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Bär, Fuchs und Wolf und ihre Abenteuer auf der Imola-Feldmark

Aus Finnland

9. Abenteuer

Auf der Flucht trennte sich unser Wolf von seinen Brüdern und kehrte traurigen Sinnes, mit hängendem Kopfe nach Ilmola heim. Unterdessen waren auch der Fuchs und der Bär hinzugekommen, denn das Gerstenfeld war reif, und die Gerste sollte eingeheimst werden.

Nachdem sie geschnitten war, wurde eine Dreschscheune erbaut, und als die Gerste trocken war, sollte sie gedroschen werden; der Bär war zur Hilfe hinzugerufen worden. Da standen die drei Gesellen auf der Tenne, und nun fragte der Bär: »Na, ihr Brüder, wie fangen wir denn diese Arbeit an?«

Der Fuchs, der sich nicht recht zum Dreschen bequemen wollte, kletterte auf die Dachbalken hinauf und rief den andern zu: »Mir fällt was ein. Der eine von euch ist ein starker Mann, der andere ein tüchtiger Arbeiter, besorgt ihr beide das Werk, ihr Gevattern; drescht und sichtet das Getreide. Ich kleines, nutzloses Männchen will unterdessen hier die Balken halten, damit sie euch nicht über den Köpfen zusammenstürzen.«

Das war den andem recht. Der Bär drosch mit kräftigen Schlägen und der Wolf sichtete die Gerste, daß ihm die Augen voll Spreu und Staub wurden und er bis auf den heutigen Tag aussieht wie einer, der Getreide sichtet. Der Fuchs dagegen saß gemütlich oben, sang ein Liedchen vor sich hin und schaute vergnügt zu, wie die andern sich abmühten; hin und wieder warf er einen Holzblock hinunter. –»Nimm dich doch in acht, du tötest uns am Ende noch!« schrie der Wolf hinauf. »Was soll das heißen, daß du uns Balken auf die Köpfe wirfst?« – »Ach, Gevatterlein, ich werfe sie ja nicht mit Absicht«, antwortete der Schelm; »diese Balken sind furchtbar schwer; ich habe nicht die Kraft sie zu halten, und sie fallen von selbst.« – Die andern beruhigten sich, und das Werk wurde in Eintracht vollbracht. Nun wurde das Getreide aufgehäuft und die Teilung sollte beginnen.

»Mit welchem Maße sollen wir messen?« fragte der Wolf den Fuchs; »Sollen wir es metzenweise verteilen?« – »Ach nein, ich weiß einen bessem Rat«, antwortete der Fuchs. »Gebt dem Größten das Größte, dem Kleinsten das Kleinste; das ist nach meiner Meinung die richtigste Teilung.« – »Das war gut gesprochen!« fanden die andern, und also bekam der Bär das Stroh, der Wolf die Spreu, und der Fuchs das Korn. Frohen Mutes begaben sich jetzt die drei Gesellen in die Ilmola-Mühle, und ein jeder begann seinen Ernteanteil zu mahlen. Aber schon nach einer kleinen Weile hörten der Wolf und der Bär, daß ihre Mühlsteine ein anderes Geräusch verursachten als der des Fuchses. Sie konnten das gar nicht begreifen und fragten verwundert den Fuchs: »Sag mal, warum klingt es unter deinem Steine: jürri, järri, jürri, järri«, und bei uns so ganz anders: »Tissis, tassis, tissis, tassis?« – »Streut nur etwas Sand hinein, wie ich es getan«, riet der Fuchs, »dann wird es bei euch ebenso klingen wie bei mir!« Der Wolf und der Bär befolgten diesen guten Rat und bald hatten sie die große Freude zu hören, daß es unter ihren Mühlsteinen »jürri, järri« klang, und das sogar noch viel stärker als unter dem des Fuchses. Als jeder seinen Anteil fertig gemahlen hatte, gingen die drei in schönster Eintracht nach Hause. Die Freude war groß über das gute Jahr, und die Vorräte wurden in der Speisekammer aufgespeichert.

 


 


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