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Den Spott zum Schaden
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Heinrich Bebel

Facetiae
1508-1512

Von einem Edelmann und einem Mönch

Ein Edelmann, so meinen Vorfahren wohlbekannt war, ein redlicher Kriegsmann, erwischet, als er auf ein Zeit einer Reichsstadt öffentlicher Feind war, einen Mönch, der in die Stadt hineingehn wollt und ein Ballen Tuch trug, seine Brüder zu bekleiden. Da nahm er dem Mönch ein Teil vom Tuch, damit er sich auch selbst könnte bekleiden.

Der Mönch ward unwillig und dräuet ihm im Weggehn, er müßte das Tuch am Jüngsten Gericht wiedergeben.

Als der Edelmann solches höret, nahm er ihm auch das übrig Tuch und den Mantel dazu und saget: »So du mir so einen langen Verzug zugibst, dich zu bezahlen, wollt ich dir das Kloster dazu nehmen, wo ich's anders tun könnte.«

(10)

Ein feine Histori von einem Edelmann

Ich kenn ein Edelmann, der, als er mit viel andern Edelleuten bei einem Wohlleben war, seinen Knecht heimlich hinwegschicket, daß er ihm sollt zuführen ein gutes Töchterlein, die bei ihm über Nacht lieget; und wenn er's brächt, sollt er zu einem Wahrzeichen sagen, es war ein Fuchs da, wo aber nicht, sollt er sagen, ein Has.

Wie der Diener die Sach nach Wunsch und Begehren des Herrn ausgerichtet hatt, ging er zu ihm, hatt aber vergessen, was Fuchs und was Has bedeutet. Wie nun der Herr fraget: »Ist's ein Fuchs oder Hase«, antwortet er: »Ich weiß bei Gott nicht, ob es Fuchs oder Has sei, aber die Hur ist unten im Stall.« – Machet also allen die Sach offenbar, die der Edelmann hat heimlich halten wollen.

(11)

Ein schwänkige Antwort eines Weibs

Im Schwabenland war ein Graf, ein mächtig und hochberühmter Mann. Als er auf ein Zeit zur Jagd ausritt, begegnet ihm ein Bäuerin, die auf einem Roß saß und mit: lauter Stimme sang. Da saget er zu ihr: »Woher kommt dir solche Freud, liebe Frau? Ich glaub, du seiest heute nacht eine Braut gewesen, was ich aus deiner fröhlichen Weis abnehm.«

Wie die Bäuerin fraget, ob denn aus dieser Sach ein Fröhlichkeit und Freud käme, saget der Graf: »Ja.«

»Ei, guter Gesell«, sprach die Bäuerin, denn sie kannt den Grafen nicht, »so halse mein Mähren, auf daß sie fröhlicher werde und baß vonstatten gehe.«

Darauf der Graf mit viel Lachen: »Wohl hast du mir geantwortet, zieh hin in Frieden!«

(12)

Von einem Kaufmann und einem Edelmann

Ich bin neulich in einer Zech gewesen, darin wir uns mit gar kurzweilig Possen ergötzet haben, und vornehmlich war da ein Edelmann, der spottet eines Kaufmanns, daß er oft hinauszöge in fremde Lande und sein Weib dieweil daheim ließe in der Stadt, wo doch ein große Meng schöner, junger Gesellen war, wie er also mit viel Sorg geängstigt würde, daß sie nicht dieweil neben den. Weg treten möchte. Mit den Edelleuten hätt es ein viel besser Gestalt, deren Weiber dieweil müßten in den Schlössern bleiben, abgesondert von den Leuten.

Darauf antwortet der Kaufmann gar höflich: »Verzeiht mir, bitt ich, und laßt mich auch ein wenig mit Euch schwanken. Ihr wißt, wie bei uns das Sprichwort ist: Der Adel ist ungestalt, und die Häßlichkeit folgt ihm auf der Fersen; der Bürger Kinder sind aber schöner.«

Als der Edelmann solches zugab, sprach wieder der Kaufmann: »In Abwesen derer, so in Städten wohnen, kommen die schönsten. Gesellen zu ihren Weibern, derhalben die auch schöne Kindlein bringen; aber in Abwesen der Edelleut werden dieweil Eure Weiber von Koch und Stallbuben versehn, davon danach solch Ungestalt herkommt.«

Also ist die Sach mit Lachen und Scherzen beendiget worden.

