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VII.

 

Er hatte nur ein Ziel, das ihn vor Allem zog.
Den Arm hob er voll Rache gegen's Vaterland.

Thomson.

 

 

Alix Dunscombe blieb am Strande, und sah nach dem dunkeln Punkte, der bald in der düstern Nacht auf den Wogen verschwunden war. Traurig und theilnehmend lauschte sie dem regelmäßigen Schlage der Ruder, die noch lange hörbar blieben, als das Boot schon lange in der finstern Ferne auf dem östlichen Ozean verschwunden war. Nachdem alle Spuren der abgeschiedenen Freundinnen nur blos in ihrer Phantasie auftauchten, entfernte sie sich langsam vom Meere, und suchte dann eilig durch das Gewirr zu kommen, das die noch einzuschiffende Mannschaft verursachte. Sie stieg den Pfad hinauf, welcher sie wieder auf die Klippen-Ebene führte, auf der sie so oft gewandert war, um nach dem gränzenlosen Elemente zu schauen, das an dem ausgewaschenen Fuße derselben spielte. Ihre Gefühle entsprachen ganz der sonderbaren Lage.

Borroughcliffe's Soldaten standen oben am Ausgange des Pfades. Sie machten ehrerbietig Platz. Auch von Manuel's Wachen hielt keine die Zurückgehende auf, bis sie der Nachhut sich näherte. Diese ward von ihrem wackern Kapitain selbst kommandirt.

»Wer da?« rief dieser gleich, und ging aus der düstern Gruppe der Soldaten der Näherkommenden entgegen.

»Jemand, der weder Macht noch Willen hat, Euch Schaden zu thun!« antwortete die einsame Wanderinn. »Ich bin Alix Dunscombe, und gehe mit Erlaubniß Eures Chefs nach dem Orte meiner Kindheit zurück!«

»Ei!« brummte Manuel, »das ist wieder eines von Griffith's Komplimenten, das mit allen militairischen Regeln streitet! Denkt er denn, daß je eine Frau ohne Zunge war? – Habt Ihr denn die Parole, daß ich auch weiß, Ihr seyd berechtigt, die Vorpostenlinie zu passiren?«

»Ich habe keine, als mein Geschlecht und meine Schwäche, es müßte denn Herrn Griffith's Zustimmung, daß ich gehen könne, so gedeutet werden!«

»Die beiden erstern sind genug,« sagte eine Stimme. Sie kam von einer Gestalt, die man bisher nicht gesehen hatte, weil sie von einem Baume bedeckt war, der seine großen nackten Aeste fast über den ganzen Ort verbreitete, wo die Nachhut stand.

»Wer da!« rief Manuel wieder. »Nennt Euch, oder es wird Feuer gegeben!«

»Was? Der tapfere Kapitain Manuel will den eignen Befreier niederschießen?« sagte der Lootse kalt und verächtlich, als er aus dem Dunkel heraustrat. »Er thut wohl besser, die Kugeln für den Feind zu sparen, als sie gegen seine Freunde zu verschwenden!«

»Ei, Freundchen, das war sehr unbesonnen von Euch gehandelt! So heimlich einer Wache von Seesoldaten zu nahen! Wirklich mich wundert's, daß ein Mann, der in der Nacht wohl zeigte, er verstehe etwas von Taktik,– denn Ihr habt den Ueberfall schön ausgeführt;– doch so viel Unwissenheit in der Art zu Tage legt, wie man sich einem Piket nähern muß!«

»Das thut jetzt wenig!« erwiederte der Lootse. »Meine Kenntniß und meine Unwissenheit sind jetzt gleich viel werth. Der Oberbefehl ist nun an einen andern übergegangen, und da wohl in bessern Händen. Doch ich möchte gern mit der Dame allein sprechen. Sie ist eine Freundinn meiner Jugend, und so werde ich sie nach der Abtei begleiten.«

»Das wäre gegen alle militairischen Regeln, und ihr nehmt es nicht übel, Herr Lootse, wenn ich gegen jeden Gang protestire, der über den Bereich meiner Posten hinaus geht. Wenn Ihr Eure Unterhaltung hier pflegen wollt, will ich das Piket soweit zurückschieben, daß es nichts hören kann. Aber freilich muß ich bekennen, ich sehe keinen bessern Platz, um es aufzustellen, wenn ich es als Militair betrachte. Ihr begreift doch, wenn ich überfallen werde; so habe ich hier ein Plateau zum Rückzuge. Die Klippe deckt meine rechte Flanke, und die große Eiche meine linke. Im Nothfall kann man hier eine allerliebste Position nehmen: denn auch der älteste Soldat schlägt noch ein Mal so getrost, wenn seine Flanke gut gedeckt ist, und er den Weg zum Rückzuge hinter sich frei weiß.«

»Nichts weiter, Kapitain. Ich möchte um keinen Preis so eine Position aufgegeben sehen!« versetzte der Lootse lächelnd. »Miß Dunscombe ist so gut ein Paar Schritte mit zurück zu kehren!«

Alix folgte seiner Aufforderung, bis er sie an einen Ort brachte, wo in einiger Entfernung von der Wache, durch den letzten Sturm eine alte Eiche niedergeworfen lag. Sie setzte sich still auf den Stamm, und schien ungeduldig zu warten, daß er ihr die Gründe mittheilte, welche ihn zu dieser Unterredung bestimmt hatten. Der Lootse ging einige Minuten vor ihr in tiefem Schweigen auf und ab, als unterhandle er mit sich selbst. Plötzlich kam er aus seiner Zerstreuung zu sich, und setzte sich an ihre Seite.

