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Die Entschleierung des Südpols.

siehe Bildunterschrift

Georg von Neumayer, der wissenschaftliche Vorkämpfer der deutschen Südpolarforschung

Im ganzen Mittelalter und in der neueren Zeit bis weit in die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts hinein war man von der Existenz eines grossen zusammenhängenden Südlandes fest überzeugt. Diese Ansicht war uralt, sie ging eigentlich auf die Griechen zurück, die in dem Glauben, dass das feste Land auf der Erde überwiegen müsste, den Indischen Ozean zu einem Binnensee machten und auf ihren Karten Südafrika nach Osten umbogen, bis es Indien erreichte. Der klassische Vertreter dieser Theorie, Ptolemäus, übertrug durch die Autorität seines wissenschaftlichen Rufes diese Ansicht auch auf die Araber, von denen sie wieder die seefahrenden Nationen des mittelalterlichen Europas übernahmen. Als man nun später das Kap der Guten Hoffnung und das Kap Horn umschiffte, gab man nicht etwa die Südlandsidee auf, sondern machte dieses phantastische Südland zu einem selbständigen riesigen Festland, das südlich von Afrika und Amerika die ganze Erde bedecken sollte, um den angehäuften Ländermassen der nordischen Erdhälfte ein Gleichgewicht zu bieten. Auf allen Karten wurde dieses Land recht deutlich abgebildet und mit Buchten und Flüssen und vielen Namen versehen.

Der erste Vorstoss nach Süden geschah schon sehr früh, nämlich im Anfang des sechszehnten Jahrhunderts. Auf seiner Seefahrt, die zur Entdeckung Brasiliens führte, war Cabral 1502 nach Süden ins offene Meer gefahren und sah unter dem 50. südlichen Breitengrad Land. Er wurde dann aber durch Kälte und stürmisches Wetter zur Umkehr veranlasst, vielleicht hatte er die Inselgruppe Südgeorgien gesehen. Fast ein Jahrhundert später, im Jahre 1599, wurde ein holländisches Schiff unter Dirk Gerritsz westlich der Magalhaes-Strasse durch einen Sturm nach Süden verschlagen und erreichte angeblich den 64. Breitengrad, wo es ein felsiges Land sichtete.

Selbst der Holländer Abel Tasman, der 1642 ganz Australien umfuhr und es so als Insel feststellte, war doch der festen Ansicht, dass das von ihm entdeckte Tasmanien, ebenso wie Neuseeland, Ausläufer des grossen Südkontinents seien. In der nun folgenden Zeit wurden zwar zahlreiche Versuche gemacht, über den 60. Breitengrad nach Süden vorzustossen, ohne dass man aber bemerkenswerte Ergebnisse erzielte. Im Jahre 1739 entdeckte eine französische Expedition unter Lozier Bouvet die Bouvet-Insel unter 54 Grad südlicher Breite, und 1772 fand der Bretagner Kerguelen die nach ihm benannte Insel, die er aber für eine Festlandspitze hielt, bis sie drei Jahre später von Cook umsegelt wurde.

Mit Cooks kühnen Reisen begann für die Südpolarforschung eine neue Zeit. 1774 war er bis über den 71. Breitengrad vorgedrungen, ohne aber auf Land zu stossen, und hatte dadurch die Theorie von dem grossen zusammenhängenden Südlande arg erschüttert. Immerhin dauerte es aber bis in die zwanziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts, ehe man seinen Spuren wieder folgte und erfolgreich gegen die von ihm entdeckten Eisbarrieren ankämpfte.

Cook hatte ein weiteres Vordringen gegen den Südpol für unausführbar und auch für gänzlich zwecklos erklärt, ein Ausspruch, der in den nächsten Jahrzehnten viele Forscher abschreckte, bis es im Jahre 1820 und 1821 einer russischen Expedition unter Fabian Gottlieb von Bellingshausen gelang, an sechs Stellen über den Polarkreis hinauszudringen und die Peterinsel und das Alexanderland zu entdecken. Fast gleichzeitig gelang es einem englischen Robbenschläger James Weddell, südlich der Sandwichinseln viel weiter als Cook gegen den Pol vorzudringen. Er gelangte im Jahre 1823 in dem nach ihm benannten Meere bis über den 74. Breitengrad und wurde nur durch den Zustand seiner Schiffe zur Umkehr veranlasst, obgleich die See völlig eisfrei war. Er brachte zuerst die wichtige Nachricht, dass man nach Durchbrechung des Treibeisgürtels in ein fast eisfreies Meer gelangen könnte, in welchem es Scharen von Walfischen und Schwärme von Vögeln gäbe.

