wäre von der empörten Menge sofort gelyncht worden. Die Stimmung wurde wieder besser, als die zweite Nachricht vom Weiterflug des ›Eagle 2‹ aus Porto Alegre und von seinem günstigen Stand im Rennen gemeldet wurde. –

Zu ihrem Leidwesen waren die Herren Harrow und Bradley nicht mehr in der Lage, sich an der Verbreitung dieser wichtigen Nachrichten zu beteiligen, da die Polizei ihre Lichtreklame verboten hatte. Trotzdem war ihre Stimmung nicht schlecht. Sie waren die einzigen Bürger der amerikanischen Union, welche die Nachricht vom Untergang des ›Eagle 1‹ mit einer gewissen Befriedigung vernommen hatten.

Im Chefkabinett des Wettbüros rieb sich der lange Harrow vergnügt die Hände.

»Gott sei Dank, Bradley, daß wir den ›Eagle 1‹ los sind. Ich hoffe, die Stundenzahl von 86 wird uns nicht mehr gefährlich werden.«

»Wäre dringend zu wünschen«, brummte Bradley, der eine statistische Aufstellung vor sich liegen hatte. »Die Zahlen von 84-88 sind scheußlich überbesetzt. Wenn einer innerhalb der Zeit ankommen sollte, können wir den Laden zumachen und nach Kanada verduften.« –

Noch ein anderes Paar vernahm die Kunde vom Untergang des ›Eagle 1‹ mit Vergnügen, die Herren Yoshika und Hidetawa. Sie hatten ihr Laboratorium in Hackensack aufgegeben. Die verschiedenen im Rennen befindlichen Flugzeuge hatten sich ja inzwischen so weit von New York entfernt, daß irgendein Eingreifen von dieser Stadt aus nicht mehr möglich war. Es hatte keinen Zweck mehr, hier irgendwelche höllischen Chemikalien zusammenzubrauen.

Im großen und ganzen waren sie mit dem, was sie bisher geleistet hatten, nicht unzufrieden. Daß freilich der Versuch, die Tanks der ›Seeschwalbe‹ mit Sprengöl zu laden, vorbeigelungen war, blieb ärgerlich. Erst vor wenigen Stunden hatten sie die Einzelheiten darüber erfahren. Monsieur Beumelé war, mehrfach bandagiert, grün- und blaufleckig im Gesicht bei ihnen aufgetaucht. Er hatte das schnellste Verkehrsflugzeug der Linie Frisko–New York benutzt, um zu ihnen zu eilen und ihnen sein Mißgeschick zu klagen. Doch er fand wenig Gegenliebe bei den Japanern. Seine Hoffnung, noch ein Schmerzensgeld aus ihnen herauszupressen, ging nicht in Erfüllung. Mit einer Fahrkarte für die Touristenklasse und einer verhältnismäßig geringfügigen Summe hatten sie ihn auf den nächsten Europadampfer abgeschoben. Mochte Frankreich mit ihm glücklich werden!

Dafür war die Sache mit Mr. Adams offenbar besser gegangen. Der gefährlichste Konkurrent, der ›Eagle 1‹, war erledigt. Die Meldung, die allen anderen Bewohnern der Riesenstadt unverständlich blieb, die Meldung, daß die Außenhaut des ›Eagle‹ einer unerklärlichen Zerstörung anheimgefallen war, war Yoshika und Hidetawa kein Rätsel. Schon bei den ersten Worten jener Funkdepesche wußten sie, daß ihre Säuren gewirkt hatten. Erwartungsvoll vernahmen sie jetzt aus dem Lautsprecher die Nachricht vom Start des ›Eagle 2‹ in Porto Alegre.

Yoshika zog eine Schublade auf und nahm ein Bündel halbierter Banknoten heraus. Wie spielend glitten seine Finger über die Scheine. Sein Blick ging zur Uhr. Vielleicht noch zwei . . . höchstens drei Stunden, dann würde die bewährte Mischung auch den Rumpf des ›Eagle 2‹ zerfressen haben. Dann würde auch dieser unbequeme Wettbewerber sein Ende in den Fluten des Atlantik finden.

Unangenehm war es nur, daß die deutschen Stratosphärenschiffe immer gerade bei solchen Zwischenfällen auftauchten. So war es schon bei der ›Seeschwalbe‹ und jetzt wieder beim ›Eagle 1‹. Doch immerhin mochte dies mysteriöse Schiff auch noch beim Ende des ›Eagle 2‹ zugegen sein, aufzuhalten war dessen Untergang ja nicht. Das wußten Yoshika und Hidetawa genau. Sie hatten die höllische Säure vor ihrer Verwendung genügend erprobt.

Unmerkbar für das Auge ging sie mit dem Lack des Anstriches eine neue gefährliche Verbindung ein. Erst wenn das geschehen war, traten gewisse optische Erscheinungen, insbesondere ein Irisieren auf. Aber dann war es schon längst zu spät. Dann fraß dieser höllische Stoff schon an dem unter der ursprünglichen Lackschicht liegenden Metall, fraß unaufhaltsam weiter, bis die Zerstörung vollendet war. So war es dem ›Eagle 1‹ gegangen und so würde es bald auch dem ›Eagle 2‹ geschehen.

