Joseph Christian Freiherr von Zedlitz
Soldatenbüchlein
Joseph Christian Freiherr von Zedlitz

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An das Heer

Als alles wankte wie auf wildem Meere,
Verrath Genossen fand im Vaterlande;
Als aufgelöst des Rechts, der Treue Bande,
Und, daß das Edle selbst in Schmach sich kehre,
Der frechen Schwindler frevelhafte Lehre
Die Freiheit nahm zum Banner ew'ger Schande:
Da setztet Blut und Leben Ihr zum Pfande
Und Euren Muth als Schild und starke Wehre;
Ihr standet fest im allgemeinen Brande
Und Tugend war nur noch allein im Heere.

Ihr habt nicht lang gezögert und berathen,
Die Ehre war der Odem Eurer Lungen:
»Den Degen hoch und muthig vorgedrungen!« –
Ob jedes Aug' auch tückisch Euch verrathen,
Der Grund selbst hohl, den Eure Füße traten,
Ihr habt dem Drachen, der Euch angesprungen,
Gezeigt die Igelhaut, bis er bezwungen
Im Staub sich wand. So aus den blut'gen Staaten,
Die Ihr gepflanzet mit des Schwertes Spaten,
Ist ächter Freiheit goldne Frucht gedrungen.

Euch sah Europa! und die Weltgeschichte
Schrieb in der Alpen ew'ge Felsenwände
Mit Flammenschrift und Griffel, Riesenbände
Zu Eurem Ruhme: dieses Kampfs Berichte! –
Und lesen wird, die Scham im Angesichte,
Der Wandrer einst am marmornen Gelände,
(O, daß die Schmach in alle Zeit es schände!)
Wie sich des Danks ein freches Wolfsgezüchte
Entschlug zu Wien! Armsel'ge Feuerbrände
Im Kampfe mit der Sonne reinem Lichte! –

Doch nach zog Euch auf Euren Siegeswegen,
Geführt von Eurer Thaten hellem Glanze,
Ein Saitenspiel zur Hand statt Schwert und Lanze,
Ein greiser Dichter, der den eignen Degen
Längst abgegürtet! Wo auf Euren Stegen
Im Schlachtendonner, in des Krieges Tanze,
Ein Lorbeerreis, ein Blatt entfiel dem Kranze,
Hob er es auf, eh's weg die Winde fegen,
Daß in der Dichtkunst heil'gen Grund er's pflanze,
Er's auf des Tempels Stufen möge legen.

O wär' ein Sänger, der Euch gleich, zur Stelle!
Ihr wäret werth den Besten aller Zeiten,
Deß goldne Eimer auf und nieder gleiten
Im spiegelklaren Strom der Sangeswelle,
Euch Trank zu reichen aus krystallner Quelle!
O möcht' ein Adler er die Flügel spreiten,
Auf Eurem Sonnenflug Euch zu geleiten,
Mit Euch zu schreiten in des Glanzes Helle! –
Ich aber kann nur schwach die Arme breiten
Zu Euch empor von meiner niedern Schwelle.


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