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XII.

O halte aus
In diesem Strauß!
Die Liebe die aus Gott geboren,
Hat stets gesiegt und nie verloren!
Wer lieben kann
Ist selig dran.

Aus einer rechten Versöhnung, wie von einem seligen Sterbebette fließen Kräfte zum ewigen Leben. Margareth empfand dies letztere, als sie nun in ihr Steinfeld zurückkehrte. Sie hatte fort und fort viel zu tragen, aber es hieß auch bei ihr: »wie Dein Tag, so Deine Kraft.« Tage, Monate, Jahre vergingen, die Gehässigkeit und das Mißtrauen der alten Pastorin Gendenderg blieb das gleiche. Aber auch Margareth's Liebe und Treue blieb die nämliche, und wenn Ferdinand einmal heftig werden, es nicht länger ertragen wollte, dann wußte sie ihn mit sanften Worten zu beschwichtigen und ihn immer wieder auf den Herrn hinzuweisen, um des willen sie leiden und dulden wollten, wenn die Liebe zur Mutter nicht mehr ausreichen würde.

»Margareth, ich könnte es wohl aushalten,« meinte er einst, »aber Du dauerst mich so unbeschreiblich; ich hatte geträumt Dich glücklich zu machen, wollte Dich am liebsten in einem Rosengarten auf Liebeshänden durch's Leben tragen und nun mußt Du durch lauter Nesseln gehen und auf spitze Dornen treten – es ist wirklich zu schwer für Dich.«

Margareth lächelte. »Einem liebenden Herzen sollte eigentlich nichts schwer werden, als Sünde zu thun, nicht aber, sie zu leiden,« entgegnete sie.

»Aber,« sagte Ferdinand, »die Mutter reizt mich fortwährend zur Sünde, und ich habe schon oft gedacht, es wäre besser, wenn sie hier in's Wittwenhäuschen zöge, da wohnte sie uns ganz nahe und wir wären doch getrennt, wir könnten ihr jede Liebe und Hülfe thun, und würden ein besseres Gewissen haben, ich wenigstens, denn ich fühle, daß ich mich oft an ihr versündige.«

»Nimmermehr,« rief Margareth lebhaft. »Nein, Ferdinand,« fügte sie bittend hinzu, »ganz abgesehen von Deiner Mutter, es kann Dein Ernst nicht sein, auf diese Weise einer Sünde aus dem Wege gehen zu wollen. Dadurch wird Dein Herz nicht gereinigt, wenn Du die Gelegenheit zur Sünde abschneidest, dann wäre ja jeder Dieb, der im Gefängnisse nicht stiehlt, tugendhaft. Wo kein Kampf, da ist auch kein Sieg. Wie haben es da die Eltern in Burgdorf so ganz anders mit uns gemacht! Weißt Du wohl, wie Marie und ich uns anfänglich gar nicht vertragen konnten, – hätten sie uns damals getrennt, so hätten wir uns allerdings nicht zanken können, aber wir würden unsere Sünde auch nicht kennen und besiegen, wir würden einander nie lieben gelernt haben.«

»Ja, Du hast Recht,« sagte Ferdinand, »auf dieser erbärmlichen Flucht darf sich ein Christ nie finden lassen. O Margareth, was sollte ich wohl machen, wenn ich Dich nicht hätte?«

»Und ich, Ferdinand, ich möchte wohl wissen, ob es ein glücklicheres Weib giebt, als ich es bin. Deine Liebe ist mir köstlicher als ein ganzer Garten voller Rosen. Und weißt Du nicht, daß Nesseln nur brennen, wenn man ihnen aus dem Wege geht und sie Einen dann unversehens streifen? Greift man sie aber herzhaft an, dann haben sie ihren Stachel verloren. Laß uns nur tapfer und fröhlich weiter gehen, glaube nur, der Mutter Herz wird noch unser, ja, es wird noch des Herrn Eigenthum.«