»Es ist sehr viel Geld, was wir Adams zahlen müssen«, sagte Yoshika und spielte mit den halbierten Banknoten.

»Nicht zuviel, Yoshika, wenn er leistet, was er leisten soll«, meinte Hidetawa, »ich denke, jetzt wird er schon auf dem Wege zu uns sein, um sich seine Belohnung zu holen. Wir dürfen ihm das Geld nicht vorenthalten, wenn er seinen Auftrag ausgeführt hat.«

Während Hidetawa sprach, hatte Yoshika die Banknotenhälften nach Art eines Kartenfächers ausgebreitet. Plötzlich stutzte er und fiel Hidetawa, der noch weitersprechen wollte, in seine Rede:

»Ich begreife nicht, wir haben Adams doch die Banknotenhälften ohne Nummern gegeben. Die Hälften mit den Nummern müßten hier sein, aber . . .«

Hidetawa trat zu ihm, nahm ihm die Scheine aus der Hand und betrachtete sie von allen Seiten.

»Unglaublich!« entfuhr es ihm, »nur die beiden ersten tragen Nummern. Wie ist das möglich?«

Yoshika wiegte nachdenklich den Kopf.

»Ein sehr geschickter Taschenspieler, dieser Adams. Anders kann ich es mir nicht erklären. Er muß die beiden Pakete vor unsern Augen vertauscht haben.

13 000 Dollar könnte er sich jetzt bei der Bank direkt holen, ohne uns weiter zu bemühen. Aber wenn ihm auch der Streich gegen den ›Eagle 2‹ gelingt, wird er die übrigen 2000 Dollar nicht schießen lassen. Wenn er hierher kommt, wollen wir ihn fragen, wie er die Vertauschung bewerkstelligt hat.«

»Das wollen wir!« sagte Hidetawa.

Weder Yoshika noch Hidetawa konnten ja ahnen, daß Mr. Adams zu dieser Zeit sich bereits in der Obhut einer brasilianischen Gefängnisverwaltung befand, und daß die Banknotenhälften längst in Watsons Brusttasche steckten.

Für Watson aber sollte die Verwechslung erfreuliche Folgen haben. Vierzehn Tage später war er in Bay-City in der angenehmen Lage, sein Bankkonto um 13 000 Dollar zu verbessern. –

Kopfschüttelnd legte Yoshika die Banknotenhälften wieder in die Schublade zurück.

»Wir müssen abwarten, Hidetawa, wie sich die Dinge entwickeln. Wenn beide Eagle-Maschinen ausfallen, steht das Rennen für unsere Leute nicht schlecht.«

Noch ehe Hidetawa antworten konnte, mischte sich der Lautsprecher wieder ein.

›Französische Kontrollstelle auf der Insel Warekauri. Papillon-Maschine landet 2 Uhr 30 Minuten Eastern Time. Flugdauer 50 Stunden 30 Minuten. Durchschnittsgeschwindigkeit 397 Stundenkilometer.‹

Yoshika biß sich zornig auf die Lippen.

»397 Stundenkilometer! Der Franzose war um sieben Kilometer in der Stunde schneller als wir? Warum kommt die Meldung erst jetzt durch? Warum die Verspätung von fast drei Stunden in der Benachrichtigung?«

Hidetawa zuckte die Achseln.

»Wer kann das wissen, Yoshika. Vielleicht schlechtes Funkwetter über dem Pazifik.«

Noch ehe er geendet, meldete sich der Lautsprecher wieder.

›Englische Kontrollstation auf der Nordinsel von Neuseeland. Zwei Fisher-Ferguson-Maschinen 3 Uhr 30 Eastern Time angekommen. Flugdauer 51 Stunden 30 Minuten. Durchschnittsgeschwindigkeit 390 Stundenkilometer.‹

Der Lautsprecher sagte noch etwas von atmosphärischen Störungen über dem Stillen Ozean und von der Unmöglichkeit, rechtzeitiger mit den Neuseeländischen Inseln in Verbindung zu kommen. Die beiden Japaner hörten es kaum. Schweigend blickten sie sich an. Auch ohne Worte wußte jeder von ihnen um die Gedanken des andern. Nach diesen letzten Meldungen stand das Rennen unentschiedener denn je und für Japan keineswegs günstig. Auch wenn man von den Amerikanern absah, lagen die deutsche ›Seeschwalbe‹ und die italienische ›Gamma Romea‹ mit großem Vorsprung an der Spitze. Dann kam die französische Papillon-Maschine und danach erst an vierter bis fünfter Stelle lagen die Japaner mit den Engländern zusammen im Rennen.

Hidetawa ließ sich verdrossen in einen Sessel fallen. Yoshika versuchte ihn zu trösten.

