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Deirdre

Dramatis personae

Musikantinnen

Fergus, ein alter Mann

Naisi, ein junger König

Deirdre, seine Königin

Conchubar (sprich Könnatschür) der alte König von Uladh der noch stark und kräftig ist

Ein Bote mit dunklem Gesicht

Scharfrichter mit dunklem Gesicht


Ein Haus für Gäste in einem Wald. Es ist ein rohes Holzhaus, durch die Türen und einige Fenster sieht man die großen Flächen des Waldes, den sich trübenden Himmel, die anbrechende Nacht. Aber ein Fenster zur Linken zeigt die dichten Blätter eines Gebüsches, die Landschaft erweckt den Eindruck von Schweigen und von Einsamkeit. Da sind Türen rechts und links und durch die Seitenfenster kann man einen jeden sehen, der sich der einen oder der anderen Tür nähert, einen Augenblick, bevor er eintritt. In der Mitte ist ein Teil des Hauses durch Vorhänge abgeteilt, die Vorhänge sind zugezogen. In Ringen an den Wänden stecken unangezündete Fackeln. Auf der einen Seite ein kleiner Tisch mit einem Schachbrett und Schachfiguren darauf. Auf der anderen Seite des Raumes steht ein Kohlenbecken mit einem Feuer, zwei Frauen mit Musikinstrumenten neben sich kauern vor dem Becken: es sind anmutige Frauen von etwa vierzig Jahren. Eine andere Frau, die ein Saiteninstrument trägt, tritt hastig ein – sie spricht, zuerst noch in der Tür stehend:

1. Musikantin Ich weiß eine Geschichte, meine Wandrer,
Mit Fabel so gemengt in unsren Liedern
Daß alles Märchen scheint. Zufällig kamen
Wir in Fürst Conchubars Land und dies Haus ist
Ein altes Heim, gebaut für Reisende
Vom Meeresstrand zu Conchubars Königshaus,
Gewisse Hügel sind dort in den Wäldern
Wo Fürstin Deirdre wuchs.

2. Musikantin Ists die berühmte,
Die wanderte mit ihrem Liebsten Naisi
Im Bund mit Liebenden nur und wilden Herzen?

1. Musikantin Nähert sich dem Kohlenbecken

Fürst Conchubar fand, zwölf Jahre ists wohl her,
Ein Haus in diesem Wald auf einem Hügel
Und dort ein holdes Kind mit einer Hexe
Als Wärterin, und ob sie menschlich war
Kann niemand sagen, ob von jenen die
Ein unsichtbarer Fürst der Luft im Sturm
Gezeugt aus einem Königskind, noch wer
Sie war oder warum man sie dort barg
Wenn nicht, weil sie zu schön fürs Ungefähr.
Dort ging er täglich hin, bis sie zuletzt
Zum Weib erwuchs, er seine Ruh verlor
Und Deirdres Lied begann. Der Fürst war alt.
Wohl einen Mond nur vor dem Hochzeitstag
Klomm In der fugend lachendem Trotz ein Jüngling,
Naisi, der Sohn des Usna, dort empor
Und freite oder (sagt man) ward gefreit
Und trug sie fort.

2. Musikantin Das Lied wär gut genug
Hätt es ein Ende.

1. Musikantin Still, ich weiß noch mehr
Doch tretet nah, damit ichs flüstern kann:
Ich sprech von heimlich schreckensvollen Loosen
Geheimnis eines Königs.

2. Musikantin Keiner hört uns!

1. Musikantin Ich war in Conchubars Haus und vor mir ging
Ein Schwarm von Diener aus und ein mit Lasten
Auf ihrem Haupt: gestickte Matten um
Die Wand zu schmücken, frischgemähte Binsen
Die Böden zu bestreun – und ich betrat
Zuletzt ein großes Zimmer.

2. Musikantin Horch – da Schritte!

Fergus, ein alter Mann tritt auf, der während des Folgenden erregt zwischen Tür und Fenster hin und her geht.

Fergus Ich dachte, Botschaft wäre da vom König.
Ihr treibt Musik mit diesen Instrumenten
Und singt ihr gut – denn ihr seid holde Frauen –
Der Liebe Ruhm – wird euch das beste Glück
Denn eh die Nacht kommt werden zwei hier sein
Die um ihr Lieben markteten und zahlten
Soviel nur Menschheit schätzt. Ihr habt nur Zeit
Ein traurig oder glücklich Lied zu wählen,
Was etwa einen Liebenden mehr freut,
Eh Usnas Sohn und seine Königin
Herein hier treten.

1. Musikantin Deirdre und ihr Mann!

Fergus Ich sollte Botschaft hier im Hause finden
Und lief danach. Ist denn kein Bote da
Von Conchubar an Fergus, Sohn des Rogh?

1. Musikantin Sind Deirdre und ihr Liebster lebensmüd?

Fergus Ihr seid hier fremd, sonst wüßtet ihr, daß sie
Mir anvertraut sind und Verzeihung fanden.

1. Musikantin Die Straßen aller Welt sind unser Land.

Fergus So wißt ihr, daß sich alles wandeln kann
Und Liebe wird zu Haß und Haß zu Liebe
Und Fürsten gar verzeihen.

1. Musikantin Greisenliebe,
Die keine zweite Angel wirft, heilt schwer.
Sein Eifern ist gleich Liebe.

Fergus Dies ist wahr.
Ihr lerntet was auf euren Wanderungen.
Er war so schwer zu heilen daß der Hof –
Nicht ich allein – es für unmöglich hielt.
Nachdem ich doch gedrängt zu allen Zeiten
Setzt ich es durch und alles ward verziehn
Sprecht ihr den frohen Gruß für den das Wort
Sich mir versagt.

1. Musikantin Doch fühlen Greise Neid.

Fergus geht zur Tür

Ich bin des Königs wahrer Freund, das zählt
Auch war es Klugheit ihnen zu vergeben.
Ein Mann von hohem Ruhm, beliebt und jung,
Tat not dem Heer, sein eigner Antrieb und
Des Volkes Murren drängten ihn dazu.
Sechs Jahre währte ihre Wanderschaft.