Gott hatte Ferdinand und Margareth zwei Kinder geschenkt, Wilhelm und Agnes. Eine Quelle unaussprechlicher Freude für die Eltern! Aber auch das Herz der Großmutter fühlte sich hingezogen zu den Enkeln. Etwas das er liebe, muß der Mensch haben, er kann nicht allein sein, darum wählt so manche einsame alte Dame den Schooßhund oder die Katze zu ihrem Hätschelkinde. Um die alte Frau Pastorin Gendenberg war es aber auch einsam geworden in den letzten Jahren. Die Liebe ihrer Kinder verschmähte sie und vergalt sie mit bösen Worten. Den Besser-Gesinnten im Dorfe, die erst ihren Worten von Zurücksetzung und schlechter Behandlung geglaubt hatten, waren nun doch allmählich die Augen aufgegangen, sie sahen Margareth manches thun, das gerade das Gegentheil von den Worten der Mutter war, ihr liebevolles Wesen, ihr stiller Wandel machte die zu ihren Freunden, die früher nichts von ihr hatten wissen wollen, – die Wahrheit siegte. Die schlechten Freundinnen aber, welche es mit der Pastorin gehalten und sie noch mehr gegen ihre Kinder aufgereizt, hatten sich allmählich zurückgezogen; die Luft im Pfarrhause war ihnen zuwider, der Umgang mit der alten Frau bot wenig anziehendes dar, – die Welt giebt nur so lange als sie nehmen kann, – wahrhaft hatten sie dieselbe nie geliebt, so waren sie es müde, sie immer die alten nämlichen Klagen wiederholen zu hören. Ja, einsam war es um die alte Frau geworden, nun zog sie ihr Herz zu den Großkindern. Margareth freute sich und hoffte, daß durch die Kinder ihr Herz zu deren Mutter gezogen werden würde, aber auch diese Hoffnung verwelkte und es schien, als sollte nur Leid und Weh aus diesem Umgange erwachsen.

Wenn man liebt, will man auch wieder geliebt werden. Die Großmutter suchte die Kinder durch Geschenke und Leckerbissen an sich zu ziehen und triumphirte, wenn eins vom Arm der Mutter nach ihr hin strebte; sie gab allen ihren Launen nach, um mit ihnen gut Freund zu bleiben und nahm sie bei jeder Gelegenheit gegen die Eltern in Schutz.

Als die Kinder ein wenig größer wurden, scheute sie sich nicht, Margareth in ihrer Gegenwart zu sagen, wie häßlich und ungerecht sie gegen dieselben handle, wenn sie ihnen nicht in allen Dingen den Willen ließ; Margareth suchte so viel als möglich die Kinder fern von ihr zu halten, aber das war natürlich eine furchtbare Kränkung für die alte Frau: »man gönne ihr diese unschuldige Freude nicht einmal mehr.« Nun wies sie dieselben gegen die Mutter aus, und eines Tages ertappte man den kleinen Wilhelm auf einer Lüge, die ihm von seiner Großmutter vorgesprochen und anbefohlen war. Das war zu viel für Margareth. Dies konnte, dies durfte sie nicht ertragen. Die Seelen ihrer Kinder waren so viel werth, wie die Seele der Mutter. Alle ihr Hoffnung schien verschwunden. »O Gott,« seufzte sie, »ich wollte Missionarin werden und viele Heiden zu Dir bekehren, und kann hier nicht ein einziges Herz zu Dir führen. Du kanntest mich besser und wußtest, daß ich nicht zur Missionarin taugte.« Sie klagte Ferdinand ihre Noth und weinte bitterlich, – er wußte auch keinen Rath, er konnte nur mit ihr beten. Waren denn sechs Jahre rastlosen Ringens um diese Seele verloren, war sie nur immer tiefer gesunken? Und was sollte jetzt geschehen? So konnte es nicht weiter gehen, für sich konnten Ferdinand und Margareth alles ertragen, aber der Kinder Seelen durften nicht vergiftet werden.

