Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Bananenkultur auf den Canarischen Inseln.

Demjenigen, der sich für Einzelheiten der Bananenkultur und des Bananenhandels interessiert, möge nachstehende Beschreibung über die Art des Betriebes und den gesamten Entwicklungsgang eines solchen Pflanzungsgeschäftes einige Fingerzeige geben. Die von mir gemachten Mitteilungen beziehen sich auf ein großes Unternehmen, welches ca. 150 ha Bananenland im Orotavatal bewirtschaftet.

Einteilung der Pflanzungen. Im Interesse einer zweckentsprechenden Bewirtschaftung sind die verschiedenen Pflanzungen, die über das ganze Orotavatal zerstreut liegen, in 10 Gruppen eingeteilt, deren Größe zwischen 15 und 46 fanegadas (1 fanegada gleich 0,5248 ha) schwankt. Jede dieser Gruppen steht unter der Leitung eines Pflanzungsaufsehers, dem je nach Größe der Pflanzungen eine größere oder kleinere Anzahl von Männern, Frauen und Kindern zur Bearbeitung der Pflanzungen unterstehen.

Aufzucht der Pflanzen. Der Wurzelstock der Banane treibt im Jahre eine ganze Reihe neuer Schößlinge. Von diesen dürfen jährlich nur 1 bis 2 stehen bleiben, und es ist außerordentlich wichtig, daß stets die richtigen Schößlinge zur Entwicklung kommen, damit die Pflanzen, die in Beeten zu 4 bis 8 Stück gepflanzt sind, diese immer in gleichen Abständen bedecken. Einem Vorarbeiter, deshijador genannt, ist diese Arbeit anvertraut, und von ihm hängt sehr Wesentliches für die gute Instandhaltung der Pflanzung ab. Aus Samen läßt sich die Banane nicht ziehen, und bei Neuanlage einer Pflanzung werden die Wurzelstöcke der abgeschlagenen Stämme in Abständen von 3×3½ Meter gepflanzt.

Bewässerung. Eine zweite sehr wichtige Arbeit, die auf jeder Pflanzung einem besonderen Arbeiter übertragen wird, ist das Bewässern. Dieses geschieht je nach Lage der Pflanzung in Abständen von 10 bis 20 Tagen. Da das aus größerer Höhe kommende Wasser meist mit großem Druck in die Pflanzung einfließt, ist es wesentlich, daß die Bewässerung in kundiger Hand liegt. Der hierfür angestellte Arbeiter, regador genannt, muß genau wissen, bis zu welchem Maße er die einzelnen Beete mit Wasser füllen darf, und er muß genügend Geschicklichkeit besitzen, um mit ein bis zwei Schlägen seiner Hacke den Zufluß zu einem Beet zu verstopfen und den zu einem zweiten zu öffnen. Es hat insbesondere beim Bewässern darauf zu achten, daß die einzelnen Beete gut ausnivelliert sind, und er muß andernfalls den Aufseher benachrichtigen, damit dieser das Nötige veranlaßt.

Reinigung der Pflanzungen. Durch die ständige Bewässerung wächst neben der Banane sehr viel Unkraut. Dieses muß in Abständen von 4 bis 6 Wochen untergegraben werden. Hierfür steht dem Aufseher eine größere Anzahl von Arbeitern zur Verfügung, und es ist seine besondere Pflicht, darauf zu achten, daß das Umgraben mit der nötigen Vorsicht geschieht, damit die nahe der Oberfläche der Erde sich hinziehenden Wurzeln der Bananen nicht verletzt werden, und daß im besonderen beim Umgraben die jungen Schößlinge nicht abgeschlagen werden. Bei dieser Gelegenheit hat der Aufseher auch darauf zu achten, ob der deshijador das Ausschneiden der jungen Pflanzen in zweckentsprechender Weise vorgenommen hat.

Düngung. Zwischen diesen sich regelmäßig wiederholenden Arbeiten schiebt sich vom Frühjahre bis zum Herbst alle zwei Monate eine Düngung mit Kunstdünger ein, die möglichst so gelegt werden muß, daß der Kunstdünger wenige Tage vor der Bewässerung untergegraben wird. Im Winter vollzieht sich die Düngung in ähnlicher Weise mittels Stalldunges.

