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Tomatenkultur auf den Canarischen Inseln.

Die heutzutage auf Tenerife in großem Maßstabe betriebene Tomatenkultur ist genau so alt wie die Bananenkultur der Insel. Im Gegensatze zu letzterer, die sich fast ausschließlich auf den Norden der Insel beschränkt, erstreckt sich das Gebiet der ersteren über den Süden und die beiden westlichen und östlichen Ausläufer derselben. Die in jenen Gegenden erzeugte Frucht ist von einer sehr guten Qualität dank der dort im Winter und Frühjahre herrschenden höheren Temperatur.

Wie bei allen aus Samen gezogenen Pflanzen, muß die größte Obacht darauf gegeben werden, daß der Same aus einer Frucht gewonnen wird, die sich durch gute Form, Größe und Gewicht auszeichnet. Weder an der Pflanze, noch an der Frucht selbst dürfen Krankheitserscheinungen irgendwelcher Art zu bemerken gewesen sein. Da natürlich bei der Verwendung fremden Samens niemals eine vollständige Gewähr für diese Vorbedingungen gegeben ist, so ist es natürlich das beste, solchen aus einer Auswahl eigener Früchte zu gewinnen. Es bestehen allerdings einige erstklassige Firmen, die eine gewisse Garantie für die Güte ihres Erzeugnisses bieten, sicherer jedoch ist immer die Aufzucht aus eigenem Samen. Die Gewinnung desselben geschieht auf die folgende Art und Weise:

Eine gut ausgereifte Tomate, die in ihrem Äußeren den oben genannten Bedingungen entspricht, wird zerteilt, und die Körner, nachdem sie herausgenommen worden sind, einige Tage der Sonne ausgesetzt. Nachdem die Körner auf diese Weise gut getrocknet worden sind, werden sie in ein mit Wasser gefülltes Gefäß getan. Dies hat den Zweck, eine Trennung der leichteren und der schwereren Körner zu erzielen. Die ersteren steigen an die Oberfläche, während die letzteren den Boden des Gefäßes bedecken. Die schwereren Körner sind die besten, und nur sie werden beim Anlegen der Saatbeete verwendet. Der Zeitpunkt der Anlage der Saatbeete ist ein sehr verschiedener, jedoch bei den Exportkulturen immer zwischen den Monaten Juli des einen und Februar des darauffolgenden Jahres. – Die Erde der Saatbeete muß von bester Qualität sein und muß vor der Aussaat eine ausreichende Düngung mit Stallmist erhalten haben, damit die Würzelchen der kleinen Pflänzchen die günstigsten Vorbedingungen für ihre Fortentwicklung vorfinden. Das zur Anlage von Tomaten-Saatbeeten ausersehene Terrain wird in kleine Parzellen eingeteilt. Bei der Aussaat ist darauf zu achten, daß die Körner gleichmäßig über die ganze Fläche des Beetes verteilt werden. Nach erfolgter Aussaat müssen die Beete leicht bewässert werden, am besten mit Hilfe von Schlauch oder Gießkanne. Sobald die jungen Pflänzchen eine Höhe von ca. 10 cm erreicht haben, müssen sie eine Mischdüngergabe erhalten. Die Erfahrung hat gelehrt, daß ein einen hohen Prozentsatz Stickstoff enthaltender Mischdünger der beste ist, da er das Wachstum der Pflänzchen antreibt und die kräftige Entwicklung des Stengels fördert. Nach ungefähr 25-30 Tagen werden die Stecklinge ausgepflanzt, und zwar muß das Land, auf dem sie nun ihre Früchte tragen sollen, durch ein 3- bis 4maliges Pflügen gut vorbereitet sein. Beim letzten Umpflügen werden dann auch die Furchen gezogen, und zwar müssen sie einen Abstand von ca. 80 cm voneinander haben. Die Anzahl der Pflanzen, die eine Fläche von 1 ha bedecken, schwankt zwischen 9 und 10 000. Beim Auspflanzen aus den Saatbeeten in das eigentliche, zum Anbau bestimmte Land muß dieses gut bewässert werden, und muß eine solche Bewässerung nach 6-8 Tagen wiederholt werden, falls keine Regen fallen. Im Saatbeete müssen die jungen Pflänzchen ein oder zweimal mit pulverisiertem Schwefel bestäubt werden, desgleichen nach dem Auspflanzen. Späterhin ist es an der Pflanze selbst zu erkennen, ob eine weitere Bestäubung mit Schwefel oder »Pariser Grün«, je nach der Art der Krankheit, notwendig ist. Großer Wert ist auch auf ein Reinhalten des Anbaugeländes von Unkraut zu legen. Wenn es sich beim Anbaugelände um guten, fruchtbaren Boden handelt und dieser gut für die Kultur vorbereitet worden ist, dann entwickeln sich die Pflanzen nach einmal erfolgtem Umpflanzen sehr schnell. Da man nur eine bestimmte Anzahl Triebe der Pflanze zur Entwicklung kommen lassen will, hier sind es gewöhnlich 2 oder 3, so muß während der ganzen vollen Entwicklungsperiode ständig darauf geachtet werden, daß die überflüssigen Triebe entfernt werden. Im allgemeinen wird die Pflanze drei bis viermal gedüngt; anschließend müssen die Felder kräftig bewässert werden, falls dies die eintretenden Niederschläge nicht zur Genüge tun. Als Kunstdünger wird viel die nachstehende Mischung angewandt:

