Ernst Wichert
Der Väter Sünden
Ernst Wichert

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Die Brüder hatten eine lange Unterredung.

Bruno war aufs eifrigste und anscheinend auch aufrichtigste bemüht, Wilfried von seinem Vorhaben abzubringen. »Ich nehme einen solchen Verzicht nicht an,« sagte er ihm. »Du bist toll verliebt, also nicht voll zurechnungsfähig. Laß den ersten Sturm der Leidenschaft austoben. Am besten hier oder in noch weiterer Entfernung von dem Gegenstande der Beunruhigung. Erbitte dir schriftlich einen längeren Urlaub zur Ordnung, irgend welcher geschäftlicher Angelegenheiten auf unseren auswärtigen Gütern. Es giebt da wirklich allerhand zu thun. Wenn du zurückkehrst, wirst du kühler denken.«

Wilfried schüttelte den Kopf. »Es wird sich in meinem Gefühl für Paula nichts verändern, weder in einer kurzen noch in einer langen Spanne Zeit,« entgegnete er. »Du sprichst von Verliebtheit – aber das war kaum auch nur meine erste Empfindung, als ich sie sah und zum Tanz führte. Es giebt einen Zwang der Seelen zu einander ... Du lächelst. Gut, du hast ihn bisher nicht gekannt, wirst ihm vielleicht nie unterworfen sein. Wir sind in vielem verschieden veranlagt, aber glaube mir, hier spricht nicht nur mein lebhafteres Temperament, meine leidenschaftlichere Natur. Ich habe Erfahrungen und kann darauf ein Urteil gründen. Paula erfüllt mich ganz mit einer übersinnlichen Neigung, von deren Mächtigkeit sich niemand einen Begriff machen kann, der nicht selbst in ihrem Bann gestanden hat. Deshalb giebt es gegen sie gar keine vernünftige Erwägung. Der Entschluß, mir Paula für das ganze Leben zu verbinden, ist unumstößlich, und daraus ergiebt sich das Weitere.«

Bruno bat ihn, doch wenigstens nichts zu übereilen, was einen Aufschub ermöglichte. Auf seine fideikommissarischen Rechte zu verzichten, werde er noch immer Zeit haben, wenn sich der Anfall ereigne. Und auch dann sei es zu früh. Man müsse solche Dinge ganz kühl vom Standpunkt des praktischen Lebens betrachten. Es sei ja noch keineswegs gewiß, daß Paula ihm einen Sohn schenken werde, und daß sie ihn überlebe. Wenn er dann eine ebenbürtige Ehe eingehe – »Es wäre mir sehr peinlich, dir dann im Wege zu stehen,« schloß er, »und es verstünde sich doch von selbst, daß ich, wenn ich jetzt an deine Stelle träte, nichts versäumen dürfte, den Besitz der Familie zu erhalten. Ich wäre vielleicht nach zehn oder zwanzig Jahren gar nicht mehr in der Lage, deinen vorschnellen Entschluß rückgängig zu machen, wenn ich selbst successionsfähige Nachkommenschaft hätte. Bedenke das.«

Wilfried hatte fast gepeinigt zugehört. »Deine Gründe sind gewiß trefflich,« antwortete er, »sie haben nur den einen Fehler, daß sie mein Gefühl nicht überzeugen. Fordere ich die Zustimmung des Vaters, so ist es meine Pflicht, ihn darüber zu beruhigen, daß das Familienerbe seinem Stamme gesichert bleibt, und Paula selbst darf sich keinen Augenblick als ein Hindernis ansehen. Schlage also ein und stehe mir bei, friedlich durchzusetzen, was bei deinem Widerspruch wahrscheinlich nicht ohne schweres Zerwürfnis erreicht, werden könnte.«

Bruno fügte sich widerwillig. »Ich werde dem Vater ganz verhaßt werden,« sagte er achselzuckend.

Der alte Graf versuchte am folgenden Tage noch einmal, Wilfried auf andere Gedanken zu bringen. Nachdem der lähmende Schreck überwunden war, wurde er sogar ganz energisch und gab sich den Anschein, halsstarrig von seinen aristokratischen Anschauungen keinen Zollbreit weichen zu wollen. Wilfried ließ sich nicht einschüchtern und nicht überreden. Es frage sich nur, ob er seinen Sohn verlieren wolle, wenn er nicht nachgebe.