»Unser Auftrag ging nur dahin, die amerikanischen Flugzeuge aus dem Rennen zu bringen. Wenn uns das gelingt, haben wir die uns auferlegte Pflicht getan. Gegen die andern Maschinen sind andere Agenten eingesetzt worden.«

Hidetawa schüttelte den Kopf:

»Die ›Seeschwalbe‹, Yoshika! Sie ist uns entgangen, und sie liegt jetzt mit an der Spitze des Rennens.«

Yoshika pfiff durch die Zähne.

»Das Rennen ist noch nicht zu Ende, Hidetawa. In Arabien warten unsere Leute schon auf die ›Seeschwalbe‹.«

*

Die letzte Nachricht über die ›Seeschwalbe‹ besagte, daß das Flugzeug mittags 11 Uhr 45 nach New Yorker Zeit die deutsche Kontrollstation bei Claryland erreicht hatte. Es war eine der letzten Nachrichten, welche die Herren Harrow & Bradley noch in Flammenschrift veröffentlichen konnten, bevor die Polizei ihnen ihre Projektionsleinewand konfiszierte.

Aus der Richtung der Cook-Inseln, von Nordosten her, kam die ›Seeschwalbe‹ an den vereisten Rand des antarktischen Landes heran. Die geographischen Verhältnisse der Kontrollstation hier im südpolaren Gebiet waren denen der Startstelle in der Schreckensbucht sehr ähnlich. Auch hier ein steil aus der See steigendes vereistes Plateau, auf dem die verschiedenen Baulichkeiten der Station errichtet waren. Dicht davor eisfreies Wasser, auf dem die Flugzeuge gefahrlos niedergehen und Treibstoff nehmen konnten.

Die Ortszeit von Claryland unterscheidet sich um zehn Stunden von derjenigen New Yorks. Als der Rumpf der ›Seeschwalbe‹ auf dem Wasser des Südlichen Eismeeres aufsetzte, war es in New York Mittag. In Claryland erst zwei Uhr nachts. Aber die Kontrollstation lag ja auf dem südlichen Polarkreis, und man schrieb den 23. September. Schon war die Sonne sichtbar. Dicht über dem Horizont vollendete sie in 24 Stunden ihre Bahn und übergoß die Polarlandschaft mit einem trüben rötlichen Dämmerlicht.

In einer Barkasse, von deren Heck das Sternbanner wehte, fuhr Mr. Vandersteen, der Zeitnehmer des Kuratoriums, zur ›Seeschwalbe‹ hin und stellte ihre Ankunftszeit und bisherige Flugdauer fest. Er tat es mit gemischten Gefühlen, denn instinktiv fühlte er, daß das deutsche Flugzeug der gefährlichste Wettbewerber seiner Landsleute in dem ganzen Rennen war. Trotzdem lud er die deutschen Piloten zu einem Imbiß ein.

»Keine Zeit, Mr. Vandersteen! Wir haben große Eile. Die Eagle-Maschinen sind verflucht schnell«, meinte Hein Eggerth mit einem spitzbübischen Lachen, »wir müssen uns dranhalten, wenn wir Ihren Preis nach Hause bringen wollen.«

In einer knappen Viertelstunde hatte die ›Seeschwalbe‹ neuen Treibstoff genommen. Schon um 12 Uhr nach amerikanischer Ostzeit startete sie nach der vorgeschriebenen Haltezeit zum Weiterflug.

Kopfschüttelnd blickte Vandersteen vom Klippenrand der entschwindenden Maschine nach. Er wußte, daß ihr ein langer gefährlicher Seeflug über den Indischen Ozean bevorstand. Rund 11 000 Kilometer war es von Claryland bis zur afrikanischen Somaliküste. Die einzige Möglichkeit, unterwegs Treibstoff zu nehmen, bot sich allenfalls auf der Insel Mauritius, aber der Weg bis dorthin war auch 8000 Kilometer lang. Wie sollte das Flugzeug ihn mit der Ölmenge, die es in Claryland an Bord genommen hatte, glücklich hinter sich bringen?

Noch bevor der Amerikaner eine Antwort auf seine Frage gefunden hatte, brauste die See vor ihm unter einem neuen Anprall auf. Das deutsche Stratosphärenschiff, ›St 1‹, war niedergegangen und trieb mit langsam laufenden Propellern der Küste zu.

Wolf Hansen hatte nicht geringere Eile als Hein Eggerth. Während Vandersteen mit seinen Leuten noch einmal in seine Barkasse kletterte, um auch bei dem Stratosphärenschiff seines Amtes als Zeitnehmer zu walten, begannen bereits die Ölpumpen zu arbeiten. Bis an den Rand füllte ›St 1‹ seine mächtigen Tanks, um dann der ›Seeschwalbe‹ nachzueilen. Nur eine Stunde nahmen die beiden deutschen Maschinen zusammen die Zeit von Mr. Vandersteen in Anspruch, dann konnte er sich seiner wohlverdienten Nachtruhe hingeben. –