(13)

Von einem Gaukler

Als einem Gaukler, der mit etlich Edeln zu Tisch saß, die kleinen Fischlein, ihnen aber die großen vorgelegt wurden, fing er an, viel Fischlein zu betasten, jetzt zum Mund, jetzt zu den Ohren zu heben, mit sich selbst heimlich zu reden und letztlich zu weinen. Und wie ihn die Edelleut fragten, warum er solches tat, saget er: »Mein Vater war vor Zeiten auch ein Fischer und ist in einem Wasser ertrunken; wie ich jetzt die Fischlein frag, ob sie ihn nirgends gesehn haben, sagen sie, sie seind noch viel zu jung, daß sie von solcher Sach wissen könnten, ich sollt die ältern darum fragen.«

Als die Edelleut solches verstunden, haben sie ihm die großen vorgelegt, sie zu fragen oder vielmehr zu essen. Das ist ein Fabel meines Vaters Henrici Bebelii, der gestorben ist am 26. März des Jahres des Herrn 1508, dessen Seel ruhen mög im heiligsten Frieden.

(14)

Von einem, der sich eitel Adel anmaßet

Kam ein verlumpter und unflätiger Mensch in ein Wirtshaus und fing an, als niemand sein acht hatt, sich seines Adels und uralten Geschlechts zu rühmen, und die andern Gast wären grob und unverständige Leut, daß sie ihm nicht die gebührlich Reverenz bewiesen.

Da er nun also gar lang im Rühmen seines Adels verharret, hub einer im Verdruß ob der hoffärtigen Anmaßung an und saget: »Ich bitt dich, verkriech dich mit deinem Adel! Unsers Müllers Esel ist viel edler denn du. Dann der zeucht allwegen daher mit einem Knecht, der ihn begleitet; du aber hast niemand, der dir dienete.«

(15)

Von einem Abt

Ein Abt hatt ein Maidlein geschwächt, die er dann, weil er ihrer satt war, unbegabt und aller Notdurft bar von sich gestoßen hatt. Das Maidlein ging im Verdruß von der Verstoßung, ihrer Armut und verlernen Jungfrauschaft wegen zu ihrem natürlichen Herrn, der ein Edelmann ist und mir wohlbekannt, und klaget ihm den ganzen Handel.

Da des Edelmanns Unterhändler weder mit Bitten noch mit Dräuen etwas für die Schmach der Jungfrau konnten herauszwingen, ging er endlich selbst zu dem Abt hin und fordert für das Maidlein mit aller Dringlichkeit vierzig Gülden.

Saget der Abt erschreckt, dann ihm die Wildheit, Zorn und Halsstarrigkeit des Ritters wohl zu wissen war, in seinen Satzungen und, wie sie's nennen, in der Regel war enthalten, daß keiner einem Maidlein für die Jungfrauschaft mehr zu reichen schuldig war denn zwanzig Gülden.

Darauf fraget der Edelmann: »Das steht in eurer Regel? Bei Gott und Menschentreu, was ist das für ein Flegel, was ist das für ein Orden, der nicht fürs mäßige und heilig Leben, sondern für schändliche Ärgernis Satzungen, gibt, deren Stifter dann niemand anders als der ärgest Schalk und gottlosest Betrüger kann gewesen sein.«

»Red nicht so heftig«, spricht der Abt, »wider die heiligen Väter, sonderlich, wo der Papst alles bewilligt und bestätigt hat.«

Nun der Edelmann: »Bei Botz Haut« – so schwören nämlich etliche bei uns –, »dann sind weder die Patres noch der Papst ehrlich. Und was geht es mich an, was der Papst dir erlaubt hat? Hab ich's bestätigt, daß euch der Papst etwas zu meinem und der Meinen Nachteil und Schaden erlaubt hat? Nicht also, frommer Vater! Wenn du mir nicht in kurzem wirst ein Genügen tun, so wird dich weder Papst noch Regel vor mir zu schützen vermögen!«

Ging also hinweg und saget dem Abt öffentliche Feindschaft an, versöhnet sich auch nicht eher mit ihm, bis nicht der Abt hundert Gülden, ein Haus und Bauerngut zur Heimsteuer dem Maidlein geben hatt, die doch im Anfang von ihm nicht mehr denn zehn Gülden gefordert hätt.