An Kunstdünger erhält jede Pflanze etwa 2½ kg im Jahre, dessen Zusammensetzung sich nach der Bodenbeschaffenheit richtet. Eine viel angewandte Mischung ist folgende:

 

Schwefelsaures Ammoniak 40 %
Kalk-Superphosphat 27 %
Schwefelsaures Kali 28 %
Gips (zur Erhöhung der Streufähigkeit) 5 %
  ______
  100 %

 

Stalldung erhält jede Pflanze etwa 2 kg im Jahre.

Markieren der Früchte. Das Markieren der Früchte in den Pflanzungen für den zu erfolgenden Schnitt wird von dem sogenannten marcador ausgeführt. Dies müssen auch erfahrene Leute sein, die der Frucht einerseits sofort ansehen müssen, wann sie schnittreif wird, und die andererseits mit einem Blick auf die Frucht sagen können, wieviel Hände der Fruchtbüschel hat. Über die zum Schnitt bezeichneten Früchte wird eine genaue Aufstellung geführt, sodaß, wenn die Früchte aller Pflanzungen markiert sind, im Pflanzungskontor eine Liste der Früchte nach Anzahl der Hände sortiert eingereicht wird. Das Markieren der Frucht geschieht mit einem kleinen Hammer, durch den in den Stamm des Fruchtbüschels ein Zeichen eingeschlagen wird. Um das Herausfinden der zum Schnitt bestimmten Früchte zu erleichtern, werden gleichzeitig beim Markieren einige Blätter heruntergeknickt. Sobald dann die Weisung zum Schnitt erteilt wird, kann derselbe ohne Verzögerung stattfinden. – Außer der reifen Frucht wird auch die frisch angesetzte Frucht alle drei bis vier Wochen klassifiziert. Von den marcadores hierüber eingereichte Aufstellungen entsprechen den Aufstellungen der später zu erfolgenden Schnitte. Beide Listen werden in entsprechende Bücher des Pflanzungskontors übertragen und dadurch wird eine Kontrolle über unrechtmäßigen Abgang von Früchten möglich. Die zum Markieren benutzten Hämmer wechseln mit jedem Monat, sodaß an den beiden Marken genau festgestellt werden kann, welche Zeit in den einzelnen Pflanzungen die Frucht vom Ansatz bis zur Reife beansprucht hat.

Schnitt der Früchte. Zu den weiter oben aufgeführten Arbeiten kommt dann noch zwei, drei oder mehrere Male im Monat der Schnitt der Früchte und das Herausschaffen der geschnittenen Büschel ans Pflanzungstor, wo sie von Lastkraftwagen oder auch Ochsengespannen abgeholt werden. Beim Schnitt der Früchte werden gleichzeitig sämtliche Blätter der abgeernteten Pflanze heruntergeschlagen, die, wie später noch erwähnt werden wird, in getrocknetem Zustande den Weg ins Packhaus finden. Der nunmehr kahle Stamm der Pflanze, der ein sehr beträchtliches Gewicht darstellt, wird umgeschlagen und dann von einzelnen Männern und Frauen oder auch auf Karren nach den Viehställen gebracht, wo er zerschnitten und verfüttert wird.

Löhnung. Die männlichen Pflanzungsarbeiter erhalten für den Tag einen Durchschnittslohn von Pts. 5,–, die Frauen einen solchen von Pts. 3,– pro Tag. Bei den Kindern schwankt der Lohn je nach dem Alter zwischen Pts. 1,– und Pts. 2,– pro Tag. Außerdem erhalten auf den Pflanzungen Männer, die Besonderes leisten, einen Tagelohn von Pts. 5,50 bis Pts. 6,–. Dies sind im besonderen einige Maurer, die die Wasserrinnen instand halten, ferner einige Viehwärter, denen wertvolleres Vieh anvertraut ist, und der Vorarbeiter, dem die Aufzucht des jungen Bananennachwuchses übertragen wurde.

