Christoph Martin Wieland
Geschichte der Abderiten
Christoph Martin Wieland

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Vorbericht

Diejenigen, denen etwann daran gelegen sein möchte, sich der Wahrheit der bei dieser Geschichte zum Grunde liegenden Tatsachen und charakteristischen Züge zu vergewissern, können – wofern sie nicht Lust haben, solche in den Quellen selbst, nämlich in den Werken eines Herodot, Diogenes Laertius, Athenäus, Aelian, Plutarch, Lucian, Paläphatus, Cicero, Horaz, Petron, Juvenal, Valerius, Gellius, Solinus, u.a. aufzusuchen, – sich aus den Artikeln Abdera und Demokritus in dem Baylischen Wörterbuche überzeugen, daß diese Abderiten nicht unter die wahren Geschichten im Geschmacke der Lucianischen gehören. Sowohl die Abderiten, als ihr gelehrter Mitbürger Demokrit, erscheinen hier in ihrem wahren Lichte: und wiewohl der Verfasser, bei Ausfüllung der Lücken, Aufklärung der dunkeln Stellen, Hebung der wirklichen und Vereinigung der scheinbaren Widersprüche, die man in den vorbemeldeten Schriftstellern findet, nach unbekannten Nachrichten gearbeitet zu haben scheint; so werden doch scharfsinnige Leser gewahr werden, daß er in allem diesem einem Gewährsmanne gefolgt ist, dessen Ansehen alle Aeliane und Athenäen zu Boden wiegt, und gegen dessen einzelne Stimme das Zeugnis einer ganzen Welt, und die Entscheidung aller Amphiktyonen, Areopagiten, Decemvirn, Centumvirn und Ducentumvirn, auch Doktoren, Magistern und Baccalaureen, samt und sonders ohne Wirkung ist, nämlich der Natur selbst.

Sollte man dieses kleine Werk als einen, wiewohl geringen, Beitrag zur Geschichte des menschlichen Verstandes ansehen wollen: so läßt sichs der Verfasser sehr wohl gefallen; glaubt aber, daß es auch unter diesem so vornehm klingenden Titel weder mehr noch weniger sei, als was alle Geschichtbücher sein müssen, wenn sie nicht sogar unter die schöne Melusine herab sinken, und mit dem schalsten aller Märchen der Dame D'Aulnoy in einerlei Rubrik geworfen werden wollen.


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