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Der Untergang der »Nicobar«

Von Artur Morrison

Der Dampfer »Nicobar« der Anglo-Malaiischen Gesellschaft hatte schlechte Fahrt gehabt, und Kapitän Mackrie hatte wirklich einmal Grund für seine bekanntermaßen stets schlechte Laune, die ihn so unbeliebt bei der Besatzung machte.

Der vierte und fünfte Steuermann tauschten ihre Ansichten über die Gründe der Mißstimmung ihres Kapitäns aus und kamen zu dem Schluß, daß die Geschäfte nicht gut gewesen seien und »der Alte« keinen besonderen Profit herausgeschlagen habe, da die Gesellschaft ihren Warenvorrat jetzt selbst beschaffte. Sie fanden ihre Annahme noch dadurch bestärkt, daß der Steward, der einzige Mann der Besatzung, der am Kapitän nichts auszusetzen hatte, mit einem sehr langen Gesicht herumging. Des Stewards Kummer konnte aber ebensogut auf die kleine Zahl von Passagieren und die entsprechend geringeren Trinkgelder zurückzuführen sein. Jedenfalls machte der Kapitän Geschäfte auf eigene Hand. Er hatte Kuriositäten und japanischen Krimskrams an Bord, was alles zweifellos verkauft werden sollte – für einen Kapitän eigentlich ein Skandal; und dann hatte er die Sachen auch noch hoch versichert! Der vierte und fünfte Steuermann sprachen oft über diese Dinge, auch in Gegenwart des dritten Steuermannes und des ersten Ingenieurs, die darüber lachten und es manchmal dem zweiten Steuermann erzählten. Bordklatsch!

Die »Nicobar« war, wie gesagt, mit wenigen Passagieren auf der Heimreise, führte Waren verschiedenster Art und außerdem Goldbarren im Werte von 200 000 Pfund Sterling an Bord. Die Barren sollten, wie gewöhnlich, in Plymouth abgeliefert werden.

Für Brayser, den zweiten Offizier, der die Verantwortung zu tragen hatte, war das Gold eine Quelle offenkundiger Sorge. Es war seine zweite Fahrt als zweiter Offizier, und an eine Ladung von Goldbarren im Werte von 200 000 Pfund war er bis jetzt noch nicht gewöhnt gewesen. Der phlegmatische erste Offizier machte ihn darauf aufmerksam, daß dies weder die erste Goldladung sei, die ein Schiff mit sich führe, noch die größte. Es seien auch die umfassendsten Vorsichtsmaßregeln getroffen, und der Kapitän habe die Schlüssel; Brayser könne also ebenso ruhig sein wie einige hundert andere Offiziere, die seit Bestehen der Welt auch mit besonderer Ladung betraut worden waren.

Brayser ließ sich aber dadurch nicht beschwichtigen. Wenn er keinen Dienst hatte, lief er unruhig hin und her und überlegte, auf wie vielen verschiedenen Wegen man zur Goldkammer gelangen könnte. Hatte er aber Dienst, so war er noch unruhiger, bei dem Gedanken, daß irgend jemand seine Theorien in die Praxis umsetzen konnte. Er behielt seine Befürchtungen auch nicht für sich, sondern quälte den ersten Offizier damit, und, wenn ihm dieser entwischte, erzählte er dem dritten Offizier die ganze Sache höchst ausführlich. »Ich begreife nicht, was die Gesellschaft sich denkt,« sagte er bei einer dieser Gelegenheiten zum ersten Offizier, »einen alten Kohlenraum einen Safe zu nennen.«

»Blödsinn!« antwortete der erste Offizier und rauchte weiter.

»Sie, der Sie nicht verantwortlich sind, haben gut reden,« versetzte Brayser; »ich bin sicher, daß eines Tages etwas passieren wird; wenn nicht auf dieser Reise, so doch auf einer anderen. Da spricht man von sicheren Kammern! Woraus sind sie denn gemacht?«

»Aus halbzölligen Kesselplatten.«

»Ganz recht, und halbzöllige Kesselplatten sind ebensoviel wert, wie eine Fünfzigpfennig-Sparbüchse. Ich könnte die Tür zur Wertkammer mir meiner Großmutter Schere aufschneiden!«

»Na, dann holen Sie sich die Schere und fangen Sie an. Wenn ich eine Großmutter hätte, tät ichs gleich!«

»Sehen Sie, da unten ist dieses ›sichere‹ Gelaß, weitab von jedermann. Sehr bequem für einen, der eine ruhige Stunde damit zubringen möchte, die Kesselplatten zu zerschneiden; etwa von nebenan, vom Kohlenbunker aus, der immer leer ist, weil er nur sieben Tonnen hält. Die andere Seite wieder stößt an die Pantry Vorratsraum. des Stewards. Was könnte einen Mann, der als Steward geheuert ist, hindern, ganz ruhig da unten einzudringen, während man ihn beim Aufwaschen vermutet, und dann im nächsten Hafen mit seiner Beute von dannen zu ziehen? Und der Zimmermann! Auch er macht sich unten immer etwas mit seinem Handwerkszeug zu schaffen. Nichts leichter für ihn, als irgendeine Ecke zu durchbohren!«

»Aber was soll er denn mit dem Zeug machen, wenn er es hat? Man kann doch keine schweren Goldbarren in den Stiefeln an Land tragen!«

»Was er damit machen soll? Es ›sichern‹, natürlich. In einem stillen Hafen wirft er es über Bord und merkt sich die Stelle. Er könnte zum Beispiel auch in Port-Said glatt desertieren und so viel mitnehmen, als er nur will. Sie kennen ja Port-Said. Und dann die Heizer! Mein Gott, jedermann könnte es tun!« Und Brayser ging fort, um noch einmal einen verstohlenen Blick auf den Gang unten zu werfen.

Die Tür der Stahlkammer war mit einem Patentschloß und zwei Schnappschlössern versehen. Einige Tage nach der oben erzählten Unterhaltung untersuchte Brayser sorgfältig das unterste Schloß und probierte mit einem Schlüssel daran herum, als eine scharfe Stimme dicht hinter ihm ertönte: »Nun, was gibts hier an dem Schloß zu schaffen?«

Brayser fuhr heftig zusammen und drehte sich um. Kapitän Mackrie stand hinter ihm.

»Es sind ... ich meine ... ich fürchte, dies ist dieselbe Art Schlösser, wie zu dem Vorratsraum des Zimmermanns«, stotterte der zweite Offizier dienstbeflissen. »Ich ... ich wollte nur nachsehen, ich fürchte, die Schlüssel passen ...«

»Kümmern Sie sich doch nicht um die Angelegenheiten des Zimmermanns, Herr Brayser! Sie wissen ganz genau, daß außerdem noch ein Arnheimschloß angebracht ist, zu dem der Schlüssel in meiner Kajüte liegt, und ich trage die Verantwortung dafür, daß er nicht fortkommt. So lassen Sie vielleicht Ihre Experimente sein, bis Sie dazu aufgefordert werden. Genug davon«, schnitt der Kapitän die Antwort des Gerüffelten ab, drehte sich kurz um und ging zum Steward.

Brayser sah ihm wütend nach: »Möchte wohl wissen, was du hier unten suchst«, murrte er. »Es kommt selten genug vor, daß der Kapitän mit dem Steward sich so gemein macht!« Weiterschimpfend ging er an Deck zurück.

Späterhin sagte er zum ersten Offizier: »Es ist eine verwünschte Einrichtung, daß die Pantry des Stewards unmittelbar neben der Wertkammer ist. Und wozu bringt ein Steward das Handwerkszeug eines Kesselschmiedes mit an Bord? Sie wissen doch, daß er es bei sich hat?«

»Beim Bart des Propheten, Brayser,« antwortete der erste Offizier, der sich nicht leicht aus der Fassung bringen ließ, »beim Bart des Propheten, Sie sind wirklich kindisch. Wissen Sie denn nicht, daß der Mann Kesselschmied ist und erst seit ein oder zwei Jahren als Steward fährt? Solche Leute trennen sich nicht gern von ihrem Handwerkszeug, und da er als Witwer keine feste Häuslichkeit an Land hat, so muß er eben alles, was er besitzt, mit an Bord bringen. Ich bitte Sie, hören Sie endlich mit der Sache auf und pflegen Sie, wie ein guter Christ, der Ruhe. Hier nehmen Sie eine Zigarre, 'ne feine Sorte, stecken Sie sich die an, damit Sie eine andere Beschäftigung für Ihren Mund haben!«

Der zweite Offizier ließ sich aber nicht beruhigen. Nach wie vor stöberte er im hinteren Raumdeck herum und sprach mit jedermann über seine Sorge um das Gold.

Einige Tage darauf, als es ihn wieder einmal mit magischer Gewalt zu der eisernen Tür hingezogen hatte, wurde er abermals von dem Kapitän, der diesmal aus der Pantry kam, überrascht. Brayser erklärte schnell, er habe klopfen gehört und deshalb nachforschen wollen. Der Kapitän benahm sich noch rücksichtsloser als bei der ersten Begegnung und schwur, daß er die Sicherheit der Goldbarren jemand anderem anvertrauen würde, falls Brayser seine Überspanntheiten nicht ließe.

Als der zweite Offizier an Deck kam, trat der Zimmermann an ihn heran und bat um Rückgabe des Schlosses nebst Schlüssel, die er von ihm entlehnt habe, aber Brayser antwortete ausweichend, er wolle beides nachher schicken. Der Zimmermann ging seiner Wege, um eine Arbeit zu verrichten, die merkwürdigerweise gerade unter dem hinteren Raumdeck und direkt unter der Stahlkammer verrichtet werden mußte.