Nun wurde der schwache Mann wieder weich. »Ich will jedenfalls erst mit eigenen Augen sehen, was dich so verzaubern und um allen Verstand bringen konnte,« sagte er endlich. »Stelle mir Paula vor, ich gebe dir das Versprechen, ihr nicht kränkend begegnen zu wollen.«

Wilfried küßte seine Hand. »Du bist die Güte selbst, Papa,« schmeichelte er. »Ich reise noch heute in meine Garnison zurück. Willst du mich begleiten, oder wann darf ich deinen Besuch erwarten?«

»Meinen Besuch? Ich glaubte, hier wäre der Ort –«

»Wie könntest du von Paula verlangen, daß sie dir so entgegenkäme? Nie würde ihre Mutter einwilligen.«

»Hm – hm! Sind die Leute so stolz?«

»Ich setze es als selbstverständlich voraus, Papa. Nein, die Fahrt dorthin und die erste Visite könnte ich dir nicht ersparen.«

Graf Wedigo gab auch darin nach. »Aber ich behalte mir die freieste Entscheidung vor,« sagte er, seinen Rückzug deckend. »Ich beweise dir meine Zärtlichkeit, indem ich einwillige, das Fräulein zu sehen; damit habe ich mich noch zu nichts weiterem verstanden – zu gar nichts weiterem, mein lieber Junge.«

Wenngleich die Eisenbahnfahrt nur wenige Stunden dauerte, schien Graf Wedigo ihr Ende kaum abwarten zu können. Er bereute wohl schon im stillen, soweit nachgegeben zu haben, und brannte doch vor Ungeduld, dieses wundersame Wesen kennen zu lernen, das seinen Sohn so gänzlich außer sich gebracht hatte.

Wilfried war ein schlechter Gesellschafter heute. Auch ihn quälte die Unruhe, wennschon sie anderer Art war. Würde sein Vater bestätigt finden, was er ihm in Aussicht stellte? Könnte er diese ganz eigene Schönheit, diese jungfräuliche Lieblichkeit würdigen? Er fürchtete den lüsternen Blick des alten Roués, den er so oft bei der Begegnung mit jungen Damen auf der Straße und im Salon zu beobachten Gelegenheit gehabt hatte. Paula durfte auch durch einen Blick nicht beleidigt werden. Aber es ließ sich darüber natürlich nicht sprechen.

Wilfried bot ihm seine Wohnung an, zu der ein bequem eingerichtetes Schlafzimmer gehöre. Er selbst wolle auf dem Sofa schlafen oder sich im Kasino ein Zimmer zur Nacht geben lassen. Aber sein Vater schlug dieses Anerbieten aus und nahm Quartier in einem nahegelegenen Hotel. Er hatte Jakob mitgenommen, der seine Bedürfnisse kannte und ihnen auch auf Reisen zu genügen wußte. Er wünschte, Wilfried nicht zu nahe zu sein, wenn eine Katastrophe doch unvermeidlich würde, wie er eigentlich voraussetzte. Nach einer Aussprache mußte die Trennung unverzüglich erfolgen können.

Sie dinierten zusammen im Hotel. Auch dabei kam das Gespräch nicht recht in Fluß, zumal beide über das zu sprechen vermieden, was ihnen in Gedanken lag. Erst als Wilfried den Vater in dessen Zimmer begleitet hatte, mußte er ihn wohl fragen, wann er ihn abholen dürfe. »In zwei Stunden werde ich bereit sein können,« antwortete der Graf, und dann nach einer kleinen Weile, da Wilfried zu zögern schien: »Du bist nicht anderen Sinnes geworden, setze ich voraus. Sonst... Ich will die Fahrt gern umsonst gemacht haben.«

»Ich werde nach zwei Stunden anfragen, ob du genügend ausgeruht bist,« sagte der Offizier, sich hoch aufrichtend. Gleich wieder beugte sich der Nacken. »Ich wollte dich nur bitten, Paula nicht in Verlegenheit zu setzen, Papa. Sie ist so zartfühlend und so wenig gewohnt –«

Der Alte lachte auf und zwinkerte dabei mit den Augen. »Du scheinst mir nicht allzuviel Lebensart zuzutrauen,« fiel er ein, »– hä, hä, hä! ich werde das Püppchen ganz sanft anfassen, ganz sanft – verlasse dich darauf, mein Junge.«

»Paula ist kein Püppchen,« entgegnete Wilfried, »leidet auch nicht an schwachen Nerven. Wenn sie dich aber sieht, wird sie wissen, weshalb du kommst, und vielleicht befangen sein. Das wäre ganz erklärlich. Ein Scherz, wie du ihn liebst, könnte sie leicht verletzen, jedenfalls beunruhigen –«

»Aber glaubst du denn, daß mir scherzhaft zu Mute ist?« beschwichtigte der Graf in seiner Weise. »Ich bin ein Thor gewesen, dir nachgegeben zu haben – es fällt mir schon stark aufs Gewissen. Ja, ja, ja! was soll's? Du spekulierst auf meine Gutmütigkeit, aber ich bin entschlossen, sie nicht mißbrauchen zu lassen. Was ich zugestanden habe, ist eine Visite, nichts weiter. Es soll da von der Sache gar nicht die Rede sein, verstehst du? Ich will vorläufig nur sehen, nichts weiter. Und deshalb – was ich dir noch einschärfen wollte – bereite die Damen gar nicht auf meinen Besuch vor. Hörst du? Geh nicht vorher allein hin, laß sie gar nicht wissen, daß du zurück bist. Ich möchte sie völlig überraschen, um sicher zu sein, daß sie sich ganz so geben, wie sie sind. Ich sehe dann besser. Versprich mir das.«