1. Musikantin Doch fühlen Greise Neid.

Fergus kommt von der Tür

Singt umso süßer
Denn ist auch Alter wie ein Knochen brach,
Der Mann hier blühte. Gern hätt ich Musik –
Wenn dieses graue Haupt nicht Vorwurf träfe
Säng ich und tanzte –

Dunkelhäutige Männer, seltsam und barbarisch gekleidet und bewaffnet, gehen hinter den Türen und Fenstern vorüber. Sie gehen schweigend und einer hinter dem anderen.

Bis zum End der Stunde
Weil ich hier diese gute Tat getan.

1. Musikantin Sieh dort – im Fenster – diese dunklen Männer
Mit Waffen mördrisch und aus fremdem Land –
Den ganzen Tag schon gehn sie hier.

Fergus blickt ihnen nach

Wer seid ihr?
Wo kamt ihr her? wer sandte euch hierher?

1. Musikantin Sie antworten dir nicht.

Fergus Sie hören nicht.

1. Musikantin Vergib mein offnes Wort, doch diesen Augen
Die manches Land sahn, scheinen solche Männer
Wie Könige sie für Mordgeschäfte werben
Dazu ihr Volk nicht Geld, Befehl noch Zuspruch
Verleiten kann.

Fergus Und darum harftet ihr
Auf eines alten Mannes Eifersucht
Ein Tand macht euch erzittern. Conchubars Ruhm
Bringt Ware her aus jeden Windes Richtung.
Sie brachten ihm aus Libyen Drachenhaut
Oder des wilden Einhorns Elfenbein.

1. Musikantin Sind dieses Händler sah ich wohl die Waren
Die Conchubar empfing und ich verstand
Sein mördrisch Sinnen.

Fergus Mördrisch, sagtet ihr?
Welch neu Geschwätz vom Straßenrand! doch will ichs
Nicht hören.

1. Musikantin Sei es Leben oder Tod.
's ist ein Gemach in Conchubars Haus und dort …

Fergus Schweigt jetzt sonst treib ich euch zur Tür hinaus.
Viele wohl täten gern noch mehr und sprächen
Von Tod, Verbannung, Haft um zu verleumden
Des Oberkönigs Haupt.

Beherrscht sich mit einemmal und spricht sanft

Er ist mein Freund
Ich habe seinen Schwur und bin zufrieden.
Sein Denken kannt ich diese vielen Jahre
So wie mein eignes und kein Lebender
Soll wispern gegen ihn, kann ichs verwehren.
Ich kenne uns und euren wilden Sinn
Genährt von toller Dichtung und erhellt
Von solcher Blendung alter Fabelmärchen
Daß Alltag unterging und nur das Seltne
Wahr ist, weils anders schade wär darum.

Geht wieder zur Tür

Rasch! eure Harfen! rasch! sie kommen jetzt.
Hört ihr, es dröhnt im Dach? beginnt das Lied –
Doch welch ein Lied? ich wünschte daß Musik
Entgegen ihnen aus dem Hause schäumte
Wie Wein aus einem Kelch. Kommt – einen Vers
Aus alter Zeit – nicht des Erinnerns wert
Doch um so lieblicher weil nur ein Tand.
Fangt an – von Fürstinnen – von alten Fürsten –
von Lughaidh sprich Lú-ih Rotstreif oder sonst – doch nein
Er starb mit seiner Herrin jammervoll.

1. Musikantin singt

»Sagt warum« sprach Frau Edain
»Wenn ich geh auf Stufen hier … «

Fergus Ah! gut … sie saßen ab. Nun schüttelt, Kinder,
All eure Schellen! dies sind Liebende.

Fergus geht hinaus.

1. Musikantin

»Sagt warum« sprach Frau Edain
»Wenn ich geh auf Stufen hier
Um hoch auf dem Turm zu stehn
Und es ruft der Wind nach mir
Und die Gänse drängen sich
In den Himmeln in der Nacht,
Denk ich dann so viel was mich
Weinen macht, weinen macht?«

2. Musikantin

Doch der Gatte sprach zum Weib:
»Liebe wär ein nichtig Ding
Säß kein Trieb in ihrem Leib
Aus des Traums maßlosem Ring
Wer nur halb sein will, o sag
Wird sein Maß nicht leerer noch?
Wer liebt und nicht lacht der mag
Weinen doch, weinen doch.«

Deirdre, Naisi und Fergus waren einen Augenblick vorher in den Fenstern zu sehen, jetzt sind sie eingetreten.

Die drei Musikantinnen zugleich

Ist auch Liedes wert Edain
Da die Magd sich wieder regt?
Preist was stark ist und was schön,
Schimmer den die Eibe trägt
Preist das blühnde Apfelreis.
Klug wer uns das Schweigen riet.
Was ist dem all unser Preis
Der nur sich im andren sieht?

Deirdre Schweigt euer Lied, sag ich auch Dank dafür,
Doch blies der Wind mir auf das Haar und ich
Muß mit Juwelen Haupt und Hals mir schmücken
Für den der kommt.

Naisi Die Farbe ging von dir
So wie aus Furcht und hast doch keinen Grund.

Deirdre Ihr Frauen habt den Rötel der euch kühn
Und zuversichtlich macht, ob Mühe, Furcht
Und Frost das Blut auch in den Wangen kühlt.
Helft, Frauen, mir. 's ist meines Gatten Wille
Daß ich vertraue dem der hier sein kann
Noch eh der Sinn zurück die Farbe ruft.
Mein Herr nahm die Rubinen einem König
Von Surracha, der war so mörderisch
Wie ein ganz funkelnder Drache. Sie zu tragen
Setzt mich in Widerstreit denn ich selbst werde –
Ob fürchtend auch, doch folgsam meinem Gatten –
Mir selber drachenhaft.

Die Frauen umringen sie. Naisi hat sie angeblickt, aber Fergus führt ihn zum Schachtisch.

Fergus Wir spielen Schach
Bis Conchubar kommt. Es ist natürlich nur
Daß sie ihn fürchten muß, denn ihr Haus war
Die Dachsenhöhle und des Fuchses Bau.

Naisi Wenn ich an üble Zeichen kindisch glaubte
Säh ich dies alte Schachbrett lieber nicht
Bei meiner Rückkehr.

Fergus Man erzählt davon –
Es lag hier all die Jahre lang – ein altes
wild-trauervolles Lied.

Naisi Es ist das Brett,
Auf dem einst Lughaidh Rotstreif und sein Weib,
Das einer Möve Leib halbjährlich trug,
In jener Nacht Schach spielten da sie starben.