»Die Stunde ist da, Alix, wo wir scheiden müssen!« begann er endlich. »Es steht bei Dir, ob auf immer!«

»So laß es auf ewig seyn!« entgegnete jene mit etwas zitternder Stimme.

»Dies Wort würde weniger Schrecken erregen, fände nicht diese unerwartete Zusammenkunft statt. – Und doch mag Dein Entschluß von der Klugheit geleitet werden; denn was in meinem Schicksale kann ein Weib zu dem Wunsche verleiten, es mit ihm zu theilen?«

»Wenn Du meinst, Dein Loos sey das eines Mannes, der nur kaum einen, vielleicht Niemand findet, welcher alle Freuden, so wie den Kummer desselben theilen mag, weil sein Leben eine stete Reihe von Gefahren und Unglücksfällen, Täuschungen und Mißgriffen ist; so kennst Du das Herz eines Weibes nur wenig, sobald Du an dessen Willen und Kraft zweifelst, sie mit dem Manne ihrer Wahl zu theilen.«

»Wenn Du so sprichst, Alix; so habe ich Deine Meinung falsch verstanden, oder Deine Handlungen falsch gedeutet! Mein Loos ist also nicht ganz das eines unbeachteten Mannes, der trotz der Gunst von Fürsten, des Lächelns von Königinnen, verlassen genannt werden kann! Wohl ist mein Leben voller schrecklichen Gefahren; aber doch ist es nicht blos mit Unglück und Täuschung erfüllt. Ist es, Alix?«

Er schwieg einen Augenblick, aber vergeblich ihre Antwort erwartend; fuhr er dann fort:

»Nun, so hab' ich mich denn in der Bewunderung getäuscht, welche die Welt meinen Kämpfen und Unternehmungen zollt! Ich bin nicht der Mann, der ich seyn wollte; nicht der, wofür ich mich selbst hielt!«

»Du hast Dir unter den Kriegern unserer Zeit einen Namen erworben;« antwortete sie endlich mit leiser Stimme. »Es ist ein Name mit Blut geschrieben, möchte man sagen!«

»Mit dem Blute meiner Feinde, Alix!«

»Mit dem Blute der Unterthanen Deines angestammten Königs! mit dem Blute derer, welche die Luft athmen, die Du zuerst einsogst, welche dieselben heiligen Lehren erhielten, die man Dir gab, um sie, fürchte ich, nur zu bald vergessen zu haben.«

»Mit dem Blute der Sklaven des Despotismus!« unterbrach er sie ernst. »Mit dem Blute der Feinde aller Freiheit! Du hast so lange in dieser düstern Zurückgezogenheit gelebt, die Vorurtheile Deiner Jugend so lieb gewonnen, daß ich wohl fühle, wie die Hoffnung, jene edlen Gefühle, welche ich einst in Dir aufkeimen zu sehen glaubte, nicht in Erfüllung geht!«

»Ich habe nur gelebt und gefühlt wie ein Weib, wie es meinem Geschlecht, meiner Stellung gebührt!« erwiederte Alix sanft. »Müßte ich anders leben und denken; so wollte ich lieber sterben!«

»Ja, darin liegt der erste Keim der Knechtschaft! Ein Weib, abhängig lebend, wird sicher die Mutter feiger, verworfener Buben, die den Namen des Mannes entehren!«

»Ich werde weder guten noch bösen Kindern Mutter seyn!« versetzte Alix mit der Ergebung, die wohl zeigte, daß sie auf jede Hoffnung ihres Geschlechts Verzicht gethan habe. »Einsam ohne Stütze habe ich gelebt; allein und unbeweint muß ich zu Grabe getragen werden!«

Das vorwaltende Gefühl, mit der sie dies sprach, verbunden mit der sanften und stillen Würde des jungfräulichen Stolzes, rührte das Herz des Lootsen. Er schwieg einige Augenblicke, als verehre er ihren Entschluß. Ihre Aeußerungen weckten auch in seiner Brust das Gefühl des Edelmuths, der Uneigennützigkeit, das in rastlosem Ehrgeize, im Stolze über seine Thaten beinahe untergegangen war. Sanfter knüpfte er das Gespräch wieder an. Inniger schloß sich sein Herz auf. Minder heftig war seine Leidenschaft.