»Gern, Papa. Ich habe dabei nichts zu befürchten,« versicherte Wilfried. »Du wirst selbst verwundert sein, wie unrichtige Vorstellungen du dir gemacht hast.«

Nachdem der alte Herr geschlafen hatte und von Jakob wieder auf die Beine gebracht war, stand er auffallend lange vor dem Spiegel, seine Perücke zu glätten, das Schnurrbärtchen aufzurichten und der Krawatte den rechten Sitz zu geben. Wilfried traf ihn noch bei dieser Beschäftigung.

»Wenn wir zurückkommen, besehen wir deinen Stall, mein Junge,« sagte er. »Ich bin neugierig, wie sich Rattay nach dem letzten Rennen, das ihn stark mitnahm, wieder gekräftigt hat. Die Melusine reitest du wohl als Chargenpferd? Sie ist kräftig gebaut und ausdauernd. Troll wird werden.«

Der Leutnant nickte nur, reichte dem Grafen den Arm und führte ihn die Treppe hinab, was einige Zeit erforderte. »Willst du fahren?« fragte er.

»Ist's weit?«

»Nein. Jenseit der alten Brücke siehst du eine Reihe von Villen. Die dritte gehört der Frau Konsul Bergmann. Man geht am Fluß entlang.«

»Gut, gehen wir. Ich fühle mich durchaus frisch. Findest du nicht, daß mein Gang wieder elastischer geworden ist? Ich brauche seit einiger Zeit ein Elixier – hm, hm! teuer, aber wunderbar wirksam.« –

Sie schickten durch das Mädchen ihre Visitenkarte hinein und wurden sogleich vorgelassen.

»Eine niedliche Person,« konnte der Graf sich nicht enthalten über die Schulter hin zu äußern.

Die Frau Konsul, eine sehr würdige Dame in schwarzem Atlaskleide und mit einem schwarzen Spitzenhäubchen auf dem ergrauenden Scheitel, war vom Lehnstuhl am Fenster aufgestanden und den Herren entgegengegangen. Ihr gutmütiges rundes Gesicht, aus dem ein Paar freundliche Augen leuchteten, lächelte befriedigt. Sie wendete sich sogleich dem alten Herrn zu und sagte: »Es freut mich, Sie in meinem Hause begrüßen zu können, Herr Graf. Ihr Herr Sohn hat so oft von Ihnen gesprochen, daß Sie mir kein Fremder mehr sind.« Sie nickte dem Offizier zu, der ihr nun nähertretend die Hand küßte.

»Höre, daß Sie sich meines Jungens sehr gütig angenommen haben, gnädige Frau,« näselte Graf Wedigo, dem die vornehme Haltung der alten Dame sichtlich imponierte. »Wollte einmal nachsehen, wie mein Sohn hier in seiner neuen Garnison wohnt, und dabei die Gelegenheit nicht versäumen, besten Dank zu sagen.«

»Sehr gütig, Herr Graf,« antwortete die Frau Konsul, sich leicht verbeugend und zugleich durch eine Bewegung der Hand zum Niederlassen nötigend. »Dem an die Großstadt Gewöhnten erscheint es hier gewiß sehr still und einsam, so daß er auch mit so bescheidener Unterhaltung vorlieb nimmt, wie sie mein Haus bieten kann.«

»Ein reizender Besitz,« rühmte der Graf. »Der Garten scheint sich hoch am Flußufer hinaufzuziehen, und dort aus dem Erkerfenster hat man einen freien Ausblick auf die Stadt mit ihren hochragenden Kirchdächern und Türmen. Sehr hübsch – sehr hübsch.«

»Mein verstorbener Mann baute die Villa, bald nachdem er hierher übergesiedelt war,« erklärte die alte Dame. »Seine schwache Brust vertrug die scharfe Luft der Seestadt nicht. Damals war sein Bruder hier Bürgermeister, das zog ihn nach diesem Ort. Er ist nun auch schon nicht mehr am Leben. Wir wohnten anfangs in der Stadt selbst, es wurde uns da aber zu beklommen. So bauten wir uns denn hier außerhalb an und fanden bald Nachfolge, wie Sie bemerkt haben werden. Die Aussicht von dem kleinen Tempel oben über Stadt und Land ist noch schöner, aber wir wollten der Bequemlichkeit wegen mit dem Hause selbst nicht so hoch hinauf.«

Wilfried rühmte besonders die Abendbeleuchtung. »Wir haben da manchmal den Thee getrunken. Es giebt kein hübscheres Plätzchen, und es führt ein sehr gelinder Weg hinauf, der auch dir kaum Schwierigkeiten bieten würde, Papa.«