(16)

Von einem Franziskanermönch, der ein Klosterfrauen geschwängert hat

In ein Frauenkloster war einmal ein Mönch kommen, der fing, dann sie ihn sehr wohl hielten, statt einer Danksagung an, ihnen von dem Glauben und der Lehr Christi zu predigen. Und wie er sie hatt mit höchster Wohlredenheit zur Tugend ermahnet, wußten sie ihm kein ander Ehr zu erzeigen, denn daß sie ihm in ihr gemeines Schlafhaus ein Bett bereiteten.

Wie es nun aber in die Nacht hineinkam, hob der Bruder an, mit heller Stimme zu rufen: »Ich tu's nicht, ich tu's nicht, ich tu's nicht!«

Die Nonnen wurden munter, liefen hin und beruhigten den Bruder, fragten ihn auch, warum er so weinete und schrie.

Da antwortet er: »Es ist eine Stimm vom Himmel kommen, ich soll der jungen Nonnen eine halsen, damit sie einen Bischof gebäre, aber ich schlag's ab.«

Wie die Schwestern das vernahmen, führten sie ihm eine jüngere zu.

Da aber die den Bruder sah, wollt sie sich aus Scham weigern und zurücktreten; die andern aber sagten, als sie das sahen, sie wollten sämtlich willig sein, wenn man von ihnen solches begehrete.

Zum letzten gehorchet sie und gebar, da ihr Zeit da war, eine Tochter. Der Mönch, derhalben beredet, verantwortet sich: »Darum, daß sie nicht gehorsam gewesen ist und dem göttlichen Willen nicht hat gewillfahret, hat sie zur Straf der Sünd ein Mägdlein geboren.«

(17)

Von einem Mönch, der sein Unvermögenheit beweinet

Mir hat einer erzählt, was er erlebt hab, da er einem alten Mönch hab im apostolischen Ablaß gebeichtet und bekennet, wie er sich mit Buhlerei mit aller Art Weiber nicht hab gesäumet.

Darauf hat der Mönch angehebet gar bitterlich zu weinen, so daß der ander in große Betrübnis kommen ist und dafür gehalten hat, er weine um seiner großen Missetat willen, derhalben er, schier verzagt, nicht gewußt hat, wie er's anfangen oder wo er weiter Rat suchen solle.

Zuletzt ist der Mönch wieder zu sich selber kommen und hat sich getröstet und gesprochen: »Fürcht dich nicht, lieber Sohn, sintemal es um deine Seelen und ihr Heil kein Not hat, wo du dir deine Sünden lassest leid sein. Ich wein um nichts anders, denn daß ich, von deinen Worten beweget, hab an mein vergangen junges Alter gedacht, darin ich auch hab für einen Mann bestehen können. Jetzt aber bin ich, o Jammer, nicht mehr nütz dazu, in der Weis zu kämpfen.«

Mein Gesell hat mir mit einem Eidschwur bekräftiget, daß ihm das so geschehen sei.

(18)

Von der Beicht einer Klosterfrauen

Eine Klosterfrau beichtet einem Priester und bekennet unter anderm, sie hätt sich unterweilen mit einer fremden Kutten zugedeckt.

