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Fernando Cortez.

Auf den von Kolumbus entdeckten Antillen-Inseln hatten die Spanier nicht die erwarteten grossen Goldschätze gefunden, und die nackten Eingeborenen, die man doch für Inder hielt, entsprachen so gar nicht den Berichten Marco Polos über die hohe Kultur und den Reichtum Ostasiens. Etwas anders wurde es, als Fernandez de Cordoba 1517 auf der Halbinsel Yukatan landete und hier grosse, wohlgebaute Städte mit steinernen Häusern und schönen Tempeln fand. Diego Velasquez, der damals den Oberbefehl über die Insel hatte, schickte seinen Neffen Juan de Grijalva mit vier Schiffen aus, um das neue Land weiter zu erforschen.

Grijalva segelte an der Küste entlang nach Westen und kam so an das Gebiet von Mexiko, wo die Spanier für allerlei billigen Tand ziemlich reiche Goldschätze eintauschten, was ihre Habgier nicht wenig erregte. Doch drang Grijalva nirgendwo tiefer in das Land ein, weshalb auch Velasquez wenig mit seinen Erfolgen zufrieden war.

Sofort nach Grijalvas Rückkehr liess er eine neue und grössere Expedition ausrüsten und übertrug diesmal den Oberbefehl dem tatkräftigen Fernando Cortez.

Cortez, der 1485 zu Medellin in Estremadura geboren war und in früher Jugend in Salamanka die Rechte studiert hatte, war 1504 nach Amerika gegangen. 1511 nahm ihn Velasquez als Sekretär mit nach Kuba. Sofort nach seiner Ernennung zum Kommandanten betrieb er mit grosser Energie die Vorbereitungen zu seiner Ausfahrt. Aber schon, bevor er abreisen konnte, wurde er von Neidern heftig angefeindet, so dass der ewig misstrauische Velasquez ihm die Leitung wieder abnehmen wollte und schliesslich sogar den Befehl gab, Cortez zu verhaften. Dieser aber kam dem allen zuvor, indem er kurz entschlossen am 10. Februar 1519 mit seiner Flotte den Hafen Santiago de Cuba verliess und nach Westen davonsegelte. Er hatte elf Schiffe, etwas über 500 Soldaten, 110 Matrosen, 16 Pferde und 14 Geschütze bei sich, also eine Macht, die in gar keinem Verhältnis stand zu dem ungeheuren und kriegsstarken Reich, das er erobern wollte.

Er fuhr zunächst nach der vor Yukatan liegenden Insel Cozumel, wo er sein kleines Heer sorgfältig musterte und Schiessübungen veranstaltete, sich aber mit den Eingeborenen auf guten Fuss stellte. Am 4. März ging die Fahrt weiter um die Halbinsel Yukatan herum bis an die Mündung des Rio Grivalja, die am 12. März erreicht wurde. Hier hatte Cortez heftige Kämpfe mit den Eingeborenen, schloss aber schliesslich Frieden mit ihnen. Er erhielt von ihnen allerlei Geschenke, unter anderem auch zwanzig Frauen, von denen eine, die sich später taufen liess und Donna Marina genannt wurde, auf Cortez einen grossen und wohltätigen Einfluss ausübte und ihm als Dolmetscher wertvolle Dienste leistete.

siehe Bildunterschrift

Ferdinand Cortez. Kupferstich von Carmona.