Zu der Zeit ungefähr, zu der Heinecken mit ›St 2‹ die Besatzung des weidwunden ›Eagle 1‹ in Sicherheit brachte, war die ›Seeschwalbe‹ bereits 2000 Kilometer von Claryland entfernt und kreuzte eben den 60. Grad südlicher Breite. Von Nordwest her war sie nach Claryland gekommen. Jetzt flog sie nach der Angabe des Kompasses in reiner Nordostrichtung. Der Kurswechsel war zustandegekommen, obwohl sie ständig dem größten Erdkreis ihrer Route folgte. So ging es ja allen Flugzeugen, die in diesem gigantischen Rennen lagen. Stetig verfolgten sie ihren gradlinigen Kurs und ständig drehten sich dabei die Himmelsrichtungen um sie. –

Während in New York die Nacht des dritten Renntages hereinbrach, verfolgte die ›Seeschwalbe‹ ihre Route über den Indischen Ozean bei hellem Tageslicht.

»Wir haben Glück«, sagte Bert Röge zu Hein Eggerth, als die Maschine auf dem 50. Breitengrad aus einem dichten Nebel heraus in hellen Sonnenschein kam. »Es hätte schlimmer werden können. Ein Nebelflug ist kein reiner Genuß.«

»Glück muß der junge Mann haben!« lachte Eggerth. »Aber du hast recht, Bert. Die Geschichte hätte eklig werden können, wenn auch die Station auf Claryland im Nebel lag. Da hätten wir unter Umständen lange peilen und suchen können.«

Eggerth saß am Steuer. Während er die Seekarte vor sich ein Stückchen weiter schob, stieß er Röge in die Seite.

»Bitte munter, Bert! Nimm den Sextanten und mache eine möglichst anständige Ortsbestimmung.«

Seufzend erhob sich Röge.

»Ein Sklavendasein, Hein! Ich soll alles an Bord machen. Das Faultier, der Schmieden, hat sich schon gleich hinter Claryland wieder aufs Ohr gelegt.«

»Laß ihn, Bert! Wer schläft, der sündigt nicht.«

Nach kurzer Zeit hatte Röge die neue Ortsbestimmung.

»40 Grad Süd, 73 Grad Ost«, meldete er das Ergebnis an Eggerth. Der trug die Position in die Seekarte ein.

»So, Bert! Dann wird es Zeit, daß wir mit ›St 3‹ in Verbindung kommen.«

Röge griff zu den Kopfhörern und nahm das Funkgerät in Betrieb.

»Scheren Sie sich aus der Leitung!« brummte er vor sich hin, als ihm die Morsezeichen von ›St 1‹ in die Ohren drangen. Er fingerte weiter an den Abstimmknöpfen, und dann hatte er ›St 3‹ gefaßt. Bald war ein lebhaftes Funkergespräch zwischen Röge in der ›Seeschwalbe‹ und dem dicken Kraus in Gang, der die Morsetaste in ›St 3‹ bediente. Röge wollte Näheres über das Abenteuer in Westaustralien hören. Wie es ›St 3‹ da gelungen sei, die englischen Piloten in der Wüste zu finden und auch noch die Fisher-Ferguson-Maschine glücklich nach Coolgardie abzuschleppen.

›War eine dolle Geschichte!‹ funkte Kraus zurück. ›Die Englishmen haben große Augen gemacht, als wir mit ihrer Maschine im Schlepp über Coolgardie erschienen. Noch größere, als wir die Kiste aufsetzten, ohne Kleinholz zu machen. Das muß ich Ihnen mündlich erzählen.‹

Dann brach Kraus seine Meldungen ins Geschäftliche ab. Er wünschte die genaue Position der ›Seeschwalbe‹ zu wissen und funkte noch allerlei, warum die lahme Ente, die ›Seeschwalbe‹, sich denn nicht früher gemeldet hätte.

Röge gab die Position und protestierte energisch gegen die ehrenrührige Bezeichnung seines Flugzeuges.

So spritzten die Funkdepeschen zwischen der ›Seeschwalbe‹ und ›St 3‹ hin und her. Derweil hatte Wolf Hansen in ›St 1‹ die Hörer an den Ohren und amüsierte sich.

»Die beiden sind mal wieder gut, Georg«, meinte er zu Berkoff. »Der dicke Kraus in ›St 3‹ und Röge werfen sich gegenseitig Liebenswürdigkeiten an den Kopf. Letzte Position der ›Seeschwalbe‹ war 40 Süd und 73 Ost. Drehe ordentlich Dampf auf, damit wir zu dem Rendezvous nicht zu spät kommen. Das wird ein rührendes Wiedersehen zwischen Kraus und Röge geben.«

Noch während er die letzten Worte sprach, machte Hansen sich daran, seinerseits eine möglichst genaue Ortsbestimmung für ›St 1‹ zu nehmen. Er trug sie in die vor Berkoff ausgespannte Karte ein, auf der die letzte Position der ›Seeschwalbe‹ bereits verzeichnet war. Berkoff änderte den Kurs ein wenig und ließ alle Motoren mit voller Kraft laufen. Und so ereignete sich eine Stunde später unter 38 Grad Süd und 67 Grad Ost eine merkwürdige Begebenheit.