Die Reise war, wie schon gesagt, keineswegs angenehm. Immer herrschte schlechtes Wetter, und kurz nachdem Gibraltar passiert war, fingen die Lascars Chinesen. in ihren baumwollenen Hosen zu frieren an, und die Sedeeboys Inder. knöpften ihre Jacken fester zu. Es war Januar. Ist der Biskaya war böses Wetter, und die »Nicobar« schlingerte und stampfte und arbeitete schwer gegen die aufrührerische wilde See. Allmählich flaute der Sturm etwas ab, und es war immer noch schlimm genug.

Das Schiff kämpfte sich langsam vorwärts gegen eine drohende schwarze Bank. Nichts als Finsternis von allen Seiten und das Getöse von Wind und See, so daß man ordentlich zusammenschrak, wenn man durch die Seitenfenster große Schneeflocken sah, die von nirgendsher zu kommen schienen. Um vier Glas – zwei Uhr morgens – sah man ein verschwommenes Licht an Steuerbord; es war der Leuchtturm von Eddystone. Da man ein oder zwei Stunden später über die genaue Lage des Schiffes unsicher war, beschloß der Kapitän, bis Tagesanbruch stillzuliegen. Der Befehl war indessen noch nicht gegeben, als plötzlich schwache Lichter über einer festen, dunklen Masse an Backbord sichtbar wurden. Dann ein Schrei, ein donnerähnliches Krachen, das Schiff erzitterte in seinen Fugen. In zehn Sekunden war jedes lebende Wesen an Deck. Es war ein Zusammenstoß – die Reise der »Nicobar« war beendet.

Das fremde Schiff verlor sich rückwärtstreibend ins Dunkle. Die beiden Schiffe lösten sich, aber nicht, ehe einige Leute der »Nicobar« auf das Deck des anderen gesprungen waren. Kapitän Mackries Ruhe und Geistesgegenwart waren bewunderungswürdig: er verlor nicht einen Augenblick die vollständige Herrschaft über alles, was an Bord war. Das Schiff hatte schon angefangen, mit dem Heck zu sinken und sich nach Backbord überzulegen. Rettungsgürtel wurden schnell verteilt. Glücklicherweise waren nur zwei Frauen und keine Kinder unter den Passagieren. Die Boote wurden ohne Unfall heruntergelassen, dann kamen noch zwei Boote von dem fremden Schiff so nahe wie möglich heran. Wie sich später herausstellte, war es ein mächtiger Küstendampfer gewesen, der die »Nicobar« angerannt hatte. Der letzte Passagier war eben ins Boot geklettert, als Brayser ängstlich auf den Kapitän zulief mit den Worten:

»Können wir nichts mit den Goldbarren machen, Herr Kapitän? Vielleicht eine oder zwei Kisten ...«

»Verdammte Goldbarren!« schrie Kapitän Mackrie. »Sehen Sie nach den Booten und bringen Sie die Passagiere in Sicherheit! Die Versicherungsgesellschaft kann sich selbst um das Gold bekümmern.«

Brayser war nach den ersten Worten des Kapitäns verschwunden. Der Kapitän wandte sich an den Steward, während die Besatzung in die Boote stieg, und sprach eine Weile leise mit ihm. Dann ging der Steward fort, wie um einen Befehl auszuführen, und der Kapitän rief ihm etwas lauter nach:

»Es sind die besten, und schlimmstenfalls können wir sie fortwerfen. Aber machen Sie rasch – das Schiff hält keine zehn Minuten mehr aus.«

Es dauerte noch eine knappe Viertelstunde. Bis dahin hatte jedermann das Schiff verlassen, und der Kapitän im letzten Boot war gerade noch nahe genug, um die letzte Planke des Schiffes verschwinden zu sehen.

Der Morgen stieg in schmutzigem Grau herauf. Die »Nicobar« lag in zwanzig Meter tiefem Wasser, kaum eine Meile vom Ufer entfernt; die Mastspitzen ragten noch über die Wellen hinaus. Die See war den ganzen Tag stark bewegt, aber es schneite nicht mehr, und nach und nach wurde das Wetter ruhiger. Am nächsten Tage dampfte von Plymouth eine Barkasse mit einem Agenten des Lloyd heran, und bald darauf erschien ein Dampfer der Bergungsgesellschaft, der in der Nähe der aus dem Wasser ragenden Masten ankerte. Es war sehr wahrscheinlich, daß das Schiff gehoben werden konnte; ein Taucher der Bergungsgesellschaft ging hinunter, um das Leck in der Seite der »Nicobar« auszumessen, damit die nötige Holz- oder Segeltuchbekleidung fertiggestellt werden könne, ehe man mit dem Auspumpen und Heben anfing. Dies wurde in kürzester Zeit erledigt, und nachdem die nötigen Drahtnachrichten abgeschickt waren, blieb der Gesellschaftsdampfer die Nacht über an seiner Stelle liegen, um am nächsten Morgen die Taucherarbeit fortzusetzen, und vor allen Dingen die Goldbarren zu bergen.

*

Gerade um diese Zeit war Hewitt in Plymouth, um eine wichtige Sache für den Lloyd in Ordnung zu bringen. Er hörte natürlich von dem Untergang des Schiffes, und als er beiläufig davon zu reden anfing und die eben begonnene Bergung erwähnte, erfuhr er, daß Herr Percy Merrick, ein alter Bekannter, den Schlepper befehligte. So entschloß sich Hewitt, sich einen Feiertag zu gönnen, und kam gerade an dem Tage an Bord des Dampfers, als die Taucher in der Goldkammer mit ihrer Arbeit anfingen.

Sofort suchte er Merrick auf, einen liebenswürdigen Mann von achtunddreißig Jahren. Die Freude des Wiedersehens war gegenseitig, aber Merrick machte einen etwas nachdenklichen Eindruck. Zwei der Goldbarrenkisten fehlten!

»Es ist ganz sicher, daß für 200 000 Pfund Sterling Goldbarren an Bord waren«, sagte er. »Sie waren in vierzig Kisten gepackt, jede im Wert von 5000 Pfund. Und wir haben nur achtunddreißig Kisten gefunden! Zwei sind verschwunden. Ich möchte wohl wissen, wie das zugegangen ist.«

»Deine Leute könnten vielleicht darüber Auskunft geben?« meinte Hewitt.

»Nein, das ist ausgeschlossen. Sie könnten ja auch gar nichts unbemerkt heraufbringen, um so weniger, als ihre Taucheranzüge hier an Deck abgenommen werden. Außerdem war ich mit ihnen unten.«

»Oh, du tauchst also auch?«

»Wenn sich irgendeine besondere Gelegenheit wie hier bietet, steige ich manchmal selbst hinunter. So auch heute morgen. Ich konnte bequem auf dem Schiffe herumgehen und fand die Schlüssel zum Safe in der Kajüte des Kapitäns, wie er mir gesagt hatte. Die Schlösser waren natürlich durch das Seewasser untauglich geworden. So erbrachen wir die Tür mit Eisenstangen, und dann entdeckten wir, daß wir es viel leichter hätten haben können – von der Außenseite her. Der Küstendampfer war in den Kohlenraum neben der Stahlkammer hineingefahren und hatte die Eisenwand, die beide Räume voneinander trennt, glatt durchschnitten.«

»Könnten da die beiden fehlenden Kisten nicht herausgefallen sein?«

»Nein, davon habe ich mich überzeugt. Das Schiff lag nach Steuerbord über und die aufeinandergetürmten Kisten reichten nicht bis zur Öffnung. Also, wie gesagt, wir erbrachen die Tür und fanden achtunddreißig versiegelte Goldkisten, weder mehr noch weniger. Sie befinden sich jetzt hier an Bord. Willst du sie sehen?«

Es waren achtunddreißig Holzkisten mit eisernen Reifen, alle Scharniere versiegelt. Jede Kiste war ungefähr ein bis anderthalb Fuß groß und sechs Zoll tief. Je zwei waren, wahrscheinlich zur besseren Weiterbeförderung, zusammengebunden.

»Hast du sie so zusammengebunden?« fragte Hewitt.

»Nein; wir fanden sie so vor und haben immer ein paar heraufgehoben.«

»Was hast du wegen der fehlenden zwei Kisten getan? Hast du irgend etwas veranlaßt?«

»Ich habe natürlich gleich an den Lloyd gedrahtet und außerdem habe ich nach Kapitän Mackrie geschickt, der noch hier in der Gegend ist; ebenso nach dem zweiten Offizier Brayser, der den Goldtransport unter sich hatte. Vielleicht wissen die etwas. Eine Sache steht jedenfalls unumstößlich fest: bei Beginn der Reise waren vierzig Kisten da, und jetzt sind es nur noch achtunddreißig.«

Nach einer Pause sagte Merrick plötzlich: »Das schlägt doch eigentlich in dein Fach, Hewitt? Du solltest die beiden Kisten wieder herschaffen!«

Hewitt lachte. »Schön,« sagte er, »ich werde sofort beginnen, falls du mich bevollmächtigst.«

»Ja,« meinte Merrick bedächtig, »ohne eigene Bevollmächtigung dazu kann ich es natürlich nicht tun. Wenn du aber ein bis zwei Stunden weiter nichts vor hast, so kannst du immerhin über die Sache nachdenken. Und du kannst jedenfalls zuhören, wenn Mackrie und Brayser Bericht erstatten. Ich kann es zwar nicht versprechen, aber da es sich um zehntausend Pfund handelt, so könnte es ein ganz günstiges Geschäft für dich werden. Es ist zwar noch kein einziger Anhaltspunkt da, aber falls du wirklich etwas ausfindig zu machen hoffst, so drahte ich sofort, ob ich dir die Sache übergeben soll.«

Es klopfte an die Tür, und Kapitän Mackrie trat ein.