Am 21. April 1519 betraten die Spanier in San Jan d'Ulloa bei Vera Cruz den Boden Mexikos. Schon eine halbe Stunde, nachdem die Schiffe ihre Anker aufgeworfen hatten, kamen Abgesandte der Eingeborenen, um sich nach den Absichten der Fremdlinge zu erkundigen, und nach wenigen Tagen erschien der Statthalter selbst mit allerlei Geschenken von Montezuma, dem mächtigen Kaiser von Mexiko. Dieser Statthalter führte Maler bei sich, die Cortez' Züge, Gestalt und Kleidung, seine Offiziere und Soldaten, die Donna Marina, die beiden Hunde, die Geschütze und Kugeln, kurz alles, was sie sahen, für ihren Gebieter sehr naturgetreu abzeichneten. Cortez liess ihnen auch ein Reitermanöver vorführen, worüber sie sehr staunten und es ebenfalls aufzeichneten. Sie glaubten, Pferd und Reiter seien nur ein Wesen, und als nun gar die Geschütze abgefeuert wurden und mit mächtigem Knall die schweren Steinkugeln über die Sandhügel hinflogen, waren sie fest davon überzeugt, es hier mit überirdischen Wesen, wenn nicht gar mit Göttern zu tun zu haben.

Dazu kam, dass in diesem Lande die Sage herrschte, dass einst weisse Männer von Osten kommen und das Land erobern würden. Montezuma tat nun das Törichste, was er tun konnte, er versuchte, durch Freigebigkeit die Spanier zu überreden, das Land freiwillig zu verlassen, und schickte eine Gesandtschaft an Cortez mit mehr als hundert Lastträgern, die riesige Goldschätze und Kostbarkeiten brachten. Darunter waren zwei schwere Scheiben, so gross wie Wagenräder, die eine aus reinem Gold, die andere aus Silber, ferner eine Sturmhaube voller Goldkörner, wie man sie in den Bergwerken gewinnt, woran die Spanier sahen, dass es im Lande Goldgruben geben müsste. Es gab Tierfiguren aus Gold, Halsketten und Ohrgehänge, mit Smaragden, Rubinen und Perlen besetzt, und alle Arten von wertvollen Schmucksachen. Schliesslich auch dreissig Päcke baumwollener Stoffe mit bunten Federn durchwirkt und glänzender und feiner als Seide. Aber der Anblick dieser Schätze wirkte nur aufreizend auf die habgierigen Spanier, die jetzt erst recht entschlossen waren, noch mehr davon zu erwerben.

Darum bedankte sich Cortez sehr höflich und gab auch ein geringes Gegengeschenk, erklärte aber auf die Bitte der Gesandten, umzukehren, da eine Zusammenkunft mit Montezuma nicht stattfinden könnte, dass er im Auftrage seines Kaisers eigens aus fernen Ländern gekommen sei, um dem grossen Montezuma seine Aufwartung zu machen, und deshalb nicht zurückkehren dürfte.

Bevor aber Cortez zu seinem Zuge auf die Hauptstadt aufbrechen konnte, entstand eine Verschwörung der Anhänger des Velasquez gegen ihn, die er mit Festigkeit und Klugheit unterdrückte. Er sandte dann ein Schiff mit einer Meldung von allem bisher Erreichten direkt nach Spanien an den Kaiser Karl und verstand es, die Reichtümer von Mexiko in den glänzendsten Farben zu schildern. Hierauf liess er sämtliche Schiffe, die im Hafen der von ihm gegründeten Stadt Vera Cruz lagen, verbrennen, um seinen Soldaten zu zeigen, dass es von nun an für sie kein Zurück mehr gäbe. Mit feurigen Worten wusste er ihren Mut zu entflammen, so dass ihm alle begeistert zustimmten. Er hatte übrigens alles Bewegliche und irgendwie Brauchbare vorher von den Schiffen aufs Land bringen lassen, und die alten und marschunfähigen Seeleute blieben in einer von ihm angelegten kleinen Festung als Besatzung zurück.

Eine ungeheure Aufgabe stand nun Cortez bevor, zu deren Bewältigung nicht nur eine fast tollkühne Verwegenheit, sondern auch eine ungewöhnliche Klugheit gehörte. Das wurde den Spaniern bald klar, als sie auf ihrem Vormarsch nach der Hauptstadt in das Gebiet der Tlascalaner gerieten. Dieser kriegerische Indianerstamm war von den Mexikanern unterjocht, aber doch nicht ganz bezwungen worden, wenn er auch keine offene Auflehnung mehr gegen sie wagte. Als Tribut musste er jährlich eine Menge Jünglinge und Jungfrauen opfern, die in den Tempeln der Stadt Mexiko den Göttern geopfert wurden.

