Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Gajus Julius Cäsar.

1. Im sechzehnten Jahre verlor er den Vater. Der Anfang dieser Biographie ist abgebrochen und die ersten Kapitel verloren. Zugleich mit ihnen die Zuschrift des Werks an den Septimus, den Oberbefehlshaber der prätorianischen Leibwache Kaiser Hadrians. Wahrscheinlich ist dieser Septimus, dem Sueton sein Werk gewidmet hatte (s. Laurentius Lydus, Von den Magistraten II, 6), ein und dieselbe Person mit dem Septicius Clarus, Präfekten der prätorianischen Leibwache, der zugleich mit Suetonius bei dem Kaiser Hadrian, und zwar aus gleichen Gründen, in Ungnade fiel. Vgl. Einleitung S. 12. Im folgenden Jahre (zum Priester Jupiters bestimmt) löste er die Verbindung mit der Cossutia auf, die zwar nur einer Familie des Ritterstandes angehörig, aber sehr reich und ihm schon als Knaben verlobt worden war, und führte Cornelia, die Tochter Cinnas, der viermal Konsul gewesen war, als Gattin heim. Sie gebar ihm sehr bald die Julia, und er ließ sich auf keine Weise vom Diktator Sulla zur Scheidung von ihr bewegen. Dafür zur Strafe verlor er seine Priesterwürde, die Mitgift seiner Gattin und die Stammerbschaften und ward als Anhänger der Gegenpartei (Sullas) erklärt, so daß er sich gezwungen sah, von Rom fortzugehen und trotz eines seine Lage verschlimmernden viertägigen Fiebers fast Nacht für Nacht seine Verstecke zu wechseln, auch wohl sich von den ausgesendeten Spürhunden mit Geld loszukaufen, bis er endlich durch die Vermittelung der Vestalischen Jungfrauen und durch Mamercus Ämilius und Aurelius Cotta, seine Verwandten und Verschwägerten, Begnadigung erlangte. Hinreichend bekannt ist es, daß Sulla, der die Bitten befreundeter und angesehener Männer längere Zeit hindurch abgeschlagen hatte, endlich, von ihren anhaltenden Vorstellungen, überwunden, in die Worte ausbrach – sei es in dämonischer Vorahnung oder in richtiger Würdigung des Charakters –: nun so möchten sie denn ihren Willen haben, aber auch zugleich wissen, daß der, dessen Rettung sie so sehr erwünschten, dereinst der von ihnen gemeinschaftlich verteidigten Aristokratie den Untergang bringen werde. Denn in Cäsar stecke mehr als ein Marius.

2. Die ersten Kriegsdienste tat er in Asien im Hauptquartier des Prätors Marcus Thermus. Von diesem, um die Flotte herbeizuholen, nach Bithynien entsendet, verweilte er über Gebühr lange beim König Nikomedes, nicht ohne bösen Leumund, daß er dem König seine Keuschheit preisgegeben habe; und was diesem Leumund neue Nahrung gab, war der Umstand, daß er innerhalb weniger Tage wieder nach Bithynien zurückging, unter dem Vorwande, dort eine Geldsumme einzutreiben, die man einem Freigelassenen, seinem Klienten, schulde. Während der übrigen Zeit dieses Feldzuges erfreute er sich eines günstigern Rufs; ja, er wurde sogar von Thermus bei Gelegenheit des Sturms von Mitylene mit der Bürgerkrone Aus Eichenlaub; Belohnung des Tapfern, der einem Bürger das Leben gerettet hatte. beschenkt.

3. Auch unter Servilius Isauricus machte er in Cilicien einen Feldzug mit, jedoch nicht lange Zeit. Denn auf die Nachricht von Sullas Tode und in der Hoffnung auf die neue von Lepidus angeregte Parteibewegung, kehrte er eilig nach Rom zurück. Allein er trat mit Lepidus trotz der ihm gemachten glänzenden Versprechungen in keine Verbindung, weil ihm weder Lepidus selbst noch die Lage der Dinge, die er weit weniger günstig fand, als er erwartet hatte, Vertrauen einflößte.

4. Um indessen irgend etwas zu tun, klagte er, nachdem der Aufstand (des Lepidus) gedämpft war, den Cornelius Dolabella, einen Mann, der das Konsulat bekleidet und einen Triumph gefeiert hatte, auf Erpressung an. Als der freigesprochen wurde, beschloß er für eine Zeit sich nach Rhodus zurückzuziehen, teils um der gegen ihn erregten gehässigen Stimmung aus dem Wege zu gehen, teils um dort in voller Muße und Ruhe den Unterricht des Apollonius Molo, des damals berühmtesten Lehrers der Beredsamkeit, zu benutzen. Auf der Fahrt dahin, die er in bereits vorgerückter Winterzeit antrat, wurde er bei der Insel Pharmakusa von Seeräubern gefangen und blieb bei ihnen, mit höchster Achtung behandelt, Ruhnken, Wolf und andere lesen dignatione statt indignatione, so daß also Sueton mit diesen Worten andeuten würde, was Plutarch und Vellejus erzählen: daß er sich bei den Seeräubern sehr in Respekt zu setzen wußte. Dieselbe Phrase non sine magna dignatione braucht Sueton auch im Leben des Vespasian Kap. 4. fast vierzig Tage lang in Gewahrsam, mit nur einem Arzte und zwei Kammerdienern; denn sein übriges Gefolge und seine Dienerschaft hatte er gleich anfangs zur Herbeischaffung der Geldmittel für seine Auslösung fortgesendet. Die kleinasiatischen Städte zahlten das Geld (235 770 Reichsmark) S. Vellejus II, 42. Als darauf die fünfzig Talente gezahlt waren und er selbst an der Küste in Freiheit gesetzt worden war, brachte er ungesäumt eine Flotte zur Verfolgung der Absegelnden zusammen und ließ sie, nachdem er sie in seine Gewalt bekommen hatte, wie er ihnen mehrmals in scherzender Unterhaltung gedroht hatte, hinrichten. Als darauf Mithridates die benachbarten Landschaften verwüstete, setzte er von Rhodus, wohin er sich begeben hatte, nach Asien über, damit es nicht heiße, er sitze müßig, während römische Bundesgenossen in Gefahr seien, brachte ein Provinzialheer zusammen, vertrieb den Feldherrn des Königs aus der Provinz und erhielt so die bereits wankenden und schwankenden Städte im Gehorsam gegen Rom.

5. Während seines Kriegstribunats, der ersten öffentlichen Ehrenstelle, die ihm bei seiner Rückkehr nach Rom durch die Gunst des Volkes zuteil ward, lieh er den Bemühungen derer, welche die von Sulla beschränkte Gewalt der Volkstribunen wiederherzustellen trachteten, seine eifrigste Unterstützung. Auch dem Lucius Cinna, dem Bruder seiner Frau, und dessen Parteigenossen im Aufstande des Lepidus, die nach dem Tode des Konsuls (Lepidus) zum Sertorius geflohen waren, verschaffte er durch den Plotischen Gesetzantrag die Erlaubnis zur Rückkehr nach Rom und hielt über diesen Gegenstand selbst eine Rede an das Volk.

6. Als Quästor feierte er seine Vaterschwester Julia sowie seine Gemahlin Cornelia, die beide gestorben waren, nach der Sitte in öffentlichen Lobreden auf der Rednerbühne des Forums. In der Lobrede auf seine Tante lautet sein Bericht über ihren und des Vaters mütterlichen und väterlichen Stammbaum folgendermaßen: »Meiner Tante Julia mütterliches Geschlecht stammt von Königen; das väterliche ist mit den unsterblichen Göttern verwandt. Denn von Ancus Marcius stammen die Marcii Reges, deren Namen meine Mutter führte, von Venus die Julier, zu deren Geschlecht unsere Familie gehört. Es ist also in diesem Stamme hier die unverletzliche Majestät der Könige, die auf Erden die meiste Macht haben, dort die Heiligkeit der Götter, deren Untertanen die Könige selbst sind.« An Cornelias Stelle heiratete er sodann die Pompeja, Tochter des Quintus Pompejus, Lucius Sullas Enkelin, von der er sich später trennte, wegen des Verdachts, daß sie mit Publius Clodius ehebrecherischen Umgang gehabt habe. In der Tat war das Gerücht, daß dieser bei Gelegenheit eines öffentlichen Religionsfestes in Frauenkleidern sich bei ihr eingeschlichen habe, so andauernd, daß der Senat sich damals veranlaßt sah, eine Untersuchung wegen Entweihung der Religion anzuordnen.

7. Als Quästor fiel ihm die Provinz Hinterspanien zu. Während er dort im Auftrage des Prätors die Kreistage um Recht zu sprechen bereiste, fiel ihm bei seiner Ankunft in Gades der Anblick einer Statue Alexanders des Großen bei dem dortigen Herkulestempel schwer aufs Herz, und gleichsam als sei er überdrüssig seiner Tatenlosigkeit, weil er, wie er sich ausdrückte, noch nichts Denkwürdiges vollbracht habe in einem Alter, worin Alexander bereits den Erdkreis erobert gehabt habe, forderte er dringend sofort seine Entlassung, um so bald als möglich jede günstige Gelegenheit zu größeren Unternehmungen in der Stadt benutzen zu können. Zugleich spornten Traumdeuter, als ein Traumbild der folgenden Nacht ihn verwirrt hatte (er hatte geträumt, er habe seiner Mutter beigewohnt), seine Hoffnungen auf das äußerste, indem sie dies dahin auslegten, daß ihm die Herrschaft der Welt dadurch verkündigt werde, » sintemal die Mutter, die er von sich überwältigt gesehen habe, keine andere sei als die Erde, die ja als Mutter aller angesehen werde«.

8. So verließ er denn vor der Zeit die Provinz und bereiste die latinischen Kolonien In dem jenseit des Po gelegenen Gallien., die damals stark um die Erlangung des Bürgerrechts agitierten; und er würde sie vielleicht zu einer kühnen Unternehmung aufgeregt haben, hätten nicht die Konsuln die für Cilicien ausgehobenen Legionen gerade deshalb einige Zeit zurückgehalten. Nichtsdestoweniger unternahm er bald größere Dinge in Rom selbst.

9. Wenige Tage nämlich, ehe er sein Amt als Ädil antrat, geriet er in den Verdacht, daß er sich mit dem gewesenen Konsul Marcus Crassus sowie mit Publius Sulla und Autronius, die nach ihrer Wahl für das nächste Konsulat Wahlumtriebe wegen verurteilt waren, in eine Verschwörung eingelassen habe, infolge deren man beim Beginne des Jahres den Senat bewaffnet angreifen und bestimmte Mitglieder niederhauen wollte; worauf dann Crassus sich der Diktatur bemächtigen, er selbst von ihm zu seinem Leutnant Magister equitum, erster Unterbefehlshaber und Stellvertreter des Diktators. ernannt, die Verfassung in ihrem Sinne umgestaltet und schließlich dem Sulla und Autronius das Konsulat zurückgegeben werden solle. Es gedenken dieser Verschwörung Tanusius Geminus in seiner Geschichte, Marcus Bibulus in seinen Edikten und Gajus Curio der Vater in seinen Reden. Auf sie hinzudeuten scheint Cicero in einem Briefe an den Axius, wenn er sagt, Cäsar habe als Konsul die Königsherrschaft befestigt, die er bereits als Ädil im Gedanken getragen habe. Tanusius fügt hinzu, Crassus habe, aus Reue oder aus Furcht, sich an dem zum Morde festgesetzten Tage nicht eingefunden, und so habe denn auch Cäsar das Zeichen, das nach der Verabredung von ihm gegeben werden sollte, nicht gegeben; dies Zeichen aber, sagt Curio, habe darin bestanden, daß er die Toga von der Schulter werfen sollte. Derselbe Curio, aber auch Marcus Actorius Naso berichten, daß er auch mit dem jungen Gnäus Piso konspiriert habe, dem eben wegen des Verdachts einer solchen in der Stadt angezettelten Verschwörung außer der Ordnung Hinterspanien als Provinz übertragen worden sei. Beide seien übereingekommen, daß sie zu gleicher Zeit, jener draußen, Cäsar in Rom, mit Hilfe der Ambronen und Transpadaner die Revolution beginnen wollten, und nur Pisos Tod habe den beiderseitigen Plan vereitelt.

10. Während seines Ädilenamtes Über Cäsars Ausgaben als Ädil lese man Plutarch im Leben Cäsars, Kap. 5. verschönerte er nächst dem Forum, dem Komitium und den Basiliken auch das Kapitol mit provisorisch errichteten Säulengängen, die dazu dienen sollten, bei der Überfülle der Gegenstände einen Teil der Prachtgeräte auszustellen. Tiergefechte und Spiele aber gab er nicht nur mit seinen Amtsgenossen zusammen, sondern auch für sich allein, was zur Folge hatte, daß er auch für den gemeinschaftlich gemachten Aufwand den Dank allein erntete und daß sein Kollege Marcus Bibulus offen äußerte: »es gehe ihm geradeso wie dem Pollux. Denn so wie der den Zwillingsbrüdern auf dem Forum errichtete Tempel immer nur der Kastors genannt werde, so heiße auch seine und Cäsars Freigebigkeit immer nur allein die Cäsars«. Als besondere Zugabe veranstaltete Cäsar obendrein noch ein Fechterspiel, wiewohl darin bedeutend weniger Paare auftraten, als er ursprünglich bestimmt hatte. Denn da die ungeheure, von überall her aufgekaufte Sklavenmasse seine politischen Gegner erschreckte, so wurde durch ein Gesetz die Zahl der Fechter festgesetzt, über die hinaus niemand dergleichen in Rom zu halten erlaubt sein sollte.

11. Nachdem er sich die Volksgunst erworben hatte, versuchte er durch einen Teil der Tribunen einen Volksbeschluß durchzusetzen, der ihm Ägypten als Provinz Als Provinz, d. h. als Militärkommando mit höchster administrativer und rechtsprechender Machtvollkommenheit. erteile, indem er als Gelegenheit solches außerordentlichen Militärkommandos den Umstand benutzte, daß die Alexandriner ihren König, dem der Senat den Titel Freund und Bundesgenosse gegeben hatte, vertrieben hatten, was allgemeinen Unwillen erregte. Allein er drang nicht durch, weil die Partei der Aristokraten ihm entgegen war. Um nun seinerseits deren Ansehen dafür auf alle Weise zu schmälern, stellte er die Siegestrophäen des Marius über Jugurtha und über die Cimbern und Teutonen, die Sulla unlängst hatte zerstören lassen, wieder her und zog in die peinliche Untersuchung über Meuchelmord auch die als Meuchelmörder hinein, die zur Zeit der Sullanischen Proskription für eingelieferte Köpfe römischer Bürger Bezahlung aus dem Staatsschatze erhalten hatten, obschon die Kornelischen Gesetze zu ihren Gunsten eine Ausnahme festsetzten.

12. Ebenso stiftete er jemand an, der den Gajus Rabirius auf Hochverrat anklagen mußte, mit dessen Hilfe vorzugsweise der Senat einige Jahre zuvor das aufrührerische Tribunat des Saturninus gedämpft hatte; und als ihn selbst das Los zum Richter des Angeschuldigten machte, war er so leidenschaftlich bestrebt, ihn zu verurteilen, daß jenem bei dem Volke, an das er Berufung einlegte, nichts so sehr zu Hilfe kam, als die Erbitterung des Richters.

13. Da er die Hoffnung auf die Provinz aufgegeben hatte, bewarb er sich um die Stelle des Oberpriesters, mit dem Aufwande ungeheurer zur Bestechung verwendeter Geldmittel. Als er am Morgen, während er sich zum Wahlgange anschickte, die Summe seiner Schulden überdachte, sagte er, wie erzählt wird, der ihn zum Abschied küssenden Mutter voraus, nach Hause werde er, außer als Oberpriester, nicht zurückkehren. Und so besiegte er wirklich seine beiden einflußreichen Mitbewerber, die ihm an Alter und Rang weit voranstanden, so vollständig, daß er selbst in ihren eigenen Tribus mehr Stimmen davontrug, als beide in sämtlichen.

