Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

II. Eine Volksversammlung und ihre Folgen

Je mehr die Geschwister sich dem Ende der Auguststraße näherten, um so mehr war es zu spüren, daß man sich in dem Stadtteile befand, dem die eingewanderten Ostjuden sein Gepräge gaben. Seit den neuen Unruhen in Rußland hatte wieder ein starker Einstrom von russischen Juden begonnen, die sich in denselben Stadtteilen festsetzten, wie die Einwanderer nach dem unglücklichen Ende des Weltkrieges, deren Nachkommen inzwischen längst nach dem Westen Berlins übergesiedelt waren und in Autos durch die Straßen der Stadt sausten. Man sah ältere Männer mit langen Bärten, ihrem sie kennzeichnenden Kaftan und den Ringellocken über den Ohren in Gruppen zusammenstehen und mit lebhaften Handbewegungen disputieren. Schmutzige Frauen sah man mit kleinen Kindern auf der Bordschwelle des Straßendammes sitzen, geputzte Mädchen mit jungen Burschen hin und her gehen. Selbst zu dieser Abendstunde spielte sich ein gut Teil des Lebens dieser Leute auf der Straße ab. In der Mulack- und Schendelstraße, die man vom Ende der Auguststraße bis zum Bülowplatz zu durchschreiten hatte, wurde das Gedränge und der Lärm auf der Straße oft so groß, daß man Mühe hatte durchzukommen.

»Es packt mich ein Grauen«, sagte Hertha, »wenn ich mir denke, wir müßten jetzt noch hier wohnen.«

»Ja, damals waren doch erst nur wenige ostjüdische Familien hier; es waren meist Familien, die zu den Rädelsführern der neuen bolschewistischen Agitation in Beziehung standen. Seit aber die Gefahr einer neuen Revolution immer augenscheinlicher wurde und die Machthaber Rußlands im Kampf um ihre Existenz ein neues Judenpogrom in Szene setzten, wurden wir wieder mit diesen unerwünschten Elementen überschwemmt«, bestätigte Arno.

Inzwischen waren sie auf dem Bülowplatz, einem der größten Plätze Berlins, angelangt. Große Menschenmengen fluteten auf dem Platze, die sich je nach ihrem Ziele in drei Ströme teilten. Ein Teil zielte mit den Geschwistern zu dem großen Volkshaus, ein anderer Teil zu der im Anfang des Jahrhunderts erbauten Volksbühne und ein dritter Teil zu der erst kürzlich vollendeten gewaltigen katholischen Kirche.

»Was haben die Katholiken heute für ein Fest?« fragte Hertha.

»Weißt du nicht, daß Papst Leo XIV. gestorben ist? Der schlaue Kirchenfürst hat es verstanden, sich mit den herrschenden Geldmagnaten in allen Ländern gut zu stellen und dadurch der Kurie einen gewaltigen Einfluß auf die Geschicke der Völker zu sichern. Wie er daneben jedes Mittel benutzt hat, um die evangelische Kirche zu bekämpfen, ist dir ja bekannt. Durch Konkordate hat er die Rechte der katholischen Kirche in allen Ländern gesichert und konnte daher überall die katholischen Parteien an der Seite der Religionsfeinde marschieren lassen. Die kirchenfeindlichen Gesetze trafen ja nun nur die evangelischen Kirchen.«

»Ja, aber waren denn die frommen Katholiken mit einer solchen Politik einverstanden?«

»Keineswegs. Die starke religiöse Bewegung, die seit Jahrzehnten von den Predigerorden aus durch die katholische Kirche geht, hat sich oft dagegen gewehrt, daß der Papst, um seine politischen Ziele zu erreichen, die religiösen innerlichen Ziele der Kirche so oft hintangestellt, ja fast verleugnet hat. Aber die kirchliche Disziplin, die jedem Katholiken im Blute sitzt, hat bis jetzt einen Bruch verhütet. Durch den Tod des Papstes hat sich nun aber aller frommen Katholiken eine gewaltige Erregung bemächtigt. Sie strömen jetzt in die Kirchen und beten um einen frommen Papst. Wird wieder ein weltlich gesinnter Politiker vom Schlage Leos XIV. gewählt, so erscheint mir eine Spaltung nicht unmöglich.«

Eine ungeheure Menschenmasse staute sich am Eingang des Volkshauses, und nur mit Mühe gelang es den Geschwistern, sich noch zwei Plätze zu sichern. Als sie die große Versammlung überblickten, sahen sie in einem anderen Teile des Saales Fritz Werner mit seiner Schwester Elsbeth. Am Vorstandstische saßen einige der bekannten führenden Kommunisten, in ihrer Mitte der Redner Joseph Silberstein. Mit Interesse beobachteten die Geschwister ihn. Er war ein Mann in den dreißiger Jahren; das starke, hochstehende schwarze Haar und die gebogene Nase zeigten den jüdischen Typus, der kurze Spitzbart und der stattliche Schnurrbart ließen aber keinen Ostjuden in ihm vermuten; die großen schwarzen Augen schienen in weite Fernen zu schauen.