Wo Menschen Rath nicht weiter kann, da fängt erst Gottes Rath recht an. Die alte Pastorin wurde krank, sehr krank. Weder im Dorfe noch in der Umgegend war ein Einziger von den Pocken befallen, als diese fürchterliche Krankheit in's Pfarrhaus einbrach und die Mutter auf's Lager streckte. Nun wußte Margareth wieder, was sie zu thun hatte, sah sie den Weg nur klar vor sich, dann zögerte sie nicht, ihn zu betreten. Theils um die Kinder nicht der Ansteckung auszusetzen, theils um sie der mütterlichen Pflege nicht entbehren zu lassen, wurden Wilhelm und Agnes nach Burgdorf in Lillis Obhut geschickt. Margareth's ganze Zeit gehörte der Kranken. Sie verließ sie nur, um die durchaus nöthige Ruhe zu genießen. Dann trat Ferdinand an ihre Stelle. Furcht vor der Ansteckung kannte sie nicht, ihre Kinder hatte sie entfernt, ihren Mann befahl sie in Gottes Hände, denn es war seine Pflicht, hier zu bleiben. Sie scheute sich nicht vor dem ekelhaften Aussehen der Kranken, die bald keine Aehnlichkeit mehr mit einem Menschen hatte, der furchtbare Geruch, den die endlich geöffneten Geschwüre verbreiteten, trieb sie nur momentan aus der Stube, um draußen tief auszuathmen und dann mit frischem Muthe wieder einzutreten. Die alte Pastorin fühlte nichts von der liebevollen Pflege, die sie umgab, sie sah nicht das treue Auge, das sie Tag und Nacht bewachte, merkte nicht, daß nur Kindeshände sie hoben und legten, – ach, und als endlich, endlich die Macht der furchtbaren Krankheit gebrochen war, auch da sah sie ihre treue Krankenpflegerin nicht! Längst hatte Margareth einen Vorhang nachdem andern vom Fenster entfernt, da bat die Mutter noch immer, man möge es doch helle machen, es sei ja so finster in der Stube. Endlich konnte man es sich nicht mehr verhehlen: von den Pocken war sie genesen, aber die Sehkraft war von der grausen Krankheit verzehrt, sie war blind.

Nur nach und nach wollte man ihr die schreckliche Wahrheit mittheilen, die Kinder fürchteten von der Aufregung für die Mutter, und ihre Seele bangte, daß ihr Schmerz sich in bitteren Anklagen gegen Gott Luft machen würde. Wie man mit einem gezüchtigten Kinde linde umgeht, so umgaben sie dieselbe mit ihrer Liebe, um dadurch der traurigen Kunde in etwas ihren Stachel zu nehmen. Aber wider Erwarten schwieg die Kranke ganz, als man ihr endlich alles gesagt hatte, sie wandte sich nach der Wand um und blieb so liegen. So lag sie den ganzen Tag und die ganze Nacht und noch einen Tag, keine Speise nehmend, und die Fragen ihrer Kinder nur durch Zeichen beantwortend. Bange und zagend erwartete Margareth das Ende dieses Zustandes, o wollte die Nacht, welche ihr Auge verdunkelte, etwa auch ihre Sinne umfangen? Sie schauderte: »Herr, ich lasse Dich nicht, Du segnest sie denn,« betete sie wieder und immer wieder.

Jetzt richtete sich die Kranke ein wenig auf.

»Bist Du hier, Margareth?«

»Ja, ich bin hier. Wünschest Du irgend etwas?«

»Wieviel ist die Uhr?«

»Eins vorbei.«

»Um Mittag?«

»Nein, es ist Nachts ein Uhr. Willst Du nicht versuchen, ein wenig zu schlafen?«

»Warum schläfst Du denn nicht, mein Kind?«

Margareth zuckte in seliger Freude zusammen. »Mein Kind,« so hatte die Mutter sie fast noch nie genannt.

»Ich bin nicht müde, liebe Mutter,« antwortete sie.

»Ich glaube aber, Du bist hier immer bei mir. Auch während der ganzen Krankheit habe ich immer Deine Stimme gehört. Sage mir, warum sitzest Du bei mir alten Frau, die Dir das Leben doch wahrlich nicht angenehm gemacht hat?«

Margareth schwieg.

Die Pastorin fuhr fort: »Sage mir, warum? Vergelten kann ich es Dir nicht und lieb haben kannst Du mich nicht, das fühle ich; ich habe Dir das Leben zu schwer gemacht.«

»Liebe Mutter,« sagte Margareth leise, »ich habe Dich lieb und habe Dich gepflegt um Des willen, der uns geliebt hat und aus lauter Liebe zu uns gestorben ist, obgleich wir ihn nicht wieder liebten, sondern ihm lauter Böses thaten.«