Saget der Priester: »Das schadet nichts. Was ist aber darunter gewesen?«

Antwortet sie: »Ein Mönch.«

Sprach der Priester: »Hüte dich fortan vor diesen Kleidern, auf daß du nicht befleckt werdest; denn allerlei Unflats liegt unter diesem, kleinen Mäntelchen verborgen.«

Saget die Nonne: »Ein Mohr macht keinen Mohren schwarz.« Darauf ward der Priester zornig und schrie: »Ei, so bleib ein Hur wie zuvor!« Antwortet die Nonn: »Wirf aber nicht du den ersten Stein auf mich.«

(19)

Eine Fabel von einem Meßner

War ein Meßner mit Namen Allewelt, der bei einem Frauenkloster gedient hat. Als der auf ein Zeit ward angefochten von der Geilheit des Fleisches, nahm er ein Rohr, redet dadurch mit erschrecklicher Stimme bei einem Ofen hinein und verkündet als ein Geist solche Worte: »O ihr Nonnen, höret das Wort Gottes!«

Die Schwestern aber erschraken darob und gaben dem Meßner kein Antwort. Als er aber in der andern Nacht wieder kam und dieselben Worte sagte, fielen sie auf ihr Antlitz, vermeineten, es war ein Engel vom Himmel. Da sie endlich hatten ein Herz gefaßt, stunden sie auf und sangen: »O Engel Gottes, zeig uns an den Willen des Herrn.«

Darauf sang der Meßner durchs Rohr: »Das ist der Wille des Herrn, daß sich alle Welt auf euch lege.«

Wie sie dies vernommen hatten, zweifelten sie ob dem Handel; daß es ein Engel wäre, glaubeten sie darum nicht, daß er ihnen verkündiget, sie sollten sich hingeben allen Menschen. Hatten darüber reiflich Rat und legten endlich den Willen des Engels also aus, daß der Meßner, der genannt ward Allewelt, ihres Beischlafs genießen sollt, ob vielleicht etwan, wie sie rieten, ein Bischof oder ein Papst von ihnen sollt geboren werden. – Beriefen also den Meßner und schlössen ihn in ein Kammer.

Von ersten ging hinein die Äbtissin, die, so sie der Stimme des Engels hatte gehorsamet und die Gnade, auf daß ich so red, empfangen, beim Herausgehn sang: »Ich hab mich erfreuet an den Dingen, die mir sind gesagt worden.« – Nachfolgend ist hineingegangen die Priorin, wie es dann die Ordnung der Würden hätt erfordert; als sie hatt empfangen die Gnade, sang sie mit lieblicher Stimme: »Großer Gott, wir loben Dich.« Die dritte aber sang: »Der Gerechte wird sich erfreuen im Herrn«, und die vierte: »Alle sollen wir uns freuen.«

Des Meßners Kräfte aber waren erschöpfet und vernichtet, er brach zur Tür hinaus und heulet grausam: »Mir aber ist's zuviel.« – Doch die Schwestern schrien und riefen ihn zurück: »Wer wird uns nun der Gnaden teilhaftig machen!«

(20)

Von einem Priester

Ein Priester, so mir wohl bekannt ist, mit Namen Fysilin, war bestellt von denen von Dornstetten, zu sammeln das Almosen für die Bruderschaft Sankt Sebastians, den sie andächtig ehren.

Den fraget einer, was sein jährlich Besoldung war, und er antwortet: »Zwanzig Gülden.«

Da saget ein andrer, das war sehr wenig.

Darauf wieder Fysilin: »Es sind der Nutzbarkeit der Menschen mancherlei, denn was mir geschenkt wird und was ich heiß mitgehn, ist auch mein; dazu ist Sankt Sebastian ein gut Gesell: Was ich immer für ein Teilung zwischen mir und ihm mache, so läßt er's gut sein und schweigt dazu.«

(21)

Derselbe trug einmal zur Zeit der Pestilenz und eines Sterbens etlich Heiligtum hin und wieder, und wohin er kam, prediget er allezeit dein Volk und verhieß mit andächtig Worten, wer sein Heiligtum küßte, würde desselben Jahrs nicht an der Pestilenz sterben, dafür er mächtig viel Geld zusammenbrachte.