Die nächste grosse und sehr ergebnisreiche Südreise unternahm John Biscoe, ebenfalls ein englischer Walfänger, in den Jahren 1830 bis 1832 mit zwei kleinen Schiffen. Er entdeckte nahe bei Alexanderland die Biscoe-Inseln und das erst später so benannte Grahamsland. Seine Schiffe waren aber in einem so schlechten Zustande, dass er sich nur mit Mühe wieder aus dem Eise herausarbeitete und dann auf der Heimkehr noch eins verlor. In diese Zeit fällt auch die phantasievolle Fahrt des Amerikaners Morrell, eines Vorgängers seines Landmanns und angeblichen Nordpolentdeckers Cook, dessen ganze Südpolarreise sich später als von Anfang bis zu Ende erfunden herausstellte. 1838 segelte John Balleng von Neuseeland aus schnurgerade nach Süden und entdeckte die nach ihm benannten Inseln. Um nicht vom Eise erdrückt zu werden, bog er dann nach Westen ab und stellte an verschiedenen Stellen von Wilkes- Land unzweifelhaftes Küstenland fest.

Im Jahre 1840 befand sich ein französischer Erdumsegler Dumont d'Urville in den antarktischen Gewässern. Er stiess wiederholt nach Süden vor und entdeckte ebenfalls vorspringende Punkte von Wilkes-Land. Der Amerikaner Charles Wilke erreichte es dann, dass der ganze Küstenstreifen südlich von Australien nach ihm benannt wurde, obgleich er auf seiner Fahrt im Jahre 1840 das Land wegen der ungeheuren Meeresbrandung gar nicht betreten konnte. Jedenfalls erkannte er den ganzen Landstreifen als Küste eines Festlandes, so dass jetzt zum ersten Male die Idee von einem polaren Südland feste Gestalt bekam, allerdings in einem viel kleineren Masse, als man es jahrhundertelang gedacht hatte.

Die wissenschaftlich wichtigste Südpolexpedition jener Zeit war aber die des 1800 in London geborenen James Clark Ross, des Neffen des Nordpolfahrers John Ross. James Ross hatte sich seit 1819 als Polarforscher betätigt und den magnetischen Nordpol entdeckt. Jetzt sollte er sich mit den beiden Schiffen »Erebus« und »Terror« im südlichen Eismeer betätigen. Ross befand sich auf dem »Erebus«, während der »Terror« von Francis Crozier geleitet wurde.

Im September 1839 verliessen die beiden Schiffe, die auf Anregung der deutschen Gelehrten Gauss und Alexander v. Humboldt hauptsächlich erdmagnetische Forschungen im Süden anstellen sollten, England. Mehr als ein volles Jahr verging damit, an verschiedenen wichtigen Punkten, auf St: Helena, am Kap der Guten Hoffnung, in Tasmanien und auf einer der im südlichen Indischen Ozean gelegenen Crozetinseln magnetische Stationen zu errichten.

Am 12. November 1840 fuhren sie von Hobart auf Tasmanien ab, berührten die Auckland- und Campbell-Inseln und begegneten, scharf nach Süden fahrend, um die Jahreswende dem nordwärts treibenden Packeisgürtel. In einem neuntägigen, sehr gefährlichen Kampf durchbrachen sie die sich gegeneinander schiebenden, bald zusammenfrierenden, bald sich wieder lösenden Schollen und erreichten unter dem 64. Breitengrad wieder eisfreies Meer. Am 8. Januar 1841 wurde zuerst Land erblickt, eine majestätische Gebirgslandschaft mit hohen, in die Wolken hineinragenden Bergen. Die steile Küste war von einer furchtbaren Brandung umtobt, so dass jede Annäherung unmöglich war.

