Joseph Christian Freiherr von Zedlitz
Soldatenbüchlein
Joseph Christian Freiherr von Zedlitz

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Die Brücke zu Pesth

Zu Pesth ist auf der Brücke
Ein Schandpfahl aufgestellt,
Wie auch das Volk dran rücke,
Ihn schaut die ganze Welt;
An seinem Fußgestelle
Ist rothes Blut zu sehn;
Umsonst wäscht es die Welle,
Nie wird der Fleck vergehn;
Und würden der Donau Wogen,
Die unter der Brücke fliehn,
Jahrhunderte über den Bogen
Im wirbelnden Strome ziehn,
Sie reißen in ihrem Jagen
Den Pfahl nicht weg vom Ort,
Sie waschen von seinem Schragen
Die blutigen Flecke nicht fort.

In Spanien, wo erschlagen
Ein Mensch ward von Mörderhand,
Da sieht ein Kreuz man ragen,
Ein Zeichen im ganzen Land!
Hier hat der Mord zertrümmert
Das edelste Menschenbild,
Und ruchlos unbekümmert
Den Henkerdurst gestillt:
So laßt ein Kreuz uns bauen
Auf diesem Golgatha,
Damit die Menschen es schauen,
Die Völker fern und nah!

Ein Bote kam der Güte,
Huld bracht' er und Verzeihn,
Der Eintracht frische Blüte
In's wüste Land hinein:
»O laßt die Waffen fallen,
O kehrt zu eurer Pflicht;
Friede sey mit uns Allen,
O nehmt ihn, zögert nicht!«

Und wie die Botschaft erklungen
Aus des edlen Boten Mund –
Da ward er schnell umrungen
Am Orte, wo er stund;
Ein Blutgeselle tauchte
Sein Schwert tief in sein Hirn,
Und trug es, wie's noch rauchte,
Umher mit frecher Stirn;
Und wie die Wölf' anspringen
Den edlen Hirsch in Wuth
Und heulend ihn umringen
Und lecken sein warmes Blut:
So leckten Menschenzungen
In kannibalischer Lust
Das Blut, das warm gesprungen
Aus seiner Heldenbrust.

O Lamberg, tapfrer Ritter,
Welch Loos war dir beschert!
Warst du den Kugelsplitter
In offner Schlacht nicht werth?
Du Krieger, dessen Jugend
So lorbeersprießend war,
Du Mann von jeder Tugend,
Du Spiegel, hell und klar;
Du Hermelin, deß Reine
Kein Staub schwärzt und verdirbt,
Das weiß im Schnee es scheine
Wie es gelebt auch stirbt! –

O laßt die Klagelaute!
Es hat in Gotteshand,
Ein Zeuge, dem er traute,
Erkürt und ausgesandt,
Wenn an der Wahrheit Strahle
Die Nachwelt Zweifel hegt,
Daß in die Wundenmale
Er ihre Hände legt! –
Von deinem Antlitz gleißen
Sah man das Himmelslicht,
Sie konnten dich zerreißen,
Doch dich entstellen nicht!
So bist du eingegangen
Verklärt zu lichten Höhn,
Dir standen die bleichen Wangen,
Die klaffenden Wunden schön! –Wer immer den Feldmarschall-Lieutenant Grafen von Lamberg näher gekannt hat, wird mit uns unter den vielen trefflichen Eigenschaften, die ihn zierten, namentlich die große Milde seines Charakters hervorheben, die ihn mehr als jeden andern zu dieser Friedensmission befähigte. – Die Wildheit rebellischer Blutsäufer zu Pesth hat ihr so wenig Rechnung getragen, als die Mörder dem edlen Grafen Latour zu Wien.


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