»Ich weiß nicht, Alix,« sagte er, »ob ich in meiner Lage, wo nicht glücklich, doch zufrieden, es wagen darf, in Deinem Busen die Gefühle wieder hervorzurufen, die ich darin einst wahrzunehmen glaubte. Es kann unmöglich wünschenswerth seyn, das Loos eines Mannes zu theilen, der, wie ich, überall und nirgends ist; der ein Don Quixote der Freiheit heißen, der jede Stunde bestimmt seyn kann, die Wahrheit ihrer Grundsätze mit seinem Leben zu besiegeln!«

»In meiner Brust lebt jedes Gefühl, das Dich anging, noch, wie immer, unverändert fort!« versetzte sie mit ihrer eigenthümlichen Offenherzigkeit.

»Hör' ich recht! Oder habe ich Deinen Entschluß, in England zu bleiben, unrecht verstanden? Oder hatte ich Deine frühern Gesinnungen falsch begriffen?«

»Du warst in keinem Irrthume weder jetzt noch damals. Meine Schwäche ist noch dieselbe, John. Aber mein Bestreben, dagegen anzukämpfen, ist mit den Jahren, Gott sey es gedankt, erstarkt! Doch nicht von mir, von Dir wollte ich sprechen! Ich habe wie eine von unsern einfachen Feldblumen gelebt. Sie können in der Blüthe unser Auge fesseln. Gleich den armen werde auch ich verwelken, wenn der Winter meines Lebens da ist, und Niemand wird mich auf den Feldern vermissen, wo ich eine Zeitlang geblüht habe. Wenn Du aber fällst, John; so wirst Du der Eiche gleich seyn, die uns jetzt trägt. Die Menschen verkünden die Schönheit und Größe des Baumes, so lange er steht, und seinen Nutzen, wenn er gestürzt ist.«

»Laß sie sprechen, was sie wollen!« erwiederte er stolz. »Am Ende muß die Wahrheit an den Tag kommen, und ist diese Stunde da; so werden sie sagen: er war zu seiner Zeit ein tapferer und treuer Krieger! Eine hohe Lehre mögen Alle aus seinem Beispiele nehmen, die in der Sclaverei geboren wurden, und nach Freiheit trachten!«

»So mag das ferne Volk sprechen, dem Du Dich statt dessen angeschlossen hast, wo Du sonst Heimath und Freunde fandest!« sagte Alix, und sah ihm furchtsam prüfend in's Auge, als wollte sie sehen, wie weit sie wohl gehen dürfe, ohne seine Hitze rege zu machen. »Aber was werden die Bewohner dieser Insel ihren Kindern erzählen, den Kindern, die mit Dir von gleichem Blute sind?«

»Sie werden sagen, was ihnen ihre niedrige Staatsklugheit oder ihre getäuschte Eitelkeit zuflüstern wird! Doch das Gemälde muß von den Feinden des Helden so gut vollendet werden, als von seinen Freunden! Glaubst Du, es gäbe in Amerika nicht so gut Federn als Schwerter?«

»Ich habe Amerika als ein Land rühmen hören, über das Gott seinen Segen mit freigebiger Hand breitete; wo er manchen Himmelsstrich mit seinen verschiedenen Früchten schuf; wo seine Macht nicht weniger sichtbar ist, als seine Gnade. Amerika's Ströme sollen ohne Anfang seyn, und seine Seen mitten im Lande diesen deutschen Ozean beschämen! Ebenen, mit dem schönsten Grün geschmückt, ziehn sich über den weiten Raum dahin, und an lachenden Thälern, die jedes Herz fesseln können, fehlt es nicht. Kurz, John, ich höre, es ist ein großes Land, das jeder Leidenschaft Raum gewährt, und für jedes Herz ein Ziel hat.«

»So hast Du doch in Deiner Einsamkeit Menschen gefunden, die geneigt waren, uns Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen! Es ist ein Land, das eine Welt für sich seyn kann. Warum sollten die, welche es bewohnen, Gesetze von andern Völkern empfangen?«

»Ich mache den Kindern seines Bodens nicht das Recht streitig, zu thun, was ihre Wohlfarth zu fördern scheint. Aber kann Jemand in jenem Lande geboren seyn, und die Gefühle verkennen, die jedes menschliche Wesen an den Ort seiner Geburt fesseln?«

»Und zweifelst Du an ihrer Liebe zum Vaterlande?« rief der Lootse mit Ueberraschung aus. »Sprechen nicht ihre Anstrengungen in dieser heiligen Sache, ihr Dulden, ihre langen Entbehrungen laut dafür?«

»Gut. Werden wohl jedoch sie, welche die Liebe zum Vaterlande so kennen, den Namen dessen rühmen, der die unbarmherzige Hand gegen das Land seiner Väter zuckte?«

»Immer kommst Du auf dies Wort zurück!« sagte der Lootse, der nun wohl sah, wohin die furchtsame Alix mit ihrer geheim gehaltnen Meinung wolle. »Ist denn der Mann ein Stück Holz, ein Stein, daß er in's Feuer geworfen, oder vermauert werden muß, wo ihn das Schicksal auf der Erde zu erscheinen zwang? Das Wort Heimath nährt, sagt man, den Stolz des Engländers, wohin er gehn mag. Fast aber scheint es, als ob es für englische Frauen noch mehr Reize habe!«