Frauen- und Kinderarbeit. Neben den bisher genannten, nur von männlichen Kräften ausgeführten Arbeiten sind in der Regel Frauen und Kinder damit beschäftigt, von den sich entwickelnden Bananen die Blütenfäden zu gegebener Zeit abzuschneiden, um Fäulniserscheinungen zu vermeiden, und die trockenen Blätter aus den Pflanzungen heraus auf die Wege und Mauern zu tragen, damit sie dort vollständig austrocknen und später ins Packhaus gefahren werden können, wo sie beim Verpacken der Frucht Verwendung finden. Zum Einsammeln der losen Blätter ist außerdem eine Abteilung Kinder unter einem Aufseher angestellt.

Viehhaltung. Wie schon erwähnt, wird der kahle Stamm der Pflanze nach erfolgtem Schnitt des Fruchtbüschels zur Fütterung des Viehes verwendet. Um dieses Futter zweckmäßig auszunutzen, sind auf fast allen Pflanzungen kleine Stallungen vorhanden, in denen Jungvieh untergebracht ist. Dieses wird für Rechnung des Pflanzungsunternehmens gekauft, dagegen wird die Pflege und Fütterung meist von den Frauen und Kindern einzelner Pflanzungsarbeiter besorgt, die dafür beim Verkaufe die Hälfte des gegenüber dem Anschaffungswerte erzielten Mehrpreises erhalten. Der Unterhalt dieses Viehes kostet dem Pflanzungsunternehmer mehr oder weniger nichts. Die einzigen Auslagen neben den Anschaffungskosten liegen in dem Verbrauch der Stallstreu, die in Gestalt von Farn- oder Heidekraut, neuerdings aber in immer wachsendem Maße von eingeführter Torfstreu, vom Pflanzungsunternehmer zur Verfügung gestellt wird. Als Gegenleistung geht der Stalldung in den Besitz des Unternehmers über. Außer dem Jungvieh wird noch auf verschiedenen Stellen Zugvieh gehalten, was aber heute immer mehr in den Hintergrund tritt, da größere und kleinere Lastkraftwagen die früher üblichen und für die Canarischen Inseln typischen Ochsen- und Maultierkarren immer mehr verdrängen.

Oberaufsicht. Sämtliche Arbeiten auf den Pflanzungen werden durch zwei Oberaufseher beaufsichtigt, da eine fortgesetzte Kontrolle über die Aufzucht der jungen Pflanzen, über das rechtzeitige Bewässern usw. durchaus notwendig ist. Die beiden Oberaufseher erhalten ihre Weisungen jeden Nachmittag für den folgenden Tag von dem Pflanzungsleiter. Dieser ist den ganzen Tag unterwegs, um zu überwachen, daß alle seine Anordnungen in der von ihm angegebenen Weise ausgeführt werden.

siehe Bildunterschrift

Botanischer Garten in Orotava

Pflanzungskontor. An der Spitze desselben stehen ein landwirtschaftlicher und ein kaufmännischer Leiter. Aufgabe des Pflanzungskontors ist es, den gesamten Außen- und Innenbetrieb zu überwachen. Alle unter den Begriff des Außenbetriebes fallenden Arbeiten sind weiter oben schon behandelt worden. Zum Innenbetrieb gehören in erster Linie die Führung der Statistiken, die Buchhaltung sowie die Verwaltung und Überwachung des Materialienlagers und der eigenen Tischlerei. Letztere hat die Aufgabe, alle auf den Pflanzungen an Häusern, Stallungen usw. vorkommenden Reparaturen schnellstens und billigst auszuführen. Ihre andere wichtige Aufgabe ist das Instandhalten bzw. Ausbessern der verschiedenen Transportmittel.