Die Glocke des Vorsitzenden erscholl und nach einer kurzen Begrüßung wurde dem Redner das Wort erteilt. Als die hohe Gestalt des Russen sich erhoben hatte, wich der Lärm in der Versammlung einer atemlosen Stille.

»Proletarier, Genossen«, so begann er, »die kämpfenden Brüder Rußlands grüßen euch, die ihr noch leidet unter dem eisernen Druck der erbarmungslosen Herrschaft des Kapitalismus. Rußland und Deutschland, seit dem Vertrag von Rapallo 1922 auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen, haben in den nächsten Jahren gewaltige Aufgaben für die Menschheit zu lösen. Laßt mich euch die Ereignisse der Vergangenheit kurz in die Erinnerung rufen. Ihr wißt, wie in den zwanziger Jahren die kommunistischen Ziele unserer Helden Lenin und Trotzki an der harten Wirklichkeit des Kapitalismus scheiterten. Die sozialistische Bewegung, die damals nicht nur durch Rußland, sondern durch ganz Europa ging, war wie ein Frühlingssturm, auf den dann der Winter noch einmal mit ganzer Macht hereingebrochen ist. Doch der strenge Nachwinter macht meist einem um so herrlicheren Frühling Platz. Der Sozialismus konnte sich unter den ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen der Nachkriegszeit nicht durchsetzen, denn er ist nur durchzuführen, wo normale Wirtschaftsverhältnisse in einem Volk bestehen. Eine Reihe von Jahrzehnten sind nach dem großen Kriege vergangen, die Völker haben sich erholt, der Wohlstand hat sich gemehrt, die Staatshaushalte sind in Ordnung gebracht. Aber zugleich ist der Kapitalismus zu einer nie gekannten Macht erstarkt, seit die Kapitalisten aller Länder sich die Hand gereicht. Die Proletarier sind geknechtet und sinken in immer tieferes Elend. Am furchtbarsten ist der Druck bei uns in Rußland, wo alle Gegensätze im Volksleben sich soviel schärfer ausprägen als in Europa. Lange schon hat es bei uns gegärt. Wer mit uns Führern der Proletarier in Verbindung stand, mußte fliehen; wir selbst mußten uns verborgen halten. Endlich war der Druck nicht mehr zu ertragen. Die Bauern und Arbeiter erhoben sich wie 1917. Ein Frühlingssturm geht durchs Land, auf den kein Nachwinter mehr folgen wird! Brüder, Genossen, ihr versteht, was jetzt eine siegreiche Revolution in Rußland bedeutet. Rußland ist nicht mehr der halbasiatische Staat von ehedem. Seit Indien von England abgefallen, seit das dem internationalen Verkehr freigegebene Konstantinopel durch die verlängerte Bagdadbahn mit Indien verbunden, und zwar nicht russischer Besitz geworden, aber doch in die russische Interessensphäre gekommen, ist Konstantinopel der Eingangsort geworden für den Handel mit den unermeßlichen Schätzen des immer mehr aufgeschlossenen Asien. Die türkische Schattenherrschaft kann nicht darüber täuschen, daß das fast ganz russische Konstantinopel London längst überflügelt hat und daß die Zeit nicht mehr ferne ist, wo die Siebenhügelstadt Konstantinopel, die Herrscherin zweier Meere, die Haupthandelsstadt der Welt, die Welthauptstadt sein wird. Wenn jetzt das machtvolle, reiche Rußland seine Tore dem Kommunismus öffnet, so bedeutet das die Weltrevolution und die Verbrüderung der Nationen. Von euch, ihr deutschen Brüder, hängt es in erster Linie ab, ob der Sozialismus auf der ganzen Welt siegen soll, denn wenn ihr mit uns geht, so kann die Welt uns nicht widerstehen. In Rußland ist der Sieg unser; sorgt ihr dafür, daß der Sieg über die Völker der Sache der Proletarier gehört. Freilich, ein heißer Kampf wird euch bevorstehen. Doch wird eure Kapitalistenklasse nicht auf die Dauer widerstreben können, wenn wir erst gesiegt und die Hand auf Konstantinopel und Asien gelegt. Aber einen anderen Feind gilt's zu überwinden, der euch viel Kämpfe bereiten wird, das ist die Kirche, die sich nach Christus nennt. Hat nicht der Papst überall, wo er nur konnte, ein Bündnis geschlossen mit der herrschenden Kapitalmacht, ist er es nicht, der sie gestützt hat, wo sie irgend gefährdet schien? Hat nicht bei uns in Rußland die Kirche einen Hauptanteil daran, daß der früheren Revolution sich Hindernisse auf Hindernisse in den Weg stellten? Ist sie nicht nach dem Aderlaß der Revolution wieder obenauf gekommen und steht jetzt reicher und mächtiger da als je? Und die protestantische Kirche eures Landes? Ich kenne sie nicht, aber ich meine: ›Pfaffe ist Pfaffe, ob schwarz oder bunt gekleidet, ist gleich.‹ Eure Pfaffen werden auch nicht anders sein als die unseren. Die Kirchen sind die Hauptfeinde der Revolution, sie sind die Schützer jeder bestehenden ›Obrigkeit‹. Darum, wer die Freiheit lieb hat, wer die Weltrevolution will, der muß den Kirchen und ihren Dienern Kampf ansagen bis auf den Tod.« In der Versammlung wurden überall Zwischenrufe laut: »Nieder mit den Pfaffen! Nieder mit der Kirche!« Nach einer kurzen Pause schloß der Redner: »Die nächsten Tage können uns schon Nachrichten bringen vom Sieg eurer Brüder in Rußland. Haltet euch bereit; der Sieg wird euer sein. Hoch die Weltrevolution!« Nicht endenwollender Jubel folgte den Worten des Redners, Hochrufe, Bravorufe, Händeklatschen mischte sich mit erneuerten Wutschreien gegen die Kirche und die »Pfaffen«. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Versammlung sich beruhigt und der Vorsitzende dem Redner danken und die Besprechung eröffnen konnte.