»Es ist der theuerste Name für jedes Weib: denn es umfaßt die theuersten von allen Banden, John! Wenn die Frauen Amerika's seinen Zauber nicht kennen; so werden alle Gaben, die Gott auf ihr Land häufte, ihr Glück nur wenig fördern!«

»Alix!« rief der Lootse, unruhig aufstehend, »ich sehe wohl, wohin Du mit Deinen Anspielungen willst. Wir können über diesen Gegenstand nie einig werden. Selbst Deine ganze Gewalt über mich kann mich nicht vom Pfade der Ehre entfernen, auf dem ich wandle. Unsere Zeit ist zugemessen. Laß uns von andern Dingen sprechen. Es möchte das letzte Mal gewesen seyn, daß ich je auf Englands Boden meinen Fuß setzte!«

Alix kämpfte mit dem Gefühle, das diese Bemerkung aufregte. Sie schwieg einige Augenblicke. Endlich ward sie ihrer Schwäche Meisterinn. Streng den Gedanken verfolgend, den sie für ihre Pflicht hielt, bemerkte sie:

»War denn jetzt, wo Du landetest, die Gefangennehmung einer friedlichen Familie, die Gewaltthätigkeit, welche Du gegen einen Greis übtest, eines Mannes würdig, dessen Ziel, wie Du sagst, die Ehre ist?«

»Du glaubst, ich sey eines so unwürdigen Zweckes wegen gelandet? habe darum mein Leben in die Hände meiner Feinde gelegt? Nein, Alix, mein Plan bei dieser Unternehmung ist vereitelt worden, und darum wird er der Welt auf ewig verborgen bleiben. Doch, was ich meiner Pflicht schuldig bin, mußte den Schritt herbeiführen, den Du so ohne Nachdenken verdammst. Dieser Oberst Howard steht bei denen, welche hier die Macht haben, in Ansehn. Er wird dazu dienen, einen bessern Mann auswechseln zu können. Was seine Mündel anbelangt; so vergißt Du, daß ihre Heimath, ihr bezauberndes Vaterland, in Amerika ist, falls sie es nicht unter der stolzen Flagge der Fregatte, die sie jetzt im Ozean erwartet, noch eher finden!«

»Von einer Fregatte sprichst Du?« fiel Alix mit lebhafter Theilnahme schnell ein. »Ist sie das einzige Schiff, das Euch aus den Händen Eurer Feinde retten soll?«

»Alix Dunscombe hat nur wenig Kenntniß von den frühern Ereignissen, um so eine Frage an mich zu thun!« erwiederte der stolze Lootse. »Die Frage würde richtiger gelautet haben, sagst Du: Ist sie das einzige Schiff, dem Deine Feinde zu entfliehen suchen müssen?«

»Sieh, ich kann meine Worte in diesem Augenblicke nicht abwägen,« fuhr Alix fort, und verrieth noch mehr Unruhe. »Ich hörte zum Glück einen Theil von dem Plane, der zur schnellen Zerstörung der Schiffe entworfen ward, welche Amerika in diesen Gewässern hat.«

»Der Plan möchte schneller zu entwerfen, als auszuführen gewesen seyn, meine gute Alix! – Und wie lautet das furchtbare Vorhaben?«

»Ich weiß nicht, ob meine Pflicht gegen den König mich nicht verbindet, die Kunde davon zu unterdrücken!« erwiederte die Zögernde.

»Immer hin! Laß es seyn!« sagte der Lootse kalt. »Vielleicht taugt es dazu, einige königliche Offiziere dem Tode oder der Gefangenschaft zu entziehen! – Ich habe es schon gesagt, es wird dies mein letzter Besuch auf dieser Insel, und folglich unsere letzte Zusammenkunft gewesen seyn!«

»Und doch,« lispelte Alix für sich, als verfolge sie ihren Ideengang, »es kann ja wohl nicht eben böse seyn, wenn man Menschenblut spart. Zum Mindesten wenn wir die retten, welche wir so lange kannten und schätzten!«

»Ja, dieser Grundsatz ist einfach genug, und wohl zu rechtfertigen!« setzte der Lootse, dem Anschein nach, sehr gleichgültig hinzu. »Und doch könnte der König Georg wohl einige seiner Günstlinge gerettet sehn. Die Liste derselben ist so lang!«

»In der Abtei war lange ein gewisser Dillon. Er ist auf geheimnißvolle Art verschwunden, oder besser, von Deinen Freunden aufgegriffen worden. Hast Du von ihm gehört, John?«

»Ich habe einen Schurken, der so hieß, nennen hören, ohne aber je mit ihm zusammen zu kommen. – Alix, wenn es des Himmels Wille war, daß wir uns das letzte Mal –«