Trotzdem wollten die Tlascalaner anfangs durchaus nichts von den Spaniern wissen und bekämpften sie aufs heftigste. Das kleine Häuflein Europäer verteidigte sich mutig und fügte seinen Gegnern grosse Verluste bei. Aber es kam auch selbst allmählich in grosse Not; fast alle waren verwundet, und die ganze Truppe litt an Nahrungsmangel. Schliesslich waren die Soldaten so verzagt, dass sie davon sprachen, wieder umzukehren, und Cortez vorhielten, selbst Alexander der Grosse würde unter solchen Umständen nicht mehr weiter marschiert sein.

Doch Cortez verlor nicht einen Augenblick seinen Mut und seine Kaltblütigkeit. Immer bestrebt, den Indianern die Ueberlegenheit seiner Waffen zu beweisen und zugleich ihre abergläubische Furcht vor den göttergleichen Fremdlingen zu wahren, warb er doch mit grosser Ausdauer um ihre Freundschaft und ihr Vertrauen, indem er alle Gefangenen gut behandelte und sie mit Geschenken versehen als Boten zu ihnen zurücksandte.

Schliesslich in der höchsten Not siegte bei den Tlascalanern die Friedenspartei, und da sie auch einsahen, dass sie an dem unbesiegbaren Cortez eine Hilfe gegen Montezuma hätten, schlossen sie mit ihm ein Bündnis, das sie dann auch ehrlich hielten.

Cortez zog nun als Freund der Tlascalaner in ihre Hauptstadt ein, wo er siebzehn Tage rastete und genauere Nachrichten über Montezuma und seine Macht erhielt. Dieser Fürst hatte dreissig zinsbare Häuptlinge unter sich, von denen jeder seine hunderttausend bewaffnete Krieger stellen konnte. Auch war die Stadt Mexiko oder Tenochtitlan, wie sie bei den Indianern hiess, wohlbefestigt und infolge ihrer günstigen natürlichen Lage mit Gewalt kaum zu erobern.

Die Kultur und der Reichtum Mexikos mussten auf einer hohen Stufe stehen, denn schon in Tlascala fanden die Spanier volkreiche Städte mit steinernen Häusern, mit Badeanstalten und Barbierstuben. Was sie aber mit Grauen und Entsetzen erfüllte, waren die Menschenopfer, die in allen Orten in den Tempeln dargebracht wurden. Ueberall trieften die Wände und Altäre der Götzentempel von frischem Menschenblut, ebenso wie die Opfersteine und die Messer aus Feuerstein. Den meisten Leichnamen fehlten die Arme und Beine, die von den Indianern verspeist waren. Die Opfer wurden hier wie im Reiche Montezumas in der Weise dargebracht, dass die Priester den wehrlosen, gefesselten Gefangenen die Brust aufschnitten und das noch zuckende Herz herausrissen. An allen Orten fanden die Spanier auch grosse Holzkäfige, in denen die Gefangenen für den Opfertod gemästet wurden.

Cortez bekämpfte überall diese grausame Sitte, merkte aber, dass die Indianer heimlich immer wieder dazu zurückkehrten, weil sie das für eine Pflicht ihren Göttern gegenüber hielten.

In der Nähe von Tlascala war der feuerspeiende Berg Popocatepetl, vor dem die Indianer eine abergläubische Angst hatten. Cortez aber schickte einen Hauptmann mit zwei Soldaten hin, die auch den Berg bis zum Krater erstiegen, trotz Erdbeben und Feuerregen. Von oben sahen sie zuerst die in einer Entfernung von zwölf Stunden liegende Stadt Mexiko und den See, worin sie erbaut war. An diesem Berge befanden sich Salpeter und Schwefel, was Cortez sehr zustatten kam, da er sich daraus später frische Munition bereiten konnte.