Arno hatte während der mit fanatischer Begeisterung gehaltenen Rede, besonders bei ihrem letzten Teile, wie auf Kohlen gesessen und meldete sich als Erster zum Wort. »Mitbürger«, begann er, »wir alle sind aufs tiefste bewegt von den Mitteilungen des Herrn Vorredners und seinen Ausblicken in die Zukunft. Es ist nicht meine Absicht, mich auf den politischen Teil seiner Rede einzulassen, aber der letzte Teil seiner Ausführungen zwingt mich doch zu einer Entgegnung. Was er über die Kirche gesagt hat (Zurufe aus dem Publikum: ›Aha‹), stützt sich wohl auf seine Beobachtungen mit der russischen Kirche, findet auch gewisse Stützen in der bisherigen Politik der römischen Kurie, trifft aber in keiner Weise zu auf die evangelische Kirche Deutschlands, die sich gründet auf die heilige Schrift und das Bekenntnis der Väter. Der Vortragende hat ja selber zugegeben, daß er unsere Kirche nicht kennt. Unserer evangelischen Kirche verdankt unser Volk das Beste was es hat, und wenn es noch nicht ganz versunken ist in dem moralischen Sumpfe, der uns überall entgegentritt im öffentlichen Leben, in Presse, Literatur, Theater und Kino, so danken wir das der Tatsache, daß die Kirche bisher noch Freiheit gehabt hat, das Evangelium von Christo zu verkündigen, wie und wo sie wollte. Ich frage alle die unter Ihnen, die eine fromme Mutter gehabt haben, die Sie einst beten gelehrt hat, ob Sie sie nicht höherstellen als die gottlosen Weiber, die, Zoten und Flüche auf den Lippen, bei allen Putschen eine große Rolle spielen?« Bei diesen Worten bemächtigte sich der Versammlung eine große Unruhe, viele lachten und zischten, andere riefen: »Ausreden lassen; der Mann hat recht.« Mit Mühe schaffte die Glocke des Präsidenten Ruhe. »Mir ist es ein Bedürfnis, zu bezeugen, daß Christus mir der Inhalt meines Lebens geworden ist. Er wird einmal den Sieg gewinnen über alle seine Feinde; und wenn Sie hier noch so sehr toben, gegen Seine Kirche und Sein Wort: ›Der im Himmel sitzet, lachet Ihrer.‹ Es bleibt dabei: ›Jesus Christus, gestern und heute und derselbe in Ewigkeit.‹«

Kaum waren diese Worte gesprochen, da brach ein ohrenbetäubender Lärm aus. »Nieder mit dem Pfaffen«, »Herunter mit dem Hallunken«, »Kalt machen sollte man den Hund«, so schwirrten die Stimmen durcheinander. Da es dem Vorsitzenden nicht gelang, mit seiner Glocke durchzudringen und die Ruhe wiederherzustellen, erhob sich der anwesende Polizeioffizier und erklärte die Versammlung für geschlossen. Nun kannte die Wut der Menge keine Grenzen, einige noch jugendliche Weiber, deren unzüchtiges Gewerbe ihren Gesichtern den Stempel aufgedrückt, stürzten auf Arno los und schrien: »Du verfluchtes Aas, wir kratzen dir die Augen aus«, Bierseidel wurden nach ihm geworfen und als ein Kerl mit einer Ballonmütze und einem roten Shawl um den Hals einen Stuhl erhob, um Arno damit niederzuschlagen, warf sich Hertha schützend zwischen Arno und den Angreifer. Der Stuhl sauste auf Hertha nieder, so daß sie mit einer Kopfwunde zu Boden sank, im Fallen ihren Bruder mit sich reißend. Einen Augenblick stutzte die Menge. Da erscholl vom Präsidententisch ein mächtiges »Halt«; der Redner des Abends schwang sich von der Bühne herunter und drängte sich zu den Geschwistern durch.