»Er thut, als ob ich schon ein ganz gebrechlicher Greis wäre,« schmollte Graf Wedigo, sich in den Schultern aufrichtend. »Es geht noch, es geht noch, wenn auch im langsamen Schritt – es geht noch.«

»Sie könnten es gleich heute beweisen,« meinte die Frau Konsul. »Wenn die Herren nichts Besseres zu thun haben und bei mir den Thee einnehmen wollen – aber ich mag nicht lästig fallen.«

»Sehr liebenswürdig,« murmelte der Graf, »außerordentlich liebenswürdig. Allerdings mit der Zeit diesmal etwas pressiert. Hoffe aber, nicht das letzte Mal hier gewesen zu sein. Wenn Sie erlauben wollen, daß ich mir die wirklich sehr liebenswürdige Einladung – bis zum nächsten Besuch – bei meinem Sohn ...«

Seine Rede hatte sich immer mehr verlangsamt und zuletzt in ein unverständliches Gemurmel verflüchtigt. Es war nämlich unter der Portiere, welche die breite Thür zum Nebenzimmer verhängte, eine große und schlanke junge Dame vorgetreten, um sogleich zu stutzen und mit den dunklen Augen hineinzufragen, ob sie nicht störe. Sie trug ein Kleid von gelblicher Wolle, durch einen goldig glänzenden Schuppengürtel zusammengehalten, und hatte die lockigen schwarzbraunen Haare mit einer Spange hoch aufgenommen. Die Wangen röteten sich merkbar, und der ungemein liebliche Mund blieb ein wenig geöffnet, so daß hinter der vollen Lippe der feuchte Schmelz der kleinen Zähne schimmerte.

Graf Wedigo schien alle Vorsicht zu vergessen und starrte die wundersame Erscheinung an, als gälte es mehr zu sehen als ein schönes junges Mädchen, auf das er doch vorbereitet war. »Ihr Töchterchen?« stotterte er endlich.

Wilfried empfand eine stille Genugthuung wegen des unverkennbar tiefen Eindrucks.

»Paula,« antwortete die Frau Konsul. »Tritt näher, Kind,« wendete sie sich nun an diese. »Herr Graf Pahlen, der Vater unseres Freundes, hat die Güte, uns mit seinem Besuch zu beehren.«

»Ich konnte mich in der Person nicht täuschen,« sagte Paula mit einer tiefen klangvollen Stimme, die den Gast veranlaßte, den Kopf noch höher zu heben und wie überrascht zu lauschen. »Welche Freude, Herr Graf, Sie bei uns begrüßen zu können!« Sie ging auf ihn zu und reichte ihm, ehe er noch aufstehen konnte, die schmale Hand, durch deren feine Haut die blauen Äderchen schimmerten. Lächelnd fuhr sie fort: »Ich träumte übrigens letzte Nacht von Ihnen. Kein Wunder, da sich meine Gedanken viel mit Ihnen beschäftigten. Sie schienen aber sehr böse zu sein und wollten mir nicht gestatten, Ihnen die Hand zu küssen. Das machte mich sehr traurig, und darüber wachte ich auf.«

»Wie erkannten Sie mich denn?« fragte der Graf, kein Auge von ihr lassend.

»Nach einer Photographie, die Ihrem Herrn Sohn gehörte,« antwortete sie schelmisch. »Wie ich jetzt sehe, ist sie sehr ähnlich, aber es fehlt dem Bilde der freundliche Zug des Originals der gleich Vertrauen erweckt.«

»Sonderbar,« murmelte der Graf. »Eine Photographie von Ihnen ist mir sicher nicht vor Augen gekommen, mein Fräulein, und doch ist mir's, als hätte ich Sie – hm, hm! als hätte ich Sie auch schon einmal gesehen. Sonderbar – sonderbar ...«

Wilfried mischte sich nun in die Unterhaltung und gab, indem er sie auf den allgemeinen Gesprächsstoff überleitete, Paula Gelegenheit, sich über die Dinge um sie her zu äußern. Es geschah mit heiterer Ruhe, ohne besondere Anspannung der Seelenkräfte, immer maßvoll und bescheiden, aber sicher im Ausdruck und bestimmt im Urteil. Der alte Graf gewann immer mehr die wohlthuende Empfindung, nicht als Fremder in diesen Kreis getreten zu sein, sondern eine alte Bekanntschaft fortzusetzen. Er bat nun selbst um die Vergünstigung, den Abend hier verbringen zu dürfen.