Zuletzt ward er vermahnt von einem Doktor, er sollt nicht mit so aufsätzigen Worten reden, noch das Volk zu Aberglauben bringen, und woher er solch eitel Wähnen herhätt.

Antwortet er fein füglich: »Ich hat recht und wohl gesagt, ein jeder, so das Heiligtum küssen würde, sollt der Pestilenz ledig sein. Die Bauren haben aber allein das Glas geküßt und nicht das Heiligtum; denn ich wollt sie eher all dem Teufel« – damit ich mit seinen Worten red – »schenken, eh sie mir sollten mein Heiligtum küssen«, von dem doch viele glaubten, daß es Roß- oder Eselsbein sei.

(22)

Wie derselbe auf ein Zeit aus seinem Sack wollt herausnehmen sein Heiligtum, mit dem er pfleget die Bauren zu betrügen, fand er nichts denn Heu, denn die Bauren hatten ihm die Nacht vorher das Heiligtum heimlich herausgenommen und von guten Possen wegen dafür Heu hineingeschoben. Zog Fysilin das Heu heraus und saget mit geschwinder Arglist, es war das Heu, darauf geruhet hätt unser Heiland in der Nacht seiner Geburt, und wäre auch von einer solchen Kraft, daß weder Ehebrecher noch Ehebrecherin dürfte hinzugehn.

Derhalben liefen, wiewohl es viele gedeuchte, es war ein Lüge, Weiber und Männer haufenweis hin, zu ehren das Heu mit ihrem Opfer, auf daß niemand auf sich selber Argwohn brächte.

(23)

Derselbe wettet mit einer Wirtin um ein herrlich gut Mahl, sie müßt auch hingehn zu seinem Altar, und hat's auch gewonnen. Denn die Wirtin wollt lieber das Mahl bezahlen, denn in den Argwohn des Ehebruchs kommen, mit dem Laster er alle bezichtiget, die seinem Heiligtum nicht opferten.

(24)

Derselbe kam auf ein Zeit zu unserm Fürsten, dem Barteten, und begehret von ihm eine Pfründ.

Der Fürst, der unwillig war auf ihn von seiner Leichtfertigkeit wegen, saget: »Wenn meiner Pfründen tausend ledig wären, so wollt ich dir nicht die mindest verleihn.«

Darauf antwortet Fysilin unverzagt und von ungefähr: »Und wenn ich" auch tausendmal Mess' läse, so wollt ich dein, darin nimmer gedenken noch für dein Heil bitten.«

(25)

Von einem Prediger

Ein Pfaff wollt seinen Bauren predigen und hebet also an: »Es grüßt euch Lukas, der Arzt«, wie es denn in der Heiligen Schrift steht. Hernach verstummet er aber also, daß er kein Wort mehr könnt herausbringen.

Da stund einer von den Altern auf und saget: »Habt Dank, und wenn Ihr etwan solltet wieder mit ihm zusammenkommen, so sagt ihm in unser aller Namen unsern freundlichen Gruß.«

(26)

Von einem Pfaffen und einem Schüler

Ein Pfaff hatt einen bettelnd Schüler gespeiset, damit er ihm in der letzten Fastenwochen sollt in der Kirche helfen singen. Als der Schüler nun vorbrachte, wie verlumpt und schmählich sein Kleider wären, tat er ihm auch einen neuen Rock an.

Am Morgen der Auferstehung Christi saget der Pfaff dem Schüler, er sollt sich in das Grab hineinstellen, auf daß er für den Engel antwortete, wenn er – wie es der Brauch ist – an der Marien Statt fragen würde.

Wie der Schüler aber den neuen Rock anhatt und die Finsternis gar bequem war davonzustreichen, lief er hinweg.

Der Pfaff, der vermeinet, er war drinnen, kam mit dem gewöhnlichen Gesang zum Grab. Und weil ihm niemand antwortete, rief er: »Wo hat dich denn der Teufel hingeführt?«

Da fing männiglich an zu lachen, da sie erachteten, er rede von Christo, so er doch nur den Schüler gemeinet hat.