Fergus Ich weiß es jetzt – ein Lied wars von Verrat –
Gebrochnem Wort – dem Ende einer Reise –
Doch besser seis vergessen.

Deirdre stand inmitten der Frauen. Diese halfen ihr Juwelen anzulegen, die Wangen zu färben und das Haar zu ordnen. Sie ist allmählich aufmerksam geworden auf Fergus Worte.

Naisi Spricht es wahr
So rückten sie, als der Verrat gewiß war,
Die Steine und erwarteten das Ende
Als wär es Schlafenszeit – ganz ruhigen Sinns.
Die Augen zuckten kaum als das Schwert blitzte.

Fergus Sie hätt nie so gespielt als bloße Frau,
War nicht in ihr das kalte Blut des Meers.

Deirdre Die All-Lebendigen, hört ich, warnen jeden
Durch Spiel der Wolken, Zufall oder was
So scheinen mag.

Naisi Es würd uns schlecht anstehn,
Jetzt da Fürst Conchubar uns sein Wort verpfändet,
Wenn Schatten oder Wolke uns erschreckte.

Deirdre Man hieß uns nicht willkommen.

Naisi Wir sind Gäste
Ein Wort das ihn verletzt, kränkt nur uns selbst.

Deirdre Ein leeres Haus am Ende einer Reise!
Ehrt denn ein König der nichts Übles sinnt
So seinen Gast?

Fergus Er macht nur den Empfang
In seinem Haus bereit, bestimmend wo
Der Entrich sei und wo das Wasserhuhn
Der bunte Birkhahn auf der goldnen Platte.

Deirdre Hat er nicht Boten?

Naisi Derlei Wort und Furcht
Kränkt diesen Greis der uns sein Wort verpfändet.
Du sprichst wie Frauen tun die einsam sitzen
Und mit dem Stecken in der Asche rühren
Bis sie erschrecken. – Du bist Königin:
Bleib ruhigen Sinns und scheue nicht vor Schatten.

Zu Fergus

Komm laß uns sehn, ob nicht ein Bote kam
Von Conchubar. Wir sehen nichts von hier
Weil uns die Blätter und die Zweige blenden
Doch lichtet sich vielleicht der Wald uns wieder.
Die Güte will, daß wenn geliebte Lippen
Untaugliches für Königsohren sprechen,
Das Ohr taub sei.

Fergus Ich mußte diesen Wandrern
Hier eben drohen, die ausrichten wollten
Des eignen Hirns verwirrte Einbildung,
Geschwätz der Straße wider Conchubars Wort.
Wenn ich so schlecht von Menschenart gedacht
Hätt ich ihn nie bewegt zu der Verzeihung.
Das Beste glaubt ich nur von jedermann
Und finde, daß im Glauben alles liegt:
Den Bösen macht er uns sein Bestes zeigen,
Den Guten höher seine Ampel schwingen.

Naisi und Fergus gehen hinaus. Die letzten Worte werden in der Tür gesprochen. Man sieht sie während des Folgenden hier und da, entweder durch die Tür oder durchs Fenster. Sie gehen umher, sie sprechen und blicken auf den Weg hinaus zu Conchubars Haus.

1. Musikantin Wenn etwas schwer auf deinem Herzen liegt
Sprich frei davon, denn es ist sehr gewiß
Daß du mein Angesicht nie wieder siehst.

Deirdre Du hast geliebt?

1. Musikantin Willst du von Liebe reden,
Sprich frei. Nichts andres war uns in der Welt
So freundlich irgend je als nur die Küsse
Auf unsren Lippen und im Alter wird
Erinnrung unser ganzes Leben sein.

Deirdre Mich liebte einer. Er war alt, ich konnte
Es nicht erwidern. Jetzt kann ich nur fürchten.
Er gab Versprechungen und rief mich heim
Doch wenn ich sie in meinem Sinn bedenke,
Weiß ich nicht ob sie gut und sicher sind,
Nicht Köder für den Fisch.

1. Musikantin Man sagt, er liebt dich
So wie ein alter Filz den Drachenstein,
Den unterm Dach er birgt im Spinnennetz.

Deirdre Du meinst daß Liebe, ward solch Liebender
Nachher verschmäht, in eigner Flut ertrinkt
Und Lieb ertrank und nur der Haß noch schwimmt
Und daß ein Fürst der haßt, schlecht schläft zu Nacht
Bis er getötet, daß – lacht auch der Tag –
Wir sterben bei dem Hahnenschrei.

1. Musikantin Nicht so.
Verlier ich einen, den ich sinnlos liebte
Schmäh ich des Nebenbuhlers List, nicht ihn
Und denke, eh die Leidenschaft verrann,
Könnt ich ihn nur forttragen und von meiner
Liebe ihm sprechen, würd ich ihn mir wahren.

Deirdre Ah! nun erfaß ich dich! du meinst, der König
Ermordet Naisi und läßt mich am Leben.

1. Musikantin Du legtest solchen Sinn in Worte die
Ich blindlings sprach.

Deirdre Wandrer wie ihr, die nur
Durch den Verstand ihr Leben schützen können –
Die sagen blindlings nicht was bitter klingt
Und geben sie nur einen Wink, so hat es
In Aug und Ohr so kürzlich sich gefunden
Daß es heraus darin nach Rede schreit.

1. Musikantin Wir sehens noch nicht klar.

Deirdre Klar oder nicht,
Sprecht es rasch aus, ich bitte euch darum.
Nie traf ich einen je von eurem Volk,
Dem ich nicht Speise, Geld und Feuer gab.

1. Musikantin Kennst du die bösen seltsamen Zaubersteine
Die aus dem Hirn und Herzen man den Drachen
Aus Libyen reißt?

Deirdre Der kalte Stein von Fanes,
Der heiße von Istain, die mächtig sind
Feinde sogar zur Liebe zu erregen.

1. Musikantin So große Wirkung tun sie, näht man sie
Am Vorhang in die Stickereien über
Dem Brautbett.

Deirdre O der du die Sterne regst
Und schufst dies zarte Haus von Elfenbein
Mit meiner Seel als Herrin – halt es heil!

1. Musikantin Ich sah ein Brautbett, so verhangen und
Fürs Wunder ausgeschmückt, in Conchubars Haus
Und eine Braut soll kommen.