14. Als er zum Prätor erwählt worden war und der gesamte Senat nach Entdeckung der Katilinarischen Verschwörung gegen die Teilnehmer daran auf Todesstrafe antrug, gab er allein seine Stimme dahin ab, daß man sie zu abgesonderter Haft in den Munizipalstädten verteilen und ihre Vermögen konfiszieren solle. Ja, er schüchterte die, die strengere Maßregeln anrieten, durch die wiederholte Hinweisung auf den großen Haß, der ihnen dafür beim römischen Volke in Zukunft bleiben würde, dergestalt ein, daß Decimus Silanus, der ernannte Konsul, sich dazu herbeiließ, seine bereits erfolgte Abstimmung, da er sie ohne Schande nicht zurücknehmen konnte, durch eine mildere Deutung zu ändern, wie man sie härter verstanden habe, als er sie gemeint hätte. Und er würde in der Tat durchgedrungen sein, da er bereits mehrere, unter ihnen den Bruder des Konsuls Cicero, auf seine Seite gezogen hatte, wenn nicht des Marcus Cato Rede den wankenden Senat gekräftigt hätte. Doch selbst jetzt ließ er nicht ab, Einspruch zu tun, bis endlich eine Schar römischer Ritter, die bewaffnet als Schutzwache die Versammlung umstand, den leidenschaftlich auf seinem Widerspruche Beharrenden mit dem Tode bedrohte. Es wurden sogar Schwerter entblößt und in solcher Nähe gegen ihn gezückt, daß die ihm zunächst Sitzenden von ihm zurückwichen und kaum einige wenige ihn durch Umarmung und Vorhalten der Toga schützen konnten. Dieser Moment wirkte so abschreckend auf ihn, daß er nicht nur nachgab, sondern auch den Rest des Jahres hindurch die Senatsversammlung nicht mehr besuchte.

15. Gleich am ersten Tage seiner Prätur legte er dem Volke zur Untersuchung vor, ob Quintus Catulus die Herstellung des Kapitols besorgen solle, indem er zugleich einen Antrag stellte, der dies Geschäft einem andern übertrug. Jedoch da er dem Zusammenhalten der Aristokratenpartei sich nicht gewachsen fühlte, die er sofort von der Ehrenbegleitung der neuen Konsuln Cäsar hatte zu seinem Antrage gegen Catulus, den im Range ersten unter den Senatoren, den Moment gewählt, wo dessen Kollegen und Bundesgenossen der Sitte gemäß den neuen Konsuln bei ihrem Zuge auf das Kapitol das Ehrengeleit gaben. in großer Anzahl und zu hartnäckigem Widerstande entschlossen herbeigeeilt sah, zog er diesen Antrag zurück.

16. Im übrigen aber bewies er sich als den hartnäckigsten Unterstützer und Vorkämpfer des Volkstribunen Cäcilius Metellus, als dieser gegen das Interzessionsrecht seiner Kollegen sehr revolutionäre Gesetze in Vorschlag brachte, bis beide durch einen Beschluß des Senats ihrer amtlichen Tätigkeit entsetzt wurden. Als er dessenungeachtet kühn genug war, in ihr zu verharren und Recht zu sprechen, entließ er auf die Nachricht, daß man bereit sei, Waffengewalt gegen ihn anzuwenden, seine Liktoren, warf sein Amtskleid ab und flüchtete heimlich in seine Wohnung zurück, um sich den Umständen gemäß ruhig zu verhalten. Selbst die Volksmenge, die zwei Tage später sich ganz von freien Stücken dort versammelte und ihm mit ungewöhnlichem Ungestüm ihren Beistand zur Behauptung seiner Amtswürde anbot, sprach er zur Ruhe. Das hatte man nicht erwartet, und der Senat, der sich eben dieser Zusammenrottung wegen eiligst versammelt hatte, ließ ihm durch die angesehensten Männer Dank abstatten, lud ihn in die Kurie ein und setzte ihn mit Aufhebung des früheren Dekrets unter Ausdrücken ehrenvollster Belobigung wieder in sein Amt ein.

17. Aufs neue in eine andere gefährliche Lage kam er, da sein Name bei dem Untersuchungsrichter Novius Niger von dem Angeber Vettius und im Senate von Quintus Curius – demselben, dem man, weil er zuerst die Anschläge der Verschworenen entdeckt hatte, Belohnung aus Staatsmitteln zuerkannt hatte – unter den Genossen Catilinas genannt worden war. Curius behauptete, es von Catilina gehört zu haben; Vettius versprach sogar, einen eigenhändigen Brief von ihm an Catilina zu liefern. Eine solche Anschuldigung war Cäsar denn doch zu stark; er rief sehr emphatisch das Zeugnis Ciceros an, bewies dadurch, daß er diesem von freien Stücken gewisse Anzeigen in betreff der Verschwörung gemacht habe, und bewirkte schließlich, daß Curius die Belohnung nicht empfing und Vettius, nachdem er durch Auspfändung und Verschleuderung seines Hausrats Die Pfändung war erfolgt, weil er, vorgeladen, seine Anklage zu beweisen, nicht erschienen war. Bei dieser Auspfändung hatte man sein ganzes Mobiliar um Spottpreise verschleudert. arg gebrücht und in der Volksversammlung vor der Rednerbühne fast zerrissen worden war, ins Gefängnis geworfen wurde. Das letztere widerfuhr auch dem Novius, weil er eine Klage gegen eine höherstehende Amtsgewalt angenommen hatte.

18. Als ihm nach Ablauf seiner Prätur durchs Los Hinterspanien als Provinz zugefallen war, machte er sich von seinen Gläubigern, die ihn nicht abreisen ließen, durch Stellung von Bürgen los, reiste jedoch, ganz gegen Sitte und Gesetzbestimmung, noch ehe er die nötigen Instruktionen und Anordnungen In Bezug auf Bestand, Ausrüstung und Sold des Heeres und der Flotte, die er zu kommandieren hatte, sowie über die ihm beizugesellenden Mitglieder seines Stabes und der Verwaltung. für seine Provinz vom Senat erhalten hatte, dahin ab; man ist ungewiß, ob aus Furcht vor einer gerichtlichen Anklage oder aus dem Streben, möglichst schnell den Klagen der Bundesgenossen Abhilfe zu schaffen. Nachdem er Ruhe und Ordnung in der Provinz hergestellt hatte, verließ er sie mit gleicher Eile, ohne seinen Nachfolger abzuwarten, um seinen Triumph zu halten und sich um das Konsulat zu bewerben. Da jedoch, bei schon erfolgter Ansetzung des Wahltages, auf ihn keine Rücksicht genommen werden konnte, wenn er nicht als Privatmann die Stadt betrat, und sein Bemühen, für sich eine Ausnahme von diesen gesetzlichen Bestimmungen zu erlangen, auf vielfachen Widerspruch stieß, sah er sich gezwungen, den Triumph fahren zu lassen, um nicht von der Bewerbung um das Konsulat ausgeschlossen zu werden.

19. Unter seinen beiden Mitbewerbern Lucius Luccejus und Marcus Bibulus verband er sich mit Luccejus unter der Bedingung, daß dieser, weil er weniger Einfluß besitze, aber viel Geld habe, den Abteilungen der Wahlmänner in beider Namen Geld versprechen sollte. Als die Aristokraten dies erfuhren, drangen sie in Bibulus, weil sie fürchteten, daß Cäsar mit einem vollkommen einverstandenen Kollegen an der Seite in so hoher Stellung das Äußerste wagen werde, ebensoviel wie Luccejus zu bieten; ja, sehr viele gaben ihm dazu Geldbeträge aus eigenen Mitteln, und selbst ein Cato stellte nicht in Abrede, daß eine solche Bestechung zum Wohl des Staates diene. So wurde er denn mit Bibulus zum Konsul erwählt. Aus dem gleichen Grunde gab sich die Aristokratie alle Mühe, daß den neuen Konsuln nur Provinzen mit unbedeutenden Geschäften, d. h. solche, wo nur für Wälder und Viehweiden zu sorgen war, zugeteilt würden. Man wollte Cäsar keine Provinz geben, deren Behauptung große Streitkräfte und Geldmittel erforderte, sondern nur eine solche, wo bloß für die öffentliche Sicherheit der Heerstraßen und Viehweiden mittels geringer Truppenabteilungen zu sorgen war. Diese Beleidigung war für ihn der vorzüglichste Antrieb, sich durch alle möglichen Gefälligkeiten an Pompejus anzuschließen, der damals mit dem Senat gespannt war, weil dieser Anstand nehme, die Anordnungen, die er nach Besiegung des Königs Mithridates getroffen hatte, zu bestätigen. Dazu bewirkte er eine Aussöhnung des Pompejus mit Crassus, dessen altem Feinde seit ihrem beiderseitigen Konsulat, das sie in großer Uneinigkeit miteinander verwaltet hatten. Mit beiden verband er sich zu dem Zwecke, daß nichts im Staate geschehen solle, was einem von ihnen mißfällig sein würde.

20. Nach Antritt des Amtes war die erste Verordnung, die er erließ, die, daß alle Verhandlungen, sowohl die im Senat, als die vor dem Volke geführten, schriftlich abgefaßt und regelmäßig veröffentlicht werden sollten. Diese älteste »Staatszeitung« hieß Acta diurna, Tageszeitung. Früher hatte nur der Oberpriester eine Art solcher »Staatsnachrichten« in den sogenannten Annales maximi gegeben, die aber nicht veröffentlicht wurden und nur die Beschlüsse enthielten. Die von Cäsar getroffene Anordnung war, wie alle bisher von Sueton erzählten politischen Handlungen, eine rein demokratische und diente zur Kontrolle des Senats vor dem Volke. Ferner führte er die alte Sitte wieder ein, nach der in dem Monat, wo er die Amtsgewalt nicht hatte, ein Gerichtsbote vor ihm her und die Liktoren hinter ihm drein gingen. An dem Tage, wo er seinen Gesetzentwurf über Ackerverteilung vor das Volk brachte, vertrieb er seinen Kollegen, der dagegen Einspruch erhob, mit Waffengewalt vom Forum; ja, er brachte ihn, der am folgenden Tage, wo er im Senat Klage erhob, keinen fand, der über solche Vergewaltigung einen Antrag zu machen oder nur seine Meinung abzugeben wagte – obschon dies häufig bei weit geringeren Unordnungen geschehen war –, zu solcher Verzweiflung, daß er bis zur Niederlegung seiner Amtsgewalt sich beständig zu Hause hielt und nur noch durch schriftliche Bekanntmachungen sich Einspruch zu erheben erlaubte. Seitdem verwaltete Cäsar alles im Gemeinwesen allein und nach seinem Ermessen, weshalb einige Witzlinge, sooft sie bei irgend einer Scherzgelegenheit etwas als Zeugen unterzeichneten, nicht mehr schrieben, die Verhandlung sei unter den Konsuln Cäsar und Bibulus, sondern unter den Konsuln Julius und Cäsar geschehen [indem sie ihn so zweimal mit Namen und Zunamen setzten]. Wenn die von mir eingeklammerten Worte nicht, wie ich vermute, der Zusatz eines späteren Schulmeisters sind, so muß Suetonius, der sonst bei seinen Lesern in Bezug auf historische Kenntnisse der Zeitverhältnisse so unglaublich viel voraussetzt, von ihrer Fassungsgabe für einen so einfachen Witz die allergeringste Vorstellung gehabt haben. Auch waren bald in aller Munde die folgenden Verse:

Nicht unter Bibulus, nein, es geschah unter Cäsar die Sache,
Denn unter Bibulus ist nichts, das ich wüßte, geschehn.

Das Stellatische Feld, von unseren Vorfahren für Staatsgut feierlich erklärt, sowie das Kampanische Ackergebiet, das man den Eigentümern gegen Pachtzins an den Staat gelassen hatte, verteilte er, ohne Verlosung, unter etwa zwanzigtausend Bürger, die drei oder mehr Kinder hatten. Die Zollpächter, die um Nachlaß baten, erleichterte er durch Erlassung eines Dritteils ihrer Pachtsummen, verwarnte sie jedoch öffentlich, bei der neuen Verpachtung nicht so übermäßige Gebote zu tun. Auch andere, von verschiedenen Seiten an ihn gestellte Verlangnisse gewährte er, ohne daß jemand ihm widersprach; und wenn es einer tat, ward er sehr bald durch Einschüchterung abgeschreckt. So ließ er den Marcus Cato, der Einsprache erhob, durch einen Liktor aus der Kurie schleppen und ins Gefängnis führen. Den Lucius Lucullus, der ein etwas freieres Wort des Widerspruchs als gewöhnlich hören ließ, jagte er durch die Bedrohung mit einer Anklage dergestalt in Angst, daß der ihn fußfällig um Verzeihung bat. Als Cicero in einer gerichtlichen Rede Klagen über den Zustand des Staatsregiments verlautbaren ließ, verhalf er dessen Todfeinde, dem Publius Clodius, der schon lange vergebens danach gestrebt hatte, aus dem Patrizierstande in den plebejischen überzutreten, an demselben Tage um die neunte Stunde D. h. um drei Uhr nachmittags. Sueton erzählt diesen Zug, um zu zeigen, wie schnell Cäsar handelte. Clodius, der den Cicero tödlich haßte, wollte Volkstribun werden, um ihn mit Erfolg angreifen zu können. Dazu mußte er, der Patrizier, Plebejer werden. Dies geschah durch Cäsars Hilfe, indem ein Plebejer ihn an Kindes Statt annahm. Die Folge davon war Ciceros Anklage und Exil. zur Erfüllung seines Wunsches. Endlich stiftete er den Vettius durch Bestechungen aller Art wider die gesamte (aristokratische) Gegenpartei dazu auf, daß er öffentlich erklärte, er sei von gewissen Mitgliedern zum Morde des Pompejus aufgefordert worden, und, vor die Rednerbühne geführt, auch wirklich die vorher verabredeten Namen nannte. Als jedoch der eine und andere dieser Namen ohne Wirkung und nicht ohne den Verdacht böswilliger Erdichtung genannt worden war, verzweifelte Cäsar an dem Gelingen des übereilten Planes und ließ, wie man glaubt, den Angeber durch Gift aus dem Wege räumen.

21. Um dieselbe Zeit heiratete er die Calpurnia, Tochter des Lucius Piso, der zu seinem Nachfolger im Konsulat bestimmt war, und vermählte zugleich seine Tochter, die Julia, dem Gnäus Pompejus, indem er ihren früheren Verlobten, den Servilius Cäpio, beseitigte, obschon ihm dieser in der Bekämpfung des Bibulus die wesentlichste Unterstützung gewährt hatte. Seit dieser neuen Verschwägerung fing er an, wie sonst den Crassus, jetzt den Pompejus im Senat immer zuerst zur Abgabe seiner Meinung aufzurufen, obschon es Herkommen war, daß der Konsul die Ordnung des Aufrufs, die er am ersten Januar beobachtet hatte, während seines ganzen Konsulatsjahres beibehielt.

22. So durch Schwiegervater und Eidam unterstützt, sah er sich in den Stand gesetzt, aus der gesamten Menge der Provinzen sich Gallien auszuwählen, das durch seine Lage und Verhältnisse und durch die Gelegenheit zu triumphwürdigen Kriegstaten jeden möglichen Vorteil bot. Ich übersetze hier nach der von Oudendorp, Wolf und Bremi gebilligten Lesart Gronovs. Und zwar erhielt er zunächst durch das Gesetz des Volkstribunen Vatinius das Gallien diesseit der Alpen nebst Illyrien, bald darauf durch den Senat auch das Jenseitige Gallien Im Text Gallia comata, so genannt von der Haartracht der Bewohner., weil die Senatoren fürchteten, daß er auch dieses durch das Volk erhalten möchte, wenn sie es ihm verweigerten. Dieser Erfolg machte ihn so übermütig, daß er wenige Tage darauf in voller Senatsversammlung sich nicht enthalten konnte, die prahlerische Äußerung zu tun: »er habe trotz des Seufzens und Widerstrebens seiner Widersacher erreicht, was er begehrt, und werde von nun ab allen auf den Köpfen tanzen«. Und als ihm darauf jemand die spottende Antwort gab: »das werde für ein Weib keine leichte Sache sein«, Eine Anspielung auf das von Sueton im 2. Kapitel mitgeteilte Gerücht über Cäsars unsittlichen Verkehr mit dem König Nikomedes. versetzte er, auf den Witz eingehend: »auch in Syrien habe eine Semiramis geherrscht, und ein großer Teil Asiens sei einst den Amazonen unterworfen gewesen«.