»Herr Merrick?« fragte er, von einem zum anderen sehend.

»Zu dienen!« antwortete Merrick.

»Kapitän Mackrie von der ›Nicobar‹. Sie haben mich zu sprechen gewünscht? Mir wurde gesagt, daß etwas mit den Goldbarren nicht in Ordnung sei?«

Merrick erklärte alles ausführlich: »Ich hoffte, daß Sie uns vielleicht helfen könnten, Herr Kapitän. Vielleicht bin ich auch über die Anzahl der Kisten falsch berichtet worden?«

»Nein, es waren vierzig Kisten, das stimmt genau. Ich glaube auch, daß ich Ihnen einen Fingerzeig geben könnte ...« Kapitän Mackrie sah Hewitt scharf an.

»Es ist Herr Hewitt, Herr Kapitän,« warf Merrick dazwischen: »Sie können frisch von der Leber weg reden. Er beschäftigt sich selbst etwas mit der Sache.«

»Wenn dem so ist,« fuhr Mackrie fort, »so möchte ich Ihnen, unter uns gesagt, raten, Ihre Aufmerksamkeit auf Brayser zu richten. Er war, wie Sie vermutlich wissen, mein zweiter Offizier und hatte die Aufsicht über das Gold.«

»Glauben Sie, daß Herr Brayser uns einige Mitteilungen machen könnte?« fragte Hewitt.

Mackrie lachte häßlich: »Das könnte er sehr wahrscheinlich, wenn er ein solcher Narr wäre. Ich glaube kaum, daß Sie etwas aus ihm herausbringen werden. Ich meinte, Sie sollten ihn beobachten lassen.«

»Was? Nehmen Sie denn an, daß er mit dem Verschwinden des Goldes irgend etwas zu tun gehabt hat?«

»Ich halte das – wiederum unter uns gesagt – für sehr wahrscheinlich. Seine Art und Weise während der ganzen Fahrt gefiel mir ganz und gar nicht.«

»Warum?«

»Er sprach zum Beispiel immerzu von seiner Verantwortlichkeit. Und dann hatte er einmal den Zimmermann, das andere Mal die Heizer, und schließlich alle und jeden im Verdacht, das Gold stehlen zu wollen – das allein konnte einen schon mißtrauisch machen. Er sprach eben zu viel. Er selbst war natürlich ungemein gewissenhaft und fleißig, und weiß der Teufel, was alles, und jedermann sonst war ein frecher Dieb. Er war so überzeugt, daß eines Tages einige Goldbarren fehlen würden, daß – na, ich weiß nicht, ob ich sein Benehmen richtig beschreibe, aber ich kann Sie versichern, es gefiel mir nicht! Er schnüffelte immer an der Stahlkammer herum; guckte in die Pantry, die an einer Seite an die Wertkammer anstieß, und steckte seine Nase in den Kohlenraum an der anderen Seite. Einmal ertappte ich ihn sogar, wie er Schlüssel am Patentschloß ausprobierte; Schlüssel, die er sich vom Zimmermann hatte geben lassen. Und seine stehende Entschuldigung war: er habe klopfen hören, oder geglaubt, es sei jemand an die Wertkammer herangeschlichen. Jedesmal, wenn ich ihn unten im Raumdeck abfaßte, hatte er gerade irgend etwas gehört, oder er hatte irgend jemand in Verdacht. Ich weiß nicht, meine Herren, ob ich mich klar ausgedrückt habe, aber ich kann Sie versichern, daß sein Benehmen während der ganzen Reise mir äußerst verdächtig war, und ich nahm mir vor, daran zu denken, falls wirklich etwas schief gehen würde. Na, das ist ja nun auch gründlich der Fall. Ich habe Ihnen meine Beobachtungen mitgeteilt, und Sie müssen nun sehen, was damit anzufangen ist.«

»Gewiß«, antwortete Hewitt. »Aber um Mißverständnisse zu vermeiden, erlauben Sie noch eine Frage. Sie sagten, daß das Gold unter Herrn Braysers besonderer Aufsicht stand, daß er aber einige vom Schiffszimmermann entliehene Schlüssel an den Patentschlössern ausprobierte. Wo waren denn die richtigen Schlüssel?«

»In meiner Kajüte, und ich gab sie nur heraus, wenn ich wußte, wozu sie gebraucht wurden. Zwischen den beiden Patentschlössern war noch ein Arnheimschloß befestigt, aber Brayser hätte sich leicht ein Duplikat verschaffen können. Er brauchte nur einen Wachsabdruck von meinem Schlüssel zu nehmen, als er ihn beim Verstauen des Goldes in Händen hatte.«

»Gesetzt, er hat die Kisten genommen, wo glauben Sie, hat er sie dann aufbewahrt l«

Mackrie zuckte die Achseln und lächelte.

»Das ist schwer zu sagen«, erwiderte er. »Er hätte sie irgendwo im Schiff verbergen können, was ich aber kaum glaube. Es wäre verteufelt schwer, sie in Plymouth zu landen, und dann hätte er sie auch dort lassen müssen, während er weiter nach London reisen mußte. Das Gold wird immer in Plymouth ausgeladen, und sobald etwas fehlt, wird das ganze Schiff sofort untersucht, jeder Zollbreit, so daß er seinen Raub hätte an Land schaffen müssen, ehe das Gold ausgeladen wurde – was beinahe unmöglich ist. Ist er der Täter, so muß das Gold noch irgendwie unter Wasser sein, aber wie gesagt, das glaube ich nicht. Ich glaube vielmehr, daß er es ›gesichert‹ hat, das heißt an einem wohlbekannten Ort, in irgendeinem ausländischen Hafen, hat er es über Bord geworfen, um es sich später wiederzuholen. Nun können Sie also von hier bis Yokohama das ganze Meer durchforschen.« Kapitän Mackrie lachte laut auf. Bald darauf ging er fort, Während er aus der Tür trat, kam ein Mann mit der Nachricht, daß Herr Brayser an Bord sei.

»Nun können Sie ihn ja gleich begutachten«, sagte Mackrie, »Guten Morgen, meine Herren.«

»Der Steward von der ›Nicobar‹ ist auch da«, sagte der Mann, nachdem der Kapitän fortgegangen, »und auch der Zimmermann.«

»Schön, schön. Zunächst schicken Sie Herrn Brayser her«, erwiderte Merrick. »Das Gerücht scheint sich schon verbreitet zu haben«, fuhr er, zu Hewitt gewendet, fort. »Ich ließ nur Brayser herbitten, aber da die anderen auch erschienen sind, haben sie möglicherweise einiges mitzuteilen.«

Brayser trat ein und schien mit Auskunft geladen zu sein. Es bedurfte wenig Zuredens, um ihn dazu zu bewegen, ganz offen vor Hewitt zu reden, und er wiederholte alles, was er wieder und wieder an Bord der »Nicobar« gesagt hatte. Der sogenannte Safe sei nur ein Blechkasten, und man könne spielend leicht einbrechen. Er wundere sich nicht im mindesten über den Diebstahl, er habe ihn die ganze Zeit vorausgesagt.

»Die Leute, die besonders beobachtet werden müßten,« fuhr er fort, »sind der Kapitän und der Steward: es ist wohl noch nie vorgekommen, daß ein Kapitän und ein Steward so dicke Freunde waren. Die Pantry des Steward war dicht neben der Wertkammer, nur die miserablen, halbzölligen Kesselplatten lagen dazwischen. Sie würden vermutlich den Kapitän nicht oft in der Pantry suchen, nicht wahr? Na, und gerade dort habe ich ihn wiederholt angetroffen. Und der Steward hatte Schlosserwerkzeug! Das kann ich beschwören. Er ist ja Kesselschmied und kann natürlich ein Scharnier aufbrechen und wieder so einnieten, daß niemand den Schaden bemerken kann. Er machte sich immer etwas in der Pantry zu schaffen, und einmal habe ich deutliches Klopfen von dort gehört. Ich ging hin, um nachzusehen, und wen traf ich dort? Natürlich den Kapitän, der den Raum gerade verließ und mich anschnauzte und sofort wieder an Deck schickte. Und vorher hatte er mich auch schon angeschnauzt, weil ich herausgefunden hatte, daß noch andere herumliegende Schlüssel genau zu den Patentschlössern paßten. Warum schrie er mich an und stieß Drohungen aus, wenn ich meine Pflicht tat und ein Auge auf die Goldkammer hatte? Das paßte ihm eben nicht. Sowie ich nur ein bißchen ängstlich wegen der Barren war, wurde er sofort wütend! Sein Geiz und seine Habgier sind in der Gesellschaft genügend bekannt – er würde alles für einen guten Profit tun.«

»Haben Sie denn eine bestimmte Idee, wo das Gold sein kann?«

»Na,« sagte Brayser mit schlauer Miene, »ich glaube nicht, daß er es ›gesichert‹ hat.«

»So glauben Sie also, daß es noch im Schiff irgendwo verborgen ist?«

»Nein, das glaube ich nicht, Ich vermute, daß der Kapitän und der Steward es an Land gebracht haben, als wir in den Booten abfuhren; jeder eine Kiste.«