»Margareth, sag' das nicht von Dir,« bat die Kranke, »gieb mir Deine Hand, – so. Hast nun so manche Nacht bei mir gewacht, nun sitze auch noch ein wenig länger heute bei mir. Sieh, mein Kind, ich bin abscheulich gegen Dich und gegen Ferdinand gewesen, zuweilen habe ich es selbst gefühlt, aber ich redete mir dann immer ein, ich sei im vollen Rechte. Margareth, in dieser Krankheit, als ich wieder ein wenig zur Besinnung kam, da habe ich mein Unrecht eingesehen, ich fühlte Deine Liebe, aber noch verhärtete ich mein Herz. Aber nun hat mich Gott mit Blindheit geschlagen, damit ich mein ganzes vergangenes Leben sehen lerne. O ich bin eine schlechte Frau, eine schlechte Pastorin, eine schlechte Mutter gewesen, ich wollte so gern etwas Gutes finden, das ich gethan, aber ich suchte vergebens. Ich habe schwere Stunden verlebt, wie viele es waren, weiß ich nicht, seit ich erfuhr, daß ich blind bin. Ich habe vor Gott gezittert, denn er stand drohend vor mir und sagte: »Aus Erden soll es dunkel um Dich sein und einst sollst Du wohnen an dem Ort der ewigen Qual und Finsterniß.« Und mein einziger Stern in dieser dunklen Nacht, der war Deine Liebe, Margareth. Wenn ich fortwährend fühlte, daß Du um mich warst, daß Du barmherzig gegen die warst, die Dir Dein Leben vergällt hat, dann dachte ich: »wenn Menschen so vergeben können, dann kann es Gott vielleicht auch thun.« Und nun sage mir, kannst Du, willst Du mir alles vergeben, was ich an Dir gesündigt habe?«

»O Mutter, Mutter, von ganzem Herzen,« rief Margareth weinend, und sie umfing die Mutter, die sie nun erst gefunden, als einen theuren Schatz und küßte sie wieder und immer wieder.

Ferdinand wurde gerufen, es war ein seliges Freudenfest, was hier mitten in der Nacht gefeiert wurde. Dunkel war es in der Stube, aber helle in den Herzen, Thränen flossen, aber Engel und Menschen jauchzten über eine Sünderin, welche Buße that.

Die leibliche und geistige Genesung der Pastorin ging Hand in Hand. Zwar blieb ihr Auge dunkel, und der Arzt gab keine Hoffnung, daß sie je wieder etwas würde sehen können, aber ihr Seelenauge war heller geworden, sie hatte ihre Sünde und Gottes Gnade gesehen und sie schätzte diese Erkenntniß höher als des Leibes Licht. »Ich war blind, aber nun bin ich sehend geworden, der Herr ist mein Licht!« rühmte sie zuweilen.

Es war rührend zu sehen, wie kindlich demüthig sie jetzt von ihren Kindern lernen wollte, und noch rührender, wie ehrerbietig zärtlich ihre Kinder mit ihr umgingen.

Eine Blinde ist gar abhängig von Anderen, schon ihr leiblicher Zustand führt eine gewisse Weichheit mit sich, – der Pastorin war jetzt diese Abhängigkeit eine Seligkeit, es war ihr ein so neues, süßes Gefühl, sich einer Liebe ganz hinzugeben, sich lieben und führen zu lassen. Jetzt saßen Mutter und Tochter oft zusammen, im traulichen Zwiegespräch des Hauses Wohl und Wehe berathend, jetzt sah die blinde Pastorin, was die sehende nie bemerkt hatte, daß Margareth sich auch in äußeren Dingen bei dem geringen Einkommen ihres Mannes manche Entbehrungen auferlegt hatte, um den Ansprüchen der Mutter zu genügen, daß ihre Kleider gröber und schlechter waren als die ihren, daß ihre Hände von Arbeit geröthet und gehärtet waren. Sie suchte sie nun zu unterstützen, ihr in der Arbeit zu helfen, so viel sie konnte, und Margareth nahm es mit Dank an. Bald strickte sie die Strümpfe für's ganze Haus, und Wilhelm hob geschickt die Masche wieder auf, die ihr entfallen, während die kleine Agnes auf ihren Ruf: »o, mir ist eine Masche hingefallen'.« dienstfertig aus dem Boden herumkroch, die verlorene zu suchen. Sie hütete und wartete die Kinder, welche so gern bei ihr waren, denn Großmutter wußte so schöne, kleine Geschichten vom lieben Heiland zu erzählen, und Margareth gewann dadurch wieder mehr Zeit in der Gemeinde zu arbeiten, was sie nicht immer in dem Maaße hatte thun können, wie sie gern gemocht hätte. Ihre Näh- und Strickschule gedieh unter treuen Händen, die sie herangezogen. Ihr Missionsverein sandte jährlich mehrere große Kisten mit nützlichen Sachen an Heinrich und Marie nach Indien. – Als Ferdinand Pastor in Steinfeld wurde, da wußte Niemand hier von Mission etwas, sie war ein fremdes Wort und eine fremde Sache. Er erzählte in der Predigt, in den Kinderlehren, in den Confirmandenstunden hier und da von den Heiden, und so fingen die Leute wenigstens an, der armen Heiden zu gedenken und einen kleinen Begriff von dem zu bekommen, was ein Missionar sei und was er da draußen mache.