23. Nachdem er sein Amt niedergelegt hatte, machten die Prätoren Gajus Memmius und Lucius Domitius einen Antrag im Senat auf außerordentliche Untersuchung der Amtshandlungen des vorigen Jahres. Cäsar stellte die Untersuchung dem Senat anheim, und da dieser sich nicht zu ihrer Aufnahme entschließen konnte und drei Tage mit fruchtlosen Streitereien vergangen waren, reiste er in seine Provinz ab. Kaum hatte er sich jedoch entfernt, als man seinen Quästor, zum Vorspiele dessen, was ihm selbst bevorstehe, wegen mehrerer Punkte sofort auf das leidenschaftlichste in Anklagestand versetzte. Bald darauf wurde er selbst von dem Volkstribunen Antistius Labeo vor Gericht gefordert und setzte es erst durch Berufung an das Kollegium der Tribunen durch, daß er, solange er in Staatsangelegenheiten von Rom abwesend sei, nicht angeklagt werden durfte. Um also wegen der Zukunft sicher zu sein, machte er es zu einer Hauptaufgabe, sich immer die Magistratspersonen jedes Jahres zu verpflichten und unter den Bewerbern um solche Stellen keine zu unterstützen oder zu einem Amte gelangen zu lassen als die, die sich anheischig gemacht hatten, während seiner Abwesenheit seine Sache zu verteidigen; ja, er ließ sich darüber von einigen unbedenklich Schwur und Handschrift geben.

24. Als aber Lucius Domitius als Bewerber um das Konsulat öffentlich drohte: »er werde als Konsul das durchsetzen, was er als Prätor nicht vermocht hätte, und ihm seine Heere entziehen«, da entbot Cäsar den Crassus und Pompejus zu sich nach Luca Das heutige Lucca., einer Stadt seiner Provinz, und bewog sie durch seine Vorstellungen zu dem Entschlusse, sich, damit Domitius nicht Konsul werde, um das zweite Konsulat zu bewerben, wo ihm dann sein Heerkommando auf fünf Jahre verlängert werden sollte. Hier folgen im Texte die Worte perfecitque utrumque, d. h.: »und er setzte beides durch«. Sie sind von Wolf und Bremi als verdächtig eingeklammert, stehen in den Handschriften an verschiedenen Plätzen und sind ohne Zweifel der Zusatz eines Lesers, der nicht sah, daß ihr Sinn schon in dem Worte compulit (»er bewog«) enthalten ist. In dieser Zuversicht vermehrte er die vom Staate ihm übergebenen Legionen noch durch neue, die er auf seine Kosten warb. Eine derselben bildete er sogar aus transalpinischen Galliern und gab ihr auch einen gallischen Namen; sie hieß nämlich Alauda. So heißt nach Plinius, Naturgeschichte XI, 37 (44), die Hauben- oder Helmlerche. Cäsar gab der Legion diesen Namen von dem Helmschmucke, den er ihr verlieh. Er verlieh ihr römische Kriegsordnung und Bewaffnung und beschenkte sie später Mann für Mann mit dem römischen Bürgerrecht. Seitdem ergriff er begierig jede Gelegenheit zum Kriege, selbst wenn es ein ungerechter oder gefährlicher war, und griff ebensogut verbündete als feindliche und barbarische Völkerschaften ohne Grund an; ja, er trieb dies so weit, daß bei einem gewissen Falle der Senat den Beschluß faßte, eine Untersuchungskommission nach Gallien abzuschicken, und einige Senatsmitglieder sogar sich dahin aussprachen, man müsse ihn den Feinden ausliefern. Da jedoch alle seine Unternehmungen glücklichen Erfolg, hatten, setzte er es durch, daß ihm öfter und in betreff der Tagesdauer längere Dankfeste Solche Dankfeste ( supplicationes) bestanden darin, daß der Senat bei Gelegenheit eines wichtigen Sieges im Namen des Imperators die Tempel zu öffnen und den Göttern Dankopfer zu bringen befahl. Sie dauerten anfangs nur einen Tag, später mehrere und steigerten sich zu Cäsars Zeit auf vierzig bis fünfzig Tage, etwa den verschiedenen »Klassen« und Abteilungen unserer Orden entsprechend. zuerkannt wurden als je einem andern vor ihm.

25. Seine wichtigsten Taten während seines neunjährigen Kommandos sind kurz folgende. Er machte das ganze Gallien, das von den Pyrenäen und Alpen sowie von dem Gebirge Gebenna (den heutigen Cevennen) und den Flüssen Rhein und Rhone umschlossen wird, in einem Umfange von drei Millionen zweimalhunderttausend Schritt, ohne die mit Rom bereits verbündeten und durch ihr Verhalten befreundeten Städte, vollständig zur römischen Provinz und belastete es mit einer Jahressteuer von vierzig Millionen Sesterzien. Tausend römische Schritt ( passus) machten eine römische Meile [1,479 km]; jener Umfang betrug also 3200 römische Meilen [4731,7 km], von denen fünf auf eine deutsche gehen, wie noch heute die römischen Miglien. – Vierzig Millionen Sesterzien waren zu Cäsars Zeit = 7 016 000 Reichsmark. Er war der erste Römer, der die Germanen, die jenseit des Rheins wohnen, mittels einer über den Fluß geschlagenen Brücke angriff und ihnen große Niederlagen beibrachte. Auch die Britanner griff er an, die zuvor ganz unbekannt waren, und erzwang von den Besiegten Geld und Geiseln. Im Laufe so vieler Glückserfolge hat er nur dreimal und weiter niemals einen Schlag des Unglücks erfahren: in Britannien, als fast seine ganze Flotte durch ein gewaltiges Sturmwetter zugrunde ging, dann in Gallien, als eine Legion bei Gergovia gründlich geschlagen wurde, und im germanischen Gebiete, als seine Unterfeldherren Titurius und Aurunculejus in einen Hinterhalt gelockt und niedergehauen wurden.

26. Um dieselbe Zeit verlor er erst seine Mutter, dann seine Tochter und nicht lange darauf seinen Enkel. Inzwischen waren durch Publius Clodius' Ermordung Unruhen in Rom hervorgerufen, und der Senat hatte beschlossen, daß nur ein Konsul, und zwar Gnäus Pompejus, ernannt werden solle. Cäsar traf also mit den Volkstribunen, die ihn zum Kollegen des Pompejus bestimmten, das Übereinkommen: sie möchten statt dessen vielmehr beim Volke darauf antragen, daß ihm verstattet sein sollte, sich abwesend gegen die Zeit, wo sein Kommando zu Ende gehe, um das zweite Konsulat zu bewerben, damit er nicht gezwungen sei, zur Unzeit und ehe der Krieg noch völlig zu Ende geführt sei, seine Provinz zu verlassen. Als er dies erlangt hatte, wandte er, im Hinblick auf höhere Ziele und voll guter Hoffnung, alles auf, um so viele Personen wie möglich sich durch Dienste und Gefälligkeiten zu verbinden, die er sowohl in seiner öffentlichen Stellung wie aus seinen Privatmitteln leistete. Er begann aus seinem Beuteanteil den Bau eines Forums, zu dem der Platz allein ihm auf hundert Millionen Sesterzien 17 540 000 Mark deutscher Reichswährung. zu stehen kam. Dem Volke verhieß er zur Gedächtnisfeier seiner Tochter ein Fechterspiel und dazu einen Festschmaus, was vor ihm noch keiner getan hatte; und um die Erwartung aufs äußerste zu spannen, ließ er, obschon er die Lieferungen für den Festschmaus an Garköche verdungen hatte, auch durch seine Hausdienerschaft großartige Zurichtungen machen und sorgte dafür, daß ausgezeichnete Gladiatoren, bei deren Auftreten die Zuschauer den Kampf auf Leben und Tod verlangten, mit Gewalt schnell aus der Arena geführt und für ihn aufbewahrt wurden. Seine eigenen Fechterlehrlinge ließ er nicht in der Fechtstube oder von Schaufechtmeistern, sondern in Privathäusern von römischen Rittern, ja selbst von Senatoren, die im Waffenhandwerk erfahren waren, einüben und bat die letzteren, wie aus seinen Briefen hervorgeht, eindringlich, den Unterricht der einzelnen zu übernehmen und selbst bei der Übung die nötigen Anweisungen zu erteilen. Seinen Legionen verdoppelte er für alle Zeit den Sold. Getreide teilte er ihnen aus, so oft reichlicher Vorrat war, ohne Rücksicht auf das bestimmte Maß, und beschenkte zuweilen Mann für Mann jeden mit einem erbeuteten Sklaven.

27. Um die verwandtschaftliche Verbindung und Freundschaft mit Pompejus aufs neue festzuknüpfen, bot er ihm die Octavia, seiner Schwester Enkelin, die mit dem Gajus Marcellus verheiratet war, zur Ehe und warb für sich um die Hand von Pompejus' Tochter, die dem Faustus Sulla bestimmt war. Zugleich machte er sich nicht nur die ganze Umgebung des Pompejus und selbst einen großen Teil des Senats durch zinslose oder mit sehr geringem Zins vorgestreckte Darlehen verbindlich, sondern er beschenkte auch fort und fort die Personen aus allen Ständen, die ihn mit und ohne seine Einladung besuchten, auf das reichlichste; ja, er dehnte seine Freigebigkeit selbst auf die Freigelassenen und Lieblingssklaven eines jeden aus, je nachdem sie bei ihrem Patron oder bei ihrem Herrn in Gunst standen. In dieser Zeit war er für alle von Prozessen oder Schulden Bedrängte oder für eine verschwenderische Jugend die einzige und prompteste Hilfe, falls nicht die Verbrechen der einen oder die Schulden und die Verschwendung der anderen ärger waren, als daß er allein ihnen hätte helfen können. Leuten solcher Art sagte er ganz rund und offen heraus, nur eine Revolution könne ihnen Rettung schaffen.

28. Mit gleichem Eifer suchte er sich die Könige und Provinzen auf der ganzen Erde geneigt zu machen. Einigen bot er Tausende von Gefangenen zum Geschenk, anderen sandte er ohne Ermächtigung des Senats Hilfstruppen, wohin und wie oft sie wollten, und nicht nur in Italien, Gallien und Spanien, sondern auch in Asien und Griechenland schmückte er die bedeutendsten Städte mit großartigen Bauwerken, bis endlich, da bereits alle Welt in höchster Bestürzung und mit dem Gedanken, wohin das alles abziele, beschäftigt war, der zeitige Konsul Marcus Claudius Marcellus, nachdem er durch ein Edikt verkündigt: »daß er über höchste Staatsgefahr einen Vortrag machen werde«, beim Senate den Antrag stellte: »man solle dem Cäsar vor der Zeit einen Nachfolger senden, in Betracht, daß der Krieg ja bereits zu Ende und der Friede festgestellt und es somit Pflicht sei, das siegreiche Heer zu entlassen; und daß zweitens auf den abwesenden Cäsar keine Rücksicht bei der Konsulwahl genommen werden solle, da ja auch Pompejus ihn auf illegale Weise von dem Volksbeschlusse Dieser verbot, daß jemand abwesend sich um das Konsulat bewerben dürfe. Ich habe nach Casaubonus' Erklärung übersetzt. ausgenommen habe«. Dies letztere bezog sich auf den Umstand, daß Pompejus, als er den Gesetzantrag »über das Recht der Magistrate« stellte, in dem Abschnitte, der die Abwesenden von der Bewerbung ausschloß, aus Vergeßlichkeit auch Cäsar nicht ausgenommen hatte und erst später, als das Gesetz bereits in Erz gegraben und im Archiv deponiert war, den Irrtum verbesserte. Marcellus aber, nicht zufrieden damit, Cäsar seine Provinz und jenes Privilegium zu entreißen, stellte noch einen andern Antrag: »es solle den Kolonisten, die er dem Vatinischen Gesetz gemäß in Novum Comum Das heutige Como am gleichnamigen See. angesiedelt hatte, das römische Bürgerrecht wieder genommen werden, weil es ihnen zur Förderung ehrgeiziger Absichten und ohne Autorisation des betreffenden Gesetzes verliehen worden sei«.

29. Hierdurch sehr aufgeregt und von der Ansicht erfüllt, die man ihn, wie Ohrenzeugen berichten, oft aussprechen hörte: »es sei schwerer, ihn, den ersten Mann im Staate, von der ersten auf die zweite Stelle, als von der zweiten bis zu der letzten hinabzustoßen«, setzte Cäsar teils durch das Einschreiten der Tribunen, teils mit Hilfe des zweiten Konsuls, Servius Sulpicius, diesen Maßregeln den äußersten Widerstand entgegen. Auch im folgenden Jahre, als Gajus Marcellus, der seinem Vaterbruderssohne Marcus im Konsulat gefolgt war, dessen Pläne wiederaufnahm, gewann Cäsar durch ungeheure Geldopfer den zweiten Konsul Ämilius Paulus und den überaus gewalttätigen Volkstribunen Gajus Curio zu seiner Verteidigung. Als er aber sah, daß man in allem mit ungewöhnlicher Hartnäckigkeit gegen ihn arbeitete und daß auch für das nächste Jahr die Konsuln aus der ihm feindlichen Partei gewählt wurden, da wandte er sich brieflich an den Senat mit der Bitte: »man möge ihm das ihm vom Volke erteilte Vorrecht nicht entziehen oder aber auch die anderen Oberbefehlshaber von ihren Heeren abberufen«. Er tat das, weil er nach der allgemeinen Ansicht sich darauf verließ, daß er leichter, wenn es ihm beliebe, seine Veteranen zusammenrufen werde, als Pompejus seine neugeworbenen Soldaten. Mit seinen Gegnern knüpfte er zugleich Unterhandlungen an, indem er sich erbot, acht Legionen und das Transalpinische Gallien abzugeben, wenn man ihm bis zu seiner Konsulwahl zwei Legionen und die zisalpinische Provinz oder auch nur eine Legion mit der Provinz Illyrien lassen wolle.