Bert Röge und Hein Eggerth riefen fast gleichzeitig »Da kommt ›St‹!«

Aber dabei sah Röge nach Steuerbord und Bert nach Backbord aus den Fenstern der ›Seeschwalbe‹ heraus.

»Da ist es«, rief Röge und deutete mit der Hand hinaus.

»Nein, da drüben kommt es«, verbesserte ihn Eggerth, folgte dann einen Augenblick der weisenden Hand des andern und schlug sich auf den Schenkel.

»Menschenskind, Bert! Du hast wahrhaftig recht. Tres faciunt Collegium! Da kommen mitten im Indischen Ozean drei Maschinen aus Bitterfeld zusammen. Die Sache ist lustig.« –

Dann schaukelten die drei Flugzeuge dicht nebeneinander auf den Ozeanwellen. Kraus von ›St 3‹ warf eine Trosse zur ›Seeschwalbe‹ hinüber, die Röge geschickt auffing und festmachte. Gleich darauf schob Kraus den Füllschlauch von ›St 3‹ zur ›Seeschwalbe‹ hinüber, und eine Pumpe begann zu arbeiten. Währenddessen stand Eggerth in der Achterkabine der ›Seeschwalbe‹ und rüttelte den verschlafenen Schmieden munter.

»Kurt, steh auf! es sind ein paar Bitterfelder da, die dir guten Tag sagen wollen.«

»Die Organisation unseres Alten arbeitet mal wieder tadellos«, sagte zur gleichen Zeit Röge zu Kraus. »Das hat er fein ausgeknobelt, wie er euch hier als Tankstelle für uns rankommandiert hat.«

Kraus nickte zustimmend.

»Sie haben recht, Röge. Wir bekamen seinen Funkspruch aus Bitterfeld gerade, als wir die englische Maschine in Coolgardie abgesetzt hatten. Befehl, sofort nach Carnarvon an der australischen Westküste zu fliegen, uns bis an die Klüsen voll Treiböl laufen zu lassen und euch danach hier auf dem halben Wege nach Mauritius abzupassen. Hat mal wieder großartig geklappt.«

»Kleine Ursachen, große Wirkungen«, lachte Röge, »wenn ich's so bedenke, die Italiener müssen auf ihrer Route von den Haymet-Klippen bis zur Delagoa-Bai einen Haufen dicker Schiffe aufbauen, um den Flug ihrer Leute zu sichern, und unser alter Professor macht's mit einem einzigen lumpigen Stratosphärenschiff.«

»Oho!« fiel ihm Kraus ins Wort, »von wegen ›lumpig‹, das nehmen Sie mal gefälligst schnell zurück. Zwei gute Stratosphärenschiffe ›St 1‹ und ›St 3‹ bemühen sich um die ›Seeschwalbe‹ wie zwei Kindermädchen um ein Baby, und . . .«, fuhr er fort, obwohl Röge ihn unterbrechen wollte, »am besten hätten wir noch ›St 2‹ hier, damit wir das Kind sicher nach Hause bekommen. Weiß der Teufel, wo Heinecken sich mit seinem Kahn rumtreibt. Der scheint sich ja inzwischen als Spezialschutzengel für die Amerikaner etabliert zu haben.« –

Die Tanks der ›Seeschwalbe‹ waren wieder gefüllt.

»Wo werden Sie bleiben?« fragte Röge, bevor es zum Abschied ging.

»Alles schon vom Professor angeordnet, lieber Röge! Wir gehen gleich nach Carnarvon zurück, fassen neues Öl und folgen Ihnen zur Somaliküste.«

»Warum die ehrenvolle Begleitung?« fragte Röge. »Ich meine, wir hätten an ›St 1‹ Eskorte genug.«

Kraus zuckte die Achseln. Sein Gesicht wurde ernst. »Genau kann ich es Ihnen nicht sagen. Sie wissen, daß Professor Eggerth die Gründe für seine Anordnungen gern für sich behält. Aber denken kann ich mir allerlei. Wenn Sie sich an den Untergang der amerikanischen Eagle-Maschine erinnern, werden Sie vielleicht ähnliche Gedanken haben.«

Röge schüttelte den Kopf.

»Keine Ahnung, Kraus! Bitte schießen Sie los! Was meinen Sie?«

»Ich meine, Röge, daß Ihr Überlandweg von der Somaliküste bis nach Deutschland noch allerlei Gefahren bringen könnte. Das Schicksal des ›Eagle‹ mahnt zur Vorsicht. Deshalb hat der Professor angeordnet, daß wir von Obia aus beständig in Ihrer Nähe bleiben. Ich würde mich nicht wundern, wenn dort noch ›St 2‹ zu uns stieße. Wir werden von dort an immer gemeinschaftlich tanken und die Augen sehr scharf offenhalten.« –

Röge warf die verbindende Trosse los. Ein letztes Winken und Grüßen von beiden Seiten. Dann stürmte die ›Seeschwalbe‹ über das Wasser, hob sich aus den Wellen und flog auf Nordwestkurs davon. Gleich danach starteten auch die beiden Stratosphärenschiffe. ›St 1‹ folgte der ›Seeschwalbe‹. ›St 3‹ nahm reinen Ostkurs, um nach Carnarvon zurückzukehren. –

Am Steuer der ›Seeschwalbe‹ saß Schmieden. Nach einem achtstündigen Schlaf fühlte er sich äußerst frisch und unternehmungslustig. Während er das Flugzeug auf 2000 Meter Höhe brachte und nach der auf der Seekarte eingetragenen Route auf genauen Kurs setzte, fand er noch Zeit und Gelegenheit, seine Shagpfeife anzuzünden. Behaglich sah er den blauen Rauchwölkchen nach, die in einem breiten Sonnenstrahl spielten.