Deirdre Ich die Braut?
Hier ist Verrat – mehr als die Möve litt.
Sie starb doch nur und mischte mit dem Staub
Von dem Gefährten sich – doch ich soll leben,
Im gleichen Bett mit ihm sein, den ich hasse.
Wo ist Naisi? ich war da nicht so allein,
Als Conchubar mich zuerst zum Weib erwählt,
Im Schlaf und Wachen weint ich bis er kam,
Doch jetzt ist größre Not.

Naisi mit Fergus eintretend
Was riefst du mich?
Ich stand nur draußen – dort nur vor der Tür.

Deirdre Ich hörte grausige geheime Dinge
Magische Schrecken und von Zauberwerk.

Fergus Dies ist kein Wunder. Denn du hast gelauscht
Den Straßensängern, welche Märchen sammeln
Aus aller Welt.

Deirdre Ich weiß von einem, das
Die Märchen aller Welt zunichte macht.

Naisi Schweig – wenn dies wider jenen König geht,
Der unser Gastherr ist.

Fergus Nein, laß sie sprechen.
Ich kenn, wie mich, des Oberkönigs Herz
Und kann der Schmähung wehren, doch schon hab
Ich diesen Frauen mit dem Tod gedroht.

Naisi Ich will nicht das Geschwätz der Straßen wägen
Mit eines Königs Wort. Gib ihr Verzeihung:
Sie hat des wilden Vogels Herz und fürchtet
Den Weidenkäfig und des Voglers Netz.

Deirdre Soll ich den Vogler und den Käfig sehen
Und schweigen ganz und gar?

Naisi Du könntest wissen,
Zog man dich nicht in jenen Bergen auf,
Daß wenn ein Wort gegeben und empfangen,
Furcht fern bleibt und vergessen alte Kränkung.

Deirdre Ob Tod auch folgen mag?

Naisi Ob Tod auch folge.

Fergus Für den, der Fürsten schmäht.

Deirdre Dann will ich sagen,
Was ich ins Grab am besten mit mir nähme.
Blickt auf mein Antlitz wo die Schminke liegt
Und die Rubinen hier auf Haar und Brust.
Ich tat für ihn um seinen Wunsch zu wecken
Mir Schönheit an – es war für Conchubar.

Naisi Welch Rasen gibt dir solche Worte ein?

Deirdre Kein Rasen – denn welch Rasen brauchts dazu
Zu wandeln was in dem Winde schwankt.
Sind alte Sprüche denn nicht wahr? bin ich
Nicht als ein Weib geboren?

Naisi Spottest du?

Deirdre Ist Spott in diesem Antlitz, diesen Augen,
In Leib und Gliedern die so vieles Unheil
Mit sich getragen? sieh mich an und sprich:
Ist es denn Spott was mir die Glieder schüttelt?

Naisi Gibt es ein Weib denn, dem man trauen darf
Als nur im Augenblick der ersten Mittnacht
Da man es küßt?

Deirdre Wär solches nicht sehr seltsam,
Daß Frauen Übles tun in Männerherzen,
Was ihnen selber fehlt?

Naisi Komm! ich befehls!
Zu Roß mit uns und auf das Schiff zurück.

Fergus Tor! eifersüchtig macht sie dich mit schlauer
Wortkunst.

Deirdre Sind wir zum Wandern nicht geboren?
Das reine Schwert hat diesen Schmuck geerntet
Auf einem Berg, ein Berg hat mich genährt.
Doch wer kann sagen, welch ein Wechsel Liebe
Im Tal befallen mag? ich sprech nur wahr.
Hinweg! auf windigen Gipfeln lachen wir
Des nächtigen Raben der das Tal bewacht.

Fergus Man schalt euch, denn ihr wecktet einen Streit,
Der vielen Tod gebracht. Ich goß die Glut
Mit Wasser aus, doch flieht ihr noch einmal
So steht das Haus in Flammen ganz und all
Das kreischende Gesinde trifft dafür
Mit seinem Fluch der Schönheit rauhes Herz
Und Naisi, der die Fackel zünden half,
Bleibt ein Geächteter sein Leben lang.

Deirdre Genug des Tadels. Nur ein Mittel hilft:
Zerstören diese Schönheit die das Unheil
Und hauslos Wandern dem Geliebten brachte.
Hier diese Wandrer können es mir zeigen:
Das Haupt kahl scheren und mit Walnußsaft
Das Antlitz schwärzen und mit Dornen reiben.
O daß die Waldgeschöpfe mir den Leib
Zerrissen mit den Klaun!

Fergus Was, wilder noch?

Deirdre zu Naisi

Was auch aus meinem Antlitz wird, ich bleibe
Doch stets ich selbst, kein andres Mittel sonst
Führt diese ganze Wirrsal bis zu End.

Naisi Was spracht ihr, das solch Rasen in sie brachte?

Fergus Ja, sprecht es aus.

Naisi Ich geb euch meinen Schutz,
Habt ihr zu sprechen Furcht! liebt sie der König?
Gibt niemand Antwort?

Deirdre Sagt den ganzen Plan,
Das Netz, die Ränke, die Verräterei,
Sagt von dem Brautgemach und von dem Bett,
Den Zaubersteinen und des Zaubrers Werk.

Naisi Ah! jetzt begreif ich, daß durch Worte ihr
Den Tod zu wecken bangt. Habt acht auf Deirdre:
Um keinen Preis iebendig darf sie fallen
In seine Hände.

Deirdre Wohin gehst du, Naisi?

Naisi Die Wahrheit will ich Conchubar entreißen
Vor seinem Volk, im Angesicht des Heers
Und zeigt er sich so schwarz wie du ihn machst,
Töt ich ihn dort.

Deirdre So kehrst du nie zurück,
Ich werde nie dein Antlitz wieder sehn.
O halt ihn, Fergus, laß ihn nicht, du sollst
Ihn halten. Ihr seid weis' und gütig beide.

Naisi Fast warst du Conchubars Weib, da nahm ich dich.
Mich töten wollt er und gelungen wärs,
Hätt er mich da so nah gehabt wie jetzt.
Nun, da du mein bist, sinnt er dich zu nehmen.
Bin ich, ein Mann, denn nicht soviel als er?