Unterdessen wurde Montezuma, der über die ernsthaften Veranstaltungen, die Cortez zu seinem Vormarsch traf, wohl unterrichtet war, immer verzagter und kleinmütiger. Noch einmal versuchte er, die Spanier in der Stadt Cholulla in einen Hinterhalt zu locken, um sie zu vernichten, aber dieser Anschlag misslang vollständig und dreitausend Bewohner der Stadt wurden niedergemetzelt, so dass der Ruf von der Unbesiegbarkeit der Weissen sich erst recht ausbreitete.

Montezuma erhielt jetzt von seinen Priestern den Rat, die Fremden in Mexiko einzulassen, da er sie dort mit leichter Mühe vernichten könnte. Er sandte Cortez daher seinen Neffen Cacamatzin in einem prachtvollen Aufzuge zur Begrüssung entgegen. Cacamatzin sass in einem reichen Tragsessel, dem grüne Federn, Laubwerk von Gold und Silber und viele Edelsteine ein glänzendes Ansehen gaben, und wurde von acht Häuptlingen getragen. Sie hoben ihn beim Eintreffen des Zuges aus dem Sessel und kehrten erst den Boden rein, den er betreten musste. Die Begrüssung mit Cortez war sehr freundlich, und dann setzte sich der Zug der Spanier im Verein mit den Mexikanern unter dem Zusammenströmen der ganzen Bevölkerung in Bewegung. Mit den Spaniern zogen als Verbündete 6 000 Tlascalaner.

Auf einer geraden Strasse, die acht Schritte breit war, ging es nun auf Mexiko zu. Je näher sie an die Stadt herankamen, desto grösser wurde das Gedränge der Neugierigen, und der kleine Trupp von 450 Mann verschwand fast unter den vielen Tausenden. Aber auch das Staunen der Spanier wuchs immer mehr, und sie glaubten sich in ein Märchenland hineinversetzt, als die Türme, die Häuser und Tempel der inmitten des Sees gelegenen Stadt auftauchten.

Kurz vor Mexiko lief ein gepflasterter Damm über den See, und der Eingang in die Stadt war durch Befestigungen, Tore und eine Zugbrücke geschützt. Kaum waren die Spanier hineinmarschiert, da kam ihnen in einem glänzenden Aufzuge Montezuma entgegen. Er wurde in einem von Gold und Kostbarkeiten glänzenden Sessel getragen, und die Pracht seiner Kleidung übertraf jede Vorstellung. Er war ungefähr vierzig Jahre alt, von schlankem Körperbau und majestätischem Aussehen. Auf dem Kopfe trug er eine Art goldner Mitra, ein mit Gold sowie Perlen und Edelsteinen bedeckter Mantel hing ihm über den Schultern und seine sandalenartigen Schuhe waren ebenfalls von Gold.

Cortez ging ihm mit einer tiefen Verneigung entgegen, die Montezuma nach der Sitte seines Landes erwiderte. Dann tauschten sie Geschenke aus und wechselten höfliche Begrüssungsworte, worauf Montezuma einige Fürsten seiner Begleitung anwies, die Spanier in ihr Quartier zu geleiten.

Es war am 8. November 1519, als Cortez in die Stadt Mexiko einrückte, und der steinerne Palast, den er als Wohnung erhielt, war gross genug, um die ganze spanische Armee zu fassen. Axayacatl, der Vater Montezumas, hatte ihn einst erbaut und prachtvoll eingerichtet. Montezuma empfing Cortez wieder am Eingang und geleitete ihn dann zu einem reichlichen Mahl, an dem alle Spanier teilnahmen.