»Hände weg«, rief er. »Der Mann hat seine Überzeugung ausgesprochen und das ist sein gutes Recht. Ich sehe mit Schmerz, daß es unter euch Gegner der Redefreiheit gibt. Und was habt ihr hier angerichtet?« rief er aus, indem er sich über das bewußtlose Mädchen beugte, während Arno sich mühsam erhob.

Mit finsterer Miene suchte der rohe Angreifer unter der Menge zu verschwinden.

»Wer hilft mir, die Verletzte fortzuschaffen?«

Arno, gequetscht, getreten und auf einem Fuß hinkend, war nicht dazu imstande, aber Fritz Werner und seine Schwester hatten sich inzwischen bis zu der Gruppe durchgezwängt. So trugen Joseph Silberstein und Fritz die bewußtlose Hertha aus dem Saale, während die eben noch so tobende Menge beschämt zur Seite trat.

»Die nächste Rettungsstation ist zu weit«, sagte Silberstein, »eine Droschkenhaltestelle ist auch nicht da; ich schlage vor, die Verletzte zunächst zur ersten Hilfe zu meinen Eltern zu bringen, die hier ganz in der Nähe wohnen.«

Sie bogen in die Schendelstraße ein und der kleine Zug betrat das Haus, in dem Graf Wildensteins in der Zeit ihres Elends gewohnt hatten. Es war Arno eigen zumute, als sie unter Führung dieses fanatischen Bolschewisten mit der blutenden Hertha über den Hof schritten, auf dem sie als Kinder gespielt. Im Erdgeschoß des Hinterhauses des zweiten Hofes war die Wohnung der alten Silbersteins. Der Lärm der vielen Tritte lockte den alten Juden aus seiner Wohnung. Die trübe Treppenbeleuchtung genügte, um die Situation zu überschauen.

»Gott der Gerechte, Josephleben, was ist geschehen?« rief der alte Mann, und als er die Verwundete näher betrachtete, streckte er die Arme gen Himmel: »Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, das ist ja die Hertha, die Tochter von dem Herrn Grafen, wo hat gewohnt in diesem Haus. Wer hat sie geschlagen so blutig?«

Joseph berichtete den Zusammenhang. Inzwischen hatten sie die Verwundete auf einem Bett ausgestreckt und Fritz Werner eilte zu einem Arzt, während die alte Frau Herthas Wunde wusch und verband, so gut sie es verstand. Die Wohnung war ärmlich, aber sauber. Auf einem Büchergestell standen einige Bücher in goldenem Schnitt und durch die Tür der danebenliegenden Küche sah man sauber gehaltenes Küchengeschirr.

»Josephleben«, sagte der alte Aaron Silberstein, »habe ich dich nicht gewarnt mehr als einmal, du sollst dich nicht machen gemein mit den Menschen, die da hassen die Religion? Nur die Toren sprechen in ihren Herzen: ›Es ist kein Gott.‹ Das Blut dieses Mädchens, das da ist wie eine Blume von Saaron, wird kommen über das Haupt dieser Gottlosen.« Die Augen des Greises blitzten vor innerer Erregung.

»Vater«, erwiderte Joseph, »ich habe nichts gesagt gegen die Religion, nur gegen die Kirchen, die sich nach Christus nennen, weil sie im Bunde stehen mit den Mächtigen der Erde und helfen zur Unterdrückung der Proletarier. Du weißt, daß ich nur ein Ziel kenne, die Größe und Macht unseres Volkes, das ihr das Volk Gottes nennt. Wir können aber unser Volk nur groß machen, wenn wir Führer werden der Bewegungen, denen die Zukunft gehört. Darum haben wir die Führung der beginnenden Weltrevolution in die Hand genommen und müssen ihre Feinde bekämpfen bis zum letzten Atemzug.« Joseph hatte im Eifer der Rede gar nicht mehr an die Anwesenheit von Arno und Elsbeth gedacht.