Ross folgte nun der Küste, die bei Kap Adare nach Süden umbog und ihm ein weiteres Vordringen nach dem Pol hin ermöglichte. Das Wetter war sehr günstig und gestattete zahlreiche Bergmessungen. Der höchste Berg, der 4500 Meter hoch war, wurde Mount Melbourne, das ganze Land Viktorialand genannt. Nirgendwo sah man die geringste Spur von Pflanzenleben, wohl aber ungeheure Scharen von zum Teil sehr farbenprächtigen Polarvögeln, unter ihnen den Riesenpinguin.

Bis zum 79. Grad gelangte Ross und sah hier den 3750 Meter hohen, tätigen Vulkan Erebus und den daneben liegenden, etwas kleineren, erloschenen Terror. Ein weiteres Vordringen wurde jetzt durch eine riesenhafte Eismauer verhindert. Vergebens folgte er ihrem Rand nach Osten, nirgendwo fand er eine Oeffnung, so dass er gezwungen war, für diesmal umzukehren und die grosse Bucht, die nach ihm Rossmeer genannt wurde, zu verlassen, besonders, da er hier keinen Hafen zum Ueberwintern fand. Im März 1841 gelangte er wieder nach Tasmanien.

Noch im November desselben Jahres finden wir den kühnen Polarhelden wieder auf der Fahrt nach dem Süden. Er hoffte diesmal, auf demselben Wege neue Entdeckungen zu machen, begegnete aber von Anfang an den grössten Hindernissen. Am 1. Januar 1842 passierte er den Polarkreis, aber er fand jetzt nicht nur bedeutend grössere Eismassen, sondern auch ein sehr ungünstiges Wetter. Am 19. Januar erhob sich ein solcher Sturm, dass die Steuerruder beider Schiffe fast ganz zerstört wurden. Die Expedition geriet in die grösste Gefahr, gelangte aber Anfang Februar unter 68 Grad südlicher Breite in offenes Wasser und konnte ihren Weg fortsetzen. Doch gelang es nicht, weitere Entdeckungen als im Vorjahre zu machen; im März begann die Rückfahrt, die noch grössere Gefahren als die Hinfahrt brachte, so dass die Schiffe nur durch die äusserste Energie ihrer Führer und der Mannschaften dem Untergang entgingen. Sie konnten aber diesmal nicht wieder nach Tasmanien gelangen, sondern wurden durch die Stürme nordostwärts getrieben und gelangten am Kap Hörn vorbei nach Port Louis auf den Falklandinseln. Immerhin hatte Ross auf dieser zweiten Fahrt seinen südlichsten Punkt mit 78 Grad 10 Minuten südlicher Breite erreicht.

Auf den Falklandinseln, wo er nach 138tägiger Fahrt am 6. April 1842 eintraf, überwinterte er. Mit der im Dezember desselben Jahres eintretenden wärmeren Witterung begann er aber auch schon seine dritte Ausfahrt, die diesmal die Polargegend von der entgegengesetzten Seite anfasste. Zunächst bemühte er sich, die schon früher entdeckten Inselgruppen jenseits der Südshetlandsinseln wieder aufzufinden, was ihm auch mit Leichtigkeit gelang. Er berichtigte ihre Lage und arbeitete sich dann durch den Packeisgürtel durch, konnte aber hier nicht über den 71. Breitengrad hinauskommen. Ross fuhr daher nach Nordosten, versuchte auf dem Wege, den Weddell 1823 gewählt hatte, noch einen Vorstoss, der ihn aber auch nicht viel weiter brachte. Im März 1843 entschloss er sich zur Umkehr nach den Falklandinseln, und im Herbst erreichte er glücklich England.

Mit der Rückkehr von James Ross tritt eine lange Pause in der Geschichte der Südpolarforschung ein, die erst wieder in den siebziger Jahren ihr Ende finden sollte. Es begann dann allmählich der lange, zähe Kampf um die Entschleierung der Antarktis, der dann im Jahre 1911 seinen vollen Erfolg finden sollte.

