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Eppele stürzt die burggräfliche Münze, springt über neun Wagen und kehrt auf dem Roß des Burggrafen heim

Seit der Nürnberger Burggraf 1363 von Kaiser Karl IV. in den Stand der Reichsfürsten erhoben war, strebte er alle Rechte dieses Standes an und erhielt gegen erhebliche Opfer endlich auch die kaiserliche Verbriefung, daß er in seinem eigenen Städtchen Langenzenn eine Münzstatt auftun und burggräfliches Geld schlagen durfte. Ins zehnte Jahr prägte nun der böhmische Münzmeister Prokop schon Silbergulden, was die Stempel aushielten und schmunzelte sich das gutmütige Gesicht breit über die Lobsprüche seines Münzherrn und mehr noch über das gute Geschäft, das er selbst dabei hatte. Der Ruhm des burggräflichen Geldes ging in ganz Franken um und war auch zu Eppele gedrungen, der gerade jetzt starke Sehnsucht nach den gepriesenen Silbergulden hatte. Auf Burg Drameysl wurde schmal gespeist, denn die Zeiten waren immer mißlicher für einen freien, von seiner Fehde lebenden Rittersmann geworden. Es blieb weiter nichts übrig, als die Langenzenner Münzstatt einmal aufzusuchen und den neuen burggräflichen Zorn über solchen Besuch zu dem schon gehäuften alten zu legen.

Dem Münzmeister Prokop schwante gleich nichts Gutes, da er an einem Frühsommerabend den Besuch eines etwas schäbig gekleideten Ritters in seiner Werkstatt empfing, der sich als Dienstmann des Burggrafen ausgab und Weisung hätte, den Stand der Arbeiten nachzuschauen. Der Gailinger lobte das schöne Gepräge und volle Gewicht der Gulden und wog die prall gefüllten Geldsäcklein liebevoll in der Hand. Erschreckte aber dann den böhmischen Münzmeister bis ins Blut, als er ihm sagte, diese Säcklein wollte er gleich dem gnädigen Herrn Burggrafen nach Nürnberg bringen, dem damit sicher eine große Freude getan wäre. Meister Prokop sträubte sich mit Händen und Füßen, konnte aber nicht hindern, daß die Drameysler Knechte die schönen Säcklein hinaustrugen und auf ihren Rössern verpackten. Halbtot lehnte der Münzmeister am Türpfosten und hörte kaum den Gruß, den ihm der Ritter von Gailing an den Burggrafen auftrug. Vergnügt sprengte die Drameysler Schar davon nach dem nahen Orte Farrnbach, wo in einer außerhalb des Dorfes gelegenen und mit einer Hofmauer umgebenen Herberge Einkehr gehalten ward.

Noch kein halbes Stündchen war seit der Tat verstrichen, da kam der Burggraf in seine Münzstatt und vernahm das Geschehnis. Er hatte den Tag mit starkem Gefolge in seiner Feste Kadolzburg verbracht, allwo fürstlich getrunken und geschmaust worden war, doch verflogen alle Geister des Vergnügens im Nu vor dieser üblen Kunde. Im Galopp sprengte der Burggraf mit seinen Reisigen gegen Farrnbach, wo am Ortseingang ein Reiter schildwachtete, beim Erblicken des burggräflichen Haufens sofort umkehrte, gegen den andern Dorfausgang raste und dabei fortwährend einen Warnruf ausstieß, der dem Geschrei eines ärgerlichen Hähers glich. Aus der Herberg am Dorfrande wischten Reiter und ritten Hals über Kopf in die einbrechende Dämmerung, ein Teil des burggräflichen Haufens wie die wilde Jagd hinter ihnen her. Der andere Teil hatte in der Zeit das Gehöft umzingelt, in dessen ummauertem Hof noch ein Reiter war, dem beim Aufstieg wohl ein Riemen des Zaumzeugs gerissen sein mußte. Laut brüllend stürmten sechs burggräfliche Knechte auf den einzelnen Reiter los, wurden aber so heiß empfangen, daß ihrer zwei gleich mit schweren Kopfwunden zu Boden kamen. Der Reiter wehrte sich wie ein wütiger Eber und zerschlug noch zwei andern Angreifern die Schädel, so daß der Burggraf seine Leute zurückzog, kurz mit seinen Dienstmannen beriet und alsdann den Hofausgang durch neun hintereinander gestellte Bauernwagen verrammeln ließ. Der Reiter drinnen trabte etliche Male den Hof ab, wendete dann blitzschnell sein Roß zum Sprung über die neun Wagen und spornte es in einem prachtvollen Bogen auch über das Hindernis. Doch blieb das willige Pferd am neunten Wagen mit einem Hinterhuf hängen, überschlug sich und blieb reglos liegen, den Reiter ebenso reglos neben sich. Der Burggraf, dem das kühne Stücklein gefallen hatte, ritt heran, stieg von seinem prächtigen Falben und beugte sich zu dem gestürzten Mann hinab. Da schnellte dieser katzengeschmeidig hoch und auf des Burggrafen Roß und bevor noch einer der Dienstmannen den Vorgang begriff, war der Totgewähnte durchgebrochen und im Nachtdunkel enteilt.

Auf der Nürnberger Landstraße bei Kersbach traf Eppele um Anbruch des Morgens seine Schar, die Haut und burggräfliche Gulden heil davongebracht hatte, was Eppele von Drameysl aus Herrn Friedrich von Zollern zu wissen tat, die Zahl der entführten Silbergulden mit 10 329 bescheinigte und auch auf den Dank für das herrliche Pferd nicht vergaß, welches ihm der Burggraf großmütig dreingegeben hätte.


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