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Die Canarischen Inseln.
Geschichte, Handel und Schiffahrt.

Die etwa auf dem 28. Breitengrade, also auf gleicher Höhe wie Cairo, und zwischen dem 12. und 18. Längengrad an der Nordwestküste Afrikas, etwa 60 Seemeilen von ihr entfernt gelegenen Canarischen Inseln waren bereits im Altertum bekannt. Der ältere Plinius berichtet, daß König Juba der Zweite von Mauretanien sie im Jahre 40 v. Chr. besuchen ließ. Er erwähnt auch bereits den Namen Canaria und es scheint nicht ausgeschlossen zu sein, daß die Inseln schon in früherer Zeit von phönizischen Seefahrern gelegentlich besucht wurden.

Die Inseln sind rein vulkanischen Charakters. Ob sie sich in einer früheren Erdperiode aus dem Atlantischen Ozean erhoben haben, ob sie durch Senkung eines einstmals zwischen ihnen und dem afrikanischen Festlande gelegenen Landes entstanden sind oder ob sie die letzten Überreste eines versunkenen Erdteiles der sagenhaften Atlantis sind, darüber gehen noch heute die Meinungen auseinander. Die letztere Möglichkeit wird in einem sehr interessanten Buch von Ignatius Donnelly, das im Verlag von Franz Gutzmann in Esslingen a. N. in deutscher Übersetzung erschienen ist, behandelt.

Die Größe der einzelnen Inseln und die Einwohnerzahl ihrer Hauptstädte zeigt nachstehende

 

Zusammenstellung nach A. Samler Brown:

Insel Fläche   Hauptstadt Einwohner
Tenerife 2352 qmk Santa Cruz 61 000
Fuerteventura 2019 " Puerto Cabras 1 000
Gran Canaria 1623 " Las Palmas 60 000
Lanzarote 973 " Arrecife 4 000
La Palma 814 " Santa Cruz 8 000
Gomera 440 " San Sebastian 4 000
Hierro 312 " Valverde 500

 

Die Entfernungen der einzelnen Inseln vom afrikanischen Festlande gibt folgende Zusammenstellung.

 

Lanzarote ca. 120 km
Gomera ca. 350 km
Fuerteventura ca. 100 km
Hierro ca. 420 km
Gran Canaria ca. 200 km
La Palma ca. 430 km
Tenerife ca. 300 km

 

Im 6. Jahrhundert sollen die Inseln von Schottland aus besucht worden sein. In häufigere Verbindung mit dem europäischen Kontinent treten sie jedenfalls erst im 13. Jahrhundert. Im Anfang jenes Jahrhunderts hielt sich ein Genueser Seefahrer, Lanzelot Maloisel, längere Zeit auf der Insel Lanzarote auf, deren Namen möglicherweise auf ihn zurückzuführen ist. Eine im Jahre 1341 im Auftrage König Alphons des Vierten von Portugal zwecks Besitzergreifung der Inseln unternommene Expedition verlief erfolglos. Im Jahre 1344 ließ sich der spanische Edelmann Luis de la Cerda von Papst Clemens VI. zum König der Insulae Furtunatae ernennen. Später schenkte sie Heinrich III. von Castilien dem Robert de Bracamonte, Admiral von Frankreich, der seine Rechte an seinen Neffen Jean de Bethencourt übertrug. Dieser organisierte im Jahre 1402 seinen ersten Eroberungszug, und um sich dabei die Unterstützung der spanischen Krone zu sichern, ließ er sich die Inseln von dieser als Lehen übertragen. Er eroberte nacheinander die Inseln Lanzarote, Fuerteventura, Gomera und Hierro. 1478 wurden dann die Inseln Gran Canaria und La Palma von Juan Rejon unterworfen und als letzte ereilte die Insel Tenerife im Jahre 1494 ihr Geschick. Nach wechselvollen Kämpfen gelang es Don Alonso Fernandez de Lugo, die Bewohner dieser Insel unter die Botmäßigkeit der spanischen Krone zu bringen. Was die Kraft der spanischen Waffen nicht vermochte, das wurde durch Verrat und durch die Uneinigkeit der verschiedenen Bevölkerungsstämme erreicht.

Noch am Ende des 13. Jahrhunderts wurde die Insel Tenerife von einem König Tinerfe beherrscht. Nach seinem Tode fielen die 9 Gaue seines Reiches an seine 9 Söhne und damit war bereits der Keim zum Unfrieden unter den einzelnen Gauen gelegt.

Über Art und Rasse der Urbevölkerung, Guanchen genannt, sind nur unvollkommene Überlieferungen vorhanden. Es scheint ein steinzeitliches Hirtenvolk von Höhlenbewohnern gewesen zu sein, das ethisch auf einer ziemlich hohen Stufe gestanden haben muß. Da die Gewohnheit bestand, die Leichname der Häuptlinge zu balsamieren, so konnte an den aufgefundenen Mumien festgestellt werden, daß es sich um einen besonders großen, teils blonden Volksschlag mit Langschädel gehandelt hat, der die meiste Ähnlichkeit mit der prähistorischen Cro-Magnon-Rasse hat, welche den europäischen Kontinent vor der arischen Völkerwanderung bewohnt haben soll. Verwandte Körpereigenschaften mit den Nordafrika bevölkernden Berberstämmen sind auch noch nachzuweisen. Neben dieser großen, blonden, helläugigen Guanchenrasse scheint aber schon in frühen Jahren, besonders nach den westlichen Inseln ein kleinerer schwarzhaariger, rundköpfiger Volksstamm, vielleicht phönizischer oder semitischer Rasse, verschlagen zu sein und sich mit den Guanchen vermischt zu haben.