Ein Bote mit dunklem Gesicht tritt unbemerkt ein.

Bote Das Mahl ist auf der Tafel, Conchubar
Erwartet seine Gäste.

Fergus Alles gut!
Gut alles! eure Zweifel schrien so laut
Daß ich fast zweifelte.

Naisi Ich mocht ihn töten –
Und er dieweil in seinem Haus bereitet
Uns den Empfang.

Deirdre Die Botschaft ist nicht aus.

Fergus Kommt schleunig. Conchubar wird lachen, daß ich –
Hielt ich im Reden kühn auch meinen Stand –
Daß ich sogar –

Deirdre Wart, wart! er sprach nicht aus.

Bote Deirdre und Fergus, Rohgs Sohn, sind geladen
Nicht der Verräter, der die Fürstin raubte.
Es ist genug, daß ihr der Herr verzeiht
Und sie zu sich zu Bett und Tafel ruft.

Naisi So ist es denn Verrat.

Fergus Ich wills nicht glauben.

Naisi Laß Conchubar mich treffen irgendwo
Wo niemand mit uns sei als unsre Schwerter;
Denn Wahrheit fand ich nie auf einer Zunge
Die nicht von Eisen ist.

Bote Ich diene Conchubar
Und trage keine Botschaft als die seine.

Er geht ab.

Naisi Ich fordre ... schwör daß du sie sagen wirst.

Er folgt dem Boten hinaus.

Fergus Ihm hat Gewinn ein Teufel zugesagt.
Ich kenne Conchubars Sinn als wärs der meine
Er soll gestehen ...

Will Naisi folgen, aber Deirdre hält ihn zurück.

Deirdre Nein, nein, alter Mann
Das Beste dachtest du, so kam das Ärgste,
Wir horchten auf der Weisen Rat und wurden
Zu Narren. Reite fort und bring die Freunde.
Geh – und geh rasch. Noch sah mich Conchubar nicht.
Vielleicht schläft seine Leidenschaft und wir
Entschlüpfen ihm.

Fergus Erst will ich folgen jenem
Libyschen Fuß und solche Worte senden
An Conchubar, daß er die Fährnis wisse
Die ihn bedroht, legt er die Hand an euch.

Naisi tritt ein

Der Libyer wußte eines Knechtes Leben
Sicher vor mir, er sah sich um und höhnte.

Fergus Ich ruf die Freunde und die Sichelträger
Und bring euch auf das Schiff in Sicherheit.
Mein Name hat noch einige Macht. Ich will
Euch schützen – sonst, wenn dies unmöglich, rächen.

Geht ab durch eine andere Tür.

Naisi Ruhig wie ein Mann der über das Leben hinaus ist.
Der Sprenkel fiel, gefangen sind die Vögel.
Dort jede dieser großen Eichen rings
Birgt hundert Männer wohl.

Deirdre Fort! laß uns sterben
Oder durchbrechen, wenn das Glück uns hilft.

Naisi Man reißt dich nur von mir, befleckt mit Blut –
Barbarenwaffen schänden diese Schönheit.
Ich aber will, daß du als Fürstin stirbst
Im Todeszimmer. Du bist mir vertraut.
Wir warten hier und sind sie über uns
Halt ich die Tür und gebe hinterher
Dir einen reinen Tod mit diesem Stahl.

Deirdre Ich bleibe hier, doch du geh hin und ficht.
Nicht Freunde gab uns unsres Lebens Art
Und wenn wir sie nicht kaufen, da wir fortgehn,
Bleiben wir ewig freundlos.

Naisi Was sagen sie?
Daß Lughaidh Rotstreif und sein Weib ihr Ende
Erwarteten, vor diesem Schachbrett sitzend.
Sie wußten, daß sie nichts mehr retten könne
Und spielten Schach wie jede Nacht seit Jahren
Und warteten so auf des Schwertes Streich.
Nie war ein Tod so fern von niedren Herzen,
Ein solch erhaben anmutvolles Ende.
Brauch ich, der alles für sein Lieben gab,
Zu sterben wie ein alter Fürst der Fabel
In Kampf und Leidenschaft? was braucht es denn
Für Schaugepräng bei meinem Untergang?
Ich liebte treulich und war keinem falsch.
Ich brauche keinen Blitz zuletzt, kein Schlagen
In eitlem Wüten an des Käfigs Tür.
Zu den Musikantinnen
Traft ihr mit seiner Fürstin jenen Mann
Bei so erhabnem Spiele, hättet ihr
Zu ihrem Ruhm ein altes Lied gefunden?
Es müßte deutlich zeigen, wie die zwei,
Weil niemals besser Mann und Frau geliebt,
Dort ruhig sitzen und der Freude denken
Die später kommt. Man sagte mir, die Möve
Saß da mit aller Farbe im Gesicht
Als spräche sie: »Nichts anderes geschieht –
Ein Fürst nur spielt mit seiner Fürstin Schach.«

Deirdre Recht spricht er, stamm ich auch nicht von den kalten
Und stolzen Wogen denn mein Blut rollt heiß.
Und liebte ich auch mehr als jene Fürstin,
Bleibt ganz so ruhig meine Hand im Spiel.
O Sängerinnen! setzt es in ein Buch:
Nur Liebe tut uns not – und wärens auch
Die letzten Tropfen nur die wir so sammeln
Und kannten wir auch Tropfen nur im Leben
Denn freundlos waren wir – preist dafür uns
Und zweier Sonnen Abschied – denn nichts fehlt,
Nur: guter Schluß des langen wolkigen Tags.

Naisi Brennt Fackeln an und treibt die Schatten fort.
Des Tags grau Ende naht.

Eine Musikantin brennt eine Fackel am Feuer an und geht an den Schachspielern vorüber und entzündet langsam die Fackeln in den Wandringen. Das Licht ist fast völlig aus dem Wald geschwunden aber ein klares Abendlicht steht am Himmel, das den Eindruck von Stille und Einsamkeit noch erhöht.

Deirdre Nein – singt nicht traurig –
Spielt nicht ein Fürst nur Schach mit einer Fürstin?
Musik tut ihnen not, die sich vermengt
Der Phantasie, doch nicht das stete Denken
Zerstöre, das dem schweren Spiel geziemt.