»Eigentlich«, begann er zu Eggerth, »eigentlich ist so ein Weltflug um den Erdball die harmloseste Sache, die ich mir denken kann. Unsere Werkflüge mit der ›Seeschwalbe‹ waren aufregender.«

»Danke deinem Schöpfer, Kurt, daß unser Weltflug bisher unberufen . . . unberufen . . . so harmlos, wie du dich auszudrücken beliebst, verlaufen ist.«

»Aber die Geschichte wird allmählich etwas eintönig . . .«

Eggerth fiel ihm lebhaft ins Wort.

»Je eintöniger, desto besser, Kurt! Denke mal an unsere vielen Werkflüge. Wie oft haben wir da notlanden müssen. Wie oft mußte das Flugzeug auf unsern Lastkraftwagen nach Hause gebracht werden. Dann wurde umgebaut und geändert. Es kamen neue Flüge, neue Umkonstruktionen, bis die ›Seeschwalbe‹ endlich so wurde, wie sie jetzt ist. Wie oft haben wir alle drei in Bitterfeld darüber geschimpft. ›Der Alte wird niemals mit seinen Plänen fertig, dem ist eine Maschine nie gut genug‹, hieß es da oft. Heute weiß ich, was mein Vater damit bezweckte, und ich bin ihm aus tiefstem Herzen dankbar dafür.«

»Bravo, Hein«, rief Röge und schlug Eggerth auf die Schulter. »Du hast mir aus der Seele gesprochen. Auf das Wohl deines Alten Herrn.«

Er tat einen kräftigen Zug aus einem vollen Bierglas und sprach dann weiter.

»Ich bin stolz auf unsere ›Seeschwalbe‹. So regelmäßig wie die Kaffeemühlen mahlen ihre Motoren. Mit einer . . . ich möchte sagen . . . mathematischen Genauigkeit hält sie ihre Tourenzahlen und ihre Geschwindigkeit inne. Ihr habt doch auch die Depeschen über die andern Maschinen gelesen. Wie sind die inzwischen von ihren Anfangsleistungen abgefallen. Unsere ›Seeschwalbe‹ macht immer noch ihre 420 Stundenkilometer, so wie es ihr Konstrukteur wollte.«

»Du irrst dich, Bert«, fiel ihm Eggerth ins Wort. »Die ›Seeschwalbe‹ macht jetzt 430 Stundenkilometer.«

»430 Stundenkilometer?« warf Schmieden dazwischen.

»430«, wiederholte Eggerth, »und das war auch vorgesehen. Wir haben die Maschine über eine Strecke von 2000 Kilometer eingeflogen. So sind wir mit ihr bei der Schreckensbucht in das Rennen gegangen. Die 20 000 Kilometer bis Claryland haben ihr erst so den richtigen letzten Schliff gegeben. Ich denke, sie wird jetzt auf der zweiten Hälfte des Weges immer noch besser werden.«

Schmieden schüttelte ungläubig den Kopf.

»Noch besser, Hein?«

»Jawohl, Kurt! Ich halte es für wahrscheinlich, daß unsere ›Seeschwalbe‹ nach etwa 12 Stunden auf eine Geschwindigkeit von 440 bis 450 Kilometer kommen wird. Damit wird allerdings die Höchstleistung erreicht sein. Danach dürfte es mit der Geschwindigkeit wieder langsam bergab gehen. Aber jede Stunde bringt uns unserm Ziele näher, und bei unserer Ankunft in der Schreckensbucht werden wir immer noch 420 Stundenkilometer haben. Das hat mein Vater sich vorher sehr genau überlegt.«

Schmieden saugte kräftig an seiner Pfeife.

»Alle Wetter, Hein! Wenn das so ist, dann den Hut ab vor deinem Alten Herrn. Wir verbessern uns auf 450. Die Yankees rutschen von ihren 500 auf 450 runter. Da haben wir ja wirklich Aussichten, das Rennen vielleicht zu gewinnen. Bis jetzt habe ich's nicht recht geglaubt.«

»Wir haben die Aussicht, wenn das Wetter uns weiter günstig bleibt«, sagte Eggerth.

»Das Wetter?!« lachte Röge und wies auf die blaue See und den sonnigen Himmel draußen. »Ich denke, wir können uns kein besseres Wetter wünschen.«

»Wir sind auf dem Wege nach Mauritius, Bert.«

»Weiß ich, Hein. Was willst du damit sagen?«

»Hast du schon mal was von Mauritius-Orkanen gehört, Bert?«

Röge zuckte die Achseln.