Diese Urbevölkerung ist heute nirgends mehr rein erhalten, vielmehr fast ganz von den eingewanderten Elementen aufgesogen worden, wenn man auch besonders in abgelegenen Gegenden immer noch einzelne besonders große helläugige, blonde Menschen trifft.

siehe Bildunterschrift

Mit dem Schlitten dreschende Bauern

siehe Bildunterschrift

Kaianlage in Sta. Cruz de Tenerife

siehe Bildunterschrift

Der Hafen von Sta. Cruz de Tenerife

. Die Insel wurde von dem Eroberer unter seine Führer verteilt. So entstanden die großen Latifundien, die sich heute noch im wenig erschlossenen Süden der Insel in den Grundbuch-Urkunden nachweisen lassen. Zur Zeit der Kultur des Zuckerrohrs sind auch namentlich in der Gegend von Adeje viel Negersklaven zur Bearbeitung des Landes verwendet worden, deren Einschlag auf die Bevölkerung auch hier und dort festzustellen ist, wenn es auch niemals die in einer deutschen Reisebeschreibung einfältigerweise erwähnten Negerdörfer gegeben hat.

Die spanischen Eroberer haben neben der Viehzucht – erst von ihnen wurden Rinder, Pferde, Kamele und Esel auf den Inseln eingeführt – auch dem Ackerbau größere Aufmerksamkeit zugewandt und an wasserreichen Stellen den Bau des Zuckerrohrs aufgenommen. Später wurde der Kultur der Cochenille-Laus, die auf dem hier prächtig gedeihenden Opuntien-Kaktus gezüchtet wird, großes Interesse gewidmet und infolge der Ausfuhr des für die Farbstoff-Industrie sehr wertvollen Produktes der Cochenille gelangten die Inseln zu sehr großem Wohlstand. Als um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Anilinfarben erfunden wurden, verdrängten diese nach und nach auch die Cochenille aus der Farbenindustrie und damit trat gegen Anfang der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts eine schwere wirtschaftliche Krise ein.

Dank dem auch für tropische Kulturen außerordentlich günstigen Klima der Insel wurde diese Krise durch den Anbau der Banane, deren Ausfuhr der Engländer Henry Wolfson zuerst in größerem Maßstab betrieb, bald überwunden. Schon Ende der 90er Jahre waren große Ländereien mit Bananen bepflanzt, und als ich im Jahre 1900 nach Tenerife kam, glaubte man, daß deren Kultur auf der Höhe ihrer Blüte stand. Rastlose, teils recht erfolgreiche Bemühungen zwecks Erschließung weiteren Quellwassers ermöglichten in steigendem Maße, Ackerland in Bananenkultur zu nehmen, und die außerordentlich guten Preise, welche diese Früchte heute auf den kontinentalen Märkten erzielen, lassen die Suche nach Wasser nicht zur Ruhe kommen, von deren Erfolg die weitere Ausdehnungsmöglichkeit der Bananenkultur abhängt. Welchen Wert diese Kultur für das Land darstellt, mögen folgende Zahlen zeigen. 1 ha Bananenland mit dem dazu gehörigen Wasser und in voller Produktion kostet heute je nach Lage Pts. 100 000.– bis 150 000.–. Jeder ha trägt etwa 1500 bis 1800 Bananenbüschel, von denen jeder gegenwärtig einen Pflanzungswert, d. h. in unverpacktem Zustand, von etwa Pts. 8.– bis 10.– hat.

Da für die Bananenkultur eine Bewässerung von 1000 cbm für den ha und Monat erforderlich ist, so ist sie nur auf den wasserreichen Inseln Tenerife, Gran Canaria und La Palma, und in beschränkterem Maße auf Gomera und Hierro möglich. Auch auf diesen Inseln sind es immer nur verhältnismäßig kleine Distrikte, die über die erforderlichen Wassermengen das ganze Jahr hindurch verfügen.

Neben der Banane und fast gleichzeitig mit ihr hat man die Kultur einer weiteren Exportfrucht, der Tomate, aufgenommen. Es ist ebenfalls das Verdienst des Engländers Henry Wolfson, den Beweis erbracht zu haben, daß deren Export nach dem Kontinent möglich und gewinnbringender als die Kultur gewöhnlicher Feldfrüchte ist. Infolgedessen wird auf sämtlichen Inseln in den tiefer gelegenen Gegenden, die wenigstens in den Wintermonaten über genügende Wassermengen verfügen und soweit dieses nicht für Bananenkultur ausreicht, die Tomatenkultur in großem Maße betrieben. Da die Tomate auch leicht brackiges Wasser verträgt, so bieten viele in der Nähe des Meeres angelegte Brunnen, deren leicht salziges Wasser die Banane nicht verträgt, weitere Möglichkeiten für die Kultur der Tomate.