30. Da indessen der Senat auf seine Bitten nicht einging und seine Gegner jede politische Vereinbarung mit ihm ablehnten, begab er sich in das Diesseitige Gallien und blieb nach Abhaltung der Gerichtstage in Ravenna stehen, entschlossen, mit den Waffen einzuschreiten, wenn der Senat gegen die zu seinen Gunsten handelnden Tribunen schärfere Maßregeln ergriffe. Das war nämlich der von ihm aufgestellte Vorwand des Bürgerkrieges. Die wirklichen Ursachen aber waren nach der allgemeinen Ansicht ganz andere. Gnäus Pompejus sprach sich oft und laut dahin aus: Cäsars Entschluß, alles durcheinander zu werfen, sei dadurch herbeigeführt worden, weil er sich außerstande gesehen habe, einerseits die unternommenen Bauwerke zu Ende zu führen, andererseits den Erwartungen des Volkes, die er für seine Rückkehr hervorgerufen hatte, aus seinen Privatmitteln Genüge zu leisten. Andere sagen, er habe gefürchtet, daß man ihn für alles, was er in seinem ersten Konsulate gegen die Auspizien, gegen die Gesetze und gegen die Einsprache der Tribunen getan habe, zur Rechenschaft ziehen werde, da Marcus Cato wiederholt drohte und sich verschwor, er werde ihn anklagen, sobald er nur erst das Heer entlassen hätte, und da allgemein und offen die Rede ging, wenn er ohne Heer zurückkehre, werde er, wie einst Milo, von Bewaffneten umgeben sich vor Gericht verteidigen müssen. Dies wird noch wahrscheinlicher dadurch, daß Asinius Pollio berichtet, Cäsar habe beim Anblick der auf dem pharsalischen Schlachtfelde tot niedergestreckten Gegner wörtlich gesagt: » Das haben sie gewollt! Nach allen meinen großen Taten wäre ich, Gajus Cäsar, verurteilt worden, wenn ich nicht beim Heere Hilfe gesucht hätte!« Einige meinen, der Zauber langgewohnter militärischer Obergewalt, verbunden mit der genauen Abwägung seiner und der Gegner Kräfte, habe ihn vermocht, die günstige Gelegenheit zu benutzen und die Herrschergewalt an sich zu reißen, die schon der Gegenstand seiner heißen Jünglingswünsche gewesen sei. Diese Ansicht scheint auch Cicero gehabt zu haben, wenn er in seinem Werke »Von den Pflichten« im dritten Buche schreibt, immerfort habe Cäsar die Verse des Euripides im Munde geführt, die nach Ciceros Übersetzung also lauten:

»Soll Recht gebrochen werden, seis ein Königsthron,
Um den man's bricht! Im übrigen seis heilig dir!« Den in diesen Versen enthaltenen Gedanken legt Euripides in seiner Tragödie »Die Phönizierinnen« (V. 527 und 528) dem Thronräuber Eteokles in den Mund. Schiller hat ihn im »Fiesco« in dem berühmten Monolog des dritten Akts (III, 2) trefflich benutzt und nur die epigrammatische Kürze des griechischen Dichters etwas zu sehr ins Breite gezogen, wenn er seinen Helden sagen läßt: »Gewiß, wenn auch des Betrügers Witz den Betrug nicht adelt, so adelt doch der Preis den Betrüger. Es ist schimpflich, eine volle Börse zu leeren, – es ist frech, eine Million zu veruntreuen, – aber es ist namenlos groß, eine Krone zu stehlen! Die Schande nimmt ab mit der wachsenden Sünde.« – Nun ja, so ist es! – »Freunde, wir habens erlebt.«

31. Als er daher die Botschaft erhielt, daß der Widerspruch der Volkstribunen (zu seinen Gunsten) fruchtlos gewesen und sie selbst aus der Stadt entflohen seien, ließ er sofort die Kohorten ganz in der Stille vorausmarschieren; er selbst wohnte, um jeden Verdacht zu vermeiden, nicht nur einem öffentlichen Schauspiele bei, sondern er prüfte auch mit großer Sorgfalt den ihm vorgelegten Riß zu einer Fechterschule, deren Bau er angeordnet hatte, und nahm, wie er gewohnt war, an einem zahlreich besuchten Gastmahle teil. Dann ließ er nach Sonnenuntergang Maultiere aus der nächsten Mühle an einen Wagen schirren und trat im tiefsten Geheimnis mit wenigen Begleitern seine Reise an. Da die Fackeln erloschen, kam er vom Wege ab, schweifte lange in der Irre umher, fand endlich bei Tagesanbruch einen Führer und kam auf den schwierigsten Pfaden zu Fuße wieder glücklich auf den richtigen Weg, holte seine Kohorten am Flusse Rubico Der heutige kleine Fluß Pisatello, an dessen Ausmündung in das Adriatische Meer die gleichnamige Stadt Rubico (heute Torre di bell' Aria) lag., der die Grenze seiner Provinz war, ein und machte da einen kurzen Halt. Hier war es, wo er, die Größe seines Unternehmens bedenkend, zu seiner nächsten Umgebung gewendet die Worte sprach: » Noch jetzt können wir zurückgehen. Haben wir aber dies Brückchen überschritten, dann müssen die Waffen alles entscheiden!«

32. Sein unschlüssiges Zaudern ward durch folgende Erscheinung unterbrochen. Es zeigte sich nämlich plötzlich den Blicken ein Mensch von ungewöhnlicher Größe und Wohlgestalt, der in nächster Nähe sitzend auf einer Rohrflöte zu blasen begann. Als nun außer den Hirten auch viele Soldaten, aus ihren Reihen tretend, sich als Zuhörer um ihn versammelt hatten, unter denen sich auch Spielleute befanden, riß er dem einen die Tuba aus der Hand, sprang zum Flußufer hinab und ging, indem er mit gewaltigen Tönen den Angriffsmarsch blies, auf das andere Ufer hinüber. Da sprach Cäsar: » Gehen wir, wohin der Götter Zeichen und der Gegner Ungerechtigkeit rufen! Der Würfel ist geworfen

33. Nachdem er so das Heer übergeführt hatte, ließ er es zu einer Versammlung zusammentreten, führte die Volkstribunen vor, die eben jetzt flüchtig bei ihm angelangt waren, Ihr Anblick sollte bei den Soldaten das Gefühl der Erbitterung gegen Cäsars Widersacher steigern. und flehte in einer Rede, unter Tränen und sein Gewand auf der Brust zerreißend, die Soldaten um Beistand an. Einige sind sogar der Meinung, er habe jedem ein ritterliches Vermögen versprochen, doch rührte dies aus einem Mißverständnisse her. Da er nämlich im Feuer der Rede und Anmahnung mehrmals mit ausgestrecktem Finger der linken Hand versicherte, er werde, um allen gerecht zu werden, die ihm zur Durchführung seiner Sache Beistand leisteten, selbst seinen Ring freudig hergeben, so meinten die zu hinterst stehenden, die den Redenden leichter sehen, als hören konnten, er habe gesagt, was sie für den Sinn der Pantomime hielten, und so verbreitete sich das Gerücht, er habe jedem den goldenen Ritterring nebst viermalhunderttausend Sesterzien 70 260 Reichsmark. Es war dies das Vermögen, das dazu gehörte, um die Ritterwürde und als deren Zeichen den goldenen Siegelring erhalten zu können, den in der republikanischen Zeit außer den Rittern und Senatoren auch Quästoren, Militärtribunen und andere Beamte gleichen Ranges trugen. versprochen.

34. Die Reihenfolge seiner demnächstigen Hauptunternehmungen ist diese. Er besetzte das pizenische, umbrische und etruskische Gebiet, zwang den Lucius Domitius, der, ohne gesetzliche Form in Eile zu seinem Nachfolger im Kommando ernannt, Cortinium besetzt hielt, sich zu ergeben, und entließ ihn. Dann eilte er am Adriatischen Meere entlang auf Brundusium zu, wohin sich die Konsuln sowie auch Pompejus geflüchtet hatten, um sobald als möglich über Meer (nach Griechenland) zu gehen. Nach langen, aber vergeblichen Anstrengungen, sie am Auslaufen zu verhindern, wandte er seinen Marsch auf Rom, forderte dort die Senatoren auf, seinen Anstrengungen zum Wohle des Staates ihren Beistand zu leihen Die Rede, in der er dies tat, lesen wir bei ihm selbst in seiner Denkschrift »über den bürgerlichen Krieg« I, 32., und wandte sich dann zum Angriff gegen die Kerntruppen des Pompejus, die unter dem Befehl der drei Legaten Marcus Petrejus, Lucius Afranius und Marcus Varro in Hispanien standen, indem er zuvor gegen seine Umgebung sich äußerte: »er gehe jetzt gegen das Heer, das ohne Feldherr sei; dann werde er sich zu dem Feldherrn ohne Heer zurückwenden«. Zwar verzögerte die Belagerung von Massilia, das ihm auf dem Marsche die Tore verschlossen hatte, sowie großer Mangel an Lebensmitteln seinen Zug, doch warf er in kurzer Frist alles nieder.

35. Von da ging er nach Rom zurück, setzte nach Mazedonien über und schlug den Pompejus, nachdem er ihn vier Monate lang durch ungeheure Schanzwerke eingeschlossen gehalten hatte, zuletzt in der Pharsalischen Schlacht aufs Haupt, verfolgte ihn auf seiner Flucht nach Alexandria und unternahm, als er seine Ermordung erfuhr, gegen den König Ptolemäus, der auch ihm nach dem Leben trachtete, einen in der Tat überaus gefährlichen Krieg, bei dem ihm weder Örtlichkeit noch Jahreszeit günstig und er in der Lage war, bei stürmischer Winterszeit und eingeschlossen in der Stadt eines reichlich mit allen Kriegsbedürfnissen versehenen und überaus tätigen Feindes, diesem seinerseits an allen Kriegsmitteln Mangel leidend und unvorbereitet die Spitze zu bieten. Nach dem Siege übergab er das Königreich Ägypten der Kleopatra und ihrem jüngeren Bruder; das Land zur Provinz zu machen hinderte ihn die Besorgnis, es möchte einem unternehmenden Statthalter die Mittel zur Erregung von Unruhen bieten. Von Alexandrien ging er nach Syrien und von dort nach Pontus, wohin ihn Nachrichten vom Pharnaces zu eilen nötigten. Diesen, einen Sohn Mithridates des Großen, der die günstige Gelegenheit zum Losschlagen benutzt und bereits durch vielfache Erfolge großes Selbstvertrauen gewonnen hatte, schlug er am fünften Tage nach seiner Ankunft, während der vier Stunden, wo er seiner ansichtig geworden war, in einer einzigen Schlacht vollständig, Bei Zela in der Landschaft Pontus. Von hier aus schrieb er das bekannte: Veni, vidi, vici! (»Ich kam, sah, siegte!«) nach Rom. was ihm Gelegenheit gab, häufig über das Glück des Pompejus zu sprechen, »der den größten Teil seiner kriegerischen Lorbeeren einer so unkriegerischen Art von Feinden zu danken gehabt hätte«. Hierauf besiegte er den Scipio und Juba Bei Thapsus., die das letzte Kriegsfeuer ihrer Partei in Afrika anzufachen suchten, und die Söhne des Pompejus in Spanien Bei Munda, jetzt ein Dorf gleichen Namens in der Provinz Granada. Gnäus Pompejus wurde auf der Flucht getötet; sein Bruder Sextus entkam..

36. In allen diesen bürgerlichen Kriegen erlitt er nie eine Niederlage, außer wo seine Legaten kommandierten, von denen Gajus Curio in Afrika zugrunde ging, Gajus Antonius in Illyricum den Gegnern in die Hände fiel, Publius Dolabella ebenda eine Flottenabteilung und Gnäus Domitius Calvinus ein Heer in Pontus verlor. Er selbst focht stets mit günstigstem, ja eigentlich nie mit zweifelhaftem Kriegsglück, zweimal ausgenommen: einmal bei Dyrrahchium, wo er von Pompejus, der ihn geschlagen hatte, ohne ihn zu verfolgen, sagte, er verstehe nicht zu siegen; das zweitemal in Spanien in der letzten Schlacht, wo seine Sache so verzweifelt stand, daß er einen Augenblick an freiwilligen Tod dachte.

37. Nach beendigten Kriegen hielt er fünf Triumphe, vier nach Besiegung des Scipio, alle in einem Monat, dann wieder einen nach Besiegung der Söhne des Pompejus. Sein erster und glänzendster Triumph war der über Gallien, dann folgte der alexandrinische, darauf der pontische, diesem der afrikanische; der letzte war der spanische. Bei jedem waren die aufgeführten Kostbarkeiten und die sonstige Zurüstung verschieden. Am Tage des gallischen Triumphs brach an dem Triumphwagen, als er am Velabrum Ein sehr belebter Platz zwischen dem Kapitolinischen, Palatinischen und Aventinischen Berge. vorbeifuhr, die Achse, so daß er beinahe aus dem Wagen geschleudert wurde; auch zog er zum Kapitol bei Lichterschein hinaus, wobei vierzig Elefanten auf beiden Seiten des Zuges die Kandelaber trugen. Bei dem politischen Triumphe ließ er unter den zur Schau getragenen Gegenständen des Zuges eine Inschrift von drei Worten: »Ich kam, sah, siegte!« vor sich hertragen, die nicht wie die übrigen sich auf die besonderen Kriegstaten, sondern auf die schnelle Beendigung des ganzen Krieges bezog.

38. Seinen Veteranenlegionen schenkte er als Beuteanteil: jedem Fußsoldaten, außer den zweitausend Sesterzien Die folgenden Geldsummen betragen, in heutige Währung umgerechnet: 2000 Sesterzien = 350,8 Mark; 24 000 S. = 4209,8 Mark; 300 S. = 52,62 Mark; 100 S. = 17,54 Mark; 500 S. = 82,19 Mark., die er ihnen bereits beim Beginne des bürgerlichen Krieges hatte auszahlen lassen, noch vierundzwanzigtausend Sesterzien. Zugleich wies er ihnen Grundstücke an, die aber nicht zusammenlagen, weil er keinen Besitzer austreiben wollte. Vom Volke schenkte er jedem einzelnen Bürger, außer zehn Modien Getreide und ebensoviel Pfunden Öl, auch noch dreihundert Sesterzien, die er früher versprochen hatte, und überdies noch je hundert Sesterzien als Verzugszinsen. Die jährliche Hausmiete bezahlte er in Rom für alle bis zum Betrage von zweitausend Sesterzien, in Italien für alle, bei denen sie nicht über fünfhundert Sesterzien betrug. Zu der Fleischverteilung fügte er noch einen Festschmaus hinzu, und nach dem spanischen Siege zwei Frühstücke. Da er nämlich fand, daß das erste zu spärlich und seiner Freigebigkeit nicht angemessen ausgefallen war, ließ er fünf Tage später ein anderes, überaus reichliches herrichten. Zur Erklärung der hier erwähnten Maße folgendes: Das römische Pfund war gleich 327,45 Gramm, 10 Pfund also gleich 3,275 Kilogramm; der römische Modius betrug 8,75 Liter. – Die Bezahlung der Hausmieten für die ärmeren Bürger begriff in Rom, wo die Mieten teurer waren, das Maximum von 336, im übrigen Italien von 84 Reichsmark für eine Jahresmiete. – Zu dem großen Triumphalschmause auf dem Forum waren 22 000 Tische (Triklinien) hergerichtet; jedes Triklinium bestand aus drei niedrigen. polsterbedeckten Diwans, auf denen die Speisenden lagen und die man rechtwinklig zusammenstellte, so daß die vierte Seite zum Auftragen der Speisen frei blieb. Jeder der drei Diwans hatte drei Plätze, von denen der Platz an der Lehne der beste und angesehenste war; die beiden anderen waren durch Polsterkissen abgeteilt, auf die man sich mit dem linken Arme aufstützte. In der Mitte des offenen Vierecks stand der Speisetisch. Danach hatte also Cäsar für 198 000 römische Bürger bei seinem Triumphalschmause angerichtet, und zwar gab es dabei nicht bloß einfache, sondern sogar sehr kostbare Speisen und Getränke, unter anderem sogar Muränen, sowie Wein von Falernum und Chios. Man vgl. Paulys Realenzyklopädie Bd. II, S. 1309 und Bd. VI, S. 473. Ebenso grandios ist die Beschenkung der Soldaten, die für jeden Legionär zu Fuß etwa 200 Doppelkronen, für den Zenturio das Doppelte, für die Kriegstribunen und Reiterobersten das Vierfache betrug. Dennoch waren sie unzufrieden, und Cäsar mußte selbst bei einer Meuterei unter sie treten und mit eigener Hand einige Rädelsführer verhaften, die er hinrichten ließ.