Nach dem Essen hatte der Monarch eine Unterredung mit Cortez und sagte ihm, er wüsste aus alten Weissagungen, dass einst die Nachkommen eines nach Osten gezogenen grossen Herrschers wieder zurückkehren würden, um ihren rechtmässigen Besitz einzunehmen und neue Gesetze einzuführen. Er habe sich überzeugt, dass der Kaiser Karl dieser Nachkomme sei, und er wolle alles tun, um ihn zu ehren. Cortez antwortete ihm in wohlgesetzten Worten und erzählte von der Macht seines Kaisers, der nur das Beste der Mexikaner wolle.

siehe Bildunterschrift

Am folgenden Tage erhielt Cortez eine Audienz im Palaste des Kaisers. Dieses Gebäude hatte dreissig Tore und eine Unmenge von Sälen und Zimmern. Die Wände waren mit Stoff bezogen und mit Tapeten und Pelzwerk geschmückt, die Fussböden mit Matten belegt; die aus Zypressen- und Zedernholz hergestellten Decken zeigten kunstvolles Schnitzwerk. Im Thronsaal war alles mit Gold und Silber überzogen.

Einige Tage später führte Montezuma den Cortez und einige seiner vornehmsten Offiziere in den Haupttempel, um ihnen dessen Herrlichkeiten zu zeigen. 114 Stufen führten zum Tempel empor. Oben erblickten die Spanier eine Plattform, die zum Schlachten der armen Opfer diente. Alles war voll Blut, und vor einem grossen Götzenbild in Drachengestalt und anderen hässlichen Figuren lagen mehrere Opfersteine. Doch hatte man von dieser Höhe aus eine wundervolle Aussicht über die ganze Stadt und ihre Umgebung. Der See wimmelte von Fahrzeugen, und auf einem grossen Marktplatz sah man ein dichtes Menschengewühl.

Cortez liess sich nun das Innere des Tempels zeigen. Vor dem Bilde des Kriegsgottes Huitzilopotchli, das von Gold, Perlen und Edelsteinen strotzte, brannten auf einem Rauchbecken die Herzen von den gerade an diesem Tage geopferten Indianern. Daneben stand Tetzeatlepoca, der Gott der Unterwelt, der über die Seelen der Gestorbenen gebot. In einem anderen Tempelgebäude befand sich das Bild des Quetzalcoatl, des Gottes der Fruchtbarkeit. Ueberall roch es in widerlicher Weise nach Blut, und Cortez konnte seinen Abscheu nicht verbergen, worüber sich die Priester sehr erregten.

Kurz darauf erhielt Cortez, der während der ganzen Zeit seine Vorsicht nicht ausser acht gelassen hatte, die Nachricht, dass Indianer, wahrscheinlich im Auftrage von Montezuma, die kleine Besatzung in Vera Cruz angegriffen und dabei deren Anführer, Juan de Arguello, getötet hätten. Auf Befehl Montezumas sei dann dessen Kopf im ganzen Land herumgeschickt worden, um den Indianern zu zeigen, dass die Spanier wirkliche Menschen und sterblich seien.

Cortez, der wohl wusste, in welcher gefährlichen Lage er in Mexiko war, verlor nicht den Mut. Mit einigen seiner getreuesten und erfahrensten Offiziere liess er sich bei Montezuma melden und warf diesem Hinterlist und Verrat vor. Der Monarch versicherte seine Unschuld und gab sofort den Befehl, die schuldigen Anführer der Indianer zu verhaften. Cortez tat so, als glaubte er ihm, verlangte aber der Sicherheit willen, dass der Kaiser auf einige Zeit in seinem Palaste Wohnung bezöge, wo er im übrigen ungestört und in allen Ehren seine Regierungsgeschäfte weiter ausüben könnte.

Montezuma empfand sofort das Schimpfliche, das für ihn in einer solchen Aufforderung lag, und weigerte sich mit zorniger Entrüstung, doch machte das auf die entschlossenen Spanier keinen Eindruck. Einer von ihnen rief ungeduldig: »Wozu so viele Worte? Hier gibt es nur eine Wahl. Entweder geht er gutwillig mit, oder er fällt durch unsere Schwerter. Unser Leben steht auf dem Spiel und wird nur durch ihn gesichert!«

Da wurde Montezuma von Furcht erfasst und tat, was die Spanier verlangten. In seiner Sänfte liess er sich in das Quartier der Spanier bringen, und seinen Untertanen, die ihn befreien wollten, redete er zu, es sei der Wille des Gottes Huitzilopotchli, dass er eine Weile in dem spanischen Palast wohne.

