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Francis Drake.

siehe Bildunterschrift

Fracis Drake.

Die beiden Völker, die nach einer Entscheidung des päpstlichen Stuhles sich in die Herrschaft über die nichteuropäische Welt teilen durften, haben nicht viel Segen aus ihrer Monopolstellung geerntet. Zuerst brach Portugal zusammen, das innerhalb eines Jahrhunderts seine Volkskraft in heldenhaften Kämpfen in Asien erschöpfte und sein grosses Kolonialreich als herrenlose Beute den Holländern und Engländern überliess. Aber auch Spanien, dem in Mexiko und Peru fast unerschöpfliche Minen zugefallen waren, verlor allmählich jede Tatkraft, und als seine stolze »Armada« auf der Fahrt gegen England ein Opfer der Stürme geworden war, war es mit seiner Seeherrschaft für immer vorbei, seine überseeischen Häfen waren schutzlos jedem Angriff preisgegeben.

Der Kampf der Engländer gegen die spanischen Kolonien war im Anfang wenig mehr als Seeräuberei. Angesehene Londoner Kaufleute rüsteten auf eigene Kosten Kaperflotten aus, die den Spaniern möglichst grossen Schaden antun sollten. Die Gewinne, die dabei gemacht wurden, waren in einzelnen Fällen ungeheuer gross und die kühnen Kapitäne, denen solche Handstreiche gelangen, wurden wie Nationalhelden gefeiert. Später bildeten sich dann in den amerikanischen Gewässern ganze Seeräuberverbindungen, die Flibustier und Bukanier, die, heimlich von den Engländern und Franzosen unterstützt, hauptsächlich gegen die Spanier kämpften und ihre Gold- und Silberschiffe abfingen. Schliesslich wagten sich Frachtschiffe nur noch unter dem Schutz von Kriegsschiffen über den Ozean. Auch zu Lande gingen die Flibustier vor. Sie belagerten und eroberten grosse Hafenstädte und plünderten sie aus, wobei sie vor den grössten Grausamkeiten, wie dem Foltern der Einwohner, nicht zurückschreckten, um vergrabene oder versteckte Schätze zu erlangen. Der Flibustier John Morgan marschierte sogar über den Isthmus von Panama. Alle Bewohner, auch die Frauen und Kinder, wurden dabei unter unmenschlichen Grausamkeiten hingeschlachtet, Morgan aber erhielt für diese Heldentat von König Karl II. von England den Adelstitel.

Unter den ersten englischen Seehelden und Abenteurern ist wohl niemand in seinem Vaterlande so populär geworden und bis auf den heutigen Tag geblieben als Sir Francis Drake, der erste englische Weltumsegler, dem man lange Zeit auch die Einführung der Kartoffeln in Europa zuschrieb. Er wurde wahrscheinlich im Jahre 1540 in Crowndale bei Tavistock (auch der Geburtsort ist nicht ganz sicher), als Sohn eines Matrosen geboren. Früh kam er zur See und war schon mit 18 Jahren Zahlmeister auf einem Schiffe, das nach Spanien Handel trieb. In seinem zwanzigsten Lebensjahre beteiligte er sich an einer Expedition unter der Leitung von Sir John Hawkins nach Guinea und erhielt schon zwei Jahre später das Kommando über ein Schiff, die »Judith«. Im Mexikanischen Meerbusen tat er sich dann sehr gegen die Spanier hervor und kehrte ruhmbedeckt nach England zurück.

Kaum in London angelangt, fasste er den Plan zu einem Seezuge gegen die Spanier in Westindien. Es fanden sich auch viele Freiwillige, und er machte in den Jahren 1570 und 1571 zwei Ausfahrten, die aber keine grossen Ergebnisse zeitigten. Erst eine dritte Fahrt im folgenden Jahre brachte ihm reiche Goldschätze, die er sehr freigebig mit seinen Untergebenen teilte. Sein Beutezug erregte aber in England grosses Aufsehen, so dass sich die Königin Elisabeth, der er vorgestellt wurde, für ihn interessierte und ihm ihre Unterstützung lieh.

Immerhin dauerte es bis zum Jahre 1577, ehe er zu der grossen Fahrt ausreisen konnte, die ihn wider seinen Willen um die ganze Erde herumführen und seinen Namen für alle Zeiten berühmt machen sollte. Fünf Schiffe hatte er zusammengebracht, die mit 164 auserlesenen Seeleuten bemannt waren. Drakes Plan war sofort, durch die Magalhaes-Strasse nach der Westküste von Amerika zu fahren und dort den Spaniern möglichst grossen Abbruch zu tun, doch erfuhren die Matrosen nicht eher etwas von dieser Absicht, bis das Geschwader bereits Brasilien erreicht hatte.

