Edgar Wallace
Die Bande des Schreckens
Edgar Wallace

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12

Arnold Long verließ nach dieser Unterredung Scotland Yard und fuhr nach Berkeley Square. Im letzten Jahr hatte er seinen Vater kaum zwölfmal besucht. Sir Godley las gerade die Druckkorrektur eines Buches über Kunstgeschichte, das er selbst verfaßt hatte. Er nahm die Brille ab und sah Arnold interessiert an.

»Kommst du als Beamter oder als mein Sohn?«

»In keiner der beiden Eigenschaften. Bist du eigentlich Mitglied der Bankiervereinigung?« fragte er etwas abrupt, als er sich einen Stuhl an den Schreibtisch zog.

»Warum willst du das wissen?«

»Beantworte, bitte, meine Frage«, sagte der Wetter ernst.

»Die Bank ist natürlich Mitglied der Vereinigung, aber ich habe keine offizielle Stellung darin. Welton vertritt uns immer bei den Versammlungen. Ich könnte es nicht aushalten, mit Monkford dauernd in Sitzungen zusammenzusein. Er spricht mir zuviel.«

»Hast du jemals etwas von der Bande des Schreckens gehört?«

»Meinst du etwa die Bande, über die du selbst in der Zeitung geschrieben hast?«

Der Wetter nickte.

»Nein, von der habe ich noch nicht gehört. Shelton kenne ich natürlich dem Namen nach, aber er hat niemals einen Penny von meiner Bank bekommen. Glaubst du wirklich, daß Monkford in Gefahr ist?«

»Sein Schicksal ist besiegelt«, entgegnete Arnold so entschieden, daß der alte Herr erstaunt aufsah. »Willst du ganz offen mit mir reden?«

»Soweit es möglich ist.«

»Warum hat Clay Shelton niemals versucht, deine Bank zu berauben?«

»Das weiß ich nicht.« Die Worte Sir Godleys klangen nicht sehr sicher. »Ich glaube, unsere Bank war nicht groß genug für ihn.« Er wechselte das Thema plötzlich. »Arnold, wenn du tatsächlich von der Gefährlichkeit der Bande des Schreckens überzeugt bist, warum verläßt du dann nicht den Polizeidienst? Es gibt doch wahrhaftig keinen Grund, warum du noch länger in Scotland Yard tätig sein solltest. Ich könnte dir einen guten Posten in unserer Bank anbieten.«

»Dieses Angebot machst du mir schon zum zweitenmal. Als ich dir seinerzeit erklärte, daß ich Clay Shelton fangen wollte, hast du mir ein Jahresgehalt von zehntausend Pfund aussetzen wollen, falls ich die Filiale deiner Bank in Südamerika übernehmen würde. Warum legst du so großen Wert darauf, daß ich den Polizeidienst quittiere?«

Sir Godley sah ihm nicht in die Augen. Er lachte nur, als ob ihn diese Antwort belustigte. Aber es klang gezwungen.

»Was bist du doch für ein argwöhnischer Mensch geworden! Die Tätigkeit bei der Polizei hat den Glauben an deine Mitmenschen anscheinend vollständig erschüttert. Klingle bitte, ich möchte etwas zu trinken haben.«

Sie sprachen dann noch über weniger wichtige Dinge, und Clay Shelton und die Bande des Schreckens wurden nicht mehr erwähnt.

Es war fast Mitternacht, als der Wetter das Haus verließ. Es lag an der Westseite des Platzes, und der Hauptverkehr wickelte sich an der Ostseite ab. Sir Godley begleitete ihn bis zur Türe.

»Ich will lieber ein Auto für dich holen lassen«, sagte der alte Herr, als seine Blicke über die einsame Straße schweiften.

Aber der Wetter lachte nur.

»Du scheinst in letzter Zeit sehr nervös geworden zu sein.«

Er wartete, bis sich die Haustür geschlossen hatte, dann ging er zu Fuß nach der Oxford Street. Der Teil der Straße, den er benützte, war vollkommen leer. Long war kaum fünfzig Schritte gegangen, als eine Gestalt auf ihn zueilte. Im Schein einer Straßenlaterne sah er, daß es eine Frau war, und er war neugierig, was das bedeuten sollte.

Plop!

Ein Geschoß flog dicht an seinem Kopf vorbei. Jemand feuerte mit einem Schalldämpfer. Als er näher hinschaute, entdeckte er weiter unten auf der Straße einen Mann. Sicher schoß dieser auf die Frau. Das nächste Geschoß prallte dicht neben Long an der Bordschwelle ab und surrte wie eine ärgerliche Wespe. Er zog sofort seine Pistole, die er in diesen Tagen stets bei sich trug. Aber bevor er feuern konnte, war die Frau nahe an ihn herangekommen und warf sich ihm atemlos in die Arme.

»Retten Sie mich, retten Sie mich!« stieß sie keuchend hervor. »Die Bande des Schreckens . . .«


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