So verlor der Aufenthalt in der Villa mehr und mehr den Charakter einer Visite. Die Frau Konsul war mit Paula viel auf Reisen gewesen. Es lagen Mappen mit Photographieen und Aquarellen in den Fächern eines Gestells, geordnet nach den Ländern, die man gesehen hatte: Deutschland, Schweiz, Italien, aber auch Frankreich, Holland, Norwegen. Sie wurden geöffnet und mit Auswahl besichtigt, wodurch sich der Unterhaltungsstoff angenehm erweiterte. Mit feinem und sicherem Geschmack war überall das Charakteristische gewählt. Wilfried rühmte Paulas Talent, nach der Natur zu zeichnen; ihre Skizzenbücher seien noch interessanter als diese meist nur mechanischen Abschriften der Natur. Der Graf sprach sogleich den Wunsch aus, sich davon selbst überzeugen zu dürfen, und Paula fügte sich ohne Ziererei, nur mit der Bitte, von diesen Erinnerungsblättchen, die ihr die Stelle eines Reisetagebuches verträten, keine künstlerische Befriedigung zu erwarten. Der Graf war jedoch genug Kenner von Handzeichnungen, um hier eine mehr als dilettantische Fertigkeit ohne Schmeichelei bewundernd anerkennen zu können.

»Ich hatte vor ein paar Jahren die stärkste Neigung, mich zur Malerin auszubilden,« bemerkte sie, »und es wäre vielleicht auch eine aus mir geworden. Aber ich hatte mich von meiner lieben Mama trennen und überhaupt aufhören müssen, mein beschränkt bürgerliches Dasein fortzusetzen, doch immer auf die Gefahr hin, nichts von Bedeutung in der Kunst zu erreichen. Ich war feige und brach die Brücke hinter mir nicht ab. Nun muß es schon bei solcher Stümperei bleiben, die mir selbst wenigstens großes Vergnügen bereitet.«

Man ging in den Garten. Die Herren durften die gewohnte Zigarre rauchen. Die Frau Konsul selbst brachte eine Kiste herbei, die sie, wie sie sagte, für liebe Gäste bereit halte, denen der Besuch bei einer alten Frau nicht zu schwer fallen solle. Der Abendtisch war im Gartenhäuschen gedeckt, von dem man wirklich eine entzückende Aussicht über die Stadt hin auf die weite Ebene hatte, die der blitzende Fluß durchzog. Es waren gar keine Umstände gemacht. Paula bereitete den Thee, für den zierliche Tassen von chinesischem Porzellan bereit standen. Zum Nachtisch von ausgesucht schönen Früchten, die in einer silbernen Schale die Tafel geschmückt hatten, wurde ein Wein angeboten, den der alte Feinschmecker zu würdigen wußte. Er brachte ihn auf ein Thema, bei dem er immer gern verweilte, aber auch die Frau Konsul verfügte über Spezialkenntnisse, die ihn verwunderten. Ihr Mann habe von seinem Vater einen Weinkeller ererbt, erklärte sie, und ihn in gutem Bestande erhalten. Seinem Andenken sei sie es schuldig gewesen, das Verzeichnis zu studieren, so daß sie nun wohl eine passende Auswahl wagen dürfe.

Die alte Dame gefiel dem Grafen sehr. Er fühlte sich überhaupt äußerst behaglich und fing an, launige Bemerkungen zum besten zu geben, die schon auf der Grenze des Erlaubten standen. Wilfried meinte, es sei überraschend schnell kühl geworden, und riet, ins Haus zurückzugehen. Dort setzte er sich ans Klavier und spielte aus dem Gedächtnis. Paula trat zu ihm. Sie sprachen flüsternd miteinander, während Graf Wedigo mit der Dame des Hauses plauderte. Er hatte dabei doch Augen für das schöne Mädchen.

»Sie spielen gewiß auch, mein Fräulein,« warf er hin.

»Ein wenig,« antwortete sie, »aber wirklich nur für den Hausgebrauch.«

»Fräulein Paula ist zu bescheiden,« versicherte Wilfried, »sie spielt sehr fertig.«

»Fertig spielt auch eine Mechanik,« wendete sie neckisch ein.

»Seele ist in allem, was Sie thun.«

»O – o!«

»Noch mehr freilich in Ihrem Gesange als in Ihrem Klavierspiel.«

»Sie singen?« fragte der Graf. »Das muß ich hören.«

»Ich darf Sie begleiten, nicht wahr?« sagte Wilfried.

Sie holte aus dem Schränkchen Noten und legte sie auf. »Ist's nicht besser, ich begleite mich selbst?«

Er sah sie mit einem bittenden Blick an. »Ich werde sehr aufmerksam sein.«

Paula stellte sich seitwärts von seinem Stuhl und sang mit einer wundervollen Altstimme ein paar Lieder, denen ihr Vortrag tiefste Empfindung gab. Der Graf merkte wieder, ganz eigen überrascht, auf, als ob er nach einer Erinnerung suchte, klatschte dann aber laut Beifall und erging sich in Lobeserhebungen, bei denen er die kühnsten Vergleiche mit gefeierten Sängerinnen anzog, die er da und dort nach dem Konzert das Vergnügen gehabt hatte, zum Souper einzuladen.