Cortez brauchte jetzt die Feindschaft der Mexikaner nicht mehr so sehr zu fürchten. Er hatte ihren Fürsten in der Gewalt und beherrschte sie dadurch. Zunächst liess er sich den Statthalter ausliefern, der die Schuld an der Tötung Arguellos trug, und ihn vor seinem Palast verbrennen. Da der Verhaftete gestanden hatte, dass ihn Montezuma zur Ermordung der Spanier angestiftet hatte, so wurde auch der Kaiser für eine Weile in Fesseln gelegt. Er durfte erst nach der Hinrichtung des Statthalters die Fesseln wieder ablegen. Ausserdem musste Montezuma den Kaiser Karl als den Oberherrn des Landes anerkennen und sich verpflichten, einen regelmässigen Tribut zu zahlen.

Um diese Zeit erfuhr Cortez, dass Velasquez eine neue Expedition von 18 Schiffen, auf denen sich 400 Fussgänger, 85 Reiter und 12 Kanonen befanden, nach Mexiko gesandt habe. Sie war bereits in Vera Cruz gelandet und befand sich mit ihrem Führer Narvaez, der den Befehl hatte, Cortez gefangenzunehmen und nach Kuba zurückzuschicken, auf dem Wege nach der Hauptstadt.

Cortez bedachte sich keinen Augenblick, sondern fasste den kühnen Entschluss, dem neuen Feinde entgegenzugehen. Er liess die Hälfte seiner Truppen und sämtliche Kanonen in der Hauptstadt zurück und marschierte mit nur 266 Mann auf Narvaez los. Dieser hatte geprahlt, er würde dem Empörer die Ohren abschneiden und sie zum Frühstück verspeisen. Aber Cortez überfiel ihn am 24. Mai 1520 während der Nacht in seinem Lager bei Zempoalu und nahm ihn gefangen, worauf sämtliche Spanier zu Cortez übergingen. Auch die Schiffskapitäne mussten Cortez Treue schwören und sich verpflichten, mit der ganzen Flotte ihm zu Dienst zu sein.

Aber gerade während des grössten Siegesjubels kamen böse Nachrichten aus der Hauptstadt. Die Spanier hatten in Cortez' Abwesenheit unter den Mexikanern ein grosses Blutbad angerichtet und diese dadurch zu einer verzweifelten Empörung getrieben. Cortez kehrte mit seinen verstärkten Truppen sofort nach Mexiko zurück, wo die Verhältnisse mit jedem Tage schlimmer wurden. Zwar gelang es ihm, den Feinden grosse Verluste beizubringen und den Opfertempel zu erstürmen und in Brand zu stecken, aber er war im Grunde jetzt nur noch ein Belagerter in seinem Palast, und seine Lage wurde bald unhaltbar.

Da veranlasste er Montezuma, noch einmal vom Turme des Palastes aus zu der Menge zu reden. In königlicher Pracht erschien der unglückliche Fürst vor seinen Untertanen, die auch in gewohnter Ehrfurcht vor ihm auf die Knie fielen. Als er aber die Spanier seine Freunde nannte, ertönten laute Schmährufe, und plötzlich trafen ihn Steinwürfe und Pfeilschüsse. Schwer verwundet wurde er in den Palast zurückgebracht, wo er jede Hilfeleistung zurückwies und bald darauf starb.

Cortez übergab die Leiche Montezumas den Mexikanern, damit sie ihn ehrenvoll bestatteten, und knüpfte zugleich mit ihnen Verhandlungen an, um die Stadt verlassen zu können. Aber sie wiesen seine Waffenstillstandsgesuche höhnisch zurück, und Cortez blieb nichts übrig, als den Versuch eines nächtlichen Durchbruchs über die schmalen Dämme und halbverbrannten Brücken zu wagen.