39. Schauspiele gab er verschiedenartige: ein Fechterspiel, szenische Aufführungen in jedem Quartier der ganzen Stadt, und zwar durch Schauspieler aller Sprachen, desgleichen Zirkusvorstellungen, Athletenkünste und ein Seegefecht. Bei dem Gladiatorenspiel aus dem Forum befanden sich unter den Kämpfern Furius Leptinus, ein Mann aus prätorischer Familie, und Quintus Calpenus, der einst Senator und öffentlicher Sachwalter gewesen war. Den Schwerttanz Was es mit diesem Tanze für eine Bewandtnis hatte, sehen wir weiter unten im Leben Neros 12. führten Söhne der Fürsten Asiens und Bithyniens auf. Bei den szenischen Darstellungen trat der römische Ritter Decimus Laberius selbst in seinem Mimus auf und ging, nachdem er fünfmalhunderttausend Sesterzien und den goldenen Siegelreif als Spielgeld erhalten hatte, von der Szene durch die Orchestra, um seinen Sitz auf den »vierzehn Bänken« wieder einzunehmen. D. h. auf dem Platze, wo auf vierzehn Bankreihen, unmittelbar hinter den Senatoren (deren Sitze sich dicht vor der Bühne, auf dem »Orchestra« genannten Platze befanden), die Ritter ihre Plätze hatten. Laberius hatte nämlich dadurch, daß er auf Cäsars Begehren öffentlich als Schauspieler auftrat, seinen Rang als Ritter verwirkt, und Cäsar mußte ihm denselben daher ausdrücklich zurückgeben. – Der »Mimus« war eine Art possenhaft derben und nicht selten sehr unzüchtigen dramatischen Spiels, bei dem freie Improvisation nach einem kurzen, vorher skizzierten Plane, verbunden mit Gestikulation und Mimik, die Hauptsache gewesen zu sein scheint. In dieser beim Volke sehr beliebten Gattung war Laberius Meister, und es existieren noch Bruchstücke von Prologen und einzelnen Versen solcher »Mimen«, d. h. Nachahmungen des gemeinen Lebens (Lebensbilder). Weiteres in Paulys Realenzyklopädie Bd. V, S. 35-38, und in Mommsen, Römische Geschichte Teil 3, S. 434 und S. 544-546 [der 1. Ausgabe]. Bei den Zirkusspielen, für die man den Zirkus nach beiden Seiten hin erweitert und ringsum mit einem breiten Wassergraben umgeben hatte, zeigten die edelsten Jünglinge ihre Kunst im Führen des Vier- und des Zweigespanns und im Voltigieren von einem ihrer Rennpferde auf das andere. Das Trojakampfspiel ward von zwei Schwadronen aufgeführt, deren eine aus jüngeren, die andere aus älteren Knaben bestand. Über Namen und Ursprung dieser ritterlichen Übung der jungen Römer, die, man den modernen Quadrillen vergleichen kann, sehe man Virgil, Äneis V, 575 ff. Es waren allerhand geschickte Evolutionen zu Pferde mit Nachahmung eines Scheingefechts, ähnlich, dem Dscheridwerfen der Araber. Cäsar erneuerte dieses Spiel, das Äneas gestiftet haben sollte, zur Feier seiner Abkunft von dessen Geschlecht. Die Tiergefechte und Tierhetzen dauerten fünf Tage, und den Beschluß machte ein Kriegsgefecht, in dem zwei Abteilungen, jede von fünfhundert Fußsoldaten, zwanzig Elefanten und dreihundert Reitern, gegeneinander kämpften. Um Mehr Raum für den Kampf zu schaffen, hatte man die Zielsäulen Lateinisch metae. Sie standen an den Enden der mitten durch den Zirkus laufenden, spina, d. h. Rückgrat, genannten, sechs römische Fuß [1,774 m] hohen, zwölf Fuß [3,548 m] breiten Mauer, die, wie aus Suetons Worten zu schließen ist, gleichfalls abgebrochen wurde. weggeräumt und an ihrer Stelle zwei einander gegenüberstehende Lager errichtet. Die Athleten kämpften während dreier Tage ihre Preiskämpfe im Marsfeldquartier in einem nur für die Dauer dieser Spiele errichteten Stadium. Bei dem Seegefecht, wozu man auf dem kleineren Codetafelde Jenseit der Tiber gelegen. ein Bassin gegraben hatte, lieferten zwei-, drei- und vierrädrige Galeeren von der Art der lyrischen und ägyptischen Kriegsfahrzeuge ein Treffen. Zu allen diesen Schauspielen strömte von überallher eine solche Menschenmasse zusammen, daß ein großer Teil der fremden Gäste auf den Gassen und Straßen in Zelten ihr Quartier nehmen mußten und im Gedränge wiederholt sehr viele erdrückt und erstickt wurden, worunter sich sogar zwei Senatoren befanden.

40. Hierauf machte er sich an den Neubau der Einrichtung und Verfassung des Gemeinwesens. Zunächst verbesserte er den Kalender, der schon lange durch Schuld der Pontifices, die ihr Recht, gewisse Tage einzuschalten, mißbraucht hatten, in eine solche Unordnung geraten war, daß darin weder das Erntefest in den Sommer, noch das Winzerfest in den Herbst fiel. Zugleich ordnete er das Jahr nach dem Sonnenlaufe, so daß es dreihundertundfünfundsechzig Tage erhielt, der Schaltmonat wegfiel und alle vier Jahre ein Tag eingeschaltet wurde. Damit aber künftig vom ersten Januar an die Zeitrechnung zutreffe, schob er zwischen den November- und Dezembermonat zwei andere ein, und so bestand das Jahr, innerhalb dessen diese Festsetzungen getroffen wurden, mit dem Schaltmonat, der nach der bisherigen Gewohnheit auf dies Jahr gefallen war, aus fünfzehn Monaten.

41. Ferner ergänzte er den Senat, nahm neue Patrizier zu den alten auf, vergrößerte die Zahl der Prätoren, Ädilen, Quästoren, ja selbst der Magistrate niederen Ranges, setzte die von den Zensoren aus ihren Stellungen entfernten oder durch richterliche Entscheidung wegen Wahlbestechung Verurteilten wieder in ihre Ehren und Würden ein. Das Wahlrecht teilte er mit dem Volke so, daß mit Ausnahme der Bewerber um das Konsulat die eine Hälfte der Kandidaten nach dem Willen des Volkes, die andere nach seiner Empfehlung ernannt werden sollte. Das kurze Formular seiner Handschreiben, die er an die einzelnen Wahlkörper (Tribus) sandte, lautete: » Cäsar der Diktator an die und die Tribus: Ich empfehle euch den und den, auf daß sie durch eure Abstimmung ihre Würde erhalten mögen.« Zu Ehrenstellen ließ er auch die Söhne von Geächteten zu. Die Gerichte führte er auf zwei Arten von Richtern, Ritter und Senatoren, zurück und hob die Ärartribunen, welche die dritte Art bildeten, auf. Die letzteren waren Plebejer und Gehilfen des Quästors der Schatzkammer (des aerarium); daher ihr Name. Die Zählung des Volkes ließ er nicht an dem Ort und in der Weise, wie bisher Sitte gewesen Nämlich auf dem Forum, sondern von Gasse zu Gasse durch die Hauseigentümer vornehmen und strich dabei von den dreihundertzwanzigtausend, die aus Staatsmitteln Brotkorn erhielten, gegen einhundertfünfzigtausend aus den Listen. Und damit niemals die Zählung zu neuen Tumulten Veranlassung werden könne, setzte er fest, es solle jährlich an Stelle der verstorbenen Getreideempfänger eine Ergänzung aus der Zahl der nicht in die Listen aufgenommenen durchs Los vom Prätor vorgenommen werden.

42. Da er aber achtzigtausend Bürger in überseeische Kolonien hatte verteilen lassen, so verordnete er, um nach solchen Abzügen auch die gehörige Bevölkerung der Stadt zu erhalten, daß kein Bürger über zwanzig und unter vierzig Jahren, außer durch Kriegsdienstpflicht gezwungen, länger als drei Jahre hintereinander von Italien abwesend sein und daß kein Senatorsohn, außer wenn er dem Kriegsgefolge oder der Zivilbegleitung eines Magistrats angehöre, ins Ausland reisen solle, sowie daß die Herdenzüchter mindestens ein Dritteil mannbarer freigeborener Leute unter ihren Hirten halten sollten. Nach Bremi beabsichtigte Cäsar durch die zuletzt genannte Verordnung, daß mehr freie Bürger bei solcher Lebensart imstande wären, sich zu verheiraten, als wenn sie in Kriegsdienst träten. Jedenfalls ward dem freien Proletariat dadurch eine Erwerbsquelle geöffnet. Siehe Mommsen a. a. O. Teil 3, S. 496. Ferner beschenkte er alle, die zu Rom die Heilkunde übten, und die Lehrer der freien Künste Grammatiker, Rhetoren und Philosophen. Die Medizin gehörte damals noch nicht zu den eines Freigeborenen würdigen ( liberales) Künsten und Berufstätigkeiten., um sie an die Stadt zu fesseln und anderen ihresgleichen den Aufenthalt da erstrebenswert zu machen, mit dem Bürgerrechte In betreff des Schuldenwesens warf er alle Hoffnung auf gänzlichen Erlaß, die vielseitig angeregt wurde, über den Haufen und dekretierte schließlich: die Schuldner sollten den Gläubigern Genüge leisten mittels Abschätzung ihrer liegenden Besitztümer zu dem Preise, um den sie diese vor dem Bürgerkriege erworben hätten Zu diesem Preise also sollten die Schuldner ihre Grundstücke den Gläubigern überlassen dürfen. Vgl. über dies Julische Schuldgesetz Paulys Realenzyklopädie Bd. III, S. 450., wobei jedoch von der Schuldsumme in Abzug gebracht werden sollte, was an Zinsen entweder wirklich bezahlt oder zur Schuld geschrieben worden sei, wodurch etwa der vierte Teil des Schuldkapitals einschwand. Sämtliche Vereine, Solche Vereine ( collegia), Klubs mit religiösen Statuten und regelmäßigen Zusammenkünften, gab es in Rom unzählige, die jedoch alle unter Aufsicht des Staates standen. Sehr viele dienten politischen Zwecken, Wahlumtrieben usw. S. Paulys Realenzyklopädie Bd. II, S. 498. Cäsar ließ nur die alten Innungen (der Priester, Augurn, Künstler, Handwerker etc.), die seit uralter Zeit unter Autorisation des Staates zur Wahrung ihrer speziellen Interessen sich gebildet hatten, bestehen, während er alle politischen Vereine aufhob. außer den in den ältesten Zeiten gestifteten, löste er auf. Die Strafen für schwere Verbrechen schärfte er; und da bisher die Reichen sich leichter auf ein Verbrechen einließen, weil es ihnen gestattet war, ohne Schmälerung ihres Vermögens ins Exil zu gehen, so bestrafte er, wie Cicero meldet, Mörder mit Einziehung des ganzen, die übrigen mit dem Verluste des halben Vermögens.

43. Die Rechtsprechung übte er mit höchster Sorgfalt und Strenge. Der Erpressung und Veruntreuung öffentlicher Gelder Überwiesene stieß er sogar aus dem Senate. Die Ehe eines Mannes von prätorischem Range mit einer Frau, die erst zwei Tage zuvor sich von ihrem Manne geschieden hatte, erklärte er für ungültig, obgleich kein Verdacht begangener Untreue die Frau traf. Auf ausländische Waren legte er Zölle. Wider den Gebrauch von Sänften und das Tragen von Purpurgewändern und Perlenschmuck erließ er ein Verbot, von dem nur bestimmte Personen und Alter, und zwar für gewisse Tage, ausgenommen waren. Besonders streng hielt er das Gesetz gegen den Tafelluxus aufrecht; ja, er ließ auf dem Speisemarkte Polizeiaufseher postieren, mit dem Auftrage, die gegen das Verbot gemachten Speiseeinkäufe in Beschlag zu nehmen und zu ihm zu bringen; zuweilen schickte er auch noch Liktoren und Soldaten ab, die, wenn vielleicht den Aufsehern etwas entgangen war, die schon aufgetragenen Gerichte aus dem Speisezimmer der Kontravenienten wegnehmen mußten.

44. Neben solchen Kleinigkeiten trug er sich indessen für die Verschönerung und Versorgung der Stadt, desgleichen für den Schutz und die Erweiterung des Reiches von Tage zu Tage mit mehr und größeren Entwürfen. Voran stand die Erbauung eines Marstempels, der alle ähnlichen auf der Welt an Größe übertreffen und wozu der See, in dem er das Schauspiel der Seeschlacht gegeben hatte, ausgefüllt und als Baugrund benutzt werden sollte; desgleichen ein ungeheures Theater, das sich an den Tarpejischen Felsen anlehnen sollte. Ferner beabsichtigte er eine vereinfachende Redaktion des bürgerlichen Rechts und eine aus der unermeßlichen und verworrenen Masse der Gesetze zu veranstaltende Sammlung des Besten und Notwendigsten in wenigen Büchern; die Einrichtung möglichst umfassender griechischer und lateinischer Büchersammlungen zur öffentlichen Benutzung, wobei Anschaffung und Anordnung dem Marcus Varro Dem größten Gelehrten und Literaturkenner seiner Zeit wie überhaupt der römischen Literatur. übertragen werden sollte; die Austrocknung der Pontinischen Sümpfe; die Trockenlegung des Fucinussees; Der größte der italischen Kesselseen, das Reservoir aller Gebirgswasser des Apennins, jetzt der See von Celano, auch von Capistrano geheißen, in der Nähe des alten Alba, etwa zehn Meilen östlich von Rom. Siehe Westphal, Die römische Campagna S. 116 und 117; vgl. Sueton, Leben des Kaisers Claudius Kap. 20. die Anlegung einer Kunststraße vom Adriatischen Meere über den Rücken des Appennin bis zum Tiber; die Durchstechung des Isthmus; die Zurückdrängung der Daker, die sich über Pontus und Thrazien ergossen hatten. Endlich wollte er von Kleinarmenien aus die Parther mit Krieg überziehen, aber erst, nachdem er sie in kleineren Treffen vollständig kennen gelernt, eine Hauptschlacht wagen. Mitten in solchen Beschäftigungen und Entwürfen überraschte ihn der Tod. Doch ehe ich davon spreche, wird es nicht unangemessen sein, über seine Gestalt und äußere Erscheinung, über Anzug und Sitten, sowie nicht minder über seine staatsmännischen und kriegerischen Studien einiges Hauptsächliche mitzuteilen.

45. Er wird geschildert als ein Mann von hohem Wuchse, weißer Hautfarbe, wohlgerundet schlanken Gliedern, einem etwas vollen Gesicht, schwarzen lebhaften Augen und von guter Gesundheit, nur daß er in der letzten Zeit an plötzlichen Ohnmachten und unruhigen Träumen zu leiden pflegte. Auch von der Epilepsie Im Texte heißt es: »von der Komitialkrankheit«, weil die Komitien (Wahlversammlungen der Bürgerschaft) geendigt wurden, wenn dabei jemand von der Epilepsie befallen wurde. ward er zweimal bei öffentlichen Versammlungen befallen. In der Schönheitspflege des Körpers war er fast zu peinlich, so daß er sich nicht nur sorgfältig scheren und rasieren, sondern, wie ihm einige nachgesagt haben, sogar die einzelnen Haare am übrigen Körper ausrupfen ließ und sich über die eintretende Entstellung einer kahlen Glatze gar nicht zufriedengeben konnte, zumal da er über sie häufige Witze seiner Verkleinerer erfahren mußte. Daher hatte er sich gewöhnt, das spärliche Haar über den Scheitel von hinten nach vorn zu legen; und von allen Ehrenbezeigungen, die Senat und Volk ihm zuerkannt hatten, nahm und benutzte er keine lieber, als das Recht, stets einen Lorbeerkranz zu tragen. Auch in Bezug auf seine Tracht erzählt man Eigentümliches von ihm. Er trug nämlich das senatorische, mit breitem Purpurstreif versehene Unterkleid an den bis auf die Hände reichenden Ärmelenden mit Fransen besetzt und nie anders als oberhalb des Streifens, und zwar sehr lose gegürtet. Daher habe sich das von Sulla einmal geäußerte Wort verbreitet, der die Aristokraten oft ermahnte: »sich vor dem schlechtgegürteten Burschen in acht zu nehmen«.