»Das hätte man doch bemerken müssen!«

»Ganz und gar nicht – bei der Dunkelheit. Sehen Sie sich mal die Kisten an. Die sind doch gar nicht so groß, daß sie nicht leicht unterm Ölzeug verborgen werden könnten. Natürlich sind sie etwas schwer – achtzig bis neunzig Pfund jede Kiste; aber ein starker Mann kann das schon schleppen, besonders in solch handlichen Kisten und in der Dunkelheit und all dem Wirrwarr. Nun will ich Ihnen noch etwas sagen. Der Kapitän fuhr mit dem letzten Boot ab, das der Küstendampfer, der uns angerannt, herschickte. Der Dampfer, der selber zu Schaden kam, ist ins Dock gebracht worden, und die Mannschaft hat infolgedessen wenig zu tun. Ich habe nun seit ein paar Nächten nicht geschlafen, weil mir ahnte, daß irgend etwas vorgehen würde, denn ehe ich das Schiff verließ, wollte ich versuchen, einige der Goldbarren in Sicherheit zu bringen, aber der Kapitän erlaubte es nicht, was immerhin auffallend war. Da machte ich mich an einen der Matrosen heran, die meinen Kapitän nach dem Zusammenstoß an Land gerudert hatten, und holte ihn aus. Er versicherte mir, daß der Kapitän tatsächlich ein kleines, ziemlich schweres Paket bei sich hatte. Was sagen Sie dazu? Der Mann konnte sich natürlich nicht an Einzelheiten erinnern aber er meint, es sei eine Art schmaler Kiste gewesen, ungefähr so groß wie die fehlenden. Und dann noch eines« – Brayser schlug mit der Hand auf den Tisch – »noch eines: Ich erkundigte mich am Bahnhof und erfuhr, daß gestern zwei schwere Pakete nach London geschickt worden sind – Holzkisten in braunes Papier eingewickelt, genau die richtige Größe! Das Papier war etwas zerrissen, und der Beamte hat gesehen, daß die Kisten mit Reifen gefestigt waren – wie diese!« Brayser wies triumphierend auf die in einer Ecke aufgestapelten Kisten.

»Sehr gut«, sagte Hewitt. »An Ihnen ist ein Detektiv verloren gegangen. Haben Sie auch herausgefunden, wer die Pakete abgeschickt hat und an wen sie adressiert waren?«

»Nein, leider nicht. Natürlich wußte der Beamte den Namen des Absenders nicht, und da er mich nicht kannte, wollte er mir den Adressaten auch nicht nennen. Ich wurde aber nach und nach ganz vertraut mit ihm, und heute werde ich ihn wieder treffen. Er hat heute keinen Nachmittagsdienst, und da wollen wir einen kleinen Spaziergang machen. Bei dieser Gelegenheit werde ich schon noch etwas herausfinden.«

»Sicherlich,« gab Hewitt zu. »Finden Sie so viel wie möglich heraus – es kann von größter Wichtigkeit sein. Sowie Sie etwas Wertvolles erfahren, teilen Sie es uns sofort mit. Sonst noch etwas?«

»Nein, weiter nichts. Was ich Ihnen gesagt habe, dürfte zunächst wohl auch genügen. Bald sollen Sie mehr erfahren.«

Brayser ging, und Norton, der Steward des gesunkenen Schiffes, kam in die Kajüte. Er war ein etwas verhungert aussehender Mensch, mit scharfem Blick und einer wahren Grabesstimme. Er habe gehört, fing er an, daß etwas mit den Goldkisten nicht in Ordnung sei, und deshalb sei er gekommen, um alles zu sagen, was er wisse. Es sei freilich nicht viel, aber er denke, eine jede Kleinigkeit könne helfen. Wenn er ganz offen sein dürfe, so möchte er sich den Vorschlag erlauben, daß Wickens, der Zimmermann, beobachtet werden solle. Er (Norton) möchte nicht gern unchristlich sein, aber seine Pantry sei dicht neben der Goldkammer gewesen, und da habe er Wickens lange Zeit arbeiten hören, und zwar gerade unter dem Boden der Kammer! So habe es ihm wenigstens geschienen, wenn er sich natürlich auch geirrt haben könne. Und doch sei es merkwürdig, daß der Zimmermann immer gerade etwas an der Stelle zu tun gehabt habe. Dann sei auch behauptet worden, und er halte es für wahr, daß Wickens im Besitz von Schlüsseln war, die genau in die Patentschlösser der Stahlkammer paßten; das sei doch sehr verdächtig. Weiter wisse er nichts Bestimmtes, und dies sei auch nur so seine Ansicht. Und wenn sein Verdacht sich als falsch erwiese, so würde sich keiner mehr freuen, als er selbst. Aber ... aber ... der Steward schüttelte zweifelnd den Kopf.

»Ich danke schön, Herr Norton«, sagte Merrick mit lachenden Augen. »Wir werden Ihren Bericht nicht vergessen. Sollten Ihre Nachrichten dazu beitragen, daß das Gold wiedererlangt wird, so wird das Ihr Schade nicht sein.«

Der Steward erwiderte, er hoffe das auch, und versicherte, er werde den Zimmermann nicht aus den Augen lassen. Wickens sei übrigens auch hier, und wenn die Herren ihn ausfragen wollten, so mögen sie doch recht vorsichtig sein, um ihn nicht argwöhnisch zu machen. Merrick versprach, diesen Rat zu befolgen.

»Noch eins, Herr Norton«, bat Hewitt. »Gesetzt, Ihr Verdacht ist gerechtfertigt, wo glauben Sie, daß der Zimmermann die Goldbarren untergebracht hat?«

»Ich vermute,« antwortete Norton, »daß er sie nicht auf dem Schiff gelassen hat. Er hat sie wahrscheinlich irgendwo ›gesichert‹.«

Der Steward ging fort, und Merrick brach in lautes Lachen aus. »Die reine Posse«, sagte er. »wirklich die reine Posse. Die ›Nicobar‹ hat ja eine recht glückliche Familie an Bord gehabt! Was? Der Kapitän hat Verdacht auf den zweiten Offizier, der zweite Offizier beargwöhnt den Kapitän und Steward, und der Steward beobachtet den Zimmermann. Es ist grandios! Und nun laß uns den Zimmermann hereinholen. Bin neugierig, wen der im Verdacht hat?«

Hewitt sagte nichts, aber seine Augen lachten vor Vergnügen. Nach einem Weilchen trat der Zimmermann ein.

»Guten Morgen, meine Herren«, sagte der Mann mit weicher, ehrfurchtsvoller Stimme, und sah einen nach dem anderen an. »Habe ich wohl die Ehre, mit den Herren der Bergungsgesellschaft zu sprechen?«

»Jawohl«, antwortete Merrick und lud ihn mit einer Handbewegung zum Sitzen ein. »womit können wir dienen?«

Der Zimmermann hustete leise hinter der Hand: »Ich war so frei, herzukommen, mein Herr, weil ich gehört habe, daß einige Goldbarren fehlen. Oder ist es vielleicht gar nicht wahr?«

»Doch, doch, wir haben nicht so viele Kisten vorgefunden, als hätten da sein müssen, was jetzt wohl jedermann bereits weiß. Zwei Stück fehlen. Sie können uns wohl nicht sagen, wo sie sind?«

»Das allerdings nicht, das wäre auch eine zu kühne Behauptung. Aber wenn ich wertvolle Auskünfte darüber gebe, wie sie wieder aufzufinden sind, dann darf ich wohl, ohne unbescheiden zu sein, auf eine kleine Belohnung von der Gesellschaft rechnen?«

»O gewiß,« antwortete Merrick, »das ist selbstverständlich. Die Gesellschaft wird sich sicherlich anständig zeigen, und die Assekuranz nicht minder.«

»Wenn ich das unter Ehrenmännern« – er betonte das Wort – »als ein Versprechen ansehen darf, so will ich gern aussagen, was ich weiß.«

»Was die Gesellschaft betrifft, so kann ich das Versprechen geben«, versicherte Merrick. »Ich werde dafür sorgen – natürlich nur falls es sich lohnt.«

»Das ist selbstverständlich, Herr Agent. Also, meine Herren, meine Geschichte ist nicht lang. Alles, was ich sagen werde, habe ich an Bord gehört, ehe das Schiff sank. Die Passagiere waren gerettet, und die Besatzung stieg in ein anderes Boot, als der Kapitän sich an den Steward wendete und leise mit ihm sprach, während ich sozusagen direkt unter seiner Nase war – er sah mich aber nicht. ›Hören Sie, Norton,‹ sagte er oder so ähnlich, ›warum sollten wir nicht versuchen, die Sachen mit an Bord zu nehmen, die bewußten Kisten, wissen Sie? Ich glaube, daß wir nicht weit von Land sind, und wir haben keinen hohen Seegang. Nehmen Sie jedenfalls eine, und ich werde es mit der anderen versuchen, aber erregen Sie kein Aufsehen.‹ Dann sagte er, als der Steward fortging, etwas lauter: ›Sie sind das beste, und schlimmstenfalls werfen wir sie über Bord.‹ Dann ging auch ich ins Boot und hörte nichts weiter.«

»Das war alles?« fragte Hewitt und beobachtete den Mann scharf.

»Alles?« sagte der Zimmermann etwas überrascht. »Ja, das ist alles, aber ich finde, es ist ganz genug, finden Sie das nicht auch? Es ist doch ganz klar, was gemeint war: er und der Steward wollten zwei Kisten nehmen, und zwar heimlich, auch war es ›das beste‹ an Bord, wie er selbst sagte. Und nun fehlen zwei Kisten mit Gold! Ist das nicht genug?«

Der Zimmermann gab sich nicht eher zufrieden, als bis alles aufgeschrieben war, was der Kapitän gesagt hatte, und erst nachdem Merrick noch sein Versprechen wegen der Belohnung erneuert hatte, ging er fort.