Was als Anteil an Gold und Kostbarkeiten dem Kaiser gehörte, liess er sechs Pferden und achtzig Tlascalanern aufladen; von dem übrigen konnten die Soldaten so viel nehmen, als sie nur tragen mochten. Auch hatte er eine bewegliche Brücke gezimmert, die über die Kanäle gelegt werden konnte, wo etwa die anderen Brücken verbrannt waren.

Es war am 1. Juli 1520. Die Nacht war finster und regnerisch, und vor Mitternacht begann der Abmarsch. Die mitgebrachte Brücke bewährte sich zunächst sehr gut, und ein grosser Teil der Truppen war schon hinüber, ehe die Indianer etwas von dem Fluchtversuch merkten. Dann aber brach das Sturmgeheul los, und ungeheure Scharen stürzten sich auf die Spanier. Die Brücke schlug schliesslich um, und nun begann ein wildes Gemetzel. Der ganze See war mit Kähnen bedeckt, und auf den engen Dämmen und im Wasser wurde verzweifelt gekämpft.

Nur ein kleiner Bruchteil der Spanier schlug sich in dieser Nacht mit dreiundzwanzig Pferden durch. Doch hatten sie keine Geschütze und kein Pulver mehr und sehr wenig Armbrüste. Und sie nannten die Nacht, in der sie solche Not erlitten, die Nacht der Trübsal. Auch waren hundert Spanier, die sich nicht mehr durchschlagen konnten, in einen Tempel geflohen, wo sie sich festsetzten und drei Tage gegen die ganze Bevölkerung der Stadt kämpften. Erst der Hunger zwang sie zur Uebergabe, und sie wurden alle den Göttern des Landes geopfert.

Der weitere Rückzug vollzog sich in guter Ordnung, aber am nächsten Tage stiessen die Spanier auf ein gewaltiges Heer. Es war der Kern der Kriegsmacht der Mexikaner in der Stärke von hunderttausend Mann, die ihnen den Rückzug abschneiden und sie vernichten wollten.

Aber Cortez kannte keine Furcht. Mit dem Feldgeschrei: Santiago! Santiago! warfen sich die Spanier gegen den Feind. Voran sprengten die Reiter, die überall die Reihen durchbrachen, und es begann ein wildes Blutbad, das aber zunächst keine Entscheidung brachte. Schliesslich bemerkte Cortez den feindlichen Feldherrn mit der kaiserlichen Standarte. Mit seinen Reitern stürzte er sofort auf ihn los, der Feldherr wurde getötet und die Fahne erobert. Nun verloren die Mexikaner den Mut und ergriffen die Flucht, noch lange verfolgt von den spanischen Reitern. Auch die befreundeten Tlascala-Indianer kämpften sehr tapfer.

Cortez zog sich nun nach Tlascala zurück, wo er aufs beste aufgenommen wurde und Ruhe und Pflege für seine Verwundeten fand. Dann aber nahm er mit grosser Umsicht und Zähigkeit die kriegerische Tätigkeit gegen die Mexikaner wieder auf. Die Tlascalaner stellten ihm tüchtige Hilfstruppen, dazu kamen aber auch frische Mannschaften, die auf die Nachricht von den mexikanischen Schätzen in Schiffen von Kuba ankamen und durch Cortez in seine Dienste gestellt wurden.

Nachdem er sich nun überall im Lande in grosses Ansehen gesetzt und die Mexikaner an vielen Punkten zurückgeschlagen hatte, setzte er sich endlich am 28. Dezember 1520 zum zweiten Male auf die Hauptstadt in Bewegung. Sein Heer war wieder auf 600 Fussgänger und 40 Reiter angewachsen, und er führte diesmal 50 000 Indianer mit sich. Auch hatte er im Gebirge dreizehn kleine Schiffe herstellen lassen, um damit die mexikanischen Kähne zu zerstören.