»Alles hat seine Zeit, hat gesagt der große Salomo«, versetzte der Alte, »auch die Kirchen der Gojim haben ihre Zeit. Wenn ihre Zeit wird vorüber sein, dann wird kommen der Tag, da das Volk Israel wird erben die Verheißungen der Propheten; da werden die Völker kommen gen Zion und Recht und Gesetz wird ausgehen von Jerusalem. Aber nur Gott kann es tun, nicht wir Menschen, denn die Zeiten stehen in seinen Händen.«

»Wie ich höre«, ließ sich nun Arno vernehmen, »glauben Sie noch an eine große Zukunft Ihres Volkes? Diesen Glauben teile ich nicht, denn die Blutschuld der Kreuzigung Jesu Christi liegt auf Ihrem Volke; darum hat Gott es verworfen!«

»Gesegnet sei der große Rabbi Jeschua ben Joseph von Nazareth«, rief der Alte, indem er seine Hände ausstreckte, »der da hat geweint auf dem Ölberg über die Blindheit seines Volkes. Sein Blut ist gekommen über uns und unsere Kinder. Darum sind wir unstät und flüchtig auf Erden. Aber es kommt die Zeit und ist schon jetzt, da die Blindheit wird weichen von den Augen Israels.«

Mit maßlosem Erstaunen hörte Arno die Worte des alten Juden, der wie ein Prophet vor ihm stand, die Augen weit in die Ferne gerichtet.

»So, sind Sie ein Christ?« fragte er nach einer kurzen Pause bewegt.

»Ich bin ein Sohn Israels und glaube an den Gott meiner Väter«, erwiderte Aron, »den erst der Rabbi Jeschua ben Joseph uns recht hat kennen gelehrt. Der sterbliche Mensch kann Gott nur schauen im Angesicht dessen, der des Vaters Ebenbild ist.«

»Diesen Glauben haben Sie und sind doch kein Christ?« fragte Arno. »Wie kommen Sie zu diesem Glauben?«

»Schon seit mehr denn hundert Jahren hatte Gott angefangen, die Decke zu nehmen von den Augen der wahren Söhne Israels. Wenn Sie werden lesen in den Schriften Israels, die haben geschrieben die frommen Rabbiner in dieser Zeit, Sie werden suchen nach Worten wider Jeschua ben Joseph und Sie werden sie nicht finden. Haben Sie nicht gehört von dem großen Rabbi Rabinowitsch in Kischinew – Gott hab' ihn selig –, der war ein Prophet Israels mächtig im Geist und hat vor vielen Tausenden unseres Volkes verkündigt Jeschua ben Joseph als den Messias Israels? Vgl. Lhotzky: Eine Judengeschichte aus unseren Tagen. In Joh. Müllers Blättern zur Pflege des persönlichen Lebens Band VII, S. 110 ff. Auch mein Vater selig ist in der Synagoge zu Kischinew ergriffen worden vom Geiste Jehovahs. Viele Zehntausende in Israel wissen, daß der Menschheit nur Heil kommen kann vom Geiste des Propheten von Nazareth.«

»Warum werden Sie denn nicht Christen?« fragte Arno verwundert.

»Wir warten auf den König Israels, aber die Kirchen der Gojim sind nicht die Kirche Israels«, erwiderte der Alte stolz. »Die Zeit ist nicht fern, da die Zeit der Kirche der Gojim zu Ende sein wird. Dann wird die Kirche Israels offenbar werden.« Röm. 11, 23-31.

Die Unterredung wurde durch die Ankunft des Arztes unterbrochen.

Nachdem er Hertha untersucht, sagte er: »Die Wunde hat nichts zu bedeuten, aber es liegt eine Gehirnerschütterung vor. Ich rate, die Kranke hier liegen zu lassen, bis ich sie für transportreif erkläre.« Schon bei der Untersuchung hatte Hertha die Augen aufgeschlagen. Erstaunt blickte sie um sich. Doch nicht lange, da fielen ihr die Augen wieder zu.

Es war Zeit zum Aufbruch. »Haben Sie Dank, Silberstein, daß Sie meine Schwester bei sich aufgenommen. Morgen werden meine Eltern kommen und nach ihr sehen«, sagte Arno, indem er dem Alten die Hand reichte, und zu Joseph gewandt, der bis dahin mit düsterem Gesicht zu Boden blickend zur Seite gestanden: »Vor allem aber Ihnen innigen Dank, daß Sie uns in der Stunde der Gefahr gerettet.«

»Wir haben nichts als unsere Pflicht getan«, murmelte Joseph Silberstein.

Als die drei jungen Leute das Zimmer verlassen hatten, trat die Mutter, deren faltige Züge abschreckend häßlich gewesen wären, wenn nicht aus den großen Augen eine unendliche Güte geleuchtet hätte, an ihren Joseph heran und sprach zu ihm, indem sie ihm die rechte Hand auf die Schulter legte: »Mein Josephle, wohin wird dein Weg gehen, wenn du nicht achtest auf die Warnung deiner Eltern! O, wenn du doch erkennen könntest, wie alles Unheil kommt von dem Einfluß des unseligen Ruben. Er hat dich verführt zum Aufruhr, so daß wir mußten fliehen und zurücklassen der Väter Heimat und alle unsere Habe. Er hat dich hierhergesandt, um auch hier das Volk aufzuregen; er hat Herrschaft über dich, so daß du keinen Willen mehr hast ohne ihn; er ist dein böser Geist.«

»Mutter«, erwiderte Joseph finster, »sagt nichts gegen den Vetter Ruben. Er ist ein Genie, zu Größtem auserkoren. Allein von ihm kann Heil kommen für Israel. Er ist der Geist der Revolution Rußlands; er wird noch Größeres vollbringen, der Geist der Menschheit spricht aus ihm.«

»Armer, verblendeter Sohn«, rief der alte Vater aus, indem er die Hände rang. »Wehe, daß du dich an ihn gehängt, den Sohn der Hölle! Ich sehe im Geist, wie die Scharen des Abgrundes emporsteigen und ihm folgen auf seinen Wegen, wie eine wilde Jagd. Ich sehe Blutopfer ohne Zahl, ich sehe Fluch und Gericht kommen über die Menschheit um seinetwillen. Er ist ein Todfeind des Rabbi Jeschua, er haßt bis in den Tod den Gott Israels.«

»Vater, könnt Ihr seine Verbitterung nicht verstehen? Wißt Ihr nicht mehr, wie bei jenem Judenpogrom der Pope mit dem Kreuz in der Hand die Volksmassen anführte, wie die Massen eindrangen, Rubens alte Mutter erstachen, mit ihren Füßen zertraten und den Leichnam aus dem Fenster warfen, wie sie dann über seine Schwestern, diese schönen Mädchen herfielen, sie vor seinen Augen schändeten und zu Tode quälten? Versteht Ihr nicht den Haß, der sich in seiner Seele festsetzte, als er gefesselt Zeuge dieser Greuel sein mußte? Er wand sich in Qualen, so daß die Fesseln ihm tief ins Fleisch einschnitten, aber tiefer als die Fesseln in das Fleisch hat sich der Rachedurst in seine Seele gefressen. Ihr sagt selber, Vater, daß die Zeit der Gojimkirchen vielleicht bald zu Ende sei. Wer weiß, ob nicht Ruben vom Schicksal berufen ist, dieses Ende herbeizuführen?«

»Höre, mein Sohn, das weise Wort des Rabbi Jeschua ben Joseph: ›Es muß ja Ärgernis kommen; aber wehe dem, durch den Ärgernis kommt! Es wäre ihm besser, daß er nie geboren wäre!‹«

»Und doch«, sagte Joseph, »ist es meine Überzeugung: Ruben wird werden der Messias Israels, von dem die Propheten geweissagt, und dadurch der Erlöser der Menschheit von ihrem Joch und Elend.«

»Er ist von Sinnen, Sarah, er lästert Gott«, sprach der Vater betrübt, indem er seine Frau bei der Hand nahm, »wir wollen ihn eine Weile allein lassen, damit er zu sich kommt!«

Joseph blieb allein in der Stube mit der kranken Hertha. Er saß düster das Haupt von der Hand gestützt. Dann hob er seine Augen und schaute im Zimmer umher. Da hingen an der Wand so manche Erinnerungen, die die Eltern aus Rußland gerettet hatten; er dachte an seine Kindheit, da die Mutter ihn die Psalmen beten gelehrt. Dann trafen seine Augen das schlafende Mädchen, und es war als ob ein weicherer Zug über sein Gesicht huschte. Doch nur einen Augenblick. Dann sprang er auf, drückte seine Stirn an die Fensterscheibe, preßte die Zähne zusammen und sprach bei sich selbst: »Es bleibt dabei, Ruben, du kannst auf mich zählen! Israel, mein Volk, dir will ich dienen und wenn ich alles opfern soll.« Dann ging er zu seinen Eltern in die Küche und bot ihnen eine gute Nacht.

Um dieselbe Zeit versuchte ein untersetzter, kräftig gebauter Mann in der Rosenthaler Straße die Tür eines Hauses zu öffnen. Es gelang ihm erst nach mehreren vergeblichen Versuchen. Nicht daß er betrunken gewesen wäre, aber er hatte das, was man die »nötige Bettschwere« nennt, die immerhin genügt, die Hände und Füße etwas unsicher zu machen. Als er in seiner im ersten Stock gelegenen Wohnung anlangte, fand er seine Gattin noch mit dem Putzen von jungem, ausländischem Spinat für den nächsten Tag beschäftigt; sie hatte ihn erwartet. Das Zimmer war mit guten, wertvollen Möbeln ausgestattet, wenn auch ohne feineren Geschmack; an den Wänden hingen einige Öldrucke, Schweizer Landschaften darstellend.

»N'Abend, Aujuste, immer noch so fleißig?« begrüßte der Mann seine Frau.