»Na,« sagte Merrick und lachte Hewitt über den Tisch an, »das ist eine verfluchte Geschichte, was? Die Aussage des Mannes ist für den Kapitän recht faul. Was er sagte, und was Brayser sagte – das beides zusammen ist recht gravierend. Ich sollte meinen, es ist ein vollgültiger Beweis. Eine angenehme Geschichte, die für einen oder den anderen recht ernst ausfallen wird – aber eigentlich ist es ein gelungener Spaß, was? Ich bin gespannt, ob Brayser noch mehr herauskriegen wird. Schade, daß Kapitän und Steward nicht einig waren, auf wen sie den Verdacht lenken sollten. Das war ein Fehler ihrerseits.«

»Aber keineswegs«, entgegnete Hewitt. »wenn sie wirklich im Komplott sind, also genau wissen, was sie wollen, dann werden sie es gerade vermeiden, dieselbe Geschichte zu erzählen. Das Gold ist in Barren, nicht wahr?«

»Jawohl, fünf Barren in jeder Riste. Jeder Barren wiegt so ungefähr fünfzehn Pfund.«

»Warte mal«, sagte Hewitt und sah nach der Uhr. »Es ist beinahe zwei Uhr. Wenn ich irgend etwas in der Sache tun soll, so muß ich mir alles erst überlegen. Inzwischen würde ich, wenn es sich irgend machen ließe, gern in einem Taucheranzug unter Wasser gehen. Es hat mich schon immer gereizt, das Meer auch einmal sozusagen ›von unten‹ zu sehen. Läßt sich das einrichten?«

»Na, viel Vergnügen ist nicht dabei,« antwortete Merrick, »namentlich nicht bei diesem Wetter. Versuchs lieber ein andermal, wenn du wirklich Lust dazu hast. Oder glaubst du, daß du durch dein Herumschnüffeln dort unten irgend etwas herausfinden wirst?«

Hewitt zog die Augenbrauen hoch und schnitt ein Gesicht.

»Ich könnte etwas entdecken,« sagte er; »das ist niemals ausgeschlossen, und wenn ich eine Sache übernehme, so mache ich es mir zur Regel, alles zu sehen und zu hören, was dabei zu sehen und zu hören ist, gleichgültig, ob es wichtig ist oder nicht. Anhaltspunkte findet man meist, wo man sie am wenigsten erwartet. Außerdem werde ich voraussichtlich auch nie wieder eine so günstige Gelegenheit haben, als Taucher aufzutreten. Also, wenns möglich ist, so wirds mich freuen.«

»Schön, du sollst also tauchen. Und da es dein erster Versuch ist, so werde ich mitkommen. Die Leute sind beinahe alle an Bord. Also los!«

Hewitt wurde in Flanell gesteckt und dann in einen Gummianzug. Ein mit Blei besohlter Stiefel von zwanzig Pfund Schwere wurde an jeden Fuß angeschnallt, Gewichte wurden über Brust und Rücken gehängt.

»Das ist der Anzug, den Gullen meist trägt«, bemerkte Merrick nebenbei. »Er ist ein fixer Kerl, wir schicken ihn meist zuerst hinunter, um die Maße zu nehmen. Ein vortrefflicher Mann, nur hat er eine etwas zu große Zuneigung zur ›Tauchermischung‹.«

»Was ist das?« fragte Hewitt.

»Du kannst sie nachher kosten, wenn du willst. Mir ist sie zu stark. Rum und Kümmel gemischt, glaube ich.«

Eine rote Mütze wurde Hewitt auf den Kopf gesetzt, darüber ein Kupferhelm, der mit Schrauben an die kupferne Halsschiene befestigt wurde. Zuletzt konnte er sich kaum noch bewegen. Merrick hatte sich inzwischen in einen ähnlichen Anzug gesteckt. Beide wurden dann mit einer Verbindungsleine und einer elektrischen Glühlampe ausgerüstet. Schließlich wurde die Helmscheibe zugeschraubt, und alles war fertig.

Merrick stieg zuerst die Leiter an der Schiffswand hinab und Hewitt folgte dann mit größter Mühe. Als das Wasser über seinem Kopfe zusammenschlug, änderten sich seine Empfindungen sofort. Er hatte weniger Gewicht zu schleppen, und besonders wurden seine Arme leicht, wenn auch die Bewegungen unbeholfen blieben. Langsam sanken sie tief, tief hinunter; um sie herum war spärliches Licht. Als sie das gesunkene Schiff erreichten und an Deck kamen, zeigten sich die elektrischen Lampen von großem Wert. Ein paarmal sprach Merrick zu Hewitt und legte zu dem Zwecke seinen Helm dicht gegen den des Freundes; er bat ihn, vorsichtig zu sein, damit Luftschlauch, Rettungsleine und Lampe nicht Schaden litten. Ab und zu näherten sich schattenhafte, schwimmende Gestalten, durch die Lampen der Taucher angezogen, und verschwanden schnell wieder in der Dunkelheit. Die Fische hielten Musterung über die »Nicobar«. Durch das untere Deck gelangten die beiden Männer aufs Raumdeck und etwas weiter zu einer offenstehenden Tür, an der ein zerbrochenes Schloß hing, es war die von den Tauchern am Morgen aufgebrochene Tür.

Merrick erklärte durch Zeichen, wie die Kisten aufeinandergestellt gewesen waren. Eine der dünnen Stahlwände in dem Raum war in der oberen Hälfte in ganzer Länge zerrissen und zerschnitten. Als Merrick und Hewitt den Raum verließen, standen sie in dem Leck, das der große Küstendampfer eingerannt hatte. Stahl, Eisen, Holz, alles war zersplittert; durch die weite Öffnung sah man hinaus ins unergründliche Meer. Hewitt fuhr mit der Hand über die zerrissene Kante der Stahlwand; es war, als hätte man ein Stück Pappe zerrissen.

Als sie ans obere Deck zurückkamen, legte Hewitt seinen Helm an den des Kameraden und sagte ihm, mit Aufbietung all seiner Stimmittel, er wolle einen Spaziergang auf dem Meeresgrund machen. Dann ging er wieder zur Leiter. Merrick folgte ihm.

Der Boden bestand zumeist aus festem, schlüpfrigem Ton, wie man ihn oft in der Nähe der Küste findet; hier und dort lagen Steine und hafteten Büschel von merkwürdigem Tang. Die beiden Taucher hatten das Ende der Leiter erreicht, gingen ein paar Schritte und konnten nun das große Loch in der Seite der »Nicobar« von unten sehen. Es war ein furchtbarer Spalt, der das Raumdeck und das untere Deck freilegte.

Hewitt machte einen Rundgang. Ein paarmal stand er still und betrachtete nachdenklich den Boden, der ziemlich flach war. Er wendete mit seinem Fuß einen weißen, sauberen Stein um, der ungefähr das Aussehen eines Brotlaibes hatte. Dann ging er langsam weiter und bückte sich ein paarmal, um den Fels unter sich zu prüfen. Nach einer Weile blieb er stehen und betrachtete einen Stein, der beinahe ebensogroß wie der erste und auf der einen Seite grün überwachsen war. Der Stein lag neben einer kleinen Höhlung; als Hewitt ihn in das Loch schob, füllte er es genau aus.

Merrick legte seinen Helm an den des Gefährten und schrie:

»Bist du befriedigt? Hast du genug auf dem Grund entdeckt?«

»Einen Augenblick noch!« schrie Hewitt zurück, und ging geradeswegs auf das Schiff zu. Als er den Bug erreicht hatte, ging er zu seinem Ausgangspunkt zurück und von dort wieder zu dem weißen Stein, um endlich wieder zum Schiff zurückzukommen. Merrick beobachtete ihn mit wachsendem Erstaunen und eilte, so schnell er konnte, Hewitts Lampe nach. Als er zum zweitenmal das Schiff erreicht hatte, drehte sich Hewitt der Leiter zu und kletterte hinauf, Merrick hinter ihm her. Diesmal hielten sie sich nicht an Deck auf, sondern stiegen in die »Welt der Luft« zurück.

Nachdem man ihnen die Helme abgeschraubt hatte, fragt« Merrick:

»Willst du jetzt einen ›Gemischten‹ haben?«

»Nein, den möchte ich denn doch nicht riskieren, aber etwas Whisky wäre mir nicht unerwünscht. Und dann gib mir auch, bitte, einen Bleistift und etwas Papier.

Als dies gebracht war, schrieb Hewitt sofort einige Zahlen auf und behielt den Zettel in der Hand. »Ich könnte die Zahlen zu leicht vergessen,« meinte er.

Merrick schwieg in verwundertem Erstaunen.

Als er sich vollständig umgekleidet hatte und behaglich in der Kajüte saß, fragte Hewitt nach einer Karte dieser Gegend.

»Hier ist sie«, lautete die Antwort. »Küste und alles darauf. Groß genug, was? Ich habe die Lage des Wracks schon mit Bleistift angedeutet. Es liegt beinahe genau Nord zu Ost.«

»Da du schon damit angefangen hast, so werde ich so frei sein und noch ein paar Bleistiftstriche hinterlassen.« Hewitt glättete den zusammengedrückten Zettel mit den Ziffern sorgsam aus, und begann nun zu messen und zu rechnen. Dann kritzelte er einiges auf ein besonderes Stück Papier und zog zwei Linien, die einen Winkel bildeten. Diese Zeichnung legte er auf die Karte und verlängerte den einen Schenkel des Winkels mit einem Lineal bis zur Küste hin.