Während des Spiels singen die Musikantinnen dieses Lied:

Liebe ist ein maßlos Ding,
Das nicht eher Ruhe kennt,
Bis es einen Flügel netzt,
Wo ein Lachen hüpft und brennt
Und das Licht der Zeit sich trübt.
Wo wird Lohn dem Liebeskuß,
Wo dem Aufruhr unsres Bluts
Das vor Tag vergehen muß?
Herz an Herz und Mund auf Mund,
Hauch, gemischt in Lust und Not,
Ist die Liebe Sehnsucht nur
Nach den Dingen hinterm Tod!

Während der letzten Verse erhebt sich Deirdre und kniet zu Naisis Füßen nieder.

Deirdre Ich kann nicht spielen mehr wie jene Frau
Mit kaltem Seeblut nur in ihren Adern.

Naisi Es ist dein Zug. Nimm die Figur zurück.

Deirdre Entsinnst du dich der ersten Nacht im Wald?
Auf Blättern lagen wir und sahen oben,
Da erstes Morgengrau die Vögel weckte,
Dort Blätter auch. Du glaubtest daß ich schliefe
Und dich zum Kuß auf meine Augen beugend
Sahst du sie offen. Neig – und küß mich jetzt
Es mag das letzte Mal sein vor dem Sterben.
Wenn das vorüber, sind auch wir verwandelt,
Nicht mehr zerstörbar, Wolke oder Feuer.
Und ich weiß nur von diesem Leib, von nichts
Als jenem frühen heftigen Rausch und Kuß.

Conchubar erscheint in der Tür.

1. Musikantin Kinder, habt acht!

Naisi lacht
Er nahm die Fordrung an!
Ob als Gespenst, ob lebend beim Beginn
Des Tages, will ich alles sonst vergessen
Und sagen – es ist Königsstoff in ihm.

Er wendet sich ab um Speer und Schild zu nehmen und sieht dann daß Conchubar fort ging.

1. Musikantin Er kam nach euch zu spähen, nicht zu fechten.

Naisi Ein kluger Jäger also, nicht ein König.
Er sah, ob das was in die Grube fiel
Das Jagen wert ist – doch er kam zu nah –
Ich ward nur Jäger. Du – nicht Mann – doch Tier –
Husch in die Büsche – Tier – nun geht es, Tier
Kopfauf, kopfunter. Ich bin über dir.

Er stürzt hinaus hinter Conchubar her.

Deirdre Du hast ein Messer dort in deinem Gürtel.
Laß es mich haben.

1. Musikantin Nein, ich wag es nicht.

Deirdre Nein, doch du mußt.

1. Musikantin Trifft Harm dich, wird man wissen
Daß ich es gab.

Deirdre ergreift das Messer

Da ist kein Zeichen dran
Das es von einem andren sonst verschieden
Aus jeder nächsten Schmiede macht.

Geht zur Tür und blickt hinaus.

1. Musikantin Du nahmst es
Ich gab es nicht, doch gibt es Augenblicke
Wo uns kein Freund bleibt, als nur solch ein Ding.

Deirdre Die Blätter bergen alles und ich weiß
Die Pfade nicht. Warum ist alles still?

Sie geht von der Tür zum Fenster.

1. Musikantin Was willst du?

Deirdre Einen Schlag für Naisi tun,
Ruft Conchubar die Libyer zu Hilfe.
Warum kein Klirren dort? er traf ihn doch?

1. Musikantin Hör, weise nennt man mich. Siegt Conchubar,
So hast du Frauenlist die viel vermag,
Sogar bei Männern in dem Stolz des Siegs.
Er ist verliebt und alt. Was kann ein Messer
Wider ein hundert?

Deirdre zu den Frauen
Frauen, wenn ich sterbe,
Wenn Naisi stirbt heut Nacht, wie preist ihr uns?
Welch Wort und Lied? denn dieses steht euch bei:
Wir finden viele Freunde, wenn wir sterben.
Wo ihr auch wandert, werden Königstore
Euch weiter offen stehn, des Bettlers Herd
Mit neuem Torf gefüllt – weil dies beweist
Gibt der Musikantin einen Armring
Daß ihr Deirdres Geschichte recht besitzt.

1. Musikantin Habt ihr gedient nicht in der Liebe Haus?
Die Asche ausgekehrt? das Tor gehütet?
Bei allem Liebesleid nähmst du noch einmal
Dein Leben wieder.

Deirdre Noch in letzter Stunde.

Conchubar tritt ein mit dunkelfarbigen Männern.

Conchubar Zwei Männer, eine Frau – das ist ein Streit
Der keine Heilung kennt. Bringt, den sie wählte
Für seine Schönheit und der Jugend Kraft.

Die dunkelfarbigen Männer zerren den in einem Netz verstrickten Naisi herein.

Naisi Sie fingen mich wie Vogel oder Fisch.

Conchubar Er rief: »Tier! Tier« und in blind-tierischer Wut
Lief er mich an und fiel in unser Netz.
Doch sorgten wir für dich und nahmen ihn
Mit aller Anmut die Verlangen weckte
Ganz unberührt. Ich – da ich alt und milde –
Wollt nicht ein Haar auf seinem Haupte krümmen.

Deirdre Was redest du? so hast du ihm vergeben?

Naisi Er höhnt uns nur. Was blieb jetzt noch zu sagen
Nach sieben Jahren bei dem Schluß der Jagd?

Deirdre Er glaubte dir bis ich ihn zweifeln machte,
So fällt denn jeder Tadel für sein Reden
Mir einzig zu.

Conchubar Sein junges Blut ist heiß
Und sind wir gleichen Sinns, so geht er frei
Und nichts verlang ich, und wenn doch, dann nichts
Was ich nicht nehmen kann. Die weite Welt
Kennt keinen König der – so hart gekränkt –
Mir folgen wollte und nicht Rache üben.
Du trugst sie fort, da uns der Hochzeitstag
Nur eben kam – doch will ich Gnade zeigen.
Weil du die freche Kraft der Jugend hattest
Trugst du sie fort, ich aber hatte Zeit
Es zu bedenken diese sieben Jahre.
Ich zeige Gnade.

Naisi Du hast viele Worte.

Conchubar Ich markte nicht – ich fordre nur was mir
Schon angehört.

Deirdre nähert sich Conchubar langsam während er spricht, ihre Augen sind auf ihn geheftet.

