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Die Töchter des Müllers.

Von den Kammern oben im Hause des Müllers waren zwei zu freundlichen Stübchen eingerichtet. Sie lagen neben einander und wurden von den beiden Töchtern des Müllers bewohnt, seinen beiden einzigen Kindern, nachdem vor jenen zwanzig Jahren der Tod auf so grausame Weise seinen Knaben ihm geraubt hatte.

Die beiden Schwestern saßen in der Stube der älteren beisammen.

Die Aeltere war eine große, schöne Frau von etwa dreiundzwanzig Jahren. Ihr feines, von einer Fülle des glänzendsten schwarzen Haares umgebenes Gesicht hatte den Ausdruck eines tiefen, aber edlen, fast erhabenen Schmerzes. Sie trug Trauerkleidung, nach städtischem Schnitt.

Die jüngere Schwester war ein hübsches, liebliches Kind von ungefähr siebenzehn Jahren. Aber sie war schon zur vollen Jungfrau aufgeblüht und nur ihr frisches freundliches Gesicht hatte noch den Ausdruck des Kindlichen. Ihre Kleidung war mehr ländlich, als städtisch.

Dem Unterschiede der Kleidung entsprach auch manches in dem Wesen der Beiden. Die Jüngere erschien wie ein einfaches Landmädchen mit gesundem Sinne und einem fröhlichen Herzen, das freilich auch schon sein Leid getragen und mitunter wohl noch zu tragen hatte. Die Aeltere in ihrem stillen, edlen Schmerze, hatte Haltung und Bewegungen einer Dame, die die Welt gesehen hatte.

Die beiden Schwestern waren in einem angelegentlichen Gespräche. Die ältere führte es ruhig, die jüngere konnte eine kleine Aufregung nicht immer zurück halten.

»Der Vater wird also Ja sagen, Luise?«

»Aber Kind, ich habe Dir nur gesagt, daß er zufrieden mit ihm ist, daß er ihn gelobt hat.«

»Seinen Fleiß, ein stilles Wesen, sein solides Betragen! Was will der Vater mehr.«

»Er könnte noch manches Andere fordern. Zum Beispiel Vermögen. Stephan ist arm.«

»Aber der Vater ist reich.«

»Reich, Kind? Er hat Vermögen.« –

»Und genug für uns Beide künftig. In zwei Theile geht es nur.«

Die ältere Schwester mußte trotz ihrer Trauer lächeln.

»Ei, Charlotte, Du hast schon getheilt?«

Die jüngere wurde roth.

»Ach Luise, es war wohl dumm von mir. Aber wir haben uns so lieb, der Stephan und ich, und er ist arm. Da macht man sich allerlei Sorgen.«

»Und man sucht sie sich auch wieder zu nehmen.«

»Ja, und da rechnete ich ihm denn vor –«

»Ah, auch schon gerechnet habt Ihr.«

»Daß der Vater immer genug habe für zwei Familien, für Dich und mich.«

Die ältere Schwester wurde wieder ernst, ernst und traurig.

»Es wird Alles für Dich sein, mein liebes Kind, für mich rechne nicht.«

»Doch doch, Luise!« rief eifrig das Kind. »Du wirst wieder glücklich werden; es werden wieder bessere Tage für Dich kommen.«

»Nie, Kind.«

»Doch, jetzt. Du bist –«

»Nie, nie!«

Luise, die ältere Schwester, rief die Worte leidenschaftlich. Sie war aufgesprungen und heftig ging sie in der Stube auf und ab.

Charlotte, die jüngere, sah ihr traurig nach. Nach einer Weile ging sie zu ihr.

»Verzeihe mir, Luise; und laß uns wieder von Stephan und mir sprechen. Es heitert Dich auf, wenn ich von uns plaudere. Und Du bist ja auch unsere freundliche Beschützerin.«

»Und ich bin ja glücklich unter Euch,« sagte Luise.

Das Mädchen hatte ihre Hand genommen und führte sie zu ihrem Sitze zurück. Dann setzte sie sich zu ihr und begann wieder zu plaudern.