Von drei Seiten wurde dieser Kampf geführt: von der Inselgruppe aus, die südlich vom Kap Horn sich um das Grahamland gruppierte, vom Viktorialand mit der von Ross entdeckten, weit vorgeschobenen Bucht und schliesslich vom Wilkeland aus. Die Gegend des Grahamlandes war insofern günstig gelegen, weil sie so nahe an bewohnte Gegenden wie die Falklandinseln und das Feuerland heranstiess.

Im Anfang der siebziger Jahre hat der Deutsche Eduard Dallmann diese Gegend recht genau erforscht, und als später die Wal- und Robbenfänger in den nordischen Gewässern eine immer geringere Tierwelt fanden, wandten sie sich dem Süden zu und fanden gerade in der Nähe dieses Archipels recht ergiebige Fangplätze, so dass sie auch gleichzeitig für seine Erforschung mit sorgten. Wissenschaftliche Entdeckungen machten dann 1893 in diesen Gebieten die Kapitäne Larsen und Evenson. 1897 sandte Belgien eine wissenschaftliche Expedition unter Adrian de Gerlache nach Grahamland. Sein Schiff »Belgica« fror hier 1898 fest und machte unfreiwillig die erste Ueberwinterung im antarktischen Gebiet durch. Erst im Frühjahr 1899 konnte es sich frei machen und nach Europa zurückkehren.

Im Jahre 1901 ging dann eine schwedische Expedition unter Otto Nordenskjöld auf dem Schiff »Antarctic« dorthin ab. Im Februar 1902 liess sich Nordenskjöld mit fünf Begleitern auf Louis-Philippe-Land aussetzen, um auf Schlitten nach dem Süden vorzustossen und dabei zu überwintern. Die Ueberwinterung ging auch ohne Unglück vor sich, aber im Herbst 1902, als der südliche Winter zu Ende ging, kam das Schiff, das ihn abholen sollte, nicht heran. Es hatte den südlichen Winter (unseren Sommer) mit Untersuchungen auf den Falklandinseln und Südgeorgien verbracht, aber als es jetzt Nordenskjöld abholen wollte, geriet es in sehr schwierige Eisverhältnisse und konnte sich nur sehr mühsam fortarbeiten. Da entschloss sich der Offizier Anderssen, mit einem Matrosen das Schiff am 29. Dezember 1902 zu verlassen und Nordenskjöld auf dem Landwege zu erreichen. Aber auch diese kleine Expedition erreichte ihr Ziel nicht und musste nordöstlich von Nordenskjölds Quartier überwintern. Das Schiff hatte inzwischen Ende 1902 die Joinville-Insel umfahren, blieb dann aber im Eise stecken und wurde am 12. Februar 1903 vollständig zerdrückt. Doch gelang es der Mannschaft, sich zu retten und günstige Winterquartiere zu finden. So lag also die Expedition in drei getrennten Gruppen im Eise fest, vorläufig ohne Kenntnis voneinander und ohne sich retten zu können.

Inzwischen fing man in Europa an, über das Schicksal der »Antarctic« besorgt zu werden, und als der Sommer 1903 ohne Nachrichten verlief, wurde im Juli ein Entsatzschiff von Stockholm abgesandt. Aber auch die argentinische Regierung entschloss sich zu einer Rettungsexpedition. Sie sandte am 1. November das Kanonenboot »Uruguay« ab, das schon acht Tage später in Louis-Philippe-Land ankam, wo es alle Expeditionsteilnehmer, denen inzwischen die Vereinigung gelungen war, wohlbehalten antraf. Auf dem Kanonenboot wurde auch die Heimfahrt angetreten, und da alle wissenschaftlichen Instrumente und Beobachtungen gerettet waren, hatte die Expedition doch einen grossen Erfolg.

Viel weiter als im Grahamland kam man natürlich im Viktorialand vorwärts, wo schon Ross den 78. Breitengrad überschritten hatte. Der Naturforscher Carsten Egebert Borchgrevink war auf einem ebenfalls »Antarctic« genannten Dampfer 1894 bis 1895 zum Viktorialande gelangt, dessen Küste er als Erster betrat und von der er auch Pflanzen und Gesteinsproben mitbrachte. 1899 überwinterte er hier auf einer zweiten Fahrt, drang 1900 zu Schiff bis zu den Vulkanen Erebus und Terror vor und erreichte auf einer Schlittenfahrt 78 Grad 50 Minuten, so dass Ross' südlichster Punkt jetzt zum erstenmal geschlagen wurde.

