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Siebentes Kapitel

Erfinder und Verleger.

Mark Twains Lebenslauf ist ganz der eines ›self made man‹, d. h. eines Mannes, der sich aus eigener Kraft emporgearbeitet. Seine Schriftstellerei hat darum so viel Kraft und Gehalt, weil sie erfüllt ist von dem, was der Autor selbst erlebt und durchgemacht. Er war nacheinander Buchdrucker, Lotse, Privatsekretär, Goldgräber, Redakteur und Vorleser und damit nicht genug wurde er auch noch Erfinder und Verleger. Die praktischen Erfindungen, die er gemacht und industriell verwertet hat, sind aus dem eigenen Bequemlichkeitsbedürfnis entstanden. So erdachte er ein besonderes Taschenbuch zum Aufzeichnen von Notizen und Einfällen aller Art. Clemens hatte immer vergeblich ein passendes Buch dieser Art gesucht, alle vorhandenen hatten nämlich die schlechte Gewohnheit, sich an der falschen Stelle aufzuklappen und ihn so irre zu machen. Sein Notizbuch dagegen schlägt sich mittels einer einfachen Vorrichtung immer am rechten Fleck auf – bei der zuletzt beschriebenen Seite.

Auch eine Weste hat Mark Twain erfunden, bei der die Tragbänder überflüssig sind, ein Hemd mit Kragen und Manschetten, in denen man keinerlei Knöpfe braucht, einen immerwährenden Kalender an die Uhr zu hängen und ein Brettspiel: eine Art Geschichtslotto, durch das sich die Jahreszahlen dem Gedächtnis einprägen sollen.

Als Schriftsteller ist Mark Twain vom Glück in hohem Grade begünstigt worden. Doch hat man ihn nach seinen ersten Erfolgen oft die Ansicht äußern hören, er würde, wenn er das Leben noch einmal von vorn anfangen könnte, seine Bücher selbst herausgeben, weil er als sein eigener Verleger weit mehr Gewinn mit dem Verkauf seiner Schriften erzielen könnte. Als er im März 1884 das Manuskript von ›Huckleberry Finn‹ beendet hatte, bot er es der ›Amerikanischen Verlagsgesellschaft‹ an, die durch Herausgabe seiner Werke zu bedeutendem Ansehen und Reichtum gelangt war. Mark Twain hatte bis dahin alles in allem etwa 400 000 Dollars Honorar erhalten. Ueber das neue Buch konnten sich jedoch Verfasser und Verleger nicht einigen. Lange schwankten die Verhandlungen hin und her; man bot ihm die Hälfte der Reineinnahme, aber das genügte ihm nicht, er verlangte sechzig Prozent des Gewinns. Hierauf glaubte sich die Gesellschaft nicht einlassen zu können, das Geschäft zerschlug sich und Mark Twain beschloß, seinen ›Huckleberry‹ im eigenen Verlage erscheinen zu lassen. In Verbindung mit seinem Neffen Charles O. Webster, von dessen Geschäftskenntnis er eine hohe Meinung hatte, gründete er die Firma Webster und Co., welche das neue Buch herausgab. Jedermann war auf das Ergebnis gespannt und siehe da – ›Huckleberry Finn‹ brachte seinem Verfasser eine Nettoeinnahme von 100 000 Dollars. Zwar starb der junge Webster bald darauf, aber der Name der Firma blieb unverändert bestehen. Sie veröffentlichte auch noch andere Bücher außer den Mark Twainschen und hat besonders mit den Memoiren des Papstes und den Denkwürdigkeiten des Generals Grant ein ungeheures Geschäft gemacht. Für letztere hatte Clemens der Familie Grant einen Preis geboten, den andere Verleger nicht zu zahlen wagten. Sie verstanden, nach seiner Ansicht, diese einzigartige Gelegenheit nicht zu würdigen. Welche Umstände schon nach einigen Jahren den Zurückgang der Firma Webster herbeiführten, ist uns nicht bekannt geworden.


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