»Ach, Luise, ich denke es mir prächtig, wenn ich hier künftig die Frau Müllerin bin, und Stephan der Müller. Denn die Mühle müssen wir nun schon haben. Für eine Müllerin, eine Frau Meisterin, bist Du viel zu vornehm. Du wirst wieder in die Stadt ziehen.«

»Ich werde nur bei Dir bleiben, Kind. Hier – wenn Ihr mich behalten wollt.«

»Behalten, Luise? Wie sprichst Du? Du bist die ältere, und wenn Du wolltest, könntest Du ja Mühle und Haus hier für Dich nehmen.«

»Es soll Alles Dir bleiben, Charlotte.«

»Und daß der Stephan arm ist, macht mir auch keine Sorge. Wenn der Vater auf Geld sähe – der Konrad hat Geld, eines Vaters Mühle wird ihm künftig zufallen – der Vater kann ihn dennoch nicht leiden. Und, Gott sei Dank, zu Neujahr läßt er den häßlichen Menschen gehen. Nicht wahr, er hat ihm schon gekündigt?«

»Er hat ihm gekündigt.«

»Mir wird ein Stein vom Herzen fallen, wenn er fort ist. Gott hat ihn gezeichnet mit einen rothen Haaren –«

»Charlotte!«

»Ja, ja, Luise, solch ein Sprichwort ist ein wahres Wort. Sieh Dir den Menschen einmal recht genau an. Besonders in den letzten Wochen, seitdem er weiß, daß er fort muß, sieht er so recht tückisch aus. Und vorhin kam er mir ordentlich unheimlich vor. Er war auch so boshaft gegen mich.«

»Vorhin?« fragte die ältere Schwester.

»Er begegnete mir unten im Flur; er hatte seinen besseren Rock angezogen und wollte ausgehen. Als er mich sah, blieb er stehen und sah mich frech an.

›Wollen Sie nicht mit mir gehen, Jungfer Charlottchen?‹

›Ich gehe nicht aus,‹ sagte ich kurz.

›Ich gehe nach Buchholz, zum Tanzboden.‹

›Ich gehe auf keinen Tanzboden.‹

›Ja, ja, das will hoch hinaus zu einem Bettler. – Ah, wenn der, wenn der Herr Stephan Sie hinführen wollte, dann würden Sie nicht nein sagen. Aber mit einem Bettler kann man eine Bettlerin werden, Jungfer Charlottchen.‹

Damit ging er lachend zum Hause hinaus. Ich mußte ihm fast erschrocken nachblicken.«

»Kümmere Dich nicht um den Menschen,« sagte die ältere Schwester. »Er ist eifersüchtig auf Stephan. Wenn er von hier fort ist, wird er nicht weiter an uns denken.«

»Er ist rachsüchtig, Luise, Gott hat ihn gezeichnet.«

Das Gespräch der Schwestern wurde unterbrochen. Ihr Vater trat zu ihnen ein.

Er hatte sich zusammengenommen. Doch sah man ihm an, daß er etwas auf dem Herzen habe.

Er wandte sich an die ältere Tochter.

»Die Frau von Bilau ist hier, Luise.«

Sie war bei dem Namen leichenblaß geworden.

»Was will sie?« sagte sie aufspringend.

»Sie will Dich sprechen.«

»Nie, niemals.«

»Ich habe ihr das gesagt; doch sie besteht darauf, sie habe Dir eine wichtige Mittheilung zu machen.«

»Ich habe nichts gemein mit der Frau, gar nichts. Sagt ihr das, Vater, schickt sie wieder fort. Ich kann sie nicht sprechen.«

»Es handle sich um ein Menschenleben, sagte sie.«

»Wenn auch, wenn auch!«

»Um das Leben ihres Sohnes.«

»Ja, ich weiß das, ich ahne es. Aber nein –«

Nein! wollte sie noch einmal sagen, fester, entschiedener. Aber sie sprach das Wort nicht aus. Ihre Kraft war gebrochen, oder vielmehr ihre Aufregung, die Heftigkeit, die sie plötzlich ergriffen hatte.