»Da haben wirs«, sagte er nachdenklich. »Und das nächste Dorf ist Lostella; nein, es ist überhaupt das einzige Dorf hier an der Küste herum.« Er stand auf. »Bitte, schicke mir die ›besten Augen‹ an Bord, das heißt, wenn der Betreffende gestern den ganzen Tag über hier war.«

»Aber, was ist denn los? Warum diese mathematischen Berechnungen? Glaubst du die Goldbarren durch Regeldetri zu finden?«

Hewitt lachte.

»Vielleicht«, sagte er. »Aber wo sind die ›besten Augen‹? Ich brauche jemand, der mir genau sagen kann, was alles von Deck aus gestern sichtbar war.«

»Nun, ich glaube, der Schiffsjunge hat die schärfsten Augen. Er sieht oft viel zu viel. Ich werde ihn holen lassen.«

Der Schiffsjunge kam, ein schlauer, frech aussehender kleiner Tunichtgut.

»Nun pass' auf, Junge,« sagte Merrick, »schärfe deine Sinne und antworte dem Herrn ordentlich.«

»Du hast gestern vermutlich viele Schiffstrümmer herumschwimmen sehen?«

»Jawoll.«

»Was denn alles?«

»Hauptsächlich Lukengratings Grating = das hölzerne Rostwerk über den Luken. – nicht viel andres. Es schwimmen noch 'n paar herum.«

»Ja, ich habe sie gesehen. Und nun pass' mal auf. Hast du gestern ein Lukengrating schwimmen sehen, das anders aussah, als die übrigen? Zum Beispiel ein angemaltes? Die jetzt noch da herumschwimmen, sind nicht angemalt, wie du siehst.«

»Jawoll, ich hab ein kleines, weiß angemaltes gesehen. Es ging immer rauf und runter bei dem Fockmast von der ›Nicobar‹ herum.«

»Weißt du das bestimmt?«

»Ganz bestimmt, es war das einzige angestrichene Ding, was herumschwamm.«

»Ich habe es auch gesehen. Du bist ein aufgeweckter Bursche. Hier hast du einen Schilling. Blick mit offenen Augen um dich, und du wirst noch manchen Schilling verdienen, ehe du ein alter Mann bist. – Das ist alles, was ich wissen wollte.«

Der Junge verschwand, und Hewitt sagte zu Merrick: »Ich glaube, du kannst die Drahtnachricht, von der du sprachst, abschicken. Wenn ich Vollmacht bekomme, so kann ich die Goldbarren zurückschaffen – wenigstens hoffe ich es. Vielleicht gelingt es mir erst nach einiger Zeit, vielleicht auch ganz schnell. Wenn du das Telegramm aufsetzen willst, werde ich es befördern. Ich möchte einen Spaziergang nach Lostella machen. Es ist nur eine halbe Stunde Wegs an der Küste entlang, aber es wird bald dunkel werden.«

»Mein Gott, was hast du denn entdeckt? Ich habe ...«

»Laß das jetzt«, antwortete Hewitt schmunzelnd. »Offiziell habe ich noch kein Recht zu meiner Entdeckung, ich bin noch nicht bevollmächtigt! Sobald ich es bin, sollst du alles erfahren.«

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Kaum hatte Hewitt das Land erreicht, als Brayser sich auf ihn stürzte: »Da sind Sie ja. Ich wollte eben zu Ihnen kommen, ich bringe Neuigkeiten! Ich sagte Ihnen doch, daß ich mit dem Bahnbeamten einen Spaziergang machen wollte. Na, das habe ich auch getan und dann bin ich gleich fortgestürzt – ich möchte wohl wissen, was er von mir denkt. Also, wir begegneten Norton, dem Steward, und der Beamte erkannte ihn sofort als einen der Männer, die die Listen gebracht hatten. Nach seiner Beschreibung zweifle ich nicht, daß der andere der Kapitän war. Ich ging äußerst schlau zu Werke und erfuhr, daß beide Kisten an Mackries Adresse nach London geschickt sind! Er war selbst neugierig geworden und hatte im Register nachgeschlagen. Ich denke, das genügt. Ich fahre jetzt nach London – ich glaube, Mackrie reist heute abend hin. Sprechen Sie aber nicht darüber.«

Der pflichteifrige zweite Offizier stürzte davon, ohne auf eine Antwort zu warten. Hewitt sah ihm mit vergnügtem Lächeln nach und wanderte gen Lostella.

*

Am andern Morgen gegen elf Uhr erhielt Merrick folgenden Brief, den ein Bootsmann brachte:

Lieber Merrick!

Bin ich bevollmächtigt? Wenn nicht, so gib Dir weiter keine Mühe, aber sollte es der Fall sein, so sei um zwei Uhr in Lostella, und zwar an der ersten Biegung kurz vor dem Wirtshaus »zur Kuff«. Bring ein Gefährt mit, einen oder zwei Polizisten – und einen Mann mit einem Spaten! Wir wollen etwas Grünkohl ausgraben. Das ist ein neuer Sport.

Dein
Martin Hewitt.

P. S. Laß keinen der Leute von Bord gehen. Hole den Spatenkünstler aus der Stadt.

Merrick fuhr sofort in einem Boot an Land. Seine Gesellschaft hatte ihm auf seine Anfrage Hewitt betreffend vollständig freie Hand gelassen. Nach einigen Schwierigkeiten bekam er zwei Polizisten mit, dagegen machte das Beschaffen des Wagens und des Spatenmannes keine weitere Mühe. So fuhren sie alle nach dem angegebenen Ort.

Sie waren vor der Zeit da, aber Hewitt erwartete sie bereits. »Das nenne ich pünktlich,« sagte er, »aber je eher, je besser. Ich hatte den frühesten Zeitpunkt, der mir für dich möglich schien, angegeben.«

»Hast du die gestohlenen Barren?« fragte Merrick besorgt.

»Nein, noch nicht, aber dies hier habe ich.« Hewitt hielt die Spitze seines Stockes in die Höhe. Die scharfe Spitze eines Nagelbohrers sah in halber Zollänge daraus hervor, und etwas weißes Holz hing daran, als ob der Bohrer jüngst benützt worden sei.

»Nanu, was ist denn das?«

»Abwarten. Und nun vorwärts, ich werde vorangehen. Die Sache wird bald erledigt sein, sie war einfach genug, ich habe aber auch Glück gehabt. Alles Nähere später.«

Kurz vor dem Wirtshaus »zur Kuff« ließ Hewitt halten und alle stiegen aus. Die Zügel schlangen sie um ein Staket und gingen den kurzen Weg zu Fuß weiter. Die Polizisten in einiger Entfernung, um kein vorzeitiges Aufsehen zu erregen. Sie gingen eine Dorfstraße entlang, die hinter kleinen, schmutzigen, nach der See zu liegenden Hütten vorbeiführte; eine jede von ihnen hatte einen kleinen Gemüsegarten. Hewitt ging bis zum zweiten Garten, stieß die niedrige Lattentür auf und ging dreist hinein, die anderen hinter ihm her.

In dem Gärtchen war fast nur Grünkohl gepflanzt, der recht gut fortzukommen schien, mit Ausnahme von vielleicht einem halben Dutzend Exemplaren, die merkwürdigerweise auf einem Fleck beisammenstanden. Diese ließen ihre Blätter hängen und waren ganz welk. Auf diese Gruppe ging Hewitt zu.

»Graben Sie diese Kohlköpfe aus,« sagte er zu den, Mann mit dem Spaten, »sie sind wirklich nicht mehr zu gebrauchen; vermutlich werden Sie ungefähr sechs Zoll tief etwas anderes finden.«

Der Mann setzte den Spaten ein, wobei er plötzlich durch die weiche Erde auf etwas Hartes stieß. Im selben Augenblick erschien eine starke, unordentlich aussehende Frauensperson in der Tür der Hütte. Mit einem blauen Auge, einem Tuch um den Kopf, aufgestecktem Rock und einem Besen in der Hand bot sie keinen besonders anziehenden Anblick. Sie sah die Eindringlinge zunächst sprachlos an, dann stürzte sie mit erhobener Waffe auf die Gruppe los. Aber Merrick packte sie bei den Ellbogen und hielt sie wie mit Eisenklammern fest. Sie schrie ununterbrochen: »Peter, Peter, komm; David, komm, sie sind da!«

Ein schmutziges Kind erschien auf der Türschwelle, und als es die Fremden im Garten sah und bemerkte, daß die Frau festgehalten wurde, fing es mörderisch zu brüllen an. Inzwischen waren zwei Holzkisten freigelegt worden, jede ungefähr eineinhalb Fuß lang, versiegelt und mit eisernen Reifen beschlagen. Eine war halb erbrochen und das Stück Holz wieder an seine Stelle gesetzt worden. Als man es entfernte, schimmerte gelbes Metall hervor.

Das Weib schrie und wehrte sich immer noch. Das schmutzige Kind zog sich zurück, und in der Tür erschien jetzt ein roh und zottig aussehender Mensch, nur mit Hemd und Hose bekleidet, der sich schlaftrunken die Augen rieb. Er starrte die Szene vor sich fassungslos an.

»Verhaften Sie den Mann da! Er ist der eine«, rief Hewitt. Der Polizist ging so schnell zu Werke, daß der Mann Handschellen anhatte, ehe er sich so weit erholt hatte, um fluchen zu können.