(27)

Von einem Pfaffen und einem Meßner

Ein Pfaff und ein Meßner waren um. ein Stück Geld übereingekommen, daß der Meßner an einem Fest- und Feiertag das Opfer aller der Weiber, bei denen der Pfaff gelegen war, sollte zu sich nehmen; und wie deren eine zum Altar hinzutrat, saget der Pfaff: »Nimm!«, nämlich das Opfer.

Wie letztlich nach vielen auch des Meßners Weib hinzuging, saget der Pfaff: »Nimm!«

Der Meßner sprach erschrocken: »Das ist mein Weib.«

Darauf der Pfaff: »Nimm nur, lieber Bruder; ich will dich in der vereinbarten Sach' nicht betrügen.«

Also geschieht den Spöttern, daß sie oft den andern zu Spott werden.

(28)

Ein anders

War einmal ein Ziegelbrenner, der, als er in seiner höchsten Krankheit einem Priester sein Sünden gebeichtet hart, seinen Feinden und Widersachern die Unbill nicht wollte vergeben und nachlassen.

Da saget der Priester: »So du das nicht tust, mußt du in die Höll fahren.«

»Wenn dem also ist«, sprach der Brenner, »so gang von mir hinweg, ich bedarf der letzten Ölung nicht; so werden mich die Höllischen in tausend Teufel Namen« – so pflegen unsere zu fluchen – »roh und ohne Schmer verschlingen müssen.«

(29)

Von einem einfältigen Bauren

Als ein Bauer beichtet, ward er gefragt von der Dreifaltigkeit; aber er hielt und wußt nichts davon. Nach einer lang Unterweisung, auf daß er ihn im Glauben festigte, gab ihm der Pfaff ein solches Gleichnis: »Setz, als ob du Gott der Vater wärst, dein Sohn Gott der Sohn, und dein Weib der heilig Geist.«

In der andern Beicht ward der Bauer wieder gefragt, ob er jetzt an die Dreifaltigkeit glaubete.

Da antwortete er: »Nicht gänzlich. An die ersten zwei Götter glaub ich wohl, an den heiligen Geist aber nicht. Denn was der Vater und der Sohn mit harter Arbeit gewinnen, das vertut alles der heilige Geist.« Verstund damit sein Weib, die alles vertat, was sie mit Arbeiten gewännen.

(30)

Ein Spruch eines ungeschickten Menschen

Zur Zeit der Ostern fraget ein Schneider in Reutlingen sein Knecht, ob er auch war zum heiligen Sakrament gewesen und empfangen hält den Leib des Herrn Christi.

Antwortet der: »Ja, ich bin dazu gangen, und das mit gutem Recht, denn ich hab es teuer genug kauft.« – Und da er weiter gefragt ward, wie er's kauft hätt, sprach er: »Ich bin zum Altar gangen und hab für ein klein Bißlein ein guten Pfennig geopfert.«

Da strafet der Schneider den Knecht von seiner Unwissenheit wegen, denn fürs Sakrament kein Schatz und die ganz Welt nicht genügsam war.

Darauf hinwieder der Knecht: »Hör auf, also zu wähnen: Wenn es dermaßen also ein edel Ding war, es würd weder Euch noch mir jemals geben werden.«

(31)

Von einem Bauren, der Sankt Niklasen anrief

Ein Bauer, der im Kot des Weges mit einem beladenen Wagen so tief war stecken blieben, daß er ihn mit den Rossen nicht könnt herausziehn, wendet sich an die Macht der Heiligen und rief die Hilf des Sankt Niklasen an, dem er zu seiner Ehren eine Kerze verlobet, die so schwer als der Wagen war.

Wie ihn ein andrer vermahnet, Roß und Wagen wären nicht so viel wert als das Wachs, sprach er: »Schweig, wenn er mir zu Hilf käme, die Kerzen würde schon kleiner werden.«

So machen wir's alle: In Nöten verheißen ,wir viel und sind gar freigebig mit den Opfern, die wir den Heiligen verloben. Kommt's aber zur Ausführung, dann sind wir karg und trag.