»Nu ja, ick muß heute Abend det Jemüse alleene putzen, denn Minna bat ausjehen zu können, weil ihr Bräutijam mit sie ins Theater jehen wollte, und ick wollte doch ooch hören, wie det mit die Versammlung jeworn is.«

»Sowat ham wir seit ville Jahre nich mehr erlebt. Der Silberstein, det is ein Mordskerl, der hat die Pfaffen aber mächtich injeheizt. Denen müssen die Ohren jeklungen haben. Die Bande macht sich wieder ville zu mausig!«

»Wo sind denn die Kinner? Sie wollten doch ooch in die Versammlung jehen?«

»Die Kinner?« rief der Mann, indem er mit der Faust auf den Tisch schlug. »Ja woll, sie waren in die Versammlung, aber natürlich wieder nich auf unserer Seite. Da soll doch ein Donnerwetter dreinschlagen, wenn se weiter so fort machen und sich immer wieder auf die Seite der Pfaffen schlagen!«

»Wat haben se denn jemacht?« fragte die Frau.

»Ach, als der Silberstein jeredet hatte und alles Bravo schrie, trampelte und klatschte, da meldet sich der Fatzke, der Arno Wildenstein, der anjehende Pfaffe, zum Wort und quasselt uns da wat vor von Religion und Christentum. Dafor sind wir ville zu uffjeklärt, um solchen Stuß mit anzuheeren. Det ist 'ne Beleidigung for so'ne Versammlung, ihr so'n mittelalterlichen Kohl uffzuwärmen. Se haben es ihm aber auch tüchtig jejeben! Wäre ick in der Nähe jewesen, ick hätte ihm ooch 'ne Tracht verabfoljt. Bei die Keilerei, da hat seine Schwester ooch wat abjekricht mit 'nem Stuhlbeen.«

»Ach, det jute Mächen! Um die tut's mich leid. Und die Kinner?«

»Ja, die! Kaum hatten se jesehen, wat da passierte, schuppsen sie die Leute beiseite, drängeln sich durch und der Fritze hilft das Mächen mit wej bringen und die Elsbeth läuft mit.«

»Und wer hat denn die Hertha noch mitjetragen?«

»Ja, denke dir, da steht einem doch der Verstand stille! Der Silberstein selber ist's jewesen! Was der an det Mächen for'n Narren jefressen hat, det weeß der Deubel!«

»Hast du jeseh'n, wohin se ihr jebracht haben?«

»I, wo wer' ick denn! Ick wer' doch nicht die Jesellschaft wie 'ne Hundetöle nachlaufen? Nee, wir haben mit einije Jenossen von den kommunistischen Verein die janze Versammlung noch ordentlich bejossen mit frischem Spatenbräu. Donner ja, wenn's nu aber mal losjeht, denn kommen wir aber oben uff.«

Man hörte, daß draußen die Wohnungstür mit dem Drücker geöffnet wurde, und bald darauf traten Fritz und Elsbeth Werner ein. Fritz war etwa 24 Jahre alt. Er hatte die Statur des Vaters, nur etwas schlanker. Das männliche Gesicht zeugte von Willensfestigkeit und Güte. Die ein Jahr jüngere Elsbeth war ein schönes Mädchen, etwas größer als der Bruder, mit vollem kastanienbraunem Haar. Ihr Gesicht, wie aus Milch und Blut, war von bestrickendem Liebreiz, man sah ihr an, daß sie Sonnenschein mitbrachte, wohin sie kam, und doch zeigte ein schmerzlicher Zug um die Mundwinkel, daß die häuslichen Verhältnisse ihre Spuren in ihrem Gemütsleben zurückgelassen hatten. Die Eltern hatten beiden Kindern eine sehr gute Schulbildung geben lassen, während sie selbst, die in harter Arbeit mit ihrer Hände Arbeit sich ihren Wohlstand erworben hatten, im Benehmen und Rede den echt berlinischen Typus beibehalten hatten.

»Guten Abend, Vater, guten Abend Mutter«, sagten sie und reichten den Eltern die Hand. Der Vater tat, als sähe er es nicht und behielt seine Hände in den Hosentaschen.

»Schämen muß man sich, daß man so'ne Kinner hat«, schrie er. »Auf seine ollen Tage muß man sich noch von die Jenossen verhohnepiepeln lassen von wejen seine Kinner.«

»Aber Karl«, sagte die Frau, »wenn sie auch anners denken, als wie du und icke, orntlich sind se doch, und es kann doch niemand ihnen nischt Böses nachsagen.«

»Ach wat«, rief der Mann in seinem Zorn, »und wenn der Junge besoffen in'n Rinnstein läje und das Mächen uff'n Strich jinge, wär' det nich so'ne Schande, als wenn se zu die Mucker jehn!«

»Pfui, Karl, wie kannst du ooch so reden. Du hast wohl mehr als'n Schwibs«, sagte die Mutter. »Det ihr immer in die frommen Versammlungen lauft und in die Kirchen, det is aber ooch mein Ärjer. Alles kommt von diesem Jugendbund für ..., wie heeßt er doch noch?« fügte sie zu den Kindern gewandt hinzu.