Am 15. November 1577 fuhr Drake von Plymouth ab, musste aber wegen stürmischer Witterung noch einmal umkehren und bis zum 13. Dezember in Falmouth bleiben. Schon am 27. Dezember ging das Geschwader vor Mogador an der marokkanischen Küste vor Anker, wo die schon vorbereiteten kleinen Pinassen oder Jagdschiffe ausgerüstet wurden. Am 17. Januar gelangte Drake an das Capo Blanco, nachdem er unterwegs einige spanische Schiffe gekapert hatte. Als er am 31. Januar an St. Jago auf den Kap-Verde-Inseln vorbeikam, wurde er von den Portugiesen beschossen und nahm ihnen dafür ein mit Wein beladenes Schiff ab. Die Mannschaft setzte er an den Strand und behielt nur den Steuermann Nuno de Sylva, der ihm wegen seiner Kenntnisse der amerikanischen Küsten sehr nützlich wurde.

Um diese Zeit entstand ein Streit zwischen einem Offizier namens Doughty und dem Bruder des Admirals, dem Hauptmann Thomas Drake; ein Vorfall, der später zur Hinrichtung des Doughty führen sollte.

Am 5. April erkannte man die Küste von Brasilien und fuhr ohne grosse Erlebnisse nach Süden bis an die St.-Julians- Bai in Patagonien, wo auch Magalhaes gelandet war. Hier wurde ein längerer Aufenthalt genommen, und hier war es, wo Drake an dem ihm immer mehr verhasst gewordenen Doughty Rache nahm. Er stellte den völlig unschuldigen Mann vor ein Scheintribunal, bestätigte das Todesurteil und liess ihn enthaupten. Diese Handlung lässt sich in keiner Weise entschuldigen, sie war nicht besser als ein Mord und hat Drakes Namen für immer mit Schande bedeckt.

Die Flotte war inzwischen auf drei Schiffe herabgesunken, weil eins abgetakelt werden musste und das andere sich im Sturm verloren hatte und nach England zurückgekehrt war. Drake verliess den Hafen und segelte am 20. August in die Magalhaes-Strasse hinein, die er in der auffallend kurzen Zeit von sechzehn Tagen durchfuhr.

Sein Plan war, nunmehr direkt nach Norden zu fahren, doch wurde er im Stillen Ozean plötzlich von einem solchen Sturm erfasst, dass das ganze Geschwader zersprengt wurde. Einen ganzen Monat lang wütete der Sturm, und Drakes Schiff wurde weit nach Süden verschlagen, ohne dass er aber irgendwie eine Spur von dem grossen Südkontinent fand, an den man damals allgemein glaubte. Nach langem Umherirren konnte er wieder seine Fahrt nach Norden richten und segelte bis zum 30. Grad südlicher Breite, wo er die Küste seinen Schiffen als Sammelpunkt bestimmt hatte.

Aber er fand die verlorenen Schiffe nicht wieder und beschloss nun, allein gegen die spanischen Häfen vorzugehen. Der erste Streich gelang ihm im Hafen von Valparaiso in der Nähe von Santiago. Die Spanier hielten die Fremden anfänglich für ihre Freunde und versorgten sie freigebig mit Wein und Lebensmitteln. Als sie dann aber ihren Irrtum gewahrten, ergriffen sie, ohne sich zu verteidigen, die Flucht, und Drake fand so viel Beute, dass er drei Tage brauchte, um alles wegzuschleppen. Er nahm hier auch ein weinbeladenes Schiff, das ausserdem für 60 000 Pesos Gold an Bord hatte.

In einer Bucht erbaute Drake nunmehr eine Pinasse, um damit Reeden und Häfen zu überfallen, und fuhr dann weiter. In einem Hafen namens Sarcipaxa stiessen sie auf einen Spanier, der neben einem Schatz von Silberbarren im Werte von viertausend Dukaten eingeschlafen war. Ohne diesen Hüter auch nur zu wecken, brachten sie den Schatz in Sicherheit. Ferner gelang es ihnen an dieser Küste, acht Pakos oder peruanische Lamas, die hier als Lasttiere benutzt wurden und von denen jedes einen Zentner Silber in ledernen Säcken trug, zu erwischen und ihnen das Metall abzunehmen.