Sie mußte sich auf ihren Stuhl setzen. Ein Strom von Thränen entfloß ihren Augen, sie ließ sie still fließen; dann erhob sie sich.

»Laßt die Frau herein kommen, Vater. Sie soll nicht meinen, daß ich mich vor ihr fürchte. Und wenn ich recht errathe, weshalb sie gekommen ist, so soll sie von mir die Gründe vernehmen, aus denen ich nicht kann, was sie will. Führt sie zu mir. Aber laßt mir noch ein paar Minuten Zeit, sie darf die Thränen nicht sehen, die ich nicht zurück halten konnte.«

Der Vater ging.

»Verlasse auch du mich, Charlotte,« bat die ältere Schwester die jüngere. »Du darfst nicht hören, was ich mit der Frau zu sprechen habe; Du darfst nicht.«

Ueber die frischen Wangen des hübschen Mädchens waren schon lange die hellen Thränen geströmt.

»Arme Schwester,« sagte sie, »auf Deinem Herzen muß ein schweres Unglück liegen. Kannst Du mir es denn nie mittheilen, damit ich es Dir könnte tragen helfen?«

»Ja, Kind, Du sollst es erfahren, vielleicht heute noch. Ich ahne, daß die Frau mir schwere Dinge zu sagen hat; da werde ich einer Freundin bedürfen, an deren Brust ich mein Herz erleichtern kann, an Deiner, Du gutes, treues, unschuldiges Kind. Gehe, gehe jetzt.«

Auch das Mädchen ging.

Die Zurückgebliebene mußte noch immer nach Ruhe ringen; selbst ein sicherer, fester Entschluß fehlte ihr noch.

»Werde ich stark genug sein? Ich muß, ich muß es.«

Die Thür des Stübchens öffnete sich, die Frau von Bilau trat ein, nicht mit ihrem ganzen Stolze. Sie suchte sogar den harten Zügen ihres Gesichts einen milderen Ausdruck zu geben.

Die junge Frau, ihr gegenüber, wurde dennoch von einem heftigen Zittern befallen. Die vornehme Dame sah es; ihre Gestalt erhob sich stolzer, imponirender.

Luise hatte ihr schweigend einen Stuhl angewiesen, die Dame ließ sich nieder.

»Setze Sie« – sagte sie – »Setzen Sie,« verbesserte sie sich herablassender, »setzen Sie sich zu mir, Madame, ich werde lange mit Ihnen zu sprechen haben.«

Luise nahm ihr gegenüber Platz; sprechen konnte sie nicht.

Auch die Frau von Bilau mußte nach einem Eingange suchen.

»Madame Brunner,« hob sie an.

Da hatte auch die junge Frau die Sprache wieder gefunden.

»Nicht den Namen, gnädige Frau,« sagte sie beinahe heftig. »Sie wissen, daß ich ihn keine Stunde geführt habe.«

Die Frau von Bilau blieb ruhig und ward kälter.

»Aber Sie hatten immer ein Recht, den Namen zu führen.«

»Vor den Gesetzen – vielleicht.«

»Und jetzt lebt Niemand mehr, der Ihnen denselben streitig machen könnte.«

»Meine Ehre lebt noch, Frau Baronin!« rief die junge Frau.

Aber auf einmal erblaßte sie.

»Was sage ich? Meine Ehre? – Meine Schande lebt! Mit mir, immer mit mir. Und die Ehre jenes braven, unglücklichen Mannes. Doch, gnädige Frau, lassen Sie uns hier nicht streiten. Darf ich Sie bitten mir zu sagen, was Sie zu mir führt?«

»Eine Bitte an Sie, Madame.«

»Lassen Sie hören.«

»Ich kann ohne weitere Einleitung zu Ihnen sprechen – das ganze Unglück ist Ihnen bekannt.«

Die junge Frau war noch einmal außer Stande, sich zu beherrschen.

»Unglück?« rief sie. »Nur von Unglück sprechen Sie? Jetzt? Ha, früher war es Ihnen auch nicht einmal ein Unglück. Mit Geld, sagten Sie –«

»Wir wollen hier nicht streiten, Madame,« unterbrach die adlige Dame die Tochter des Müllers.