Es war nicht mehr früh, als Vater und Sohn endlich aufbrachen. Der alte Herr küßte der Frau Konsul galant die Hand. Lassen Sie sich noch einmal ansehen, mein Fräulein,« schmunzelte er beim Abschied von Paula. »Sonderbar – sonderbar!«

Wilfried rief einen Wagen an und nannte dem Kutscher das Hotel. »Es ist doch besser, Papa, nach dieser Emotion ...«

»Sonderbar – sonderbar!«

Sie sprachen während der Fahrt nicht. Als Wilfried sich verabschiedete, fragte er: »Hast du mir gar nichts zu sagen, Papa?«

»Morgen, morgen, mein Junge – morgen. Ich will's beschlafen.«

»Also morgen.«

Wilfried fand den Vater am nächsten Vormittag in einer Aufregung, die ihn anfangs beängstigte. Die Nacht war nicht gut gewesen; er hatte ein Medikament einnehmen müssen, um sein Herz zu beruhigen, und nun hatte sein Gesicht, trotz aller Toilettenkünste, etwas Fahles, Abgestandenes, Schlotteriges. Es war, als ob er vergeblich Mühe aufwendete, lächelnd die Komödie des Lebens auch diesen Tag weiterzuspielen. Er schien in Verlegenheit, wie er sich zu seinem Sohn stellen sollte, und redete eine Weile um die Dinge herum, bis Wilfried ungeduldig wurde und geradeaus fragte: »Wie hat Paula dir gefallen. Papa?«

»Gefallen! Ah – pah! gefallen –!« rief der alte Herr, sich mit jedem Wort mehr aufregend. »Gefallen – das sagt nichts. Sie ist das schönste Mädchen, das ich je gesehen habe – liebenswürdig, talentvoll, auf der Höhe, ganz auf der Höhe. Sie hat – wie soll ich's nennen? – etwas natürlich Aristokratisches und dabei so ein Unbeschreibliches – äh, äh!«

»Ich war meiner Sache gewiß,« sagte Wilfried beruhigt. »Aber ich freue mich, Papa, daß du so ohne Rückhalt –«

»Ohne Rückhalt? Ah – pah!« fiel der Graf fast ängstlich ein. »Wie kann ich ohne Rückhalt ... Ich lobe deinen Geschmack, ich finde es sehr begreiflich, daß du dich in das schöne Fräulein verliebt hast – hm! ich finde es sogar begreiflich, daß du auf den tollen Gedanken einer Heirat –«

»Papa!«

»Ja – toll bleibt der Gedanke doch. Das ist's eben, was mich ganz verstört. Ich habe gehofft, ihn dir leicht aus dem Kopf bringen zu können, wenn ich dir so weit nachgab, mit eigenen Augen zu prüfen. Und nun fehlt mir beinahe schon der Mut ... Das beschwert mich sehr. Denn meine Pflicht – du wirst zugeben, daß es meine väterliche Pflicht ist, die Vernunft walten zu lassen. Sei in anderen Dingen so unvernünftig, wie du willst, mein lieber Junge, ich werde dir nicht die Weisheit des Alters predigen. Aber was eine Heirat anbetrifft – nein, nein! da ist jeder Leichtsinn vom Übel.«

»Ich glaubte, dieser Punkt sei erledigt, bester Papa,« sagte Wilfried mit einem Seufzer. »Giebst du mir recht, daß der Besitz Paulas mich sehr beglücken könnte?«

»Ohne Frage, ohne Frage. Es ist wirklich jammerschade, daß ihre bürgerliche Herkunft –«

»Erörtern wir diesen Umstand nicht weiter,« fiel, der Offizier ungeduldig ein. »Ich will gar nicht von abgelebten Vorurteilen sprechen. Ich gebe dir da willig die Regel zu, laß mir aber die Ausnahme. Es ist dies wahrlich ein besonderer Fall, denke ich, für den sie gelten darf.«

Die Verhandlung über diesen Gegenstand war damit nicht beendet, aber Graf Wedigo verteidigte schwächer und schwächer seine Stellung und gab sie endlich auf. »Thu denn, was du nicht lassen kannst, mein Junge,« sagte er seufzend, »aber mache mir keine Vorwürfe, wenn du später doch nicht findest, was du erwartet hast. Ich werde mich mit Bruno zu verständigen suchen und jedenfalls dafür sorgen, daß deine Zukunft gesichert ist.«

Wilfried küßte ihm die Hand. »Und nun lasse dich auch noch zu einem Letzten bewegen,« rief er, »sprich selbst mit der Frau Konsul. Ich hoffe, daß sie dann weniger Bedenken tragen wird, unseren Wünschen zu willfahren.«

»Ich denke, sie wartet nur auf eine Erklärung,« meinte der Alte. »Es kann ihr gefallen, daß ein Graf Pahlen um ihrer Tochter Hand anhält.«

»Ich weiß doch nicht, Papa,« entgegnete Wilfried. »Bei aller Freundlichkeit, mit der sie mir den Umgang in ihrem Hause gestattet hat, mußte mir's doch scheinen, daß es geschehen ist, weil sie eine Annäherung meinerseits über eine gewisse Grenze hin für ausgeschlossen hielt. Das meint auch Paula.«

Graf Wedigo ließ sich endlich auch zu diesem Schritt bewegen. Es war, als hätte er gar keinen eigenen Willen mehr. Er begab sich denselben Vormittag noch nach der Villa Bergmann und fand die Frau Konsul zu Hause. Sie war offenbar über sein schnelles Wiederkommen überrascht.