46. Seine Wohnung hatte er zuerst in der Suburastraße Eine der lebhaftesten und nicht allzu fashionablen Straßen, beginnend in der Tiefe, wo die drei Hügel, der Esquilinische, Viminalische und Quirinalische, gegeneinander auslaufen, und von dort mit einem Arme in die Gegend der heutigen Straße Sant Agata alla Suburra und mit dem andern in die Richtung der heutigen Straße Santa Lucia in Selci sich erstreckend. S. Pauly a. a. O., Bd. VI, S. 529. in einem bescheidenen Hause, seit seiner Wahl zum Oberpriester aber auf der Heiligen Straße in einem dem Staate gehörigen Palaste. Daß er ein großer Freund einer prächtigen und geschmackvollen Einrichtung gewesen sei, haben viele berichtet. Eine Villa am Nemisee Im Texte steht: in Nemorensi, d. h. in der Gegend des Heiligen Hains (der Diana). Über den Nemisee, die Umgegend und die noch jetzt dort vorhandenen Trümmer römischer Prachtbauten s. Ein Jahr in Italien von A. Stahr, Teil I, S. 223 ff., die er von den Fundamenten an neu erbaut und mit großen Kosten vollendet hatte, ließ er, wie erzählt wird, weil sie seinem Geschmack nicht völlig entsprochen hatte, völlig niederreißen, obschon er damals noch ein unbedeutender Mann und tief verschuldet war. Auf seinen Feldzügen soll er überall kostbare Marmorfliesen und Mosaikfußböden mit sich geführt haben.

47. Nach Britannien soll er in der Hoffnung, dort Perlen zu finden, gegangen sein, deren Gewicht er, wenn er ihre Größe verglich, zuweilen mit eigener Hand abwog. Gemmen, getriebene Gefäße von edlem Metall, Statuen und Gemälde kaufte er, wie man berichtet, stets mit leidenschaftlichem Eifer an; für wohlgebildete und sorgfältig unterrichtete Sklaven zahlte er Preise so ungeheurer Art, daß er sich selbst darüber schämte und den Betrag in seinen Rechnungsbüchern zu verzeichnen verbot.

48. Was seine Tafel betrifft, so hielt er deren in den Provinzen beständig zwei: eine, an der die höheren Militärs und die gebildeten Griechen seines Gefolges, und eine zweite, an der vornehme Römer vom Zivil mit den Ersten des Provinzialadels speisten. Dabei hielt er seine Haushaltungsbedienten in kleineren wie in größeren Dingen in so genauer, ja sogar strenger Ordnung, daß er den Bäcker, der seinen Tafelgästen heimlich anderes Brot als ihm selbst vorlegte, in den Stock legen ließ und einen seiner Lieblingsfreigelassenen, der die Frau eines römischen Ritters verführt hatte, obschon niemand als Kläger auftrat, mit dem Tode bestrafte.

49. Den Ruf seiner Keuschheit verletzte zwar außer der Gemeinschaft mit Nikomedes S. das 2. Kapitel. nichts, doch blieb jener Vorwurf schwer und dauernd haften und setzte ihn allseitiger Schmähung aus. Ich übergehe des Calvus Licinius allbekannte Verse:

– Was nur Bithynien
Und Cäsars Buhler je besessen hat.

Ferner die Senatsreden Dolabellas und Curios des Vaters, in denen ihn Dolabella »die königliche Maitresse«, »die Innenseite des Königslagers«, Curio gar »den Stall des Nikomedes« und »das bithynische Bordell« genannt hat. Auch gedenke ich nicht der Edikte des Bibulus, in denen dieser seinen Kollegen öffentlich als »die bithynische Königin« und als einen Menschen bezeichnete, »dem ehemals ein König am Herzen gelegen, jetzt die Königsherrschaft«. Es war das um dieselbe Zeit, wo, wie Marcus Brutus erzählt, auch ein gewisser Octavius, der sich, weil er zeitweise geisteskrank war, viel Freiheit im Reden erlaubte, in großer Gesellschaft erst den Pompejus als »König« und darauf den Cäsar als »Königin« begrüßte. Allein Gajus Memmius beschuldigte ihn sogar, daß er bei einer zahlreichen Tafelgesellschaft, an der mehrere Kaufherren aus Rom, deren Namen er nennt, teilnahmen, mit den anderen Lustknaben dem Nikomedes Mundschenkdienste geleistet habe. Cicero nun gar begnügte sich nicht damit, in einigen seiner Briefe zu erzählen: »Cäsar, im Purpurgewande von Trabanten in das Schlafzimmer und zum goldenen Königslager geführt, habe die Blüte seiner Jugend und seine Abstammung von der Venus bithynischer Befleckung preisgegeben«, sondern sagte ihm sogar einmal im Senat, als Cäsar die Sache der Nysa, der Tochter des Königs, verteidigte und dabei die ihm vom Könige erwiesenen Dienste geltend machte: »Laß doch dies alles weg, bitt' ich dich! Es ist ja bekannt, was er dir und was du ihm geleistet hast.« Bei dem Gallischen Triumphe endlich ließen seine Soldaten unter anderen lustigen Gassenhauern, dergleichen sie noch jetzt hinter dem Triumphwagen her singen, auch jene allbekannten Verse hören:

Gallien unterwarf der Cäsar, Nikomedes Cäsarn einst.
Siehe, Cäsar triumphiert jetzt, der die Gallier unterwarf!
Nikomedes triumphiert nicht, der den Cäsar unterwarf.

50. Daß er der Liebeslust ergeben gewesen und für sie viel Geld verschwendet habe, ist die allgemeine Meinung, sowie auch, daß er sehr viele Frauen vornehmer Geburt verführt habe, darunter die Postumia des Servius Sulpicius, die Lollia des Aulus Gabinius, die Tertulla des Marcus Crassus, sogar des Gnäus Pompejus Gattin, die Mucia. Wenigstens hat Pompejus von den beiden Curios, Vater und Sohn, den Vorwurf hören müssen, daß er die Tochter desselben Mannes, um dessentwillen er eine Frau verstoßen, die ihm drei Kinder geboren, und den er oft seufzend seinen Ägisthus genannt hätte, später aus Begierde nach Macht zum Weibe genommen habe. Vor allen anderen aber liebte er die Mutter des Marcus Brutus, Servilia, der er nicht nur schon während seines ersten Konsulats einen Perlenschmuck für sechs Millionen Sesterzien 1 052 400 Reichsmark., sondern ihr auch im Bürgerlichen Kriege, außer anderen Schenkungen, in den öffentlichen Versteigerungen die bedeutendsten Landgüter für einen Spottpreis zuschlug, und als bei dieser Gelegenheit viele sich über den geringen Preis wunderten, äußerte Cicero überaus witzig: »Der Kauf ist noch viel besser, als ihr wißt, – denn die Tertia ist abgezogen.« Es herrschte nämlich der Glaube, Servilia suche auch ihre Tochter mit Cäsar in ein Verhältnis zu bringen. Der Witz Ciceros, den manche Ausleger, wie Bremi, gar inhaltslos und frostig finden, war vielmehr äußerst pikant für die römische »Gesellschaft«: »Die Tertia ist abgezogen« ( tertia deducta est) heißt wörtlich: Cäsar hat von der schon so geringen Kaufsumme auch noch ein Dritteil als Rabatt in Abzug gebracht. Aber das Wort deducere hat den Doppelsinn, daß es zugleich »abziehen« und – » zuführen« bedeutet. Der ganze Witz enthält also ein doppeltes, höchst boshaftes Wortspiel; und solche epigrammatische Bonmots waren es gerade, mit denen sich Cicero, der dadurch berühmt war, zuletzt um den Hals redete. Vgl. Macrobius, Saturnalien II, Kap. 2, S. 273 der Ausgabe von J. J. Pontanus.

51. Nicht einmal in den Provinzen waren die Ehefrauen vor ihm sicher, wie das folgende Distichon beweist, das die Soldaten gleichfalls bei dem Gallischen Triumphe sangen:

Städter, wahret eure Weiber, unser Kahlkopf ziehet ein!
Was in Gallien du den Huren schenktest, nahmst du hier auf Borg!

52. Auch Königinnen waren Gegenstand seiner Neigung; zum Beispiel die Eunoe, die Gattin des Maurenkönigs Bogud, denen er beiden, wie Naso berichtet Marcus Actorius Naso, ein Memoirenschreiber aus Cäsars Zeit, den Sueton auch im 9. Kapitel dieser Biographie zitiert., sehr häufige und wahrhaft unermeßliche Geschenke machte. Vor allen aber liebte er die Kleopatra, in deren Gesellschaft er oft bis an den hellen Morgen tafelte und mit der er in ihrem großen Prachtschiffe, das mit einer kostbar eingerichteten Kajüte versehen war, durch ganz Ägypten bis beinahe nach Äthiopien reiste, wobei er sich nur durch die Weigerung des Heeres, ihm weiter zu folgen, zur Umkehr bewegen ließ. Endlich lud er sie sogar nach Rom ein und überhäufte sie bei ihrem Abschiede mit Ehrenbeweisen und Geschenken, willigte auch ein, daß ein Sohn, den sie geboren hatte, seinen Namen erhielt. Von dem melden freilich einige griechische Schriftsteller, daß er allerdings auch Cäsars Ebenbild an Gestalt und Gang gewesen sei. Marcus Antonius versicherte dem Senate, daß Cäsar ihn anerkannt habe, wie dem Gajus Matius, dem Gajus Oppius und den übrigen Vertrauten Cäsars bekannt sei. Doch veröffentlichte der genannte Gajus Oppius, als bedürfe die Sache einer Ablehnung oder Abwehr, eine Schrift unter dem Titel: »Beweis, daß der von Kleopatra dafür ausgegebene nicht Cäsars Sohn ist«. Helvius Cinna, der Volkstribun, äußerte gegen viele, er habe ein in aller Form abgefaßtes Gesetz in Händen gehabt, das er nach Cäsars Befehl in dessen Abwesenheit habe publizieren sollen: daß es (ihm), um Kinder zu zeugen, freistehen solle, welche und so viel Frauen er wolle, zu heiraten. Es ist zweifelhaft, ob Cäsar hier ein Privilegium für sich oder ein Recht für alle beabsichtigte. Aber auch die ganze Nachricht ist mehr nur ein Gerücht, als eine beglaubigte Tatsache. Und um gar keinen Zweifel darüber zu lassen Hier verrät sich der gedankenlos exzerpierende Anekdotensammler, der von seinen Kollektaneen nichts umkommen lassen mochte. Denn der Sueton, der in Kapitel 41 schrieb, daß, außer jenem Gerücht von dem Verkehr mit Nikomedes, Cäsar nie im Rufe unnatürlicher Laster gestanden, durfte diese über alles Maß gehenden Schmähworte eines Todfeindes (denn das war der ältere Curio gegen Cäsar) nicht als zweifelloses Zeugnis für das Gegenteil anführen., daß der Ruf der unnatürlichen Unkeuschheit und Verbindungen brennend auf ihm haftete, erwähne ich, daß Curio der Vater ihn in einer seiner Reden »den Mann aller Weiber und das Weib aller Männer« nennt.

53. Seine Mäßigkeit im Weingenusse haben selbst die Feinde nicht in Abrede gestellt. Es ist ein Wort Catos: »Cäsar allein von allen sei nüchtern an den Umsturz der Republik gegangen«. Und was das Essen anlangt, so belehrt uns Gajus Oppius über seine Gleichgültigkeit gegen Tafelgenüsse durch die Erzählung, daß er einst, als bei einem Gastgeber altes Öl statt frischem bei Tafel gereicht und von allen Anwesenden abgelehnt wurde, allein reichlicher als gewöhnlich davon genommen, damit es nicht aussehe, als mache er dem Wirte den Vorwurf der Nachlässigkeit oder des Mangels an Lebensart.

54. Uneigennützigkeit bewährte er weder in seinen Militärkommandos noch in seinen Zivilämtern. Wie einige in ihren Denkwürdigkeiten nachgewiesen haben, nahm er als Prokonsul nicht nur in Spanien von den Verbündeten Geld, das als Beihilfe zur Bezahlung seiner Schulden zusammengebettelt wurde, sondern plünderte auch in Lusitanien einige Städte, obschon sie sich keinerlei Ungehorsams schuldig gemacht und ihm bei seiner Ankunft sofort die Tore geöffnet hatten, wie eroberte Orte aus. In Gallien raubte er die mit Weihgeschenken gefüllten Heiligtümer und Tempel der Götter aus und zerstörte die Städte öfter um der Beute als um eines Vergehens willen. Daher hatte er bald so viel Überfluß an Gold, daß er es zu dreitausend Sesterzien das Pfund in ganz Italien und in den Provinzen als Waare feilbieten ließ. »Der gewöhnliche Preis des römischen Pfundes Gold (ungefähr 22 Lot [genau: 327,45 Gramm)] waren viertausend Sesterzien [701,16 Mk.]. Der Wert des Goldes wurde zehnmal höher als der des Silbers genommen.« Strombeck. Das letztere ist nur die Angabe von Livius (38, 11). Aber es gab auch Zeiten, wo das Verhältnis wie 1: 15 oder wie 1: 12 stand. Auch bei den Griechen war das Verhältnis ebenso der Veränderung unterworfen. Vgl. Mommsen, Römische Geschichte Bd. 3, S. 521. In seinem ersten Konsulate stahl er dreitausend Pfund Gold aus dem Kapitol und ersetzte es durch ebensoviel vergoldetes Kupfer. Er verkaufte Bündnisse und Königreiche, wie er denn allein dem Ptolemäus Dem von den Alexandrinern vertriebenen ägyptischen Könige Ptolemäus Auletes. nahe an sechstausend Talente in seinem und des Pompejus Namen abnahm. Und in der späteren Zeit bestritt er die schweren Kosten der Bürgerkriege und den Aufwand der Triumphe und öffentlichen Feste mit Hilfe der offenbarsten Erpressungen und Tempelräubereien.

55. In der Beredsamkeit und Kriegskunst hat er den Ruhm der Größten erreicht oder übertroffen. Seit seiner Anklage Dolabellas zählte man ihn im Publikum unbedenklich zu den vorzüglichsten Anwälten. Jedenfalls sagt Cicero bei der Aufzählung der Redner in der an Brutus gerichteten Schrift »Von den berühmten Rednern« Kap. 75.: » er sehe keinen, dem Cäsar zu weichen habe,« und fügt hinzu: » er besitze eine gewählte, glänzende, ja selbst erhabene und sozusagen adelige Weise des Ausdrucks und Vortrags«, und in einer Zuschrift an Cornelius Nepos drückt er sich über ihn mit den Worten aus: » Wie? Welchen Redner von allen, die nichts als Redner gewesen sind, willst du diesem vorziehen? Wer ist ihm überlegen an Schärfe oder an Reichtum der Gedanken? Wer an Schmuck oder Eleganz des Ausdrucks?« Als Muster in der Beredsamkeit scheint er in seiner Jugend den Cäsar Strabo erwählt zu haben, aus dessen Rede » Für die Sardinier« er manche Stellen wörtlich in seiner Divination D. h. in der Rede, in der er seinen Anspruch, als Ankläger auftreten zu dürfen, gegen mehrere Mitbewerber geltend machte. Der Redner Gajus Julius Cäsar mit dem Beinamen Strabo (d. h. der Schielende) war besonders durch Anmut und Witz berühmt. Seine Rede » Für die Sardinier«, in der er den Gouverneur jener Provinz wegen Erpressungen anklagte, hielt er drei Jahre vor Cäsars Geburt (103 v. Chr.). Vgl. Westermann, Geschichte der römischen Beredsamkeit § 45, Nr. 8 ff. benutzt hat. Beim Vortrage war seine Stimme helltönend, seine Körper- und Handbewegungen feurig, ohne gegen die Schönheit zu verstoßen. Er hat einige Reden hinterlassen, unter denen sich jedoch mehrere unechte befinden. Die Rede für den Quintus Metellus hält Augustus mit gutem Fug vielmehr nur für eine Aufzeichnung durch Geschwindschreiber, die des Redners Worte ungenügend nachschrieben, als für eine von Cäsar selbst besorgte Ausgabe. Denn auf einigen Exemplaren finde ich nicht einmal den (richtigen) Titel: » Rede für den Metellus«, sondern (den unrichtigen): » Rede, die Cäsar für den Metellus verfaßt hat«, während doch Cäsar in ihr die sprechende Person ist, der den Metellus und sich dazu gegen die Anschuldigungen ihrer gemeinschaftlichen Widersacher verteidigt. Auch die Rede » Vor den Soldaten in Spanien« hält derselbe Augustus kaum für ein Werk Cäsars; doch gibt es zwei unter diesem Titel: eine, die er vor der ersten, die andere, die er vor dem Beginn der zweiten Schlacht gehalten haben soll; und doch sagt Asinius Pollio von der letzteren Schlacht: » der Angriff der Feinde sei ein so plötzlicher gewesen, daß Cäsar nicht einmal Zeit gehabt habe, eine Anrede an seine Soldaten zu richten«.