Aber Margareth wollte ihnen die Mission gern näher rücken, sie war und blieb das Missionarskind mit dem brennenden Herzen. »O, wenn die Leute nur erst etwas für die Mission thäten, dann würden sie dieselbe auch bald lieb gewinnen.« Da fiel ihr Auge auf die fruchtbeladenen Bäume; sie dachte daran, wie ihre Eltern sich einst einer Kiste mit Backobst gefreut hatten, die ihnen aus Europa geschickt wurde, und schnell war ihr Entschluß gefaßt. Sie sagte es dieser und jener Frau, die sie auf der Straße antraf, oder die ihr Weg in die Pfarre führte, und bat sie, es doch auch noch Anderen zu sagen, ob sie nicht nächsten Montag Nachmittag in's Pfarrhaus kommen wollten, um dort alle etwas für die Missionare zu arbeiten. Liebe und Neugierde zog Viele nach dem Pfarrhause; hier standen auf der Diele große Kiepen mit Aepfeln und Birnen, Sitze waren bereit, Messer ebenfalls, und nun erzählte Margareth von der Hitze in Indien, wie da die armen Prediger soviel Reis essen müßten, und welche Freude ihnen eine Kiste mit gedörrtem Obst machen würde! Die gutherzigen Bäuerinnen griffen schnell zum Messer und gingen an die Arbeit. Ferdinand kam mit einem Buche, aus dem er schöne Missionsgeschichten vorlas, ein Wort gab das andere, es wurde gefragt und erzählt, man hatte selten einen so fröhlichen Nachmittag gehabt. Die Bäckerfrau ließ es sich nicht nehmen, alle die Körbe mit dem geschälten Obst mußten zu ihrem Mann geschickt werden, und er sollte sie auf's schönste trocknen.

»Ick hebbe aber ok gruhlig veel Owt. Willt Sei denn wall taukohmen Mahndag en betten kohmen, denn so kann dat Owtschälen bei öhsch angahn. Un am Enne deiht öhsch ok de Herr Pastohr de Ehre an und kommt midde un bringt dat schöne Bauk ohk midde,« sagte die Bauernfrau Vos.

»Wir kommen gern, sehr gern,« versicherte Margareth, und als nächsten Montag bei Frau Vos geschält war, da wollte auch Frau Rehse und Frau Busch und Frau Steckhan, daß man zu ihr kommen solle. Als es mit dem Obst vorbei war, schlug Margareth vor, Bohnen zu schneiden, einzumachen und für die Mission zu verkaufen; die Majorin von Heß in Berlin war eine getreue Abnehmerin und gute Bezahlerin dieses Artikels.

Nun hatten sie Geld, dafür konnte Baumwollenzeug gekauft werden, wer nähen konnte, nähte; die alten Bauernfrauen spannen Wolle, daraus wurden Strümpfe gestrickt, – ein Missionsverein war im Gange, man wußte nicht wie. Bald nahmen auch die Männer Theil; die Frauen wußten zu Hause nicht genug zu erzählen, wie schön es in ihrem Verein wäre; daß er Reihe um ging, erhöhte das Interesse daran, Jeder freute sich, ihn in seinem Hause zu haben.

»Ja, seihen Si, dat is unse blaue Mahndag,« sagte ein alter Bauer, als ihn einst Jemand auf die Zeitverschwendung aufmerksam machte.

Für das, wofür man arbeitet, das liebt man auch, dafür opfert man auch. Die Bauern zogen ihre schweren Geldbeutel, bald war Steinfeld ein rechtes Missionsdorf im deutschen Lande. Wenn Heinrich und Marie draußen Geld und Sachen brauchten, dann schrieben sie nach der Heimath, ihre Briefe brachten den Leuten das ferne Indien immer näher, und wogen die Briefe kaum zwei Loth, ihr Inhalt brachte große Freude, und die Antwort auf diese Briefe war oft zwei oder zwölf Centner schwer.

Durch das Nehmen der Missionsnachrichten lernten die Bauern Geben, durch das Geben lernten sie ein noch viel seligeres Nehmen, nämlich Gnade um Gnade zu nehmen aus der Fülle Jesu Christi.

O Margareth! Du hast Frieden im Herzen, Frieden im Hause, Frieden in der Gemeinde! Du hast Freude im Herzen, Freude im Hause, Freude in der Gemeinde! Wohl Dir, Dein Loos ist Dir gefallen auf's lieblichste!

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