»Keine Ahnung, Hein. Ich weiß nur von einer roten und blauen Mauritius-Marke, die schandbar selten und teuer sein sollen.«

»Dann laß dir sagen, Bert, daß diese Orkane verheerende Wirbelstürme sind, die von den Sundainseln nach Mauritius hinüberziehen, und daß sie leider nicht so selten sind, wie die von dir erwähnten Briefmarken. Wir werden gut daran tun, in den nächsten Stunden Wetternachrichten aufzufangen, von woher wir sie nur immer bekommen können.«

»Das heißt, ich soll mich jetzt an das Radio setzen«, sagte Röge mit einem sauren Gesicht. »Schade, ich wollte mich eigentlich schlafen legen.«

Eggerth schüttelte den Kopf.

»Hier ist die Gegend nicht zum Schlafen geeignet, mein lieber Bert. Wir müssen rechtzeitig wissen, was auf der Strecke Sumatra-Mauritius los ist.«

»Na und, Hein? Wenn der Teufel wirklich so einen Wirbelsturm aus dem Sack gelassen hat? Was können wir da tun?«

»Allerlei, mein Lieber. Diese Orkane haben die Gewohnheit, bei Mauritius nach Südosten abzubiegen. Der Wirbelsturm würde uns also gerade entgegenkommen. Wir müßten also nach Westen ausbiegen, um ihm aus dem Wege zu gehen. Denke an Eckener, Bert! Man muß das Wetter beizeiten riechen, dann bringt man sein Schiff oder Flugzeug glücklich ans Ziel.« –

Die Stunden verstrichen, die Abenddämmerung kam herauf. Unermüdlich arbeitete Röge am Funkgerät. Er suchte Verbindung mit festen Stationen und Schiffen im Norden, um Wetternachrichten zu empfangen. Bei dem großen Interesse, das die ganze Welt an dem Reading-Rennen nahm, waren die angerufenen Stellen bereitwillig, ihm jede gewünschte Auskunft zu geben, und bald bedeckten sich die Seiten seines Schreibblockes mit Meldungen über Windstärken und Windrichtungen aus allen Teilen des nördlichen Indischen Ozeans.

Brummend schob er die Zettel Eggerth zu. »Da soll der Teufel draus klug werden, Hein. Scheint mir meistens Kohl zu sein, was die Leute funken.«

Hein Eggerth nahm sich eine Seekarte vor und begann die verschiedenen Meldungen in Form von Windpfeilen einzutragen.

»Leider gar kein Kohl, lieber Bert! Ein nettes solides Wirbelstürmchen ist da eben westlich von Sumatra im Entstehen begriffen. Ein Glück, daß wir nicht März, sondern September schreiben. Im März sind die Stürme besonders schlimm. Wollen doch mal gleich sehen, was mein Alter Herr darüber vermerkt hat.«

Er stand auf und holte ein Buch. Es war die ziemlich umfangreiche Segelanweisung, die Professor Eggerth seinen Piloten mit auf den Weg gegeben hatte. Hein Eggerth blätterte, las, rechnete und ließ das Buch dann sinken.

Die Sonne war inzwischen in das Meer gesunken; tief rotglühend war sie in die blaue Flut getaucht. Fast unmittelbar danach brach die Nacht an. Für eine halbe Stunde gab nur der sternklare Himmel dem über die endlose Wasserfläche jagenden Flugzeug ein schwaches Licht auf den Weg. Dann kam von Osten her die volle Mondscheibe herauf.

»Das Wetter ist vorzüglich«, trumpfte Röge auf, »es ist zum mindesten so gut wie gestern. Es ist ein prima primissima Wetter.«

»Das Wetter ist oberfaul, mein Lieber«, widersprach Eggerth, der unermüdlich weitergerechnet hatte.

»Der Alte Herr hat uns hier eine ganze Menge über die Geschwindigkeiten aufgeschrieben, mit denen die Orkane nach Westen wandern. Aber wie ich's auch drehe, das Resultat bleibt immer dasselbe. Wir kommen an dem Sturm nicht vorbei. Wenn wir unsern Kurs auf Mauritius beibehalten, laufen wir dort gerade in das Sturmzentrum hinein.«

Röge hatte wieder die Kopfhörer an den Ohren und fingerte an den Abstimmknöpfen des Funkgerätes herum. Er schrieb und schob den Zettel Eggerth zu. Der las ihn.