56. Auch historische Denkwürdigkeiten seiner Taten: » Vom Gallischen Kriege« und » Vom Bürgerlichen Kriege«, den er gegen Pompejus geführt hatte, hat er hinterlassen; – denn über den Verfasser des » Alexandrinischen«, » Afrikanischen« und » Ägyptischen Krieges« ist man ungewiß. Andere halten dafür, daß Oppius, andere, daß Hirtius, der auch das letzte und unvollendete Buch des » Gallischen Krieges« ergänzt haben soll, sie verfaßt habe. Von Cäsars » Denkwürdigkeiten« sagt Cicero in dem zuvor erwähnten Buche: » Er hat Denkwürdigkeiten geschrieben, die das höchste Lob verdienen; sie sind einfach, korrekt und anmutig; aller Redeschmuck ist wie ein hüllendes Kleid abgestreift. Und doch hat er, während er anderen bloß Materialien zu einer wirklichen Geschichtsdarstellung liefern wollte, nur Hohlköpfen vielleicht einen Gefallen erwiesen, die es sich etwa beikommen lassen werden, seine schlichte Darstellung mit ihren Friseurkünsten aufzuputzen; jeden Menschen von gesundem Geschmacke dagegen hat er vom Schreiben abgeschreckt.« Von denselben Denkwürdigkeiten rühmt Hirtius: »Das allgemeine Urteil ist so einstimmig in ihrer Bewunderung, daß es aussieht, als sei (durch sie) den Schriftstellern die Möglichkeit, denselben Gegenstand zu behandeln, vielmehr genommen als gegeben. Und doch ist unsere Bewunderung noch größer als die des übrigen Publikums. Denn dieses weiß nur, wie vortrefflich und korrekt, wir aber auch, wie leicht und wie schnell er sie niedergeschrieben hat.« Pollio Asinius rügt ihren Mangel an Genauigkeit und unverfälschter Wahrheit, weil Cäsar einerseits vieles, was andere unter seinem Kommando getan, ohne Prüfung geglaubt und manche seiner eigenen Taten, sei es absichtlich oder durch sein Gedächtnis getäuscht, falsch dargestellt habe, und meint deshalb, daß er sich mit dem Vorsatze getragen habe, sie umzuarbeiten und zu verbessern. Ferner gibt es von ihm ein Werk » Von der Analogie« in zwei Büchern Es handelte, wie wir aus Cicero wissen, von den Gesetzen der Sprachbildung und des Sprachgebrauchs. Mommsen, Römische Geschichte Bd. 3, S. 578. – Der » Anticato« war eine politische Schrift gegen den jüngeren Cato, Cäsars politischen Gegner, dessen Leben und Tod von Cicero und anderen übermäßig verherrlicht worden waren. Das Gedicht » Die Reise« schilderte seinen raschen Zug von Rom nach Spanien gegen die Pompejaner, die er bei Munda schlug. desgleichen zwei Bücher unter dem Titel » Anticato« und außerdem ein Gedicht, betitelt » Die Reise«. Das erste dieser Werke verfaßte er beim Übergange über die Alpen, als er aus dem Diesseitigen Gallien, wo er die Kreistage abgehalten hatte, zu seinem Heere zurückging, das zweite um die Zeit der Schlacht bei Munda, das letzte auf seiner in vierundzwanzig Tagen zurückgelegten Schnellreise von Rom nach Spanien. Auch Briefe von ihm an den Senat sind noch vorhanden, und er scheint der erste gewesen zu sein, der solchen Briefen die Form eines blätterweise zusammengelegten Tagebuchs So, daß nur die eine Seite beschrieben war. Cäsars Briete waren also bücherartig auf paginierten, in Form eines Notizbuchs zusammengelegten Blättern. Nur hat man sich solche »Notizbücher« etwas größer als die jetzt gewöhnlichen vorzustellen. gab, während früher Konsuln und Heerführer solche nicht anders als auf eurem großen Querbogen in Folio absendeten. Auch Briefe von ihm an Cicero sind vorhanden, desgleichen an seine Vertrauten über häusliche Angelegenheiten, in denen er das, was geheimbleiben sollte, für den Fall, daß unterwegs der Brief von unbefugter Hand geöffnet würde, mit Zeichen geschrieben hat, d. h. nach einer solchen Folge des Alphabets, daß aus den Buchstaben kein Wort gebildet werden konnte. Will jemand sie entziffern und hintereinander lesen, so muß er immer den vierten Buchstaben des Alphabets, also D für A und sofort, an die Stelle des wirklich geschriebenen setzen. Auch gibt es einige Sachen, die er als Knabe und als ganz junger Mensch verfaßt haben soll, wie: »Das Lob des Herkules«, »Ödipus, eine Tragödie«, desgleichen »Gesammelte Sentenzen«. Alle diese Schriftchen befahl jedoch Augustus in jenem kurzen und einfachen Briefe an den Pompejus Macer, den er mit der Oberaufsicht über die öffentlichen Bibliotheken betraut hatte, von der Veröffentlichung auszuschließen. D. h. er verbot ihre Aufstellung in den öffentlichen, für das Publikum bestimmten Bibliotheken (und vielleicht selbst ihre Veröffentlichung und Vervielfältigung im Handel), weil er sie entweder für unecht oder für Cäsars nicht würdig hielt. Doch existierten sie noch, wie wir sehen, zu Suetons Zeit.

57. In Handhabung der Waffen und im Reiten war er von vollendeter Geschicklichkeit, in Ertragung von Anstrengungen über allen Glauben ausdauernd. Auf dem Marsche ritt er zuweilen, noch öfter aber ging er zu Fuße voraus, das Haupt unbedeckt, mochte es brennender Sonnenschein oder strömender Platzregen sein. Die weitesten Wege legte er in unglaublicher Geschwindigkeit zurück, ohne viel Gepäck, auf einem gemieteten Reisewagen Rheda meritoria. Das Wort rheda ist gallisch, wie der vierrädrige Reisewagen selbst, den es bedeutet, und wie viele andere der zahlreichen Wagenarten, z. B. das Cisium, das Essedum,der Covinus u. a., deren sich die Römer bedienten. Die Rheda war für längere Reisen mit dem nötigsten Gepäck eingerichtet. Für die großen Straßen gab es bei den Römern Stationen zum Pferde- und Wagenwechsel, von Privatunternehmern eingerichtet, unserem Extrapostwesen ähnlich. Mit Hilfe dieser fuhr Cäsar, wie Sueton hier berichtet, 147,85 km oder zwanzig deutsche Meilen täglich auf seinen großen Reisen. Auch Horaz legte einen Teil seiner von ihm beschriebenen Reise in Gesellschaft des Mäcen in solchen Vetturinwagen zurück. Nähere Auskunft über Wagen- und Reisewesen der Römer gibt Becker im »Gallus«, Exkurs I, zur vierten Szene des ersten Buchs., jeden Tag hunderttausend Schritt. Wenn Flußübergänge Aufenthalt drohten, setzte er schwimmend oder mittels aufgeblasener Schläuche über, so daß er oft seinen eigenen von ihm vorausgesendeten Eilboten zuvorkam.

58. Bei seinen kriegerischen Unternehmungen ist kaum zu sagen, was größer war: seine Vorsicht oder seine Kühnheit. Sein Heer führte er nie durch Gegenden, die zu Hinterhalten dienen konnten, ohne vorhergegangene gründlichste Rekognoszierung aller Terrainverhältnisse; auch führte er es nach Britannien erst dann über, als er in eigener Person die Häfen, die Schiffahrt nach und die Landung an der Insel erforscht hatte. Die Stelle ist im Original, wie ich glaube, verdorben. Die Korruptel liegt in den Textworten per se portus. Sueton konnte nicht sagen, daß Cäsar selbst diese Rekognoszierungen unternahm; denn Cäsar selbst meldet (Gallischer Krieg IV, 21) das Gegenteil. Zweitens aber sind die Worte in der von uns übersetzten Folge ein Unsinn. Die »Häfen« müßten zuletzt stehen, statt zuerst. Aber ebenderselbe Mann drang auf die Nachricht, sein Lager in Germanien Muß heißen »in Gallien«. Denn die Eburonen, welche hier die »Feinde« sind, saßen in Gallien; ihre Hauptstadt war das heutige Lüttich. Vgl. oben Kap. 25. sei von Feinden eingeschlossen, in gallischer Kleidung mitten durch die feindlichen Posten zu den Seinen. Von Brundusium nach Dyrrhachium setzte er mitten durch die feindlichen Flotten in stürmischer Winterzeit über; und als seine Truppen, denen er Befehl gegeben hatte, ihm sofort nachzukommen, längere Zeit ausblieben und er vergeblich Boten über Boten, um ihre Ankunft zu beschleunigen, abgesendet hatte, bestieg er zuletzt selbst heimlich bei Nacht, ohne alle Begleitung, mit verhülltem Haupte, ein kleines Fahrzeug und gab sich dem Schiffspatron nicht eher zu erkennen und erlaubte ihm nicht eher, dem Unwetter zu weichen, als bis die Wellen ihn beinahe verschlungen hatten.

59. Nicht einmal der religiöse Glaube an Vorbedeutungen hat ihn jemals von irgend einem Unternehmen abgeschreckt oder auch nur eine Verzögerung in der Ausführung herbeigeführt. Als ihm beim Opfer das Opfertier vom Altare entfloh, schob er doch den Zug gegen Scipio und Juba nicht auf; und da er beim Aussteigen aus dem Schiffe stolpernd zu Boden fiel, rief er, sofort das Vorzeichen zum guten wendend, aus: » So halt ich dich, Afrika!« Um jedoch den Weissagungen, denen zufolge der Name der Scipionen in dieser Provinz nach Schicksalsschluß für glücklich und unüberwindlich galt, ihre Kraft zu nehmen, führte er in seinem Lager ein ganz verachtetes Subjekt aus der Cornelierfamilie mit sich, das seines liederlichen Lebens wegen den Schimpfnamen Salutio Die Bedeutung dieses Beinamens, der nach Plinius von einem Mimus (s. Note 1 zu Kap. 39) herstammte, ist unbekannt; ohne Zweifel war sie sehr cynischer Art. Für Philologen die Anfrage, ob vielleicht Salacio zu lesen ist? führte.

60. Seine Schlachten lieferte er nicht immer und ausschließlich nach einem vorausgefaßten Plane, sondern auch nach der Gelegenheit des Augenblicks. Oft schritt er zum Angriff unmittelbar nach dem Marsche, zuweilen beim scheußlichsten Wetter, wo man sich eines solchen am wenigsten versehen mochte; und überhaupt wurde er erst gegen das Ende seiner Laufbahn bedenklicher zu Entscheidungsschlägen, weil er meinte: »je öfter er gesiegt habe, um so weniger dürfe er das Glück in Versuchung führen«, sowie auch: »kein Sieg werde ihm so viel geben, wie ihm ein Unglücksfall rauben könne«. Nie schlug er den Feind, ohne ihm auch sein Lager zu nehmen Das regelmäßig verschanzte Lager bot oft den Geschlagenen einen Haltpunkt und vereitelte so die Früchte des Sieges, wenn der Sieger es nicht gleich miteroberte.; so wenig gab er den Erschreckten Zeit, sich zu sammeln. Stand ein Treffen zweifelhaft, so pflegte er die Reitpferde zurückzuschicken, das seine zuerst, damit jeder bei solcher Entziehung des Mittels zur Flucht um so mehr sich gezwungen sähe standzuhalten.

61. 62. Sein Leibpferd aber war eine Merkwürdigkeit, denn es hatte fast menschliche Füße, und die Hufe waren fingerartig gespalten. Dies Roß, das in seinem Marstalle geboren war und in welchem die Wahrsager eine Vorbedeutung der Weltherrschaft gesehen hatten, zog er mit großer Sorgfalt auf und war der erste, der es bestieg, da es sonst keinen Reiter dulden wollte; auch weihte er das Erzbild dieses Tieres später vor dem Tempel der Venus Genitrix. Über diesen von Cäsar erbauten Tempel s. Adolf Stahrs Torso, Teil II, S. 219-220.

Die zurückweichende Schlachtordnung stellte er oft ganz allein wieder her, indem er den Fliehenden entgegentrat, einzelne festhielt, bei der Kehle packte und so gegen den Feind umwendete. Oftmals waren sie schon so außer Fassung, daß ein Adlerträger, dessen Flucht er aufhielt, ihn mit der Eisenspitze der Fahnenstange bedrohte, ein anderer in gleichem Falle den Adler in seinen Händen ließ.

63. 64. Nicht geringere, vielmehr noch größere Beweise seiner Unerschrockenheit dürften folgende sein. Als er nach der Schlacht bei Pharsalus seine Truppen bereits nach Asien vorausgesandt hatte und selbst auf einem kleinen Fahrzeuge über die Meerenge des Hellespont schiffend auf den Lucius Cassius von der Gegenpartei stieß, der ihm mit zehn Kriegsschiffen entgegenkam, wandte er sich nicht nur nicht zur Flucht, sondern segelte sogar ganz nahe an ihn heran und forderte ihn zuerst zur Übergabe auf, worauf jener sich wirklich als Schutzflehender zu ihm auf sein Schiff verfügte.

Zu Alexandrien, bei seinem Angriff auf die Brücke durch einen plötzlichen Ausfall der Feinde in einen Kahn hineingedrängt, in den sich eine große Anzahl der Seinen mit hineinstürzte, sprang er ins Meer und rettete sich durch Schwimmen in das nächste, zweihundert Schritt [295,7 m] entfernte Schiff, wobei er die Linke emporhielt, um Papiere, die er bei sich hatte, nicht naß werden zu lassen, und seinen Feldherrnmantel Der von weißer oder von Purpurfarbe mit goldener Stickerei über der ganzen Rüstung getragen wurde. Man vergl. Cäsar, Gallischer Krieg VII, 88, und die Ausleger. mit den Zähnen nachschleppte, damit sich der Feind nicht desselben als eines Siegeszeichens bemächtigte.

65. Beim Soldaten legte er weder auf Sitten, noch auf Glücksgüter Fortuna im Text ist hier Reichtum und edle Geburt. Wert, sondern einzig auf Tapferkeit und behandelte ihn ebenso streng als nachsichtig. Denn nicht an jedem Ort und zu jeder Zeit, sondern nur, wenn der Feind nahe war, ließ er Strenge vorwalten, dann aber forderte er auch vorzugsweise pünktlichste Manneszucht, und zwar dergestalt, daß er dem Heere weder zum Aufbruch, noch zur Schlacht Zeit noch Stunde bekannt machte, sondern verlangte, daß sie in jedem ihm beliebigen Augenblicke marschfertig und schlachtbereit sein Kommandowort erwarteten. Oft alarmierte er sie ohne Veranlassung, zumal an regnerischen oder Fest-Tagen. Zuweilen hieß er die Augen auf ihn richten und machte sich dann plötzlich bei Tag oder bei Nacht davon, verlängerte auch wohl den Marsch, um die, welche ihm zu spät nachgefolgt waren, zu ermüden.