In der Vorkriegszeit hatte auch die Ausfuhr von Frühkartoffeln eine gewisse Bedeutung. Infolge der auch hier sehr gestiegenen Kosten aller Lebensmittel werden die hier geernteten Kartoffeln aber mehr als früher für den eigenen Bedarf der Bevölkerung benötigt, und die Regierung erlaubt deshalb nur die Ausfuhr beschränkter Mengen.

Nachfolgende Zusammenstellung veranschaulicht den Umfang der Ausfuhr von Bananen, Tomaten und Kartoffeln.

Frucht-Ausfuhr. Einzelheiten der Verschiffungen

Tabelle

Tabelle

Dazu ist zu bemerken, daß Bananen nach England in Lattenverschlägen und Papptrommeln, die je eine Bananentraube enthalten, verschifft werden, während sie nach den spanischen, französischen und deutschen Märkten in großen Verschlägen von 2 und gelegentlich von 3 Trauben versandt werden.

Die Tomaten kommen in kleinen Kisten, von denen je 4 durch Latten zu einem Packen vereinigt werden, zur Verladung und ein Packen enthält etwa 30 kg Tomaten.

Die Kartoffeln dagegen werden in größeren sperrig genagelten Kisten von 30–50 kg versandt.

Durch den Anbau von Bananen und Tomaten ist die Kultur der Weinrebe auf die wasserarmen Gegenden beschränkt worden. In größerem Umfange wird ihr Anbau noch auf der Insel Lanzarote getrieben. Die Erzeugung deckt aber kaum noch den Bedarf auf den Inseln und die zur Ausfuhr kommenden Mengen sind unbedeutend.

Auch Cochenille wird in wasserarmen Gegenden immer noch in geringem Umfange kultiviert, aber die zur Verschiffung kommenden Mengen sind nicht beträchtlich.

In den wasserarmen Gegenden der Inseln werden auch noch viele Mandel- und Feigenbäume gepflanzt, doch ist die Ausfuhr von Mandeln und getrockneten Feigen für das Wirtschaftsleben der Inseln von geringer Bedeutung.

siehe Bildunterschrift

Blick auf Sta. Cruz de Tenerife

siehe Bildunterschrift

Landstraße im Orotava-Tal

Neben der Bedeutung, die die Inseln als Ausfuhrgebiet der weiter vorn erwähnten Landesprodukte haben, sind die Häfen von Sta. Cruz de Tenerife und Las Palmas de Gran Canaria wichtige Kohlenplätze für die transatlantische Schiffahrt. Der Hafen von Las Palmas verfügt auch über ein Öldepot der Shell-Gruppe, so daß auch die größten Ozeandampfer sich hier mit dem nötigen Brennstoff für ihre Maschinen versehen können.

Nachstehende Tafeln geben ein Bild von der Bedeutung des Hafens von Sta. Cruz de Tenerife im Jahre 1924 und vor dem Kriege. Der Verkehr im Hafen von Las Palmas ist noch etwas bedeutender, was sich dadurch erklärt, daß dieser Hafen über ein wenn auch kleines, so doch ganz geschütztes Hafenbecken verfügt.

siehe Bildunterschrift

La Laguna, im Hintergrund der Mercedeswald

siehe Bildunterschrift

Landstraße von Laguna nach Tejina

Über die Waren-Einfuhr liegt nur ein sehr ungenaues Material vor, das der von der Zollbehörde geführten Statistik entnommen ist. Die Waren sind nicht nach Ursprungsländern, sondern nach Verschiffungsländern zusammengestellt, und so wird ein Teil der deutschen Waren, die über Holland und Belgien zur Verschiffung kommen, diesen Ländern als Ursprungsländern zugeschrieben.

Wie nachstehende Tafel zeigt, steht Deutschland, was die Waren-Einfuhr anbetrifft, an zweiter Stelle und wird nur um ein Geringes von England übertroffen. Berücksichtigt man die über Holland und Belgien verschifften deutschen Waren, dann wird Deutschland zweifelsohne als an erster Stelle der Einfuhrländer stehend anzusehen sein.

 

Schiffsverkehr im Hafen von Santa Cruz de Tenerife
im Jahre 1913

Tabelle

 

 

Schiffsverkehr im Hafen von Santa Cruz de Tenerife
im Jahre 1924

Tabelle

 

 

Gesamtübersicht der Einfuhr aus fremden Ländern

Tabelle

 

Das ausgezeichnete Klima der Inseln und die großen landschaftlichen Reize, welche besonders die Insel Tenerife dem Reisenden bietet, haben die Inseln schon seit langen Jahren zu einem beliebten Aufenthaltsort für Touristen und Erholungsbedürftige gemacht. Diesen sollen nun nachstehend einige Ratschläge für den Besuch der Insel Tenerife gegeben werden.


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