»Wohl, Frau Baronin, wir wollen nicht streiten, kommen Sie zu Ihrem Anliegen.«

Sie konnte die Worte endlich mit voller Ruhe sprechen, sie hatte sich ganz gefaßt.

Die Baronin hatte ihre unerschütterliche Ruhe nicht verloren.

»Madame, mein Sohn sitzt jetzt seit drei Jahren in der Festung.«

»Ja, Frau Baronin.«

»Seine Strafzeit würde noch siebenzehn Jahre dauern.«

»Das Urtheil lautete auf zwanzig Jahre.«

»Alle unsere bisherigen Schritte für seine Begnadigung sind vergeblich gewesen.«

»Der König Friedrich Wilhelm der Dritte ist ein gerechter Monarch, Frau Baronin.«

»Der König hat jetzt endlich ein geneigtes Gehör versprochen, wenn –«

»Wenn?« rief die junge Frau und ihr Auge flammte.

»Der König will es allein auf Sie ankommen lassen.«

»Auf mich?«

»Sein Ausspruch ist wörtlich folgender: Wir sollen Ihnen ein Kapital von zwölftausend Thalern auszahlen –«

»Ich will Ihr Geld nicht, Frau von Bilau!« fuhr die junge Frau auf, glühend roth in dem feinen, edlen Gesichte.

»Darf ich bitten, mich mit Ruhe anzuhören?«

»Fahren Sie fort, ich werde Sie mit Ruhe anhören.«

»Wir sollen Ihnen also zwölftausend Thaler zahlen. Mein Sohn soll dann an Sie schreiben und Sie um Verzeihung und um Ihre Verwendung bei dem Könige für seine Begnadigung bitten.«

Die adlige Dame sah die Tochter des Müllers prüfend und fragend an.

Die junge Frau blickte schweigend vor sich nieder.

Jene fuhr fort.

»Mein Sohn soll ferner, so lange Sie leben, oder sich hier aufhalten, seinen Wohnsitz in einer anderen Provinz der preußischen Staaten nehmen.«

Die Dame sah wieder die junge Frau an. Diese blickte noch immer vor sich nieder.

»Sie sagen mir nichts, Madame?«

»Sie haben mir nichts weiter zu sagen, Frau Baronin?«

»Ist Ihnen das Alles nicht genug der Satisfaction?«

»Zu welchem Zweck, gnädige Frau? Kommen Sie zum Schluß, zu Ihrem Anliegen an mich.«

»Nach dem Allen sollen Sie dann den König um die Begnadigung meines Sohnes bitten.«

»Ha, der König ist doch gerecht. Jenes Andere waren die Vorschläge, die Sie und Ihre hohen Verwandten und Freunde dem Könige gemacht hatten, um ihn zu bewegen, daß er unter der Maske einer edlen Gnade das Recht beuge. Der König blieb gerecht. Ja, Frau Baronin, alle Ihre bisherigen, alle jene Schritte waren vergeblich. Die letzte Bedingung ist allein die des Königs, sie ist eine königliche.«

»Und Ihr Entschluß, Madame?«

»Mein Entschluß? Frau von Bilau, Ihr Geld will ich nicht, ich bedaure, daß ich es Ihnen nochmals erklären muß. Ich bedaure es um Ihretwillen. Erinnern Sie sich – doch nein. Lassen Sie mich fortfahren. Wo in der Welt Ihr Sohn sich aufhält ist mir gleichgültig, denn mich sieht die Welt nicht mehr. Was aber jene letzte Bedingung betrifft, die des Königs, so kann ich sie nicht erfüllen, gnädige Frau. Niemals werde ich für ihren Sohn um Gnade bitten.«

Die junge Frau sprach die Worte mit der größten Ruhe, aber auch mit der größten Festigkeit und Entschiedenheit.

Die Baronin erbleichte, aber nur in ihrem gekränkten Stolze.