siehe Bildunterschrift

Bananen-Packraum

Packhaus. Neben den Pflanzungen und dem Pflanzungskontor, in welchem, wie eben gezeigt, alle Fäden der Verwaltung zusammenlaufen, ist als dritter, ebenfalls wichtiger Organismus das Packhaus zu nennen. Außer den Räumen, in denen die zur Verpackung der Frucht notwendigen Materialien, wie Holz zur Anfertigung der Verschläge, Papier, Watte, Eisendraht, Nägel, Packstroh usw. lagern, besteht das Packhaus noch aus zwei Haupträumen, und zwar zunächst einer größeren Halle, in welcher die Früchte sortiert und verpackt werden und dann zum anderen aus einem zweiten Raume, wo die Verschlage hergestellt werden, in denen die Fruchtbüschel zum Versand kommen. Das Packhaus steht unter der Leitung eines erfahrenen Aufsehers, dem eine Anzahl Arbeiter und Arbeiterinnen unterstellt ist. Das Verpacken der Früchte geht nun in der folgenden Weise vor sich: Die Büschel werden von den Lastkraftwagen bzw. Ochsenkarren direkt auf die Wage getragen und in der Halle nach Gewicht sortiert. Ist genügend Frucht herangeschafft, so bestimmt der Leiter die Anzahl und Größe der verschiedenen Verschläge, die gepackt werden sollen. Während der eine Teil der Arbeiter mit dem Sortieren der Frucht beschäftigt ist, bereitet der andere Teil die Kisten durch Auffüllen mit getrockneten Bananenblättern und Stroh zum Verpacken vor. Ehe die einzelnen Büschel in den Verschlag gepackt werden, werden sie mit einem Streifen Watte und Papier umwickelt. Die Verschläge werden dann mit getrockneten Blättern und Stroh aufgefüllt und die letzten Verschlußleisten darauf genagelt. Nachdem dies geschehen ist, werden noch mit einer hölzernen Hand soviel Stroh und trockene Bananenblätter hineingearbeitet, wie nur möglich ist. Nur auf diese Weise kann das Brechen einzelner Latten vermieden werden. Die fertig verpackten Verschläge werden dann noch in der Breite mit zwei kräftigen Drähten verschnürt und mit Marke und Klassifikationszeichen versehen. Damit ist der Verpackungsprozeß beendet, und die Kisten sind zum Abtransport nach dem Hafen fertig. – Die Lattenverschläge enthalten entweder einen, zwei oder drei Fruchtbüschel, je nach deren Gewicht. Fruchtbüschel, die den Bedingungen, die an eine Exportfrucht gestellt werden, nicht genügen, gelten als sogenannte Ausschußfrucht und werden entweder am Platze verkauft, oder kommen, nachdem die einzelnen Hände von dem Stamme des Büschels abgeschnitten wurden, in kleinen Lattenkisten ebenfalls zum Versand, vor allem nach Märkten, wo keine allzugroßen Anforderungen an die Güte der Frucht gestellt werden. – In den Wintermonaten ist der Ertrag der Pflanzungen ganz wesentlich geringer, als im Sommer. Im allgemeinen vermindert man aber das Packhauspersonal in dieser Zeit nicht, sondern beschäftigt es anderweit, da es nicht leicht ist, ein gut eingearbeitetes wieder zusammen zu bekommen.

siehe Bildunterschrift

Roque de Imoque bei Ifonche

siehe Bildunterschrift

Blick von Arona gegen das Meer

Transport. Da der Hafen des Hauptproduktionsgebietes der Insel, des Orotava-Tales, Puerto de la Cruz, wegen starker Brandung des Meeres im Winter von großen Dampfern nicht gern angelaufen wird, so müssen die Früchte um diese Zeit durch Lastkraftwagen nach dem Haupthafen Santa Cruz gebracht werden, wo auch bei ungünstigem Wetter die Ladungsübernahme keinerlei Schwierigkeiten bietet.

Fruchtverkauf. Dieser wird entweder auf Grund der Hände eines Fruchtbüschels oder neuerdings mehr nach dem Gewichte eines solchen vorgenommen. Handelt es sich dagegen bei dem Verkaufe um schon fertig verpackte Frucht, so geht man von dem Preise einer bestimmten Klassifikation aus und bewertet die bessere oder geringere dann entsprechend höher bzw. niedriger.

Über den Umfang der Bananen-Produktion ist bereits an anderer Stelle gesprochen. Es sei hier nur noch erwähnt, daß von einem ha Bananenland je nach seiner Höhenlage 700-900 für die Ausfuhr in Frage kommende Fruchtbüschel geerntet werden.


 << zurück weiter >>