»Er war Gefangener auf dem Ariel, wie Euer Schooner heißt,« fuhr sie fort, ohne seine erkünstelte Gleichgültigkeit für ihre Mittheilung zu beachten. – »Als ihm erlaubt wurde, nach St. Ruth zurückzukehren, vergaß er sein feierliches Versprechen, sein verpfändetes Ehrenwort, um seinem boshaften Sinne zu folgen. Statt die Auswechselung zu bewirken, zu der er sich verbindlich gemacht hatte, spann er Verrath gegen die, welche ihn gefangen genommen hatten. Ja, es war der schändlichste Verrath: denn edel und großmüthig hatten sie ihn behandelt, und seine Befreiung war gewiß.«

»Er war ein nichtswürdiger Schurke!«

»Jetzt höre, John!« sprach sie, mit einer Wärme, die immer höher stieg, je weniger er auf die Kunde zu achten schien. »Ich sollte wohl nachsichtig von seinem Vergehen sprechen, weil er bereits unter den Todten ist. Ein Theil seines Planes muß gescheitert seyn: denn er hatte beabsichtigt, Euern Schooner, den Ariel, zu vernichten, und den jungen Barnstable gefangen zu nehmen.«

»Beide Absichten hat er verfehlt, Barnstable hab' ich befreit, und der Ariel ist durch die Hand dessen zertrümmert worden, der mächtiger ist, als irgend Einer auf Erden. – Der Ariel ist gescheitert!«

»So ist also die Fregatte das einzige Rettungsmittel für Euch? – Eile, John, schau nicht so stolz und unbesorgt um Dich herum: denn die Stunde möchte kommen, wo alle Dein Muth nicht gegen die geheimen Umtriebe Deiner Feinde ausreichen könnte. Dillon hat dafür gesorgt, daß sogleich ein Eilbote nach einem südlichen Hafen mit der Meldung abgesendet würde: Eure Schiffe seyen in diesen Gewässern; schnell möchte man einige englische auslaufen lassen und Euch auffangen.«

Der Lootse verlor jetzt seine erkünstelte Gleichgültigkeit, und bevor sie inne hielt, schien sein Auge durch die düstere, nur sternenhelle Nacht jedes Wort auf ihren Zügen im Voraus zu erspähen.

»Wie hast Du das erfahren?« fragte er rasch. »Wie heißen die Schiffe, die er angab?«

»Der Zufall ließ mich ungesehn den Plan belauschen, und ich weiß nicht, ob ich meine Pflicht gegen den König vergesse. – Doch, John, ist zu viel von einem schwachen Weibe verlangt, daß sie den Mann, der sie einst mit günstigen Augen betrachtete, geopfert sehn soll, wo ein Wort der Warnung, zu seiner Zeit gesagt, ihn in den Stand setzen kann, der Gefahr zu entgehen.«

»Einst mit günstigen Augen ansah? Ist dem so, Alix?« fiel der Lootse etwas zerstreut ein. »Doch, Alix,« fuhr er fort, »hörtest Du, wie die Schiffe hießen, von welcher Art sie waren? Nenne mir sie, und der erste Lord von Eurer Admiralität wird nicht so genau über ihre Stärke berichten können, als ich es aus meiner Liste zu thun vermag.«

»Ihrer Namen wurde Erwähnung gethan,« versetzte die Sanfte, mit zärtlicher Schwermuth, »aber der Name eines Mannes tönte meinem Ohr noch näher, und hat sie aus meinem Gedächtniß entfernt.«

»Du bist immer die gute Alix, wie ich sie sonst kannte! Mein Name ward erwähnt? Was sagten sie vom Seeräuber? Hat sein Arm einen Streich geführt, der sie in ihrer Abtei zittern ließ? Nannten sie ihn einen Feigen?«

»Er ward in einer Art bezeichnet, die mir wehe that. Daß Jahre vergingen, vergißt man gar zu leicht; aber nicht so leicht werden die Gefühle der Jugend ausgerottet!«

»O es ist Wonne, wenn man hört, daß Sklaven thun, als verachteten sie mich, und sich doch in ihren geheimen Berathschlagungen vor mir fürchten,« rief der Lootse, raschen Schrittes vor seiner Freundinn auf- und abgehend. »Bei Leuten, die wie Du denken, ist das merkwürdig! Ich hoffe noch den Tag zu sehn, wo Georg der Dritte, wenn er meinen Namen hört, selbst in den Mauern seines Pallastes zittern soll!«

Alix hörte ihn schweigend und betrübt an. Es war zu klar, daß ein Glied der Kette, die sie verband, zerrissen war, daß die Schwäche, der sie sich selbst unbewußt hingegeben hatte, von keiner gleichen Leidenschaft in seinem Herzen erwiedert wurde. Sie ließ ihr Haupt auf den Busen sinken. Dann stand sie sanft auf, wie ihre Art war, und erinnerte wieder den Lootsen daran, daß sie da war. Mit noch sanfterm Tone sagte sie ihm nämlich:

»Was Dir zu wissen nützlich seyn kann, habe ich Dir nun alles mitgetheilt. Jetzt ist es wohl Zeit, daß wir scheiden!«

