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Vorbemerkung des Herausgebers

Im Jahre 1914 plante Henry von Heiseler, im Verein mit Johannes von Guenther, die Herausgabe eines dichterischen Jahrbuchs, welches den Namen »Das Schiff« tragen sollte. Damals wurde, neben anderen bedeutenden zeitgenössischen Dichtern, auch der Irländer William B. Yeats Yeats spricht seinen Namen als langes »eh«, wie in den deutschen Wörtern »gehts, stehts« und dergleichen – nicht, wie wir erwarten könnten, als langes »ieh« wie in dem englischen Namen Keats., zu jener Zeit in Deutschland ein neuer und noch nicht Nobelpreis-gekrönter Name, zur Mitarbeit aufgefordert – die »Gräfin Cathleen« sollte in der Übersetzung Heiselers im ersten Bande des Jahrbuchs erscheinen.

Der Krieg zerstörte den Plan. Heiseler wurde vom Kriegsausbruch in Rußland überrascht, er blieb lange Zeit hindurch ganz verschollen. In jenen Jahren der Entfernung, zwischen 1914 und 1922, entstand das große Übersetzungswerk »Irische Schaubühne« – die wahrhafte Wiedergeburt eines Dichters, ja einer ganzen Volks-welt, aus dem Geist der deutschen Sprache.

Als Heiseler 1922 nach Deutschland zurückkehrte, waren Umstände eingetreten, welche die Veröffentlichung der Arbeit unmöglich machten. Yeats hatte seine Werke überarbeitet und wünschte die neue Fassung übersetzt zu sehen – die Übersetzungsrechte waren in andere Hand gegeben. Hinzu kam die Lage auf dem Buchmarkt, die sich für das dichterische Drama immer ungünstiger gestaltete. Heiseler hinterließ bei seinem Tode, 1928, seine große Yeats-Nachdichtung ungedruckt. Wir möchten hier anmerken, daß der von Yeats autorisierte Übersetzer, Herberth E. Herlitschka, eine deutsche Ausgabe vorbereitet, welche dem deutschen Publikum diesen bedeutendsten poetischen Geist des heutigen Irland in vollständiger Gestalt vor Augen führen soll.

Die vorliegende Ausgabe ist rein privater Art und verfolgt keinen anderen Zweck als den, Heiselers hohe sprachschöpferische Leistung seinen Freunden zugänglich zu machen. Kein Exemplar gelangt in den Handel, die Rechte des Verfassers und des autorisierten Übersetzers werden also durch diesen Druck in gar keiner Weise berührt. Wir glauben aber, daß das Buch, wenn auch in seinem notwendig beschränkten Kreise, nicht unwesentlich dazu beitragen wird, die Wirkung des Dichters William B. Yeats in Deutschland erfolgreich vorzubereiten.

In dem bisher unveröffentlichtem Tagebuch Heiselers »Marginalien« gibt es einen Abschnitt über die Reihe der Yeats'schen Dramen, der ihre poetische Sonderart sehr schön vergegenwärtigt. Dort heißt es:

»Meine Übersetzung der Dramen von William B. Yeats entsteht allmählich wie von selbst. Die Schönheit der »Gräfin Cathleen« reizte mich zur Übertragung und als ich sie vollendet hatte, war ich in diesen irischen Mythenkreis geraten und es schien mir, als ließe ich den Kreis ungeschlossen, wenn ich nur das eine oder das andere Stück daraus übersetzte. Die Dramen bilden auch wirklich einen Kreis und gewinnen zusammen eine erhöhte Schönheit, so schön und allgemeinverständlich jedes einzelne Gedicht für sich auch ist. Das Übersetzen dieser Reihe war und ist so etwas, wie das Erobern eines reizvollen und neuen Landes. Dieses Land ist, kurz ausgedrückt: die Atmosphäre des irischen Mythos und Märchens, Sprache geworden in der Rede eines Dichters von hoher Kraft der Phantasie. Eine eigenartige phantasievolle Menschenwelt – und darüber und daneben eine reiche, nicht minder eigentümliche und phantastische Geister-, Götter und Heroenwelt. Etwas wie eine irische Edda. Das »gute Volk«, die Elfen – böse und gute Geister – seltsame Männlein und Weiblein – Aengus und Edain, die liebenden Wanderer – Hexen der Luft – sagenhafte Fürsten und Königinnen – Irre und Blinde – Engel und Dämonen – und das beständige Mitspielen von Vögeln und Tieren, Bäumen und Blumen, Kreuzwegen, Erde, Wasser, Wolken, Feuer, Hügel, Meer. Die Phantasie des Dichters entspricht so vollkommen dieser mythischen Atmosphäre, daß man nicht zu entscheiden vermag, welches etwa das ursprünglichere sei, ob die letztere der ersteren, oder die erstere der letzteren entspringe. Es ist auch im Grunde gleichgültig; wer könnte in solchen Fällen eine Priorität feststellen wollen!

Die Bilder des Dichters sind von einer besonderen Eindringlichkeit und Eigenart und haben oft völlig den Charakter der echten »Vision.« Ich erinnere daran, wie der Irre im »Stundenglas« die Erscheinung der Engel beschreibt: »Dann all in einem Augenblick riecht es nach Sommerblumen und hohe Leute gehen vorüber, glücklich und lachend, und ihre Gewänder haben die Farbe von brennendem Grasboden.« Oder dieses aus der »Gräfin Cathleen,« ein Bild das man sich etwa von Hodler gemalt denken kann:

Gleich großen schwarzen Stieren ziehn die Jahre
Und Gott der Hirt geht hütend hinterdrein.

Oder in »Des Königs Schwelle« der »kleine gezähmte« Gott des Mönches, gesehen im Bilde eines zahmen Vogels, der auf einem gekrümmten Finger sitzt: »ein kleiner Gott mit hellem Aug und tröstlichem Gefieder.« Wer solche Dinge einmal gesehen hat, der kann sie gewiß nicht wieder vergessen. Warum aber zitieren? man braucht in den Dichtungen nur nachzuschlagen und wird Beispiele zu hunderten finden.«


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