(32)

Von einem, der sollt gehenkt werden

Einem Dieb, der zum Galgen geführt ward, war, wie es der Brauch ist, ein Priester der Stärkung und Tröstung halber zum Begleiter geben worden; der verhieß ihm, wo er zur Büß für seine Missetaten den Tod willig auf sich nehme, die ewige Seligkeit und beteuert ihm auch, er würde das Abendmahl im Himmelreich essen.

Da wendet sich der Dieb zum Pfaffen: »Ist es also, lieber Herr, so bitt ich, Ihr wollet für mich das Nachtmahl essen, ich will Euch zwei PlappertGroschen an Zusteuer geben.«

(33)

Von einem Advokaten

Ein Advokat ward, nachdem er viel Händel gewonnen hatt, ein Mönch. Und da ihm die Händel des Klosters anvertraut wurden, ging das meist verloren. – Fraget ihn der Abt, warum er allweg die Sachen verlieret, antwortet er: »Ich darf nicht mehr lügen als zuvor, derhalben verlier ich.«

(34)

Ein schwänkliche Fabel von einer hübschen Frauen

Im Wildbad war eine reiche hübsche Bürgerin, deren Schöne und Zierlichkeit des Leibs keinerlei Krankheit anzeigen tat. Darum forschet ein Priester von ihrer Dienerin, von was Ursach wegen die Frau, an der doch nichts, das einer Krankheit gleich wäre, erschiene, in dem Bad säße.

Da antwortet die Magd, die Frau würde geplagt von der Sehnsucht, daß sie ein Kindlein gebäret.

Darauf saget der Priester: »Ich will dir ein bessern Rat geben: Zu Tübingen sind viel junger Gesellen, die man Studenten nennet, und zu Stuttgart viel Chorherrn. An denen Orten möcht etwan einer funden werden, der ihrer Natur gemäß war, von dem sie empfangen könnt. Sind auch noch gar viel Klöster, wo sie etwan einen glatten Mönch bekommen möcht, der zu der Handlung tauglich war.«

Da antwortet die Magd mit Seufzen: »Alles haben wir versucht, aber nichts hat helfen wollen.«

Spricht wieder der Priester: »Ei, man hätt das öfter und auf mancherlei Weg versuchen müssen.«

»Ich besorg eben«, saget die Magd, »ob uns nicht gerade das geschadet hab.«

(35)

Von der Listigkeit der Weiber ein wahre Geschieht

Ein Ehebrecherin hat einem Priester gebeichtet, ein Kindlein hätt sie von einem Buhler und nicht vom Mann. Sie ward mit dem Geding absolvieret, daß sie es ihrem Manne, der es erzogen hätt, anzeiget.

Das Weib verwilliget sich drein, verhieß, sie wollt es tun, und hat's auch mit solcher List getan. Sie hat beredet den Mann, daß er das weinend Knäblein in einer Verkleidung schrecken sollt, auf daß es durch die Dräuung vielleicht aufhörete zu weinen.

Der Mann trat, der List unbewußt, in die Stuben und dräuet dem Knaben, wo er nicht schweigen würde, so wollt er ihn wegtragen.

Da nahm das Weib das Kind auf den Arm: »Zeuch weg, du arger Mann, das Kind ist nicht dein.« – Hat auch diese Wort zu often Malen wiederholet und sich überred't, sie hätt also dem Priester ein Genügen getan.

(36)

Von einem Weibe, das da aufs ehest nach Absterben ihres ersten Mannes ein andern nahm

War ein Wirt zu Innsbruck, der, als er ein halb Jahr war krank gelegen, nachmals gar starb. Und sein Weib gehub sich, da sie mit der Leich ging, so kläglich mit elendem Weinen und Heulen, daß sie ihr Knecht fuhren mußt, der sie auch tröstet nach all seinem Vermögen.

Als sie aber klaget – wie es der Weiber Brauch ist, daß sie sehr und viel klagen –, wie sie niemand hätt, der ihr die Herberg aufhalten hülfe, redet sie der Knecht, nachdem er sich vorhin herausgestrichen und seines guten Gerüchts Meldung getan hatt, wegen der Eh an.