»Wie? so geschwind?« rief jener, zusammenfahrend und ihre Hand ergreifend. »O eine kurze Zusammenkunft, Alix, und sie soll so einer langen Trennung voraus gehn!«

»Kurz oder lang – es muß nun beendigt werden!« erwiederte sie. – »Deine Gefährten sind zur Abfahrt bereit, Du wirst nicht der Letzte zu seyn wünschen, der auf Englands Küste zurück blieb. Kommst Du wieder an dieselbe; so hoffe ich, es soll mit andern Gesinnungen gegen Dein Vaterland seyn. Leb' wohl, John; Gottes Segen begleite Dich! Magst Du seiner werth gefunden werden!«

»Ich frage nicht darnach, wenn er mir nicht durch Deine Bitten wird! Die Nacht aber ist düster, und ich will Dich sicher nach der Abtei geleiten!«

»Dies wäre unnöthig!« erwiederte sie mit weiblicher Zurückhaltung. »Die Unschuld kann bei mancher Gelegenheit so sorglos seyn, als der Tapferste bei Euch Kriegern! Allein hier ist ja keine Veranlassung zur Furcht. Ich werde einen Pfad einschlagen, der mich ganz von dem entfernt, welchen Eure Soldaten besetzt halten, und wo ich nur Ihn finde, der immer gegenwärtig ist, die Schwachen zu schützen! Noch einmal John, leb' wohl! Du wirst das Loos aller Menschen theilen! Stunden der Sorge und Schwäche werden Dir nicht fehlen. In solchen Augenblicken erinnere Dich derer, welche Du auf diesem verachteten Eilande zurückgelassen hast. Vielleicht denkst Du dann auch an eine, deren Theilnahme an Deinem Wohl stets ohne allen Eigennutz war!«

»Gott sey mit Dir, Alix!« sagte er mit überwältigtem Herzen, in welchem alle Bilder der Eitelkeit bessern Gefühlen wichen. »Doch ich kann Dich nicht allein gehn lassen!«

»Hier trennen wir uns!« rief sie fest. »Und das auf ewig! Unser Glück fordert das auf beiden Seiten! Ich fürchte, wir werden nicht viel mehr mit einander gemein haben!«

Sie machte ihre Hand sanft aus der seinigen los, und sagte ihm nochmals Lebewohl, aber mit einer Stimme, die kaum hörbar war. Dann drehte sie sich um, und verschwand langsamen Schrittes nach der Abtei hin.

Zuerst trieb es den Lootsen, ihr zu folgen, und den Weg, den sie nahm, zu beobachten. Aber die Trommel der Nachhut auf der Klippe ließ jetzt ihre kriegerischen Töne hören. Die Pfeife des Bootsmannes kreischte gellend längs den Felsen hin, und gab das wohlbekannte letzte Zeichen zum Einschiffen.

Gehorsam dem Rufe, lenkte der wunderbare Mann, in dessen Brust die natürlichen Gefühle, welche eben im Begriff gewesen waren, so lebhaft auszubrechen, unter geträumten Erwartungen des wilden Ehrgeizes oder wohl auch einer wilden Rache geschlummert hatten, nach den Booten ein. Er war in tiefem Nachdenken versunken. Bald traf er auf Borroughcliffe's Soldaten, die zwar ohne Waffen, aber doch unbewacht, ruhig nach der Abtei zurück gingen. Zum Glück für ihre Freiheit hatte er sich zu sehr seinen Gedanken hingegeben, um diese Handlung von Griffith's Großmuth zu bemerken. Nicht eher wachte er aus seinem Sinnen aus, bis er plötzlich auf eine Gestalt mitten im Pfade stieß. Ein leichter Schlag auf die Schulter war das erste Anzeichen, daß er erkannt sey. Borroughcliffe stand vor ihm.

»Es ist klar, Sir,« redete ihn der Engländer an, »daß Ihr, nach dem, was in dieser Nacht vorgegangen ist, nicht seyd, was Ihr scheint. Ihr mögt nun ein Rebellenadmiral oder General seyn, was weiß ich's? Denn das Kommando ist unter Euch diese Nacht wunderlich in Anspruch genommen worden. Doch mag das Oberkommando haben, wer da will: ich nehme mir die Freiheit, Euch in's Ohr zu raunen, daß ich von Euch schändlich behandelt worden bin; ich sage es noch einmal, schändlich von Allen, und von Euch insbesondere!«

Der Lootse war von der wunderlichen Rede überrascht: denn der Kapitain brachte sie mit aller Bitterkeit vor, die sie bei einem hintergangenen Manne annehmen konnte. Endlich winkte er ihm mit der Hand, zu gehn, und wich selbst aus, um seinen Weg fortzusetzen.