»Madame Brunner!«

»Frau von Bilau?«

»Sie haben mir Ihren letzten Entschluß gesagt?«

»Meinen ersten und letzten.«

»Madame, Sie haben das Leben meines Sohnes in Ihrer Hand. Mein armer Fritz – seine Gesundheit ist angegriffen – er hält es kein Jahr mehr in dem furchtbaren Kerker aus und seine Strafzeit soll noch siebenzehn Jahre dauern. Werden Sie nicht seine Mörderin. Der König ist unerbittlich, sein Wille ist unabänderlich.«

»Und der König hat Recht, Frau Baronin. Ihr Sohn hat mehr als einen Mord auf seinem Gewissen. Von meinem zerstörten Lebensglück will ich nicht sprechen. An den unglücklichen Mann – o, ihm ist wohl in seinem Grabe. – Aber meine Mutter, meine arme Mutter! – Nein, Frau von Bilau. Die Schmerzen, die Leiden, der Tod meiner Mutter – nie kann ich das vergessen, nie, nie kann ich das verzeihen.«

Sie war wieder in großer, heftiger Bewegung, die unglückliche Frau. Sie stand auf.

»Verlassen Sie mich, gnädige Frau,« sagte Sie; »ich bitte Sie darum. Quälen Sie mich nicht länger, ich schwöre Ihnen, es ist vergeblich.«

Die stolze Dame war bleicher geworden. Auch sie erhob sich, mit sich kämpfend. Ihre dringenden Bitten waren zurück gewiesen – von der Tochter eines Müllers! Sie hatte vielleicht noch nie eine Frau, die dem Stande nach so tief unter ihr war, um etwas gebeten, in solcher Weise, wie hier, gewiß noch nicht. Sollte sie gleichwohl noch weiter bitten? Sie mußte es.

Sie nahm die Hand der Müllerstochter.

»Madame – Luise, Sie liebten einst Fritz.«

Die junge Frau zuckte zusammen, antworten konnte sie nicht.

»Und Sie wollen, Sie können ihn in einem Kerker sterben lassen?«

Die junge Frau verhüllte ihr Gesicht. Antworten konnte sie wieder nicht.

»Luise, Sie lieben ihn noch.«

Man hörte das laute Schluchzen der unglücklichen jungen Frau.

Sie hielt beide Hände vor das Gesicht gepreßt, sie kämpfte wohl den schwersten Kampf ihres Lebens mit sich.

»Und er liebt Sie, Luise,« fuhr die Frau von Bilau fort. »Er liebte Sie immer, er liebt Sie noch, und ich – ja, ich habe meinen Stolz, nennen Sie es selbst meinen Hochmuth – ich habe ihn überwunden Er ist mein einziges Kind. Ich muß ihn wieder glücklich sehen. Luise, ich biete Ihnen seine Hand an, werden Sie meine Schwiegertochter. Ich bitte Sie darum. Lassen Sie mein Kind nicht sterben.«

Da erhob die junge Frau sich stolz. Sie trat vor die Baronin, enthüllte ihr Gesicht, gebot ihren Thränen. Sie sprach mit strengen Worten und mit strengem Blick:

»Frau Baronin von Bilau, als jene entsetzliche That geschehen war, die Sie vorhin nur ein Unglück nannten, als ein Lebensglück frevelhaft zerstört, eine brave Familie in ihrer Ehre, in ihrem Frieden vernichtet war, als meine Mutter in der Angst um ihr Kind, in der furchtbaren Todesangst da lag, da konnten Sie vor diese arme unglückliche, mit dem Tode ringende Mutter hintreten, da konnten Sie nicht einmal ein Unglück sehen, aber mit Ihrem harten und hochmüthigen Herzen konnten Sie hart und hochmüthig sagen: Nun, was ist denn? die Sache wird mit Geld abgemacht! Und Sie hatten das Herz meiner Mutter tödtlich getroffen, Frau Baronin Sie starb! Wollen Sie noch eine Antwort von mir?«

Die Frau von Bilau sprach kein Wort mehr, in ihren Shawl sich hüllend, verließ sie schwankend das Zimmer.

Die Tochter des Müllers sank erschöpft auf einen Stuhl.



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