66. Hatte das Gerücht von der Stärke des Feindes sie erschreckt, so pflegte er ihren Mut dadurch aufzurichten, daß er dieselbe nicht leugnete oder verringerte, sondern vielmehr übertrieb und genau vorrechnete. So ließ er zum Beispiel, als das erwartete Herannahen des Juba Gegenstand ihrer Furcht war, die Soldaten versammeln und redete sie mit den Worten an: » Wisset, daß in den allernächsten Tagen der König hier sein wird mit zehn Legionen, dreißigtausend Reitern, hunderttausend Leichtbewaffneten und dreihundert Elefanten. Gewisse Leute mögen also aufhören, sich weiter mit Forschen und Vermuten den Kopf zu zerbrechen, und mir, der ich die Sache genau weiß, Glauben schenken, oder ich werde sie sonst auf das älteste Schiff bringen und fahren lassen, wohin sie Wind und Wellen treiben.«

67. Vergehen bestrafte er weder alle Zeit noch jedesmal nach Verhältnis. Nur Desertion und Meuterei verfolgte und bestrafte er mit äußerster Strenge; in allem übrigen drückte er gewöhnlich ein Auge zu. Ja zuweilen, nach einer großen siegreichen Schlacht, erließ er ihnen den gewöhnlichen Dienst und gab ihnen alle Freiheit, ungebunden auszuschweifen, wobei er mit Stolz zu äußern pflegte: »Seine Soldaten könnten auch gesalbt Man salbte und parfümierte Haar und Nacken sowie selbst die Kleider vor einem Schmause. gut fechten!« In öffentlicher Anrede nannte er sie nicht » Soldaten«, sondern mit dem ihren Ohren mehr schmeichelnden Namen » Kameraden«. Im Äußern hielt er viel auf kriegerischen Schmuck und beschenkte sie mit silber- und goldverzierten Waffen, teils des glänzenden Aussehens wegen, teils damit sie aus Furcht vor materieller Einbuße dieselben im Kampfe desto hartnäckiger festhielten. Ja, er liebte sie mit solcher Zuneigung, daß er nach der Botschaft von der Niederlage des Titurius S. oben Kap. 25 und Cäsars Gallischen Krieg V, Kap. 72. Bart und Haupthaar wachsen und beide nicht eher abnehmen ließ, als bis er sie gerächt hatte. Durch dies alles erweckte er bei ihnen die äußerste Hingebung und Tapferkeit.

68. Als er den bürgerlichen Krieg begann, erboten sich die Centurionen aller Legionen, ihm jeder aus ihren Mitteln einen Reiter zu stellen, und sämtliche Soldaten, ihm umsonst, ohne Getreiderationen und Löhnung zu dienen, wobei die Wohlhabenden den Unterhalt der minder bemittelten auf sich nahmen. Auch kam während der ganzen langen Zeit kein Beispiel von Abfall vor, ja viele, die in Gefangenschaft geraten waren, wiesen jedes Anerbieten, ihnen das Leben zu schenken, wenn sie gegen ihn fechten wollten, zurück. Hunger und sonstige Drangsale ertrugen sie nicht nur, wenn sie belagert wurden, sondern auch, wenn sie selbst andere belagerten, so standhaft, daß Pompejus, als er in Cäsars Verschanzungen bei Dyrrhachium eine Art Brot aus Kräutern erblickte Cäsar selbst (Bürgerkrieg III, 48) sagt, es sei eine Wurzel ( radix) mit Namen chara gewesen; die Botaniker sind nicht einig, ob es die Blumenbinse, der Mattenkümmel oder der Hederich war, aus dessen Wurzel das Brot mittelst eines Zusatzes von Milch bereitet wurde., womit sie sich das Leben fristeten, in die Worte ausbrach: » da habe er es ja mit wilden Tieren zu thun«, und es schnell bei Seite zu schaffen und niemand weiter zu zeigen befahl, damit durch solche Ausdauer und Standhaftigkeit des Feindes nicht der Mut der Seinen gebrochen würde! Wie groß ihre Tapferkeit in der Schlacht war, davon zeugt der Umstand, daß sie bei Dyrrhachium ein einzigmal geschlagen, selbst ihn aufforderten, sie zu bestrafen, sodaß der Imperator mehr sie zu trösten, als zu bestrafen für nötig fand. In den übrigen Schlachten trugen sie unzählige Male über die stärksten Feindestruppen, obgleich sie selbst bedeutend schwächer an Zahl waren, mit Leichtigkeit den Sieg davon. Ja, eine einzige Kohorte der sechsten Legion hielt als Besatzung einer Schanze mehrere Stunden lang die Angriffe von vier Legionen Die Kohorte bestand aus drei Manipeln zu 120 Mann; also standen 360 hier gegen einige 20 000. Die Legion betrug damals zwischen 5-6000 Fußgänger. des Pompejus aus und wurde fast bis aus den letzten Mann von den feindlichen Pfeilen niedergestreckt, deren man hundertunddreißigtausend innerhalb der Verschanzung fand. Das ist kein Wunder, wenn man die Heldenthaten Einzelner betrachtet, z. B. des Centurio Cassius Scäva oder des Soldaten Gajus Acilius, um anderer zu geschweigen. Scäva behauptete seinen Posten am Eingange der Schanze noch, als ihm bereits ein Auge ausgeschossen, Hüfte und Schulter durchbohrt und sein Schild von hundertundzwanzig Weitschüssen durchlöchert war. Acilius ergriff in einem Seetreffen bei Massilia das Hinterteil eines feindlichen Schiffes mit der Rechten, und als man sie ihm abhieb, sprang er, wie jener von den Griechen gefeierte Kynägiros In der Schlacht bei Salamis. S. Herodot VI, 114, und die ins Fabelhafte gesteigerte Erzählung bei Justin II, 9., in das Schiff hinüber und trieb die Feinde mit der Stachelspitze seines Schildbuckels vor sich her.

69. Meuterei haben seine Soldaten während der ganzen zehn gallischen Kriegsjahre überhaupt nie versucht, während der bürgerlichen Kriege nur ein paarmal; doch kehrten sie jedesmal schnell zu ihrer Pflicht zurück, nicht sowohl durch ihres Feldherrn Nachgiebigkeit, als durch sein Ansehen. Denn nie gab er den Aufrührern nach, sondern trat ihnen sogar stets offen entgegen. So entließ er die ganze neunte Legion bei Placentia, obschon Pompejus noch in Waffen stand, auf schimpfliche Weise des Dienstes und nahm sie erst nach vielem Widerstreben, auf flehentliches Bitten und nicht ohne vorher die Rädelsführer bestraft zu haben, wieder zu Gnaden an.

70. Als die Soldaten der zehnten Legion zu Rom, während gerade der Krieg in Afrika entbrannte, unter ungemessenen Drohungen, ja unter Gefährdung der Stadt selbst, Abschied und Belohnungen forderten, trat er, ungeachtet der dringenden Abmahnungen seiner Freunde, nicht nur ohne Zögern unter sie und entließ sie des Dienstes, sondern brachte sie auch mit der einzigen Anrede: » Quiriten!« zu solcher Lenksamkeit und Gefügigkeit herum, daß sie ihm sofort erwiderten: » sie seien Soldaten«, und ihm trotz seines Widerstrebens freiwillig nach Afrika folgten. Aber dessen ungeachtet bestrafte er die Haupträdelsführer der Meuterei, jeden durch Verlust des Beuteteils und durch Abzug eines Drittteils des ihnen bestimmten Grundbesitzes.

71. An Eifer und Zuverlässigkeit für seine Klienten ließ er es schon als Jüngling nicht fehlen. Den jungen Fürsten Masintha, bei dessen Verteidigung gegen den König Hiempsal er so in Hitze geraten war, daß er dem Juba, dem Sohne des Königs, beim Wortwechsel in den Bart griff, entriß er, als er verurteilt worden war, den geforderten Tribut zu zahlen, sofort denen, welche ihn in Haft nehmen wollten, hielt ihn lange bei sich verborgen und führte ihn bald darauf, nach Niederlegung der Prätur, bei seinem Abgange nach Spanien mitten unter denen, welche ihm das Ehrengeleit gaben, und umringt von seinen die Fasces tragenden Liktoren, in seiner eigenen Sänfte mit sich aus Rom fort.

72. Seine Freunde behandelte er stets mit höchster Gefälligkeit und Nachsicht. Als Gajus Oppius, der ihn auf einer Reise durch wilde Waldgegend begleitete, unterwegs plötzlich erkrankte, trat er ihm das einzige vorhandene Quartier in einer Hütte ab und nahm selbst sein Nachtlager auf der Erde unter freiem Himmel. Und als er endlich zur höchsten Macht gelangt war, beförderte er einige, trotz ihrer niedrigen Herkunft, zu den höchsten Ehrenstellen. Als man ihm darüber Vorwürfe machte, bekannte er laut: » Wenn er die Hilfe von Straßenräubern und Mördern zur Verteidigung seiner Stellung benutzt hätte, so würde er sich selbst gegen solche auf gleiche Weise dankbar bezeigen

73. Feindschaften dagegen ließ er nie so tief bei sich wurzeln, daß er sie nicht gern bei passender Gelegenheit hätte schwinden lassen. Dem Gajus Memmius, auf dessen schneidende Angriffsreden er mit gleicher Bitterkeit schriftlich erwidert hatte, leistete er bald darauf gute Dienste, als derselbe sich um das Konsulat bewarb. Dem Gajus Calvus, der nach Veröffentlichung seiner boshaften Epigramme durch Vermittelung von Freunden sich wieder mit ihm auszusöhnen suchte, schrieb er selbst von freien Stücken, und zwar zuerst. Den Valerius Catullus, durch dessen Verse auf den Mamurra er selbst sich für gebrandmarkt ansah, lud er an demselben Tage, wo jener ihn um Verzeihung bat, zu Tische und unterhielt auch nach wie vor mit seinem Vater die Gastfreundschaft. Über die in diesem Kapitel genannten Personen folgendes: Gajus Memmius ist derselbe, an den Lucretius sein großes Lehrgedicht gerichtet hat. Zuerst leidenschaftlicher Anhänger des Pompejus. – Gajus Licinius Calvus war ein bekannter lyrischer und satirischer Dichter, von dem wir noch Fragmente übrig haben, und ein Freund Catulls. Die Angriffe des letztgenannten Dichters auf den Mamurra, einen liederlichen Günstling Cäsars, und auf Cäsar selbst lesen wir noch heute in Catulls Gedichten (Gedicht 29 und 57). Sie sind bodenlos gemein gegen Cäsar.

74. Aber auch, wo er strafte, verleugnete sich die große angeborene Gelindigkeit seiner Natur nicht. Die Piraten, welche ihn gefangen genommen hatten, ließ er zwar, weil er ihnen den Kreuzestod zugeschworen hatte, ans Kreuz schlagen, aber zuvor erdrosseln. Dem Cornelius Phagita, der ihn krank und flüchtig bei nächtlicher Weile in seinem Versteck überfallen hatte, um ihn an Sulla auszuliefern, und dessen Händen er nur durch Zahlung einer großen Summe entronnen war, konnte er nie über sich gewinnen, etwas Übles zu thun. Den Sklaven Philemon, seinen Sekretär, der sich gegen seine Feinde anheischig gemacht hatte, ihn zu vergiften, bestrafte er nur einfach mit dem Tode. Gegen den Publius Clodius, der seine Gemahlin Pompeja zu verführen gesucht hatte und deshalb in einen Prozeß wegen Religionsfrevel verwickelt war S. oben Kap. 6. Man hatte den Clodius an dem Feste der Bona Dea, zu welchem allen Männern der Zutritt streng untersagt war, versteckt und verkleidet im Hause Cäsars gefunden, wo die Ceremonieen des Festes begangen wurden, weil Cäsar damals Prätor und Oberpriester war., als Zeuge vorgefordert, blieb er dabei, ihm sei nicht das geringste bekannt geworden, obschon seine Mutter Aurelia, wie seine Schwester Julia, in demselben Zeugenverhör bereits alles der Wahrheit gemäß ausgesagt hatten, und auf die Frage, weshalb er denn seine Gattin verstoßen habe, erwiderte er: » Weil ich der Ansicht bin, daß die Meinen ebensowohl vom Verdacht, als vom Verbrechen rein sein müssen

75. Die Mäßigung aber und Gelindigkeit, welche er sowohl im Verlaufe, als nach der siegreichen Beendigung des bürgerlichen Krieges bewies, war in der That bewunderungswürdig. Während Pompejus bekannt machte: er werde jeden als Feind ansehen, der sich nicht an die Sache der Republik anschließe, verkündigte er öffentlich, er werde alle, welche sich neutral verhielten, zu seinen Freunden zählen. Allen denen aber, welchen er früher auf Pompejus Empfehlung Offizierstellen gegeben hatte, stellte er frei, zum letzteren überzugehen. Als man bei Ilerda Das heutige Lerida in Spanien, wo Cäsar die Unterfeldherren des Pompejus schlug. Cäsar selbst (Bürgerkrieg I, 45,) berichtet den hier erzählten Vorfall anders. über eine Kapitulation in Verhandlung getreten und infolgedessen ein häufiger freundschaftlicher Verkehr zwischen beiden Heerlagern entstanden war, ließen plötzlich Afranius und Petrejus, die es gereute, sich in Unterhandlungen eingelassen zu haben, alle in ihrem Lager anwesenden Julianer greifen und hinrichten; Cäsar dagegen konnte sich nicht dazu entschließen, die gegen ihn begangene Treulosigkeit nachzuahmen. Bei Pharsalus gab er den öffentlichen Armeebefehl: »allen Bürgern Pardon zu geben«, und verstattete später jedem der Seinen, einem, wem sie wollten, von der Gegenpartei das Leben zu schenken. Auch wird man nicht finden, daß irgend einer, außer in der Schlacht, ums Leben gebracht worden ist, mit alleiniger Ausnahme des Afranius, des Faustus und des jungen Lucius Cäsar. Enkel des in der Note zu Kap. 55 erwähnten Julius Cäsar Strabo. Über ihn s. Cäsar, Afrikanischer Krieg, Kap. 88 fg.; Bürgerkrieg I, 8. Die blutige Schlächterei, welche Sueton von ihm erzählt, geschah zu Rom, bevor Cäsar dort nach seinem Übergange über den Rubikon einrückte, und kurz vor der Flucht der Pompejaner aus der Stadt. Man sieht, wie die Aristokratenpartei den Krieg begann! Aber selbst diese wurden, wie man allgemein glaubt, nicht auf seinen Befehl getötet; und doch hatten die beiden ersteren, nachdem er ihnen bereits einmal Verzeihung gewährt, aufs neue die Waffen gegen ihn geführt, und der letztere hatte nicht nur Freigelassene und Sklaven Cäsars auf die grausamste Weise hinmorden, sondern sogar die von Cäsar zu den öffentlichen Volksfestspielen angekauften wilden Tiere erstechen lassen! – Endlich in der letzten Zeit seines Lebens gestattete er selbst allen denen, welchen er noch nicht ausdrücklich Verzeihung gewährt hatte, nach Italien zurückzukehren und Civil- und Militärämter zu übernehmen. Ja sogar die vom Volke niedergerissenen Statuen des Lucius Sulla, sowie des Pompejus Man vergl. über die letztere Adolf Stahrs Torso, Teil I, S. 528-530., ließ er neu wieder aufrichten. Auch mochte er in der späteren Zeit feindseligen Anschlägen und Reden gegen ihn lieber Einhalt thun, als sie bestrafen. So verfolgte er denn auch entdeckte Verschwörungen und nächtliche Versammlungen nicht weiter, als daß er durch Edikte aussprach: sie seien ihm bekannt; und die, welche übel von ihm sprachen, begnügte er sich in öffