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Den Spott zum Schaden
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Ernst Wolgemuth

Vergüldete Hauptpillen
1669

Ein Schuhknecht, kein guter Ochsenbegreifer

Ein Schuhmacher zu F. ging mit seinem Knechte auf den Ochsenmarkt, um, wie es daselbst der jährliche Gebrauch ist, einen Ochsen einzukaufen und selbigen teils in SulperSalzlake zu legen, teils aber in Rauch aufzuhenken, damit er auf den Winter mit gesalzenem und geräuchertem Fleische versehen wäre.

Der Meister machte sich an ein Tier, begriff dasselbige auf den Rippen und andern Orten und sprach zum Knechte: »Dieser ist ein feiner fetter Ochse!«

Der Knecht begriff den Ochsen auch, aber unten auf den Rohr-Beinen, und fand wenig Speck auf den Knien, derhalben er das Tier wenig loben wollte.

Der Meister verwies ihm solches als einen großen Unverstand und sprach: »Du Narr, du mußt nicht da fühlen, sondern hier an diesen Orten!«

»Ja«, sagte der Knecht, »Meister, daselbst freßt Ihr davon, aber ich muß dieses allhie essen.«

(176)

Nahrhaftes Handwerk

Ein alter Korporal und Stutzer unter den Studenten hatte alle berühmten Akademien in Teutschland durchwandert, alles vertan und allenthalben unbezahlte Schulden gelassen, daher ihm auch die Wanderschaft notwendig oblag. Zu Rostock ging er in Kleidern, die allenthalben Tagfenster hatten, so aber der Mantel bedeckte. Die Schuh forderten etwas Neues, aber er wollte sie nur flicken lassen und ging in eines Schuhmachers Laden.

Da saß seiner Landsleut einer, der ihn wegen der bekannten Sprach bewillkommnete, und das wegen der neuen Kundschaft.

»Ja«, sprach der Herr Domine Studiosus, »wie bist du dazu kommen, daß du ein so schlechtes Handwerk gelernet hast?«

Das verdroß das Handwerksbürschlein und antwortete höflich: »Ich sah, daß die Leute Schuh trugen, auch oft neue kauften. Darum erachtete ich, solches Handwerk wäre nötig und sollte einen ehrlichen Gesellen wohl nähren.«

Da hast du's, Herr Domine Magister, mit den zerrissenen Kleidern und geflickten Schuhen.

(177)

Eine Hellebarde ist allezeit gut

Barthel Held ging mit seiner Hellebarde in das nächste Dorf, da hätte ihn ein Hund schier übel gebissen, wenn er denselben nicht hätte vom Leib gehalten, aber so gefährlich, daß der Hund drüber vom kalten Eisen verwundet ward und tot blieb.

Des Hunds Herr wollte ihn bezahlt haben und schlug ihn in hohem Preis, wegen der bekannten Treu und Wachsamkeit.

Barthel antwortete, es wäre ohne Vorsatz geschehen und nur, seinen Leib zu schützen.

Darüber kamen sie vor den Richter, der sagte zum Vorurteil; »Du hättest die Hellebarde sollen umwenden und nicht die Spitz vorhalten!«

»Ja«, sprach Barthel, »wenn mir der Hund auch den Schwanz gekehrt hätte.«

Der Richter lachte und zählte ihn ledig ohne Entgelt.

(178)

Gebilligter Betrug

Hans Nimmernüchtern ging zu einem Krämer und borgte Tuch für ein Kleid, das er eben gleich nicht zahlen konnte, weil von dem. ersten Advent an bis zu Ostern er wenig Verdienst hätte, denn er war ein Geiger und fiedelte zu den Hochzeiten, deren wenig zwischen dem Neuen Jahr und Ostern gehalten werden.

Da nun der Krämer fragte, wann er dann das Geborgte zahlen wollte, sprach er: »In den letzten Fasten.«

Weil nun auf viel Mahnen nichts erfolgte, kamen sie vor die Obrigkeit. Die Schuld neben dem Termin der Zahlung wurd von dem Beklagten erkannt und gestanden. Aber man konnte sich wegen der letzten Fasten nicht vergleichen, bis der Amtmann den Possen merkte und den Beklagten nicht eben ledig zählte, doch mit einem Schalk von sich ließ, den Krämer aber auslachte, daß er nun witziger wäre.

(179)

Schelmen-Vater

Ein Bauer stund mit seinem Sohne in der Scheuer dreschen, und weil es noch Sommer war, hatte er sich oben her entblößt, so daß die Schnaken und Mücken Freundschaft zu ihm suchten und sich seines Fleisches und Blutes teilhaftig machten.

Der Vater beklagte sich gegen dem Sohne über dieses Ungeziefers Unverschämigkeit, daß sie ihm so scharf durch die Haut stächen.

Der Sohn sagte: »Ei, Vater, sie riechen Schelmen-Fleisch.«

Der Bauer, als der Vater, erzürnete sich hierüber heftig und sprach: »Was sagst du, du Schelmen-Diebskind? Du hast dein Lebtage keinen so ehrlichen Vater gehabt, als wie ich gehabt habe.«

Der Sohn mußte es glauben und stillschweigen.

(180)


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