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Eppele läßt seinen jüngsten Sohn verspätet taufen und bringt den Pater Kilian aus der Fassung

Frau Kunigunde war wieder von Illesheim nach Burg Drameysl zurückgekehrt und schaltete dort als ein stiller und sanfter Hausgeist. Ihr allein gelang es, Eppeles unbändige Lust zu tollen Stegreif -Ritten einzudämmen, so daß in der Tat die nächsten vier Jahre die geruhigsten in des Gailingers Leben waren. Jedes Jahr kam Frau Kunigunde glücklich nieder und schenkte Eppele der Reihe nach einen Sohn Hermann, einen zweiten Sohn Friedrich, eine zweite Tochter Anna und endlich einen dritten Sohn, über dessen Taufe Eppele den schon immer fälligen Strauß mit dem Muggendorfer Kaplan Kilianus ausfocht.

Längst schon war die von der Kirche zugestandene Frist von vierzig Tagen zwischen der Geburt und der noch immer ausstehenden Taufe des jüngsten Gailingers verstrichen, und Pater Kilianus wartete weiter Tag und Nacht vergeblich, daß ihn der Ritter von Gailing endlich zu der heiligen Handlung bitten ließe. Noch eine Woche hielt es Pater Kilianus aus, dann aber verfügte er sich an einem Sonntag selbst nach Drameysl und wurde von Eppele in der Burgstube freundlich empfangen. Der Muggendorfer Kaplan begann alsbald mit einer ernstlichen Vermahnung und erinnerte Eppele scharf daran, daß sein jüngster Sohn bereits vier Monate alt und noch immer ungetauft sei, was eines christlichen Hauses ganz und gar nicht würdig und dem Kinde auch nicht heilsam wäre. Eppele nahm die Strafpredigt des Paters äußerlich zerknirscht hin und entschuldigte das Versäumnis demütig mit den vielen Geschäften der letzten Zeit und mit dem Umstand, daß er noch auf keinen passenden Namen für das Kind gekommen sei. Der hochwürdige Herr wüßte aber gewißlich Rat und auch genug schöne christliche Namen, was dem Pater Kilianus sofort Grund war, zwei Dutzend wohlklingende Heiligennamen aufzuzählen. Doch Eppele schüttelte zu allen Namen nur den Kopf und versicherte treuherzig, an diese Namen hätte er selbst schon gedacht. Keiner gefiele ihm aber so gut wie der Name Pfaffenschiß, auf welchen Namen Pater Kilianus kommenden Sonntag das Kind taufen möchte. Dem Kaplan wuchs vor Grimm über diese Fopperei noch eine Spanne seines ohnehin unheimlichen Maßes zu, und er verwies dem Gailinger ernstlich solchen Hohn, worauf Eppele nach einer kurzen Pause entgegnete, es täte ihm jetzt leid, daß das Kind kein Mädchen sei, sonst würde er den Namen Nonnenfurz Vorschlägen. Pater Lilianus verfärbte sich nun gefährlich, schalt diesen Namen als noch weit unchristlicher und gottloser und warnte Eppele vor der Strafe des Himmels, wenn er von seinem Spott mit heiligen Dingen nicht ablasse.

Darob tat Eppele unglücklicher und zerknirschter als vorher und hätte die Fopperei gewiß noch einige Zeit fortgesetzt. Doch Frau Kunigunde kam in die Burgstube, und der Pater, wie jeder seines Amtes in der Frau die gegebene Stütze erkennend, wandte sich an sie und hatte in kurzem auch den Namen Johannes für den jüngsten Gailinger ausgemacht. Eppele selbst rief aber die ersten Jahre seinen Jüngsten nur Pfaffenschiß zum großen Ärger des Paters Lilianus, der sich des Knaben sehr annahm und ihn auch für den geistlichen Stand gewann, in welchem Johannes Pfaffenschiß später auch weit kam und für seinen Vater jenes große Kirchenlicht wurde, das Eppele nie hatte werden wollen.


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