»Vielleicht habt Ihr mich nicht recht verstanden!« sprach Borroughcliffe trotzig. »Ich sage also, Ihr habt mich schlecht behandelt, und ich möchte dies keinem Ehrenmanne gesagt haben, ohne zu wünschen, ich gäb' ihm Gelegenheit, dafür Genugthuung zu fordern.«

Des Lootsen Blick fiel, als er fortging, auf Borroughcliffe's Pistolen. Er hielt eine beim Griff und eine beim Laufe, und glaubte wirklich, der Lootse beschleunige darum seine Schritte. Er verfolgte ihn so lange mit den Augen, bis sich der Letztere in der Dunkelheit verlor. Dann brummte er für sich:»'s ist doch nur ein gewöhnlicher Lootse! Ein ächter Ehrenmann würde, so mit der Nase darauf gedrückt, nicht geschwiegen haben! – Ach hier kommt die Mannschaft von meinem würdigen Freund, dessen Gaum den Madera der Nordseite, von dem auf der Südseite unterscheiden kann! Der Hund hat eine Gurgel wie ein Edelmann. Wir wollen sehen, ob er auch so eine feine Anspielung auf seine Zartheiten hinunterschlucken kann.«

Borroughcliffe stellte sich seitwärts, die Soldaten vorbei nach ihren Booten ziehen zu lassen, und wartete mit Ungeduld auf ihren Befehlshaber. Manuel war schon benachrichtigt worden, daß Griffith die Gefangenen freigelassen wissen wollte, und hatte Halt gemacht, um Acht zu geben, daß Niemand, als die dazu Berechtigten, ins Innere abzog. Dieser Nebenumstand schaffte Borroughcliffe Gelegenheit, mit ihm ohnweit der Soldaten von beiden Seiten zusammen zu treffen.

»Ich grüße Euch von Herzen!« nahm der Engländer das Wort. »Das war ein schöner coup de main, Kapitain Manuel!«

Dieser schien eben nicht geneigt, anzubinden; aber in dem Tone des Gegners war doch etwas, das ihn antworten ließ:

»Es wäre noch viel angenehmer gewesen, hätte ich Gelegenheit gefunden, dem Kapitain Borroughcliffe in etwas die von ihm erfahrne Gefälligkeit zu erwiedern.«

»Ei nicht doch! Ihr schlagt meinen guten Willen zu hoch an! Wirklich, Ihr vergeßt die Art, wie meine Gastfreundschaft belohnt wurde. Zwei Stunden lang hat man mir das Maul mit dem Degengefäß verstopft; man hat mich ohne alle Komplimente in einen Winkel gestoßen, und einem meiner Leute mit so einem lieben Instrumente, das ein Flintenkolben heißt, einen Gnadenstoß versetzt! Gott verdamm mich! Aber ich denke, ein Undankbarer ist nur ein bischen besser, als eine Bestie!«

»Wäre der Gnadenstoß dem Offizier, statt dem Gemeinen zu Theil geworden;« versetzte Manuel mit lobenswerther Kälte: »so wäre er an den rechten Mann gekommen! Der Ladestock hätte auch dazu gepaßt, einen Mann niederzuwerfen, der unter dem Rocke soviel bei sich trägt, daß vier durstige Musikanten genug gehabt hätten!«

»Nun das ist doch der größte Undank für den herrlichen Madera von der Südseite! Die empörendste Beleidigung! Ich sehe nur einen erdenklichen Weg, den Wortstreit zu enden. Wenn er nicht vernünftig beseitigt wird, kann er uns bis zum Morgen aufhalten!«

»Ihr dürft nur wählen, wie er beendigt werden soll! Durch Eure Menschenkenntniß, denk' ich, wird er es freilich nicht! Sie ließ Euch ja in einem Kapitain der Marine im Dienste des Kongresses einen flüchtigen Liebhaber sehen, der nach einem oder dem andern Rasenplatze steuerte.«

»Eher könnt Ihr mich an der Nase zwicken, als daß ich so etwas hören sollte!« rief Borroughcliffe. »Wirklich, ich will lieber das Erstere. Wollt Ihr Euch eines von beiden aussuchen? Sie sind eigentlich zu einem ganz andern Zwecke geladen gewesen; aber ich glaube, sie sollen auch bei der Gelegenheit passen!«

»Ich trage ein Paar bei mir, die zu jedem Dienste geeignet sind!« erwiederte Manuel, und zog aus dem Gürtel ein Pistol, indem er ein Paar Schritte zurück trat.

»Ihr wollt nach Amerika; das weiß ich;« sagte Borroughcliffe, und stellte sich ebenfalls mit der größten Gleichgültigkeit. »Allein es wird ungleich besser für Euch seyn, Euern Abzug nur für einen Augenblick zu verzögern!«

»Gebt Feuer und vertheidigt Euch!« rief Manuel wüthend, indem er auf ihn losging.

In einem Augenblicke hörte man den Knall der beiden Pistolen, und von dort eilten Borroughcliffe's, von hier Manuel's Soldaten herbei. Wären die erstern bewaffnet gewesen, wahrscheinlich hätte es einen blutigen Kampf gegeben, als beide Theile auf dem Platze gleichzeitig ankamen, und nun sahen, was geschehen war. Manuel lag auf dem Rücken ohne ein Zeichen des Lebens. Borroughcliffe hatte die kalte, stolze, gerade Stellung mit einer andern vertauscht, die ein Mittelding von Liegen und Sitzen war.