»Jugendbund für entschiedenes Christentum« erwiderte Fritz fest und ruhig. »Wir verdanken dem Jugendbunde, daß wir zum Glauben an unseren Herrn und Heiland gekommen, der uns bewahrt hat vor den mancherlei Versuchungen der Jugendzeit. So gerne wir euch gehorchen, liebe Eltern, aber hier heißt es: ›Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen!‹ Nicht wahr, Elsbeth?«

»Ja, wir bekennen uns zu dem, der uns gerettet hat und zur Gemeinde seiner Gläubigen«, sagte Elsbeth leise, indem sie sich an den Bruder lehnte, der seinen Arm um sie legte.

»Da hat man nu jearbeitet und jeschuftet von früh bis spät für seine Kinner, und nun muß man so wat erleben, daß se einem so'ne Schande machen und die Jenossen mit Finger auf einen zeigen: ›Seht, det is der Jenosse Werner mit die heilije Kinner«, schalt der alte Gärtner.

»Vater, du gehörst doch eigentlich gar nicht unter die Kommunisten«, sagte Fritz, »der Kommunismus kann doch nicht deine Überzeugung sein. Wenn die kommunistischen Grundsätze siegen, würde doch auch dein sauer Erspartes dir genommen und dein Laden und dein Haus Staatseigentum. Du kannst also doch nur dadurch verlieren.«

»Ach, Papperlapapp«, erwiderte der Vater, »Überzeujung, Grundsätze! Erst kommt's Jeschäft, und dann's Verjniejen. Überzeujung, Grundsätze, det is Luxus und Verjniejen. Wer sich det leisten kann, der mag es tun. Du weeßt allene, det wir hier auf die Kundschaft von die Arbeeter anjewiesen sind. Det wäre doch eine reene Verrücktheit, wenn ick mir hier den Luxus irjend eener ›Überzeujung‹ leisten wollte. Dann könnte sie ja möglicherweise anners ausfallen, als die meiner Kunden, und da verstehen die Arbeeter keenen Spaß nich. Hab' nur keene Bange! Die Jenossen werden schon dafür sorjen, det, wenn der jroße Klamauk kommt, wir unser Schäfchen ins Trockene bringen.«

»Dafür fehlt mir freilich das Verständnis, Vater«, sagte Fritz traurig, »dann müßtest du ja auch die Unsittlichkeit gutheißen, weil viele Liebhaber der in unserem Stadtteil so zahlreich wohnenden Dirnen die Blumen bei uns beziehen, die sie ihren Geliebten kaufen.«

»›Unsittlichkeit‹, det is ooch so'n Muckerwort. Die Mächens machen ihren Eltern nicht halb so ville Ärger, als Kinner, die freiwillig Pfaffenknechte werden. Det sage ich euch aber, ihr unjeratenen Kinner, wenn ihr nich endlich wieder vernünftige Menschen werdet, dann schmeiße ick euch aus dem Hause. Dann könnt ihr sehen, wo ihr bleibt.«

Der Vater hatte sich erhoben und ging mit drohender Miene auf seine Kinder zu. »Und dann noch eine Frage. Sage mal, mein Bürschchen, wat habt ihr denn jestern Nachmittag mit die scheenen Blumentöppe jemacht? Ick habe so'n Jerücht jeheert, ihr hättet se zu eine monarchistische Kundjebung jebraucht?«

»Sei ruhig, Vater, von der Sache hast du keinen Verlust gehabt, ich habe die Blumen von meinem Gelde bezahlt; frag die Mutter. Und um eine monarchistische Kundgebung hat es sich nicht gehandelt. Du weißt doch, daß weder Arno noch ich Monarchisten sind. Wir stehen beide auf dem Boden der bestehenden Staatsordnung, wie schon Paulus sagt: ›Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat.‹ Wir haben nur das Denkmal der edlen Königin Luise geschmückt. Wehe dem Volk, das das Andenken seiner großen Toten nicht mehr in Ehren hält.«

»Quatsch mit Sauce«, schrie Werner, indem er seinem Sohn eine Ohrfeige verabfolgte, und gleich darauf noch eine, »die Luise war doch 'ne Königin, also war det doch eene monarchistische Kundgebung. Nu kennen wir det nächstens erleben, daß unser guter ehrlicher Name in die Blätter kommt in Verbindung mit die Monarchisten. Det sage ick euch aber, wenn so wat noch eenmal vorkommt, dann kricht ihr Senge, det ihr eure Knochen in't Schnupptuch uffsammeln kennt.«

»Komm, Elsbeth, wir wollen zur Ruhe gehen«, sagte Fritz, sich mit Gewalt bezwingend. Nachdem die Geschwister den Eltern gute Nacht geboten, ging jedes von ihnen auf sein Zimmer, und brachte alles, was ihre Herzen an diesem Tage bewegt und erschüttert, vor das Angesicht des Vaters, der in das Verborgene sieht.


 << zurück weiter >>