»Da haben wir die Geschichte schon, Bert. SOS-Ruf vom Dampfer ›Cyanous‹. Position 65 Ost und 10 Süd. Das Sturmzentrum wandert noch schneller, als ich annahm. Wir müssen nach Westen ausbiegen, Kurs auf Madagaskar nehmen.«

»Schön gesagt, nach Madagaskar ausbiegen . . .« brummte Röge. »Wo sollen wir tanken? Unser Treibstoff liegt in Port Louis auf Mauritius.«

»Du hast recht, Bert. Gestatte bitte.«

Hein Eggerth nahm Röges Platz am Funkgerät ein, und die Morsetaste begann unter seinen Fingern zu klappern. Er sprach mit ›St 1‹, er funkte mit ›St 3‹, er hörte deren Antworten, gab Weisungen, und während die Stunden der Nacht langsam verstrichen, ereignete sich mancherlei, was durch diese Funksprüche verursacht war. –

Um sieben Uhr morgens nach New Yorker Zeit oder um 11 Uhr abends nach Ortszeit ging die ›Seeschwalbe‹ mit beinahe leeren Tanks unter 47 Grad östlicher Länge und 10 Grad südlicher Breite auf dem offenen Ozean nieder. Fast gleichzeitig wasserte neben ihr ›St 1‹.

Auf die Sturmwarnung Eggerths hin war das Stratosphärenschiff mit Höchstgeschwindigkeit nach Mauritius gestürmt. Es erreichte Port Louis noch vor der Ankunft des Orkans, füllte seine Behälter mit Treibstoff und jagte danach sofort westwärts weiter zu dem von Eggerth bestimmten Treffpunkt.

Jetzt lag es Seite an Seite mit der ›Seeschwalbe‹. Das Meer war hier verhältnismäßig ruhig. Nur eine lang auslaufende Dünung zeugte von den Stürmen, die im Osten tobte. Ohne Schwierigkeiten ließ sich die Treibstoffübernahme bewerkstelligen. Eine knappe halbe Stunde später stieg die ›Seeschwalbe‹ schon wieder mit frisch gefüllten Tanks auf und nahm Kurs auf Obia an der Somaliküste.

Fast zur gleichen Zeit, zu der ›St 1‹ neben der ›Seeschwalbe‹ lag, zog ›St 3‹ seine Kreise über dem sinkenden ›Cyanous‹. Auf den Funkspruch Eggerths hatte dies Stratosphärenschiff Kurs auf den in Seenot befindlichen Dampfer gesetzt.

Der ›Cyanous‹, ein Frachtdampfer von 2000 Tonnen, lag, als ›St 3‹ ihn erreichte, in verhältnismäßig ruhigem Wasser. Er befand sich genau im Zentrum des Tornado, in dem ja fast Windstille zu herrschen pflegt, aber er war durch die äußere Sturmzone gegangen und dabei zu einem lecken Wrack geschlagen worden. Und er würde bald – denn der Zyklon wanderte ja schnell nach Westen weiter – zum zweiten Male in die Sturmzone geraten und dabei unweigerlich in die Tiefe gehen. –

Die Minuten waren kostbar, aber ›St 3‹ wußte sie zu nutzen. Als der Wind wieder anschwoll und die See von neuem hohl wurde, stand es schon 3000 Meter über dem Wrack des ›Cyanous‹ und schraubte sich immer höher hinauf in die Stratosphäre, bis zu der keine Stürme und Orkane heranreichen. Die Besatzung des englischen Frachtdampfers, zwölf Köpfe stark, hatte ›St 3‹ wohlgeborgen an Bord.

So weit war alles in Ordnung, und die Eggerth-Werke in Bitterfeld durften im Laufe der nächsten Monate auf ein Dankschreiben der englischen Schiffahrtsbehörde rechnen. Aber etwas anderes machte Rudolf Kraus Sorge. Zwölf Schiffbrüchige, zwölf ausgehungerte englische Seemannsmägen an Bord, und dazu nur bescheidenen Proviant für die zwei Menschen, welche die normale Besatzung des Stratosphärenschiffes bildeten. Daneben die Unmöglichkeit, wegen des Orkanes das nächstgelegene Land, die Insel Mauritius, anzufliegen. Ein Ausweg aus dem Dilemma mußte gesucht werden, und nach kurzer Beratung fanden ihn Rudolf Kraus und Peter Pedersen, die beiden Piloten von ›St 3‹. –

Die französische Hafenwache in Tamatawe an der Ostküste von Madagaskar war etwas erstaunt, als mitten in der Nacht ein fremdes Flugzeug an der Mole festmachte, und sie wunderte sich noch mehr, als ihr zwölf Schiffbrüchige der im Indischen Ozean untergegangenen ›Cyanous‹ von den Piloten dieses Flugzeuges zur weiteren Betreuung übergeben wurden. Schließlich gab sie sich mit der Erklärung zufrieden, daß die Piloten des Flugzeuges keine Zeit für längere Erklärungen hätten, weil sie das Reading-Rennen mitflögen. Vom Reading-Rennen hatte auch die Hafenwache von Tamatawe schon gehört und war danach im Bilde. Gegen zwei Uhr morgens nach der Ortszeit von Madagaskar war ›St 3‹ der Sorge um seine unfreiwilligen Passagiere enthoben und konnte sich wieder seiner eigentlichen Aufgabe widmen. Mit voller Geschwindigkeit setzte es sich auf die Spur der ›Seeschwalbe‹.

 


 << zurück weiter >>