Dem antwortet sie unter Tränen: »Ach, du hast es viel zu spät begehret, denn ich hab's schon zuvor einem andern verheißen.«

(37)

Von einem gefälschten Wein

An dem Bach Schmich in meiner Heimat liegt ein Dörflern, das den Namen von dem Wasser hat. Da war ein Wirt, den man auch argwöhnisch dafür hielt, er führete sein Wein oft in die Tränk. Aus dem Grund warfen ihm etlich gute Gesellen in das Gefäß, darin er ihnen den Wein auftrug, kleine Fischlein hinein.

Als nun der Wirt in das Glas einschenket, ward er der Fischlein gewahr, wendet sich derhalben zu den Gästen: »Fürwahr, jetzt bekenn ich's frei, ich hab zuviel Wasser in die Weinfässer gössen, anders wären die Fischlein nicht hereingeschwommen.«

(38)

Von dreien Bayern

Drei Bayern waren miteinander auszogen, fremde Land zu besuchen, daß sie möchten gute Sitte lernen. Kamen auch bis ins Niederteutschland, wo die Leut so leicht und kurz reden

und die Wort so behend herausbringen, daß sie die Oberteutschen kaum und schwerlich können verstehn. Wie sie nun einer Stadt naheten, schickten sie einen von ihnen, der für den kundigsten der fremden Sprach wollt gehalten sein, voraus hinein, auf daß er ihnen sollt die Herberg bereiten und ein guts Mahl bestellen.

Als er nun in die Stadt kam und mit seiner langsamen, groben und harten Sprach viel mit dem Wirt geredet hatt, der Wirt aber nichts davon verstund, deutet er endlich mit dem Finger auf die Zahn, damit er anzeiget, er hätte Lust zu essen. Der Wirt aber meinet, ihm täten die Zahn weh, ließ ihn zu einem Barbierer weisen, und auch dort stund der Bayer nicht ab, auf die Zahn zu zeigen. Da riß ihm der Barbierer von des Wirten Spruchs wegen zwei Zahn heraus.

Zornig und traurig lief der Gesell aus der Stadt und kam zu seinen Gefährten, zu denen er saget: »O lieben Brüder, bei meiner Treu rat ich euch, nicht in diese Stadt zu gehn; denn sobald ihr werdet zu essen begehren, bricht man euch alle Zahn aus. Mir sind, wie ihr sehet, der Sach halber zwei ausgerissen, und war ich nicht so kundig und erfahren ihrer Sprach gewesen, so war ich gar zahnlos wieder zu euch kommen.«

Durch des Narren Rat erschrecket, kehrten die guten Menschen schier tot vor Hunger um und zogen nüchtern wieder heim in ihr Bayerland.

(39)

Von dem Aberglauben der Bauren

Ist ein alter Wahn und Aberglauben der Bauren, daß einem, dem des Morgens ein Has über den Weg lauft, desselbigen Tags ein Fährlichkeit zustoße. Wie solches einmal einem Bauren, der mit seinem Knecht, Rossen und Karren in den Wald um Holz gefahren war, zustund, führet er die Rosse wieder heim. Als der Bauer am andern Tag wieder hinausging als den Tag vorher, sah der Knecht einen Wolf vor dem Wald und zeiget's dem Herrn an. Der saget darüber: »Das ist ein Glück und ein gut Anzeichen« (wie denn auch Plinius bezeugt).

Wie danach die Ross' hin und her und ohne Hüter auf der Weid gingen, kam. der Wolf, warf eins von ihnen nieder und riß ihm den Leib auf von wegen Fressens.

Wie das der Knecht ersah, rief er eilends den Herrn, saget, das Glück war im Rosse, weil der Wolf sein Kopf in des Roß Bauch stecken hatt.

Als aber der Bauer das sah und innen ward, daß er mit dem falschen Anzeichen betrogen war, ist er in jedermanns Mund kommen und hat Schaden und Spott miteinander müssen leiden, wie man in einem alten Sprichwort sagt.

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