 

Schwefelsaures Ammoniak 40 %
Kalk-Superphosphat 26 %
Schwefelsaures Kali 29 %
Gips (zur Erhöhung der Streufähigkeit) 5 %
  ______
  100 %

 

Die Saatpflanzen erhalten eine Gabe Chilesalpeter.

Ein ha Tomatenland gibt je nach seiner Bodenbeschaffenheit eine Ernte von 4-600 quintales, à 46 kg gerechnet. Diese Menge ergeben die Pflanzen in 4-5 Monaten, während denen sie auf den Feldern bleiben.

Täglich werden nun die Früchte, welche den für den Export richtigen Reifegrad erreicht haben, abgenommen und nach dem Packhause gebracht. Dort findet zunächst eine genaue Auslese statt, um die den Vorbedingungen für den Export genügenden Früchte von der Ausschußfrucht zu trennen. – Nachdem die Auslese beendet ist, werden die zum Verpacken für gut befundenen Früchte nach Größe und Form sortiert. Beim Hineinlegen in die mit feinem Torfmull gefüllten Kistchen wird jede einzelne Frucht noch mit Seidenpapier umhüllt. – Je vier Kistchen werden nun übereinander gesetzt und durch vier Seitenlatten zu einem Kolli vereinigt, was man in der Landessprache ein »atado« nennt. Das Nettogewicht eines solchen »atado« schwankt je nach der Klassifikation der darin enthaltenen Frucht zwischen 28 und 35 kg.

Die Reisedauer eines Fruchtdampfers nach Deutschland, England, Frankreich oder Spanien schwankt je nach dem Bestimmungsland zwischen 8 bis 15 Tagen. Wenn im Packhause mit der notwendigen Sorgfalt gearbeitet worden ist, muß die Frucht gerade in der besten Verfassung auf den genannten Märkten ankommen.

Auch über den Umfang der Tomaten-Ausfuhr sind Zahlen auf Seite 10 und 11 dieses Buches gegeben.

Ich lasse nun noch zwei Aufsätze über das Klima und die Pflanzenwelt auf der Insel Tenerife folgen, die mir freundlicherweise von Herrn Dr. O. Burchard zur Verfügung gestellt wurden, der seit vielen Jahren auf der Insel lebt und gegenwärtig in der Villa Orotava ansässig ist. Der Aufsatz über die Vegetation der Insel wird vielleicht vielen der Leser zu wissenschaftlich gehalten sein, ich bin aber überzeugt, daß alle, die Interesse für die canarische Pflanzenwelt haben, manche ihnen erwünschte Aufschlüsse in dem Aufsatze finden werden, und deshalb habe ich geglaubt, die dankenswerte Arbeit hier aufnehmen zu sollen.


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