Ludwig Tieck
Peter Lebrecht
Ludwig Tieck

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Dreizehntes Kapitel

Ich verliere mein Amt und gewinne einen Prozeß

Man hatte mich auf den Weg nach dem Gute des Präsidenten gebracht und ich ging jetzt unter mancherlei Gedanken meine Straße. Ich hatte eine Braut verloren, war in eine Grube gefallen, hatte meine Pflegeeltern gefunden, um den Namen und die seltsame Geschichte meines wahren Vaters zu erfahren. Jetzt wußte ich zugleich, warum ich in meiner Kindheit eine so große Vorliebe für den geistlichen Stand gehabt hatte. – Ich hatte Stoff genug zum Nachdenken und stand schon, ehe ich es vermutete, vor dem Landhause des Präsidenten.

Man war meinetwegen in großer Angst gewesen, man hatte gefürchtet, ich könnte in meiner Melancholie wohl gar einen desperaten Entschluß fassen; Louise war noch immer nicht aufgefunden.

Ich ging mit dem Präsidenten auf sein Zimmer und erzählte ihm mein Abenteuer und meine Entdeckung; er war erstaunt und dachte lange über die sonderbare Geschichte nach. Es entstand jetzt die Frage, ob man mir die Güter, die mir eigentlich gehörten, nicht wieder verschaffen könnte: er versprach, mich mit seinem ganzen Einflusse zu unterstützen.

In weniger Zeit war ein förmlicher Prozeß eingeleitet. In dieser Periode meines Lebens ward ich es vorzüglich inne, wie unschätzbar ein Freund ist, dessen Macht uns beschützen kann: der Ausgang meines Streites wäre immer zweifelhaft gewesen, ja es ist mir jetzt sogar wahrscheinlich, daß ich den Prozeß verloren, wenn sich der Präsident nicht meiner väterlich angenommen hätte. Durch seine Freunde und durch Leute, die wieder Gefälligkeiten von ihm erwarteten, brachte er es endlich dahin, daß die Güter, die bis jetzt ein Eigentum meiner Verwandten gewesen waren, mir zugesprochen wurden.

Ich war jetzt Herr eines großen Vermögens; um aber allen künftigen Schikanen zu entgehn, verkaufte ich meine Besitzungen sogleich wieder für eine sehr ansehnliche Summe an meine Verwandten, und beschloß nun, erst eine Gegend aufzusuchen, wo es mir genug gefiele, um mich dort häuslich niederzulassen.

Ich dankte dem Präsidenten, dem ich nie genug danken konnte, legte mein noch nicht angetretenes Amt wieder nieder und machte mich zur Abreise fertig. Ich hoffte auch noch meine Braut unterwegs anzutreffen und diese Hoffnung war eine Ursache mehr, sehr bald abzureisen.

Ich brachte mein Geld auf eine sichere Art unter, besuchte noch einmal meine guten Pflegeeltern und belohnte, so viel als möglich ist, ihre Liebe für mich; dann machte ich mich auf den Weg, um Abenteuer aufzusuchen.


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