Margarete Beutler
Leb' wohl, Bohème!
Margarete Beutler

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V Kleinigkeiten

Moderne Familie

        Fern im Norden weilt der Gatte zwischen Fugen und Etüden,
Komponiert auf Mord und Totschlag, da ihm dies Talent beschieden,
Kinderchen besitzt man keine. Dieses hat man streng vermieden.
Keine Maus, kein einzig Mäuslein stört des Hauses edlen Frieden,
Und das Geld vermalt die Gattin herrlich im geweihten Süden! 82

 

Einem Streber

        Sprich, was kannst du denn erzielen?
Heißt nicht höchste Menschlichkeit,
Still gesondert von den Vielen,
Bei den wechselvollen Spielen
Und Gefährten seiner Zeit
Gott genießend in sich fühlen? – 83

 

Der Wohltätigkeitsverein

        O Seifenblasen – schöne leere Worte!
Ich sehe staunend, wie sie eurem Munde
Prunkvoll entschweben, und zur selben Stunde
Verzuckt das Leben röchelnd an der Pforte! 84

 

An einen moralischen Freund

        Auf den Rat, der gut gemeint,
Meine Antwort kurz zu fassen:
Meine Straße, lieber Freund,
Ist mir leider vorgeschrieben:
Ich muß möglichst häufig lieben
Und das Fasten Andern lassen! 85

 

Einem Unverständigen

        Was mußtest du das Schweigen, ernst und schwer,
Das Melodie für mich geworden wär',
Mit armen Worten unterbrechen?
Man darf im Heiligtum von altersher
Nicht von den Dingen dieser Erde sprechen! 86

 

In einem verräucherten Weinlokal

        Laßt mich, Kinder, ich ersticke,
Muß ich diese schlechte, dicke
Luft noch weiter in mich fressen
Und aus diesen trüben Humpen
Solchen Wein hier in mich pumpen!
Lieber auf dem Kräuterwalle
Hinterm alten Gänsestalle
Sauf' ich solo unterdessen
Eine goldne Sonnenbowle
Und verlästere euch alle –
Daß dies Nest der Teufel hole! 87

 

Albumvers für einen Ehemann

        Der alte Brauch ward nicht gebrochen;
Man probt den Wein, das Faß wird angestochen!
– Der Wein war gut. – Da war das Fazit das:
Du Schlemmer kauftest dir das ganze Faß. 88


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