Ueberall unterwarfen sich jetzt die kleineren Städte, Guatimozin aber, der neugewählte Herrscher der Mexikaner, rüstete sich zur verzweifelten Gegenwehr. Im März kamen noch vier Schiffe aus Spanien an, die eine Menge Waffen und Pulver sowie 200 Soldaten und 80 Pferde brachten, und nun konnte Cortez wirklich zur Belagerung schreiten, die im Mai 1521 begann. Vorher hatte er noch die mexikanischen Truppen, die sich ihm vor den Toren entgegenstellten, mit leichter Mühe geschlagen.

Die Belagerung begann mit einem Seegefecht, in welchem Cortez mit seinen Schiffen die vielen Tausende von mexikanischen Kähnen angriff, doch waren die darauffolgenden Kämpfe sehr schwierig, und Schritt für Schritt musste der Weg über die schmalen Dämme erobert werden. Die Spanier schnitten die Zufuhr der Lebensmittel und vor allem die Süsswasserleitung ab, so dass die Mexikaner in grosse Not gerieten, weil der See nur Salzwasser enthielt.

Endlich gelang es den Spaniern, von allen Seiten in die Stadt einzudringen, und am 13. August wurde die Stadt vollständig erstürmt und der junge Kaiser Guatimozin mit seiner Gemahlin nach einem vergeblichen Fluchtversuch gefangengenommen. Das Gemetzel in der eroberten Stadt war furchtbar, und bald war jeder Winkel von Leichengeruch erfüllt.

Cortez, der einen Bericht an Kaiser Karl V. senden wollte, suchte vergebens nach den Schätzen des Kaisers Guatimozin und liess diesen, nebst einigen Fürstlichkeiten auf die Folter spannen. Schliesslich musste er ihnen aber doch glauben, dass sie die Schätze in den See versenkt hatten.

Mit dem Fall der Hauptstadt war das Schicksal des Landes besiegelt. Cortez sorgte nun für die Befestigung der spanischen Herrschaft und stellte die durch die Belagerung fast ganz zerstörte Stadt wieder her. Ueberall unterdrückte er die Sitte der Menschenopfer und führte Ordnung und ruhiges Leben herbei. Kaiser Karl aber ernannte ihn einstweilen zum Statthalter und Generalkapitän von Mexiko, das damals den Namen Neuspanien trug.

Doch sollte Cortez nicht in Frieden die Früchte seiner Tätigkeit ernten. Seine Feinde und Neider suchten ihn auf alle Weise beim Kaiser zu verleumden. Schliesslich blieb dem Eroberer von Mexiko nichts anderes übrig, als sich persönlich zu verteidigen, und er schiffte sich im Jahre 1527 nach Spanien ein. Dort wurde er anfangs vom Kaiser mit grosser Auszeichnung empfangen, erhielt aber nicht die erbetene dauernde Statthalterschaft von Neuspanien und geriet später ziemlich in Ungnade. Wohl aber schloss man mit ihm einen Vertrag, dass er in dem Meer westlich von Mittelamerika, damals das Südmeer genannt, auf Entdeckungen ausgehen sollte, und sagte ihm einen Anteil am Gewinne zu.

Cortez, der sich in Spanien vermählt hatte, fuhr 1530 mit seiner Frau nach Mexiko, wo er ein Geschwader ausrüstete, und zur Erwerbung Kaliforniens, dessen Südspitze er entdeckte, einen grossen Teil seines Vermögens verwendete. Wohl, um eine Entschädigung für seine Verluste zu erhalten, machte er 1540 eine neue Reise nach Spanien, wo er den Kaiser auf einem Kriegszug nach Algier begleitete.

Später geriet er bei Hofe ganz in Ungnade; die Rückkehr nach Amerika wurde ihm verweigert, und er war schon entschlossen, seinem undankbaren Vaterland ganz den Rücken zu kehren, als er an einem Fieber erkrankte und am 2. Dezember 1547 bei Sevilla starb.

siehe Bildunterschrift

Medaille mit dem Bildnis von Fernando Cortez. Berliner Staatliches Münzkabinett.


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