»Ist der arme Teufel wirklich todt?« fragte der Engländer mit einer Art, die halbes Bedauern ausdrückte. »Nun, er hatte Soldatenblut in sich, und war fast so ein großer Narr, wie ich!«

Zum Glück für die Engländer und ihren Hauptmann hatten die Seesoldaten indessen bei ihrem Kapitain Zeichen des Lebens entdeckt. Es war derselbe nur von der Kugel gestreift, sein Gehirn nur betäubt worden. Man brachte ihn auf die Beine, und er stand ein Paar Minuten da, indem er sich den Kopf rieb, als wache er aus einem Traume auf. So wie er wieder zur Besinnung kam, erinnerte er sich an das, was vorgefallen war, und auch er fragte nun seinerseits nach dem Befinden seines Gegners.

»Ich bin hier, mein würdiger Incognito!« rief ihm dieser mit vollkommener Kraft zu. »Ich liege auf dem Schooße der Mutter Erde, und befinde mich wohler, weil eine oder ein Paar Adern im rechten Beine aufgegangen sind, ob ich schon glaube, so gut hätte es mir werden können, ohne daß mein Bein so garstig mitgenommen worden wäre. Aber ich dächte, ich hätte Euch doch ebenfalls an den Busen unserer gemeinschaftlichen Stammmuttter sinken sehn?«

»Ja, ich glaube, ich habe ein Paar Minuten dagelegen;« entgegnete Manuel. »An meinem Kopfe ist der Gang von einer Kugel fühlbar!«

»Daß Dich! Am Kopfe!« sagte Borroughcliffe trocken. »Ich sehe schon, die Sache ist nicht tödtlich! Nun, dem ersten armen Teufel, der mir nur mit einem guten Beine entgegen kommt, will ich anbieten, mit mir über das meinige zu würfeln. Dann hat er zwei. Das macht einen Bettler oder Edelmann! Manuel, gebt mir Eure Hand! Wir haben zusammen gezecht und gefochten! Jetzt kann uns nichts mehr abhalten, geschworne Freunde zu seyn!«

»Meiner Treu!« versetzte dieser, und rieb sich immer den Kopf, »Ich wüßte nichts, was dem im Wege stünde! Aber – Ihr braucht wohl einen Wundarzt? Kann ich etwas für Euch thun? – Da tönt es wieder zum Einschiffen. Macht fort im Dupplirschritt, Sergeant! Meine Ordonnanz mag da bleiben; oder – ich kann auch ohne Beistand nachkommen!«

»Ach, Ihr seyd ein braver Mann, wie er sein muß, mein theurer Freund!« rief Borroughcliffe. »An Euch ist kein Fehl! So ein Mann verdient das Haupt eines ganzen Corps zu seyn, statt blos eine Kompagnie zu kommandiren. Sachte, Drill! Sachte! Du mußt mit mir umgehen, wie mit einem alten Topfe! – Ich will Euch nicht länger aufhalten, Freund Manuel! Ich höre Signal auf Signal! Sie müssen ein Bischen Euren erstaunlichen Kopf nöthig haben, um flott zu werden!«

Manuel hätte vielleicht die handgreiflichen Anspielungen, die der neue Freund auf seinen festen Schädel machte, übel genommen, aber seine Gedanken waren etwas in Unordnung. Es brummte ihm noch immer etwas in der Gegend, wo sie ihren Sitz hatten. Er erwiederte also die guten Wünsche des Engländers, drückte ihm herzlich die Hand, und erneuerte noch einmal das Anerbieten, ihm zu dienen, nachdem manch' freundliches Wort gewechselt war.

»Ich danke Euch von Herzen,« rief der Engländer, »ganz so, als wäre ich Euch nicht für die Aderlaß verbunden, die mir vielleicht einen Anfall von Schlagfluß erspart hat. Drill hat bereits nach einem Wundarzt geschickt und der Kerl könnte vielleicht in der Stadt das ganze Depot in Alarm bringen. Also gehabt Euch wohl, und vergeßt nicht, mich aufzusuchen, wenn Ihr je wieder Englands Küste als Freund betretet.«

»Das thue ich; darauf verlaßt Euch! und nehme dasselbe Versprechen von Euch an, wenn Ihr einmal nach Amerika kommen solltet!«

»Des seyd gewiß! Ich werde dann warlich Euern trefflichen Kopf vonnöthen haben, durch die dicken Wälder fortzukommen. – Lebt wohl, behaltet mich immer in Euerm Andenken!«

»Ich werde immer an Euch denken, guter Freund!« schied Manuel, und kratzte im Kopfe, worin es klopfte, daß er es zu hören glaubte. Noch einmal schüttelten die Tapfern sich die Hand, und erneuerten das Versprechen, sich einmal wieder aufzusuchen. Dann trennten sie sich, wie zwei Liebende, mit schwerem Herzen, in einer Art, die das Freundschaftsband des Orestes und Pylades beschämt hätte!


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