Du wirst befreit, wenn Deirdre
Nur vor des Volkes Augen in mein Haus
Eintreten will, damit sie alle wissen,
Wenn ich die Krone ihr aufs Haupt gesetzt,
Daß ich sie nicht durch Zwang noch Arglist nahm.
Das Tor ist offen und der Flur bestreut,
Im Brautgemach die Vorhänge verwebt
Mit allen Zaubern, welche Glück verleihen
Durch Wesen die verwandt der Sonne sind,
Und ihr die nächsten und sind ohne Blut –
Denn sind sie wund, so träuft aus Wunden Wein –
Kein Wort, nur Lied. Zwei schöne Königstöchter
Tragen am Tor zum Brautgemach in Händen
Gewand und Reif.

Deirdre O nein! nicht das – nicht das –
Ein jedes fordre, nur dies eine nicht.
Laß mich bei Naisi sein. Wir gehen fort,
Fort in ein Land am letzten Rand der Welt.
Wir quälen dich nicht mehr und jeder wird
Dich dafür rühmen wenn du uns vergibst.
»Gut ist er – gut« dies sagen sie einander
»Und keiner ist ihm gleich, denn er vergab
Deirdre und Naisi.«

Conchubar Glaubst du wohl, ich lasse
Euch wieder fort von mir nach sieben Jahren
In Sehnen und Besinnen hier und dort
Und Markten mit den Händlern um die Steine
Die alles sichern, und Den-Blick-Bewachen
Daß man nichts rate?

Deirdre zu Naisi

Besser folg ich ihm.
Was hilft dein Tod, kann Einer alles tragen?
Mein Leben ist vorbei: gehorchen besser.
Was hilft dein Tod? ich leb nicht lange, Naisi.
Ich will nicht, daß du glaubst, ich lebte lang
O nein, nein, nein! du gehst weit fort. Du wirst
Mich ganz vergessen. Sprich, sprich, Naisi, sprich
Und sage es ist besser daß ich geh.
Ich wills nicht fordern. Sage nicht ein Wort
Denn alles nehm ich ganz auf mich allein.
Ich gehe, Conchubar.

Naisi Und glaubst du, daß,
Fiel mir um solchen Preis das Leben zu,
Ich es nicht von mir würfe? o mein Adler!
Wie fruchtlos schlägt dein Flügel doch den Fels
Da um uns öde Nacht!

Deirdre s' ist besser, Naisi.
Es mag dir schwer sein, doch du wirst vergessen.
Denn was bin ich, daß man mein denken sollte?
Und andre Frauen gibt es. Da war eine,
Des Königs Tochter wars von Leodas,
Ich fand nicht Schlaf um ihrethalb. Sags ihm
Erzähls ihm klar und mach es ihn verstehn.
Und glaubt er dann, ich würde leben – sag ihm
Dies wird nicht sein.

Naisi Verlor ich doch mein Leben
An Schottlands Könige, die danach griffen
Weil du mein Weib warst und der ärgste hätte
Vor diesem Handel noch dich mir geraubt!
O Adler! tust du dieses und erkaufst
Von Conchubar mit deinem Leib mein Leben
Und brichst der Liebe Recht, steh ich allein
Auf jenen ewigen Gipfeln nach dir rufend,
Du aber bist verbannt und kommst nie hin.

Deirdre kniet vor Condiubar
Ich wollte gehn und kann es nicht. Vergib uns.
Ich weiß es, du bist gut. Ich hörte dich
Um Gaben rühmen, und du wirst verzeihen
Obwohl ich dir ins Haus nicht folgen kann.
Ich nur war Schuld. Ich nur verdiene Strafe,

Von Deirdre ungesehen wird Naisi geknebelt.

Im Augenblick, da ich zuerst ihn sah
Sprach ich zu ihm – ich reichte ihm die Hände –
Konnte ers weigern? doch er wollte nicht
Zuerst – ich lüge nicht – er sprach von dir.
Die Hände, sage ich? nein – nein, die Lippen –
Ich drückte meine Lippen auf die seinen –
's ist wahr, ich schwör es – meine Brust an seiner

Conchubar macht eine Bewegung, Naisi wird hinter den Vorhang gezogen von Deirdre ungesehen.

Bis ich die Glut erweckt die alle zwingt –
Gabs Widerstand? ich hatte meine Schönheit.
Du brauchst ihn noch, den kühnen, starken Mann
Der auch nicht töricht ist am Tisch des Rats
Und keinen Streit beginnt beim Licht der Kerzen
Und nicht den Hund hart schlägt. Ein Becher Wein
Macht ihn nur froh – nicht toll.
Sie steht auf.
Was sage ich?
Er wird dir nötig sein – denn wer sonst führt
Solch gutes Schwert und wer wird so geliebt
Vom niedren Volk? er mag dir nötig sein.
Weiß je ein Fürst, wann seine Not beginnt?
Du träumst, du brauchtest keinen mehr. Du lachst.
Ja – lachst in dich hinein. Du sagst: »ich bin
Fürst Conchubar – ich brauche jenen nicht.«
Ihn rufen wirst du eines Tages und sprechen:
»O lebte Naisi doch« –
Sie vermißt Naisi
Wo ist er hin?
Du triebst ihn fort? wo ist der Sohn des Usna?
Wo ist er, o, wo ist er?

Sie geht schwankend zu den Musikantinnen. Der Scharfrichter ist eingetreten mit einem blutigen Schwert – Conchubar deutet darauf hin. Die Musikantinnen stoßen einen Klageruf aus.

Conchubar Der mir mein Weib nahm, der Verräter lebt
Nicht länger. Komm jetzt, Deirdre, in mein Haus
Denn der sich deinen Gatten nannte – starb.

Deirdre O rühre mich nicht an. Laß mich zu ihm.
Pause
Fürst Conchubar hat recht. Nein Gatte starb.
Nicht viel zählt eine Frau die einzeln ist.
Ihr fehlen Dienerscharen, Leinenschränke,
Der Speck im Rauchfang – und Fürst Conchubars Haus
Ist schon bereit – ich will in Conchubars Haus.
Es ist nur Weisheit willig das zu tun
Was man tun muß.

Conchubar Warum bist du so ruhig?
Du würdest schreien, dacht ich, und mir fluchen
Und niederfallen und das Haar dir raufen.

