Ignaz Vinzenz Zingerle
Sagen aus Tirol
Ignaz Vinzenz Zingerle

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Saltthon

Ein Bauer von Arzl im Oberinnthal gieng einmal in den Wald, um Kienholz zu machen. Dort fander aber einen so harten Zunderstock, daß es ihn viel Mühe kostete, ihn zu klieben. Als ermit dieser Arbeit beschäftigt war, kam eine Fanga daher und fragte den Bauer: »Wie heißest du?«Da antwortete der Bauer dem Waldweibe: »Saltthon.« Da sprach die Fanga freudig: »Jetzt bekommich einmal Menschenfleisch, das soll mir schmecken.« Darauf sagte der Bauer, der einpfiffiger Kauz war: »Du wirst mich aber nicht roh essen; wenn das Fleisch schmecken soll, mußes gebraten sein.« Nun fragte die Fanga: »Wie geht denn das?« Da erwiderte der Bauer: »Dumußt zuerst diesen Zunderstamm klieben, ihn dann anzünden und dann kannst du mich amFeuer braten. Fahr nur mit deinen starken Händen hinein und reiß den Stock auseinander.« Dasthat das Waldweib und griff in die Spalte hinein. Der Bauer zog aber stracks denhineingeschlagenen Keil heraus und die Fanga war nun eingeklemmt. Wie sie sich soüberlistet und gefangen sah, fieng sie an zu schreien und um Hilfe zu rufen. Dakam der Waldmann so herabgetümmelt (gelärmt), daß noch heutzutage der Ort Timmelsheißt, und rief: »Wer hat dir ein Leides gethan?« Antwortete die Fanga: »Saltthon.« Alsder Waldmann dies hörte, war er unwillig und rief: »Saltthon, saltg'litten!« Dann liefer davon und ließ die Fanga im Stiche. Der Bauer kam nun mit heiler Haut nach Hause,wagte sich aber nie mehr so hoch in den Wald hinauf. (Bei Imst.)

 


 


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