Hewitt ging mit dem zweiten Polizisten in die Hütte. In den beiden unteren Stuben war niemand. Sie stiegen ein paar wackelige Stufen hinauf und fanden in der ersten Kammer einen Mann in tiefem Schlaf. »Das ist der andere«, sagte Hewitt. Der Gauner war mit Handschellen geschmückt, ehe er aufgewacht.

Das wiedererlangte Gold wurde auf den Wagen geladen, der Ortspolizist brachte seine eigenen Handschellen für die »Dame mit dem Besen«, und eine Prozession zog durch Lostella, wie sie noch keiner dort gesehen hatte.

»Und nun«, sagte Hewitt sich an Merrick wendend, »müssen wir deinen Freund – wie heißt er doch – Gullen? festnehmen lassen, der das Loch im Schiff ausgemessen hat. Er ist natürlich an Bord!«

»Was, Gullen?« rief Merrick. »Gullen? Ja, mein Gott, der ist gestern abend an Land gegangen und nicht wieder zurückgekommen. Du willst doch nicht etwa behaupten ...«

»Allerdings will ich das«, versetzte Hewitt, »und nun hast du ihn entwischen lassen.«

*

Als sie nach einigen Stunden bei der Pfeife auf dem Bergedampfer in der Kajüte saßen, sagte Merrick: »Und nun los mit der Geschichte, da wir jetzt gerade Zeit haben. Das Gold ist dank deiner Hilfe wieder da, aber ich habe keinen blassen Schimmer, wie die Leute es bekommen haben und wie du es herausgefunden hast!«

»Also: Aus den verschiedenen Erzählungen, die uns die Leute von der ›Nicobar‹ auftischten, war wenig zu entnehmen. Ihre Berichte hoben sich gegenseitig auf, aber das eine oder andere konnte immerhin stimmen. Brayser versuchte, zuviel zu beweisen. Wenn der Kapitän mit dem Steward zusammen die Goldkammer bestehlen wollte, wozu brauchte dann der Steward sich der Mühe zu unterziehen, die Kesselplatten zu durchschneiden, da doch der Kapitän die Schlüssel in seiner Kajüte hatte? Und wenn der Kapitän allein der Täter war, warum ließ er es dann bei zwei Kisten bewenden, da ihm vierzig zur Verfügung standen und er während der ganzen Reise genügend Zeit zu seinem Vorhaben hatte? Die Aussage des Zimmermannes war allerdings etwas belastend, aber ich glaube, daß ich eine Erklärung dafür gefunden habe.

Du hattest mir gesagt, daß du selbst mit unten gewesen wärst, als die Leute die Schlösser sprengten; auf sie konnte also kein Verdacht fallen. Gleichzeitig aber hattest du mir mitgeteilt, daß das Leck in der Seite der ›Nicobar‹ bis zu dem Safe reichte, und daß du die Kisten vielleicht auf diesem Wege hättest herausnehmen können, wie du ferner berichtetest, konnten die Kisten nicht herausgefallen sein, da das Schiff nach der anderen Seite überlag. Aber ich erinnerte mich, daß am Tage vorher ein Taucher allein unten gewesen war und daß sein Geschäft ihn gerade zu diesem Loch führte, um es auszumessen. Dieser Taucher konnte eben durch dieses Loch leicht zu den Kisten gelangen. Nun kann aber, wie du mich versichertest, kein Taucher unbemerkt etwas mit hinaufbringen. Der Mann wußte das natürlich und hatte vielleicht seine Beute deswegen irgendwo unter Wasser verborgen. So nahm ich mir vor, erst selbst auf den Meeresboden zu gehen, ehe ich mich in irgendwelchen Mutmaßungen erging.

Natürlich nahm ich nicht an, daß er die Kisten da unten versteckt hatte; er hätte dann noch einmal tauchen müssen, um sie heraufzuholen, was er ja unbemerkt nicht hätte tun können. Außerdem hätte er eine Erklärung für sein abermaliges Tauchen geben müssen. So lag es auf der Hand, daß er mit einem Bundesgenossen irgendeine geniale Vereinbarung getroffen hatte, die es ihm ermöglichte, das Gold fortzuschaffen.

Wir gingen unter Wasser. Ich hielt meine Augen offen und bemerkte unter anderem, daß das Schiff zu der musterhaft gehaltenen vornehmen Sorte gehörte, auf dem alle Lukengratings usw. aus festem Eichen- oder Tiekholz sind und mit Sand schneeweiß gescheuert werden. Davon machte ich mir ein stilles Memorandum, um es bei Gelegenheit hervorzuholen. Als wir an der Seite entlang gingen und das klaffende Leck des Schiffes sahen, war es mir ganz klar, daß man von außen mit großer Leichtigkeit durch die eingerannte Stahlwand in die Goldkammer gelangen konnte.«

»Ja,« warf Merrick dazwischen, »das ist leicht genug. Die Leiter führt dicht am Leck vorbei, und wenn einer hinuntergeht, so braucht er nur auf das hintere Raumdeck zu treten, um zu den Goldbarren hinüberzugelangen.«

»Gewiß. Ich widmete nun meine Aufmerksamkeit dem Meeresgrund, der vorwiegend aus Ton bestand, was mir äußerst angenehm war. Ich wanderte umher und entfernte mich immer mehr von dem Schiff, bis ich den weißen Stein fand, den ich mit dem Fuß umdrehte. Entsinnst du dich dessen?«

»Jawohl.«

»Dieser Stein machte mich stutzig. Es war der einzige platte Stein ohne Pflanzen darauf. Alle anderen waren mit einer Art Moos überzogen, an den meisten hingen dazu noch Büschel von Seetang. Es lag auf der Hand, daß der Stein ein erst kürzlich vom Lande hergebrachter ›Neuling‹ war. Wahrscheinlich war er am Strande aufgelesen worden, da er so rein gewaschen war. So ein Stein konnte unmöglich von der See eine Meile weit mitgerissen worden sein. Irgend jemand hatte ihn in einem Boote mitgebracht und über Bord geworfen, und wer das getan, verfolgte einen bestimmten Zweck damit. Die Form des Steines erzählte auch allerlei. Er hatte, etwas übertrieben, das Aussehen eines langen Brotes, die beste Form, um eine Leine daran zu befestigen und herunterzulassen. Die Leine war jedoch fort, folglich mußte jemand unten gewesen sein, um sie loszubinden. Ich folgerte weiter: Der Taucher war allein unten gewesen, war aufs hintere Raumdeck gegangen und hatte, so wie du es als möglich angedeutet, die beiden Kisten aus der Kammer herausgeholt. Dann hatte er die beiden Kisten – natürlich einzeln – zu der Stelle hingetragen, wo der weiße Stein lag, der, laut Verabredung, vorher von einem Verbündeten dorthin geschafft worden war. Er nahm die Leine ab, band sie um die beiden Kisten und ließ alles so liegen, bis es nach oben heraufgezogen werden konnte. Natürlich konnte das nicht bei hellem Tageslicht unter deinen Augen geschehen, der Helfershelfer mußte bis zur Nacht warten. Das andere Ende des Strickes war natürlich an irgendeinem schwimmenden Gegenstand befestigt, so daß man es leicht wieder erreichen konnte. Die ganze Geschichte war in einer Nacht vorbereitet worden und sollte in der nächsten ausgeführt werden.

Das war also die Geschichte des weißen Steines. Ich sah aber noch mehr. Dicht neben dem Stein entdeckte ich eine Spur: es war ein fortlaufender dreieckiger Eindruck in der Tonerde, der von einer schweren eisenbeschlagenen Kiste herrühren konnte – von einer solchen Kiste, wie die mit den Goldbarren. Das war eine wichtige Entdeckung. Sie bewies, daß die Kisten nicht von Anfang an getragen, sondern ein Stückchen geschleift worden waren, so daß eine scharfe Kante sich im Lehm abgedrückt hatte. Ich forschte weiter und fand noch mehr Beweise: aufgerissener Boden, kleine, von ihren Plätzen verschobene Steine wiesen mir den Weg, wohin die Kisten geschleppt worden waren. Ich verfolgte die Richtung und kam bald zu einem anderen Stein, der etwas kleiner als der zuerst gefundene war. Die Kisten hatten ihn augenscheinlich losgerissen, denn grünes Moos überzog den Teil, der dem Wasser ausgesetzt gewesen, während sein unterer Teil genau in das Loch paßte, aus dem er herausgerissen war. Dies alles konnte erst kürzlich geschehen sein, denn sonst hätte die See längst jede Spur verwischt, was ich dann weiter vornahm, Hast du natürlich verstanden?«

»Ich vermute, du hast die Lage der Steine zum Schiff berechnet, indem du Schrittmessungen vornahmst?«

»Jawohl, ich behielt die Zahlen im Kopf, bis ich sie zu Papier bringen konnte. Alles weitere war nun zunächst Vermurung. Ich nahm folgendes an: Gullen hatte mit einer noch zu ermittelnden Person verabredet, die Leine auszuwerfen und sie in der nächsten Nacht einzuholen. Diese Person war im Besitze eines Bootes. Nun konnte aber höchstens ein Ruderboot so dicht an deinen Dampfer herankommen, ohne gesehen zu werden. Aber ein Ruderboot hätte wiederum die schweren Kisten nicht schleppen können, sie hätten wie ein Anker gewirkt. Die Sache mußte also so sein: die Diebe waren in einem Segelboot gekommen – einem Kuff, einem Luggerboot oder sonst etwas Ähnlichem – mit einem kleinen Boot im Schlepptau. Das Segelboot lag in angemessener Entfernung vor Anker, und zwar in der Richtung, die es später einschlagen wollte. Dadurch sparten sie Zeit, falls sie beobachtet werden sollten, und ein Mann ruderte inzwischen unauffällig fort, um die Leine, die an irgendeinem schwimmenden Gegenstand befestigt war, herauszufischen. Die Leine mußte von beträchtlicher Länge gewesen sein, damit der Schwimmer frei herum treiben konnte und keinen Verdacht dadurch erregte, daß er an einer Stelle blieb. Der Mann ruderte zum Segelboot zurück und nahm Leine und Schwimmer mit an Bord. Das Boot hißte die Segel und fuhr nach Hause, wo dann die Leine mit der daran gebundenen Beute heraufgezogen wurde.«

»Man sollte meinen, du hättest alles entweder selbst gesehen oder getan,« unterbrach Merrick lachend.