Deirdre lachend
Du weißt zuviel von Frauen, um so zu denken
Und wär ich des Verlangens weniger wert,
Würd ich dergleichen tun, doch weil ich – ich bin
Genügt es mir, daß du hier Meister bist.
Sind wir auch zart geschaffen, ist doch etwas
Von einem Tier in uns und uns gewinnt
Wer Blut vergießen kann. Dich lehrt ein Weib
Des Werbens Kunst: doch rühre mich nicht an:
Ich will dir ganz gehorchen, doch nicht jetzt
Denn ich muß tun nach dem Gebrauch. Wir stellen
Den Toten aus – die Hände so gefaltet –
Augen geschlossen – ausgestreckt die Füße –
Und legen ihm ein Kissen unters Haupt
Ganz nach dem Brauch – und all dies will ich tun
Für Naisi, Sohn des Usna.

Conchubar Solches ziemt nicht.
Nicht Pilgerin bist du jetzt, doch eine Fürstin
Viel andre gibt es für ein solches Tun.

Deirdre weist ihn hinweg
Nein nein. Noch nicht. Ich kann dein Weib nicht sein
Eh nicht das Gestern aus, die Schuld bezahlt.
Stirbt irgendwer dem andre schuldig blieben,
So tritt er an des Schuldners Bett und schreit
»So viel mußt du mir zahlen.«

Conchubar Du betrügst mich.
Du sehnst dich ihm ins Angesicht zu sehn.
Soll ich dich geben einem toten Mann
Und nahm dich dem lebendigen?

Er tut einen Schritt auf sie zu.

Deirdre Nur zu.
Du wirft mehr Glut als er in mir erwecken.
Doch wenn du weise bist, gewährst dus mir:
Daß ich ihn seh, der einst so reizend war
Und voller Kraft und hielt sein Haupt so hoch
Daß Frauen mir neideten. Ich will ihn sehn
Ganz blutbespritzt – und fortgeweht die Schönheit.
Stehst du in deiner Stärke neben mir,
Sucht mein Erinnern lieber das befleckte,
Nicht das einst liebe Bild. Seht ihn, ihr Frauen,
Er hörte mich um sein Entsagen werben
Da noch mein Gatte lebte und zweifelt doch
An meinem Vorsatz. Sagen sollt ihr ihm
Wie wandelbar die Frauen sind, wie rasch
Der Bestgeliebte gar vergessen wird
Wenn nur sein Tag verging.

Conchubar Nein, ich will trauen
Der Stärke, die du rühmst, nicht deinem Vorsatz.

Deirdre fast wie mit einer Liebkosung

Solch kleine Gabe und du gibst sie mir
Weil sie das erste ist, um was ich bat.
Er weigert mirs. Es ist kein Saft in ihm,
Nur leere Adern. Dieses dacht ich schon.
Er weigert mir das erste was ich bitte –
Mir – seinem Weib. Nun kann ich ihn verstehn
Ich weiß welch Leben mich bei ihm erwartet
Er muß mich mit Gewalt nach Hause ziehn.
Verweigert ers

Sie lacht.

Verspotten alle ihn.
Sie sprechen zu einander: »seht ihn an,
Aus Eifersucht verlockt er einen Mann
Der übers Meer und mordet ihn und dennoch
Erbebt er vor des Toten Angesicht!«

Sie hat die Hand auf dem Vorhang.

Conchubar Wie weiß ich, ob du nicht ein Messer hast
Und sterben willst auf ihm?

Deirdre Laß mich durchsuchen.
Gilt dir so wenig deine Königin.
Vielleicht hab ich ein Messer hier verborgen
In dem Gewand. Laß deine dunklen Sklaven
Doch suchen.

Pause.

Conchubar Geh zu deinem Abschied, Fürstin.

Deirdre Nun singt und schlagt die Saiten, da ihr wißt
Daß alle glücklich sind und da ihr wißt
In welchem Bett ich liegen will zur Nacht
Bei welchem Mann, ganz dicht im schmalen Bett
Und überschlafen will den Hahnenschrei.

Sie geht hinter den Vorhang.

1. Musikantin Sie sind fort, sind fort. Der Hohe zum Hohen gesellt.

2. Musikantin Ruf leise, sind wir auch zum Singen bestellt.

1. Musikantin Sie sind fort, sind fort.

2. Musikantin Es ist nur Flüsterns Zeit.

1. Musikantin In ihrer Liebe Wildnis und Heimlichkeit.

2. Musikantin Kein Wort mehr. Hohe graue Totenstätt.

1. Musikantin Adler gingen hinein in ihr Wolkenbett.

Rufe draußen. Fergus tritt ein. Viele Männer mit Sensen, Sicheln und Fackeln sammeln sich vor der Tür. Der Glanz ihrer Fackeln erhellt das Haus.

Fergus Um Naisi, Usnas Sohn mit seiner Fürstin,
Kam ich mit tausend Sensen, tausend Sicheln
Und fordre sie von dir.

Conchubar Ihr kamt zu spät.
Ich hab es ganz vollbracht. Deirdre ist mein –
Und Königin – und keiner soll sie rauben.
Den höchsten Ast erklomm ich und gewann
Den Apfel aus dem Sturm. Hinweg den Vorhang,
Ihr Mund verkünde Fergus meinen Triumph.

Der Vorhang wird zurückgezogen. Die Musikantinnen stimmen leise die Totenklage an.

Nein, nein – ich glaub es nicht. Sie ist nicht tot –
Sie konnte mir nicht noch einmal entfliehn.

Fergus König, sie starb, doch leg nicht Hand an sie!
Der Draht zerrissen und der Käfig leer –
Der Vogel floh! doch rühre sie nicht an.

Conchubar Ihr seid Verräter – alle wider mich.
Und sie betrog mich nun zum zweiten Mal.
Und jeder Niedre kann sein Weib bewahren,
Nur nicht der König.

Laute Rufe draußen »Tod über Conchubar! wo ist Naisi?« usw. Die
dunkelfarbigen Männer sammeln sich um Conchubar und ziehen ihre
Schwerter, doch er weist sie fort.

Fort mit euren Waffen.
Mir in den Weg soll kein Verräter treten.
Heult, wenn ihr wollt – doch ich als Fürst tat recht
Da ich die Fürstlichste zur Herrin wählte
Und nicht den Vorrang einem Knaben ließ.


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