Mit mancherlei Umschweifen und nach einer Einleitung, die seinen Standpunkt wahrte und das Abgehen von ihm entschuldigte, brachte er seine Werbung vor.

Die Frau Konsul verlor auch jetzt ihre ruhige Haltung nicht, wurde aber sehr ernst und schien eine Weile unschlüssig, welche Antwort sie geben sollte. Sie sah vor sich hin und preßte die Lippen zusammen, ihre Stirn rötete sich. Jedenfalls bewegte sie der Antrag nicht so freudig, als der Gast vorausgesetzt hatte. Endlich sagte sie leise und zögernd: »Es ist ja selbstverständlich, Herr Graf, daß der Antrag Ihres Herrn Sohnes für Paula sehr ehrend ist, und daß auch ich die Ehre zu schätzen weiß, die Sie mir durch seine Vermittelung erweisen. Ich will ganz aufrichtig sein. Es ist mir natürlich nicht unbemerkt geblieben, daß Ihr Herr Sohn sich für Paula interessierte. Ich glaubte, mich nicht einmischen zu sollen, weil mein Widerspruch wahrscheinlich nur seine Leidenschaft gesteigert und ihn zu unbedachtem, dem Rufe des jungen Mädchens schädlichem Vorgehen veranlaßt hätte. Ich rechnete darauf, daß er nach kurzer Zeit selbst die Hoffnungslosigkeit seiner Wünsche einsehen und sich zurückziehen werde; ich kannte ja die Hindernisse, die sich einer Verbindung mit Paula in den Weg stellen mußten. Und – daß ich auch dies nicht verschweige – ich war fest überzeugt, daß er äußerstenfalls sich Ihnen, Herr Graf, nicht eröffnen könnte, ohne sofort überzeugt zu werden, daß jede weitere Bemühung vergeblich sein würde. Als Sie ihn gestern zu mir begleiteten, war es mir nicht sicher, ob Sie über seine Absichten unterrichtet seien, oder nur seinem Wunsche folgten, vorerst Paula kennen zu lernen. Jetzt freilich schwindet jeder Zweifel, und sogar darüber geben Sie mir die ganz unvermutete Gewißheit, daß Sie Ihre Bedenken fallen zu lassen gewillt sind. Da muß ich nun freilich Stellung nehmen.«

»Hoffentlich wird es Ihnen nicht schwer, verehrte Frau, das junge verliebte Volk glücklich zu machen.« sagte der Graf, mit dem Kopf wackelnd und mit den Augen vergnügt blinzelnd.

Wieder überlegte die Frau Konsul die Antwort eine Weile, für Graf Wedigos Gefühl beleidigend lange. Dann entgegnete sie: »Wenn es von mir allein abhinge, Herr Graf – ich weiß nicht, ob ich mit ungeteilten Empfindungen meine Zustimmung zu einer so ungleichen Partie geben würde; aber geben würde ich sie, wenn ich meiner Tochter Neigung stark genug wüßte, alle die störenden Einflüsse überwinden zu können, die sich notwendig in Ihren Kreisen gegen die bürgerliche Frau kehren. Aber ich habe hier die letzte Entscheidung nicht. Sie müssen erfahren, Herr Graf, was auch Ihr Herr Sohn bis jetzt nicht weiß und was mir zu offenbaren viel schwere Überwindung kostet –, daß Paula – meine Tochter – nicht ist.«

Der Graf spannte die Augenbrauen. »Ihr Herr Gemahl war schon in früherer Ehe verheiratet und hat Ihnen dieses Kind –«

»Auch das nicht. Paula ist eine – Waise, die wir an Kindesstatt angenommen haben, als sie noch sehr jung war. Sie selbst glaubt, meine Tochter zu sein. Es war meine Absicht, sie förmlich zu adoptieren, um sie so auch zur Erbin meines Vermögens zu machen, sobald ich das gesetzlich vorgeschriebene Alter von fünfzig Jahren erreicht hätte. Es fehlen daran noch zwei. Ich habe sie indessen durch ein Testament zu sichern gesucht. Ob Ihnen dies genügt ...« Sie hob ein wenig die Schultern. »Ich war Ihnen jedenfalls volle Wahrheit schuldig.«