Borchgrevinks Erfolg trug sehr dazu bei, dass man sich in England entschloss, unter dem Kapitän H. S. Scott mit dem Dampfer »Discovery« eine sehr gut ausgerüstete Expedition auf dem gleichen Wege vorzusenden. Im Sommer 1901 verliess Scott England und drang Ende Dezember von Neuseeland aus nach Süden vor. Am 4. Januar 1902 wurde der Polarkreis überschritten, am 9. konnte bei Kap Adare eine Landung vorgenommen werden. Dann ging es bei ungewöhnlich günstigem Wetter nach Süden bis zu den beiden Vulkanen, wo ein Winterhafen entdeckt wurde. Vorläufig fuhr aber Scott noch in östlicher Richtung weiter und entdeckte Ende Januar das 1000 Meter hoch liegende König-Eduard-VII.-Land. Dann folgte, da die Witterung ungünstig wurde, die Rückfahrt nach Westen, und am 8. Februar wurde das Schiff südlich vom Vulkan Erebus bei Kap Armitage festgelegt.

Es folgten jetzt sehr erfolgreiche Schlittenreisen, trotzdem sämtliche Hunde versagten. Kapitän Scott gelangte auf einer Schlittenreise, die von November 1902 bis Februar 1903 dauerte, bis über den 82. Breitengrad hinaus. Am 23. Januar traf ein Entsatzschiff ein, der »Morning« unter Leutnant Colbeck. Die eingefrorene »Discovery« war aber mehrere Kilometer breit mit einer Eisschicht umgeben, und so mussten die Vorräte auf Schlitten hinübergebracht werden. Der »Morning« nahm dann noch die Kranken mit und fuhr mit den Berichten nach Neuseeland, während die »Discovery« unbeweglich liegen blieb. Endlich kamen im Februar 1904 zwei Dampfer bei der »Discovery« an und befreiten sie durch Dynamitsprengungen, so dass alle wohlbehalten nach Hause kamen.

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Die »Gauss« im Südpolareis.

Im gleichen Jahr mit der Scott-Expedition ging auch eine deutsche unter Erich von Drygalski auf dem Dampfer »Gauss« nach dem Südpolarland ab. Sie verliess am 11. August 1901 Kiel und fuhr zunächst zu den Kerguelen-Inseln, wo eine wissenschaftliche Beobachtungsstation angelegt wurde. Am 31. Januar 1902 fuhr der »Gauss« direkt nach Süden, stellte fest, dass das von Wilke gefundene Terminationsland an der Stelle gar nicht existierte, entdeckte dafür aber am 20. Februar unter dem Polarkreis eine Küste, die Drygalski Kaiser-Wilhelm-II.-Land nannte.

Drygalski wandte sich nun nach Westen, fror aber schon am 22. Februar unter 66½ Grad südlicher Breite in der Posadowski-Bucht ein. Die kalte Jahreszeit wurde mit Schlittenreisen und wissenschaftlichen Beobachtungen verbracht, bis das Schiff am 28. Februar 1903 wieder freikam und durch Strömungen aus dem Packeis hinausgedrängt wurde. Im März machte Drygalski noch einmal einen Versuch, nach Süden zu kommen. Da er aber kein passendes Winterquartier fand, wandte er sich endgültig heimwärts. Am 1. Juni wurde Kapland erreicht.