»Es konnte einfach nicht anders sein. Nur diese Beweiskette kann den Zusammenhang erklären. Ein schnelles Erfassen der Umstände, ein richtiges Erkennen des Wertvollen ist bei unserer Arbeit der halbe Erfolg. Die genaue Lage des Wracks hatte ich, wie du weißt, auf der Karte, und auch den von dort aus berechneten Platz der Steine. So war es doch klar, daß eine gerade Linie zwischen beiden gezogen und verlängert die Richtung angeben mußte, die die Diebe eingeschlagen hatten; wenigstens annähernd. Die Linie führte zur Küste, ganz in die Nähe von Lostella, dem einzigen Dorf im Umkreis einer Meile. Ganz sicher war es natürlich nicht, aber immerhin sehr wahrscheinlich, und jedenfalls der einzige Ausgangspunkt, den wir hatten. So verfolgte ich ihn.«

»Aber wie bist du auf die gemalte Lukengrating verfallen? War das Zufall?«

»Ich sah einige Gratings von der ›Nicobar‹ herumschwimmen und hielt es für sehr wahrscheinlich, daß die Diebe etwas als Schwimmer benützen würden, was den übrigen Schiffstrümmern ähnlich sah, schon um keinen Argwohn zu erregen. Das einfachste war eine solche Grating. Bei kleineren Fahrzeugen, einem Segelboot zum Beispiel, ist das Schiffsgerät meist aus schlechterem Holz, dafür aber mit Ölfarbe angestrichen; sie können sich den Luxus der ›Nicobar‹ nicht leisten. So vermutete ich, daß die Grating angemalt sei und daß ein scharfes Auge sie leicht hätte sehen können. Ich machte die Probe aufs Exempel und sie verlief glänzend. Der Junge erinnerte sich der weißen Grating, die, wie er glaubte, fortgeschwemmt war. Diese Aussage war für mich von großem Wert.

Ich schlug den Weg nach Lostella ein. Es war Ebbe und bereits dämmerig, als ich den Ort erreichte. Eine Anzahl Boote und Kuffen waren auf den Strand gezogen, aber ich sah nur wenig Menschen. Ich fing damit an, nach einem Kuff mit weißgemaltem Gerät zu suchen; diese sind aber ziemlich selten, da sie meistens entweder braun oder rot angestrichen sind, oder aber ihre ursprüngliche Farbe vor Schmutz kaum mehr erkennen lassen. Ich fand auch nur zwei Fahrzeuge von der gewünschten Art. Das erste hätte das richtige sein können, doch wies nichts darauf hin; das zweite aber war es. Es war halb gedeckt und hatte eine schmale weiße Lukengrating. Ich schob sie zurück und fand eine nasse lange Leine daran befestigt. Die Leute hatten versäumt, ihr Handwerkszeug fortzuräumen, oder aber hofften sie auf weitere Beute. Ich ging zum Heckbalken und las die Inschrift: ›Rebekka, Peter und David Garthew, Lostella‹. Nun galt es, die Garthews aufzufinden.

Ich wanderte ein Weilchen durchs Dorf und sprach endlich einen Jungen an. Meine Ausrede war einfach genug. Ich fragte nach den Garthews, da ich morgen eine Segelfahrt machen wollte. Der Junge vertraute mir mit freudigem Grinsen an, daß beide Brüder ›feste kneipten‹; ich würde sie im Wirtshaus ›Zur Kuff‹ finden, wo sie den ganzen Tag gesessen hätten und voll wie Spritzen seien. Dies schien mir eine natürliche Folge des guten Fanges, den sie gemacht. Ich ging also ins Wirtshaus ›Zur Kuff‹, fest entschlossen, als alter Bekannter aufzutreten, obgleich ich weder Peter von David noch David von Peter unterscheiden konnte. Da saßen die Brüder. Der eine schlief vor Betrunkenheit beinahe ein, und der andere näherte sich dem heulenden Elend. Ich biederte mich ihnen an, soweit es unter den obwaltenden Umständen möglich war; als das Lokal geschlossen wurde, spendierte ich ihnen ein Dutzend Flaschen Bier, die ich ihnen nach Hause trug, während sie sich gegenseitig stützten. Ich sah wir die Hütte genau an, half sogar der alten Rebekka – der Dame mit dem Besen –, die Brüder ins Bett zu schaffen. Aber nirgends konnte ich etwas entdecken, was wie eine Kiste oder wie ein Versteck aussah. Dann ging ich mit dem Vorsatz fort, meine Bekanntschaft am nächsten Morgen zu erneuern und so lange fortzusetzen, bis ich etwas erreicht hatte. Ich nahm mir auch vor, bei Tageslicht im Garten nach weiterführenden Zeichen zu fahnden, weswegen ich den Bohrer in meinem Stock befestigte.

Heute morgen war ich vor zehn Uhr in Lostella und unterzog den Grünkohl einer eingehenden Besichtigung. Es fiel mir auf, daß ein halbes Dutzend Strünke, die auf einem Fleck zusammenstanden, verwelkt und schlaff aussahen, als ob sie vor kurzem ausgegraben und dann wieder eingepflanzt worden seien, wobei die Wurzeln beschädigt wurden. Diese Kohlköpfe machten auf mich ganz den Eindruck, als hätten sie mit den Garthews zusammen ›feste gekneipt‹. Ein ziemlich schmutziges Kind stand in der Nähe der Hütte; mit etwas unsicheren Schritten ging ich auf den Knaben zu, als litte ich noch unter den Folgen des gestrigen Abends. Heda, mei–mein Junge, sagte ich, heda, kl–kleiner Ju–Junge. Dabei griff ich in die Tasche und holte kleine Münze heraus. Dann, während ich scheinbar einen Groschen mühsam heraussuchte, ließ ich die ganze Handvoll Geld über den welken Kohl fallen. Nun war es natürlich ganz einfach, beim Auflesen des Geldes mich so schwer auf meinen Stock zu lehnen, daß ich ihn tief in die weiche Erde einbohrte. Was ich vermutet hatte, war richtig; ich stieß auf eine Kiste. So drückte ich fester und fester und fing an zu bohren, während das Geld aufgesammelt wurde, und schwankte fort, nachdem ich noch ein paar höfliche Worte mit der Alten gewechselt hatte. An dem Bohrer trug ich den unanfechtbaren Beweis, daß eine Kiste aus weißem Holz dort vergraben lag. Das Ende hast du selbst mit erlebt.

Was den Kapitän und den Steward anlangt, so weiß ich nur, daß die beiden Kisten keine Goldbarren enthielten, wahrscheinlich treiben sie kleine Privatgeschäfte – wenn Kapitän und Steward so dick befreundet sind, hat es meist einen solchen Grund –, und vielleicht enthielten die Kisten wertvolle Gegenstände: Vasen oder Bronzen aus Japan, wahrscheinlich das Wertvollste, was sie an Bord hatten. Kapitän Mackrie steht außerdem in dem Ruf, sehr gerissen und nicht allzu gewissenhaft zu sein, und da er seine Sachen versichert hatte, so hoffte er vielleicht, diese Ware zu retten und außerdem die Versicherungssumme zu bekommen. Aber wie gesagt, das weiß ich nicht.«

*

Hewitt hatte recht. Der überpflichteifrige Brayser war dem Kapitän nach London nachgereist, wo er ihn scharf beobachtete. Eines Tages nahm Mackrie eine Droschke und fuhr mit dem Steward und den beiden Kisten nach der Bondstraße. Sie hielten vor einem Laden, dessen Schaufenster mit seltenen Kuriositäten und alten Silber- und Goldsachen angefüllt war. Brayser konnte nicht länger an sich halten. Er stürzte auf den nächsten Schutzmann zu und schleppte ihn in den Laden. Da standen der Kapitän und der Steward vor zwei kleinen, geöffneten Kisten und – wollten zwei sehr alte japanische Bronzefiguren verkaufen!

Brayser verschwand von der Bildfläche; er konnte dem Hohn, mit dem man ihn in der britischen Handelsmarine überschüttete, nicht standhalten. Die Sache war ganz einfach gewesen: Der Steward hatte die Bronzefiguren entdeckt, aber war nicht genügend bei Kasse, um sie zu kaufen; er zog also den Kapitän mit ins Geschäft. Auf der Heimreise sprachen sie immer wieder über den Preis, den sie erzielen könnten; man sagt, sie hätten schließlich dreihundert Pfund dafür bekommen.

Hin und wieder trifft Hewitt noch mit Merrick zusammen, der dann manchmal frägt, ob nicht irgendeiner der ›Nicobar‹ – Leute, die so oft und heimlich an der Goldkammer vorbeischlichen, doch einen Einbruch geplant hatte?


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