»Ob es mir ... Hm – hm – hm!« näselte der Graf, sichtlich sehr beunruhigt. »Ob es mir ... Aber das ändert die Sache ja sehr erheblich – sehr, sehr. Paula ist nicht – Ihre Tochter. Es versteht sich von selbst, daß jedenfalls vor der öffentlichen Verlobung die Adoption – eh, eh! Es giebt, soviel ich weiß, da einen Dispens von dem Erfordernis des Alters – meine Verwendung würde ihn ohne Schwierigkeit erzielen – aber, aber ... Ja, das ändert doch die Sache sehr erheblich.«

»Sie sind in keiner Weise gebunden, Herr Graf. Wenn Sie wünschen, ist nichts gesprochen.«

»Das wünsche ich in der That – das muß ich wünschen. Sie werden zugeben –«

»Ich bin ganz Ihrer Meinung und muß nur bitten zu beachten, daß ich bis heute keine Gelegenheit gehabt habe, mich zu ihr zu bekennen.«

»Hm – hm – hm! Sehr ehrenwert, gnädige Frau, konnte nichts anderes erwarten. Und wer sind die wirklichen Eltern?«

»Ich kenne sie nicht, Herr Graf. Auf einer kleinen Reise, die wir vor etwa achtzehn Jahren unternahmen, um eine beliebte Sommerfrische im Mittelgebirge aufzusuchen, mußte die Eisenbahnfahrt an einem kleinen Ort unterbrochen werden, weil mein Mann plötzlich erkrankte. Sein Übel war nicht bedenklich, fesselte ihn aber mehrere Tage ans Zimmer. Der Ort hieß Neu-Pforten. Ich machte weite Spaziergänge zu den Thoren hinaus und traf in einem wohl eine Stunde entfernten Dorf eine recht dürftig gekleidete ältere Frau, die ein auffallend hübsches Kind trug. Ich erkundigte mich, wem es gehöre. Sie sagte, es sei ihr zur Auferziehung übergeben worden von einer vornehmen Dame, die aber wohl nicht die Mutter gewesen sei. Die Verpflegungsgelder zahle ein Justizrat in der Stadt – für die Mühe und Arbeitsversäumnis, die sie des kleinen Kindes wegen habe, noch immer nicht genug; später möchte es sich ausgleichen. Mir gefiel das sehr zierliche, aber krank aussehende Mädel, und da unsere Ehe fast schon zehn Jahre kinderlos geblieben war, und mein Mann sich nach einem kleinen Wesen im Hause sehnte, dem wir unsere Sorge zuwenden könnten, beschloß ich sogleich, ihm den Vorschlag zu machen, es an Kindesstatt anzunehmen. Er sah das Kind und fand, wie ich, Gefallen an ihm. Es sei ein Wink des Himmels, meinte er, daß er an diesem Ort habe erkranken müssen, damit ich es finden könnte. Er verhandelte mit dem Anwalt und erfuhr von ihm, daß niemand an dem Kinde ein Interesse habe. Bei ihm sei von einer Dame, die nicht genannt sein wolle, eine Summe Geldes deponiert. Sobald sie verbraucht sei, werde auch ihn das Kind nicht weiter kümmern, dem ja vom Geschick gar keine größere Gunst erwiesen werden könne als durch die Aufnahme in eine achtbare und gebildete Familie. Wir bestimmten, daß die arme Frau das Geld regelmäßig auch ohne die Leistung erhalten solle, und beschenkten sie überdies mit einer für ihre Verhältnisse erheblichen Summe. So erhielten wir unser liebes Töchterchen, das die ganze Freude meines Mannes bis zu seinem leider zu frühen Tode gewesen ist. Er hat mir noch auf dem Sterbebette die Adoption ans Herz gelegt.«

»Also wohl gar ein – illegitimes Kind?« rief der Graf aufschnellend.

»Das muß ich allerdings annehmen,« antwortete die Frau Konsul ruhig. »Es wurde uns ein Taufschein übergeben, in welchem als die Mutter eine unverehelichte Antonie Girod genannt ist, damals erst siebzehn Jahre alt, der Anwalt kannte sie nicht; sie sei, wie ihm glaubhaft versichert worden, abgefunden. Vielleicht eine Französin, die möglichst fern von der Heimat –«

»Sehr wahrscheinlich, sehr wahrscheinlich.«

»Wenn Sie den Taufschein einzusehen wünschen, Herr Graf –«

»Nein, nein, nein!« rief er ärgerlich. »Wozu das? Wozu? Die Sache geht mich nichts weiter an. Bedaure Fräulein Paula – wahrhaftig! Habe sie gleich liebgewonnen – aber Heirat mit meinem Sohn natürlich ganz unmöglich. Bitte, Gruß zu bestellen, mein Bedauern auszudrücken – aber Heirat unmöglich. Mein armer Junge!«

Damit empfahl er sich. Ihm zitterten die Kniee so, daß er kaum, sich an der Geländerstange hintastend, die wenigen Stufen bis zur Straße hinabgleiten konnte. Sobald er eines Wagens ansichtig wurde, bestieg er ihn.


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