In England hatte man sich nach den Erfolgen der Scottschen Expedition überzeugt, dass Viktorialand die günstigste Stelle zu einem südlichen Vordringen sei, und schon im Jahre 1907 sandte man eine neue Expedition unter dem Leutnant Ernest Shackleton, einem früheren Begleiter von Kapitän Scott, nach der Antarktis aus. Dieser fuhr auf dem Schiff »Nimrod« in das Ross-Meer, wo er auf König-Eduard-VII.-Land überwintern wollte. Da er aber dorthin nicht gelangen konnte, liess er sich am Erebus mit seinem wissenschaftlichen Stab und den nötigen Mannschaften absetzen, während das Schiff zunächst zurückfuhr. Shackleton erstieg im März 1908 den Erebus und begann im August mit seinen Schlittenreisen, auf denen Depots immer weiter nach Süden vorgeschoben wurden. Am 29. Oktober begann der Aufbruch zum endgültigen Südvorstoss, auf dem eine Hilfsexpedition noch eine Strecke weit mitfuhr. Ueber einen gewaltigen Gletscher wurde das Inlandseis erstiegen und am 4. Januar 1909 auf einem 2700 Meter hochliegenden Punkt die höchste südliche Breite mit 88 Grad 23 Minuten erreicht.Die Fahrt war sehr mühsam und schwierig, auch die Rückfahrt bot noch grosse Gefahren und erst am 4. März wurde das Winterquartier wieder erreicht.

Auch die Entdeckung des magnetischen Südpols gelang der Expedition. Eine Abteilung unter Professor David stellte ihn in einer 122tägigen Schlittenreise am 16. Januar 1909 in 72 Grad 25 Minuten südlicher Breite und 154 Grad östlicher Länge fest.

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Shackleton auf der Ausreise

So konnte Shackleton im Sommer 1909 mit grossem Jubel begrüsst in England wieder eintreffen. Shackleton war dem Pol sehr nahe gekommen, das eigentliche Ziel aber erreichte kurz darauf der Norweger Roald Amundsen. Amundsen hatte eigentlich gar keine Südpolfahrt geplant, sondern wollte mit Nansens altem Schiff, dem »Fram«, eine Wiederholung von dessen Fahrt machen. Die Drift sollte vier bis fünf Jahre dauern, und um eine höhere nördliche Breite zu erreichen, beabsichtigte er, von der Beringsstrasse aus abzufahren.

Am 7. Juni 1910 verliess die Expedition Norwegen, um bald darauf aus Madeira die überraschende Nachricht in die Heimat zu senden, dass sich Amundsen entschlossen habe, vor Beginn der Drift zuerst noch einen Vorstoss nach dem Südpol zu machen. Der »Fram« sollte ihn in der Antarktis zur Ueberwinterung ans Land setzen und bis Ende 1911 ozeanische Studien machen.

Im Januar 1911 fand auch die Landung an der Küste von König-Eduard-VII.-Land in der sogenannten Walfischbai statt. Vor Beginn des südlichen Winters wurden Proviantdepots vorgeschoben, die unter 80, 81 und 82 Grad südlicher Breite errichtet wurden. Alle Depots wurden durch Flaggen gut gekennzeichnet, und dann kehrten alle Teilnehmer wieder in das Winterquartier zurück. Im Oktober, als der südliche Frühling kam, begannen die Schlittenexpeditionen. Mit vier Begleitern, vier Schlitten und 52 Hunden brach Amundsen am 18. Oktober zu seinem Vorstoss auf. Am 23. Oktober wurde das erste Depot erreicht, am 31. das zweite und am 5. November das dritte Depot auf 82 Grad nördlicher Breite. Das Eis war fortdauernd für die Schlittenfahrt günstig, so dass schon am 11. November eine Breite von 86 Grad erreicht wurde. Nun aber wurde das Gelände sehr schwierig, und es musste einmal ein Gletscher von 2740 Meter überschritten werden. Erst als am 8. Dezember der 88. Grad erreicht war, wurde das Eis wieder besser. Am 14. Dezember 1911 wurde der Pol erreicht; er liegt in einer Höhe von 3200 Meter auf einem Plateau von König-Haakon-VII.-Land.

Amundsen errichtete auf dem Pol ein kleines Haus aus Eisblöcken, an dem er die norwegische Flagge aufhisste, und kehrte Ende Dezember wieder um, nachdem er sorgfältige Messungen veranstaltet hatte. Der Rückweg ging leicht vonstatten; er war durch Marken gesichert, so dass Amundsen am 25. Januar 1912 in seinem Winterquartier eintreffen konnte. Hier holte ihn dann der »Fram« ab und brachte ihn über Tasmanien nach Hause.

siehe Bildunterschrift

Amundsen auf dem Südpol.


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