Am 7. Februar 1579 kamen sie nach Arica im Süden von Peru, wo sie drei kleine Schiffe mit 57 Klumpen Silber ohne Mühe wegnahmen, da die Mannschaften gerade ans Land gegangen waren. Die Stadt selbst wagte Drake aber doch nicht anzugreifen. Von da ging es weiter nordwärts nach Lima, wo eine Menge spanischer Schiffe mit reicher Ladung im Hafen lag. Die Besatzungen waren den Engländern weit überlegen, wagten aber bei dem plötzlichen Ueberfall keinen Widerstand und sahen verzweifelt zu, wie ihnen ihr Eigentum genommen wurde.

Aber sein Glück diente ihm nur dazu, nunmehr noch grössere Unternehmungen zu wagen. Weil er Nachricht bekam, dass das reich befrachtete Schiff »Cacafuego« vor drei Tagen von Lima nach Payta am Nordende von Peru abgefahren war, beschloss er, ihm nachzufahren. Von Payta war es aber schon in der Richtung nach Panama weitergefahren, und Drake holte es erst am 1. März auf hoher See ein. Das Schiff, das keinen Ueberfall vermutete, strich auch fast ohne Widerstand die Segel. Es enthielt eine solche Menge Schätze, dass die Mannschaft bis zum 6. März vollauf zu tun hatte, alles auf Drakes Schiff zu tragen. Die Engländer erbeuteten hier eine unermessliche Menge von Juwelen, dreizehn Kisten voll neugeprägten Goldes, achtzig Pfund Rohgold, eine Menge Silbergeschirr von getriebener Arbeit und sechs Tonnen unverarbeiteten Silbers.

Inzwischen hatte der Statthalter von Lima drei Schiffe mit Kanonen und 200 Mann ausgerüstet, die Drake verfolgen sollten. Sie kamen aber zu spät und kehrten, ohne ihn gefunden zu haben, nach Süden um, worauf sie nach der Magalhaes- Strasse segelten, um ihm dort den Rückweg zu verlegen.

Aber das Glück begünstigte Drake auch weiterhin, er nahm noch verschiedene Schiffe, überfiel Hafenplätze und hatte schliesslich sein Schiff so voll mit Schätzen und Reichtümern, dass nichts mehr hineinging.

Die Mannschaften wollten jetzt zurückkehren, aber Drake wusste, dass ihm der Weg um Südamerika herum verlegt war, und beschloss nun, um Nordamerika herumzufahren, da er hier auch eine Durchfahrt, ähnlich wie es die Magalhaes-Strasse war, vermutete. Auf einer kleinen Insel an der Küste von Mittelamerika besserte er sein Schiff aus, nahm Wasser und Holz ein und schickte sich dann an, die nordwestliche Durchfahrt zu suchen.

Er gelangte auch bis zum 43. Grad nördlicher Breite, kehrte dann aber, von der zunehmenden Kälte gezwungen, wieder um und entschloss sich nun, kühn nach den Molukken zu steuern und um die Südspitze von Afrika herum seinen Heimweg zu suchen.

Vorher ging er noch einmal, am 13. Juni, an Land, und zwar in der Gegend nördlich vom heutigen San Francisco. Er nahm das Land feierlich für seine Königin Elisabeth in Besitz, und die Eingeborenen, die die Engländer wohl für Gottheiten hielten, erwiesen ihnen die tiefste Verehrung. Drake, der bis zum 23. Juli dort blieb und sein Schiff instand setzte, nannte das Land Neu-Albion.

Die Engländer steuerten jetzt westwärts und bekamen nicht eher wieder Land zu sehen, bis sie am 30. September, also nach einer Fahrt von 68 Tagen, die Ladronen erreichten. Die Einwohner, die anfangs sehr freundlich waren, wurden allmählich ziemlich anmassend, so dass Drake, um ihnen Respekt einzuflössen, seine Artillerie abfeuern liess.

Am 3. November kamen die Molukken in Sicht, und die Engländer gingen bei Ternate vor Anker. Der König der Insel, dem Drake einen Samtmantel geschenkt hatte, besuchte ihn mit grossem Prunk auf dem Schiffe und wurde mit einer Artilleriesalve und Musik empfangen. Er war reich mit Gold und Edelsteinen geschmückt und hatte eine Leibwache, von der einige Soldaten schon Gewehre trugen.

Auch ein Chinese kam an Bord, der wegen eines Verbrechens verbannt war und erst wieder in seine Heimat zurückkehren durfte, wenn er einen Bericht mitbrachte, der seinem Lande zum Ruhme und zum Nutzen gereichte. Einer der Engländer erzählte ihm nun die merkwürdigsten Erlebnisse der Reise, und der Chinese bedankte sich sehr, denn er war sicher, jetzt in China mit Ehren wieder aufgenommen zu werden.

Drake handelte vier bis fünf Tonnen Gewürznelken ein und segelte am 9. November nach Süden weiter, bis er an eine anmutige, waldreiche Insel kam, wo er in aller Ruhe sein Schiff ausbesserte, das wirklich in keinem guten Zustand war. Die Engländer fanden hier grosse leuchtende Insekten, ähnlich wie unsere Johanniswürmchen, in grossen Mengen und konnten sich an den reichlichen Baumfrüchten und an Schildkrötenfleisch erquicken.

Sie segelten dann durch allerlei kleine Inseln hindurch und liefen auch einmal auf eine Klippe auf, ohne dass aber das Schiff leck geworden wäre. Mit einiger Mühe konnten sie sich losmachen und den geringen Schaden ausbessern. Drake legte auch auf Java an, wo er sich mit Vorräten versah.

Inzwischen begannen aber seine Mannschaften immer unzufriedener zu werden und verlangten dringend, nunmehr auf dem kürzesten Wege nach Hause zu fahren. Drakes Abenteuerlust war eigentlich noch gar nicht gestillt, aber er sah sich gezwungen, dem Verlangen seiner Leute nachzugeben. Er fuhr also direkt nach Südwesten, umsegelte, ohne die gefürchteten Stürme zu erleiden, am 15. Juni das Kap der Guten Hoffnung und gelangte dann glücklich nach Sierra Leone, wo er zwei Tage blieb. Am 11. September kam er nach der Insel Ferro, und am 26. September 1580 landete er glücklich und wohlbehalten im Hafen von Plymouth.

Fast drei Jahre war Drake unterwegs gewesen und brachte nun geradezu unermessliche Schätze mit. Mit Windeseile verbreitete sich die Nachricht von seiner Heimkehr und seinen Erfolgen, und sein Ruhm stieg von Tag zu Tag. Zwar gab es Feinde, die ihn für einen Seeräuber erklärten, da ja England damals gar nicht im Krieg mit Spanien stand, und der spanische Abgesandte nannte ihn sogar den grössten Räuberhauptmann in der bekannten und unbekannten Welt. Aber die Freunde Drakes verteidigten ihn, und die Königin, die anfänglich aus diplomatischen Gründen sich zurückgehalten hatte, besuchte ihn am 4. April 1581 auf seinem Schiff, liess sich von ihm bewirten und versetzte ihn in den Adelstand.

Ueberhaupt nahm die ganze öffentliche Meinung jetzt für ihn Partei, sein Schiff wurde jahrelang als eine nationale Merkwürdigkeit angestaunt, und als es zerfiel, machte man aus dem Material einen Armsessel, der noch heute an der Universität Oxford zu sehen ist.

Drake erwies sich auch später als ein hervorragender Seeheld. Im Jahre 1585 unternahm er als Leiter einer Flotte einen Seezug nach Westindien, auf dem Santiago, Santo Domingo, Cartagena in Columbien und andere Städte genommen wurden.

Zwei Jahre später wurde er mit einer Flotte nach Lissabon beordert. Da er aber unterwegs erfuhr, die Spanier wollten in Cadiz eine Flotte gegen England ausrüsten, fuhr er ohne weiteres in diesen Hafen und verbrannte eine Anzahl Schiffe, die zusammen zehntausend Tonnen gross waren, mit allen ihren Kriegs- und Munitionsvorräten. Es war das für die Spanier ein schwerer Schlag.

Im Jahre 1588 wurde Sir Francis Drake Vizeadmiral der englischen Flotte und tat sich rühmlich gegen die spanische Armada hervor. Auch später war er unermüdlich tätig, neue Unternehmungen gegen die Spanier anzuzetteln, so dass diesen schon sein blosser Name furchtbar wurde. Am 28. Januar 1596 starb er auf einer Kriegsfahrt, die der Panama-Halbinsel galt, auf seinem Schiffe nach kurzer Krankheit und wurde auch im Meere begraben.

Als Seefahrer hatte er zu seinen Lebzeiten nicht seinesgleichen, wenn er auch als eigentlicher Entdecker ohne hervorragende Bedeutung geblieben ist. Die englische Nation sieht noch heute in ihm einen ihrer grössten Helden trotz seines Seeräubertums, und seine Abenteuer sind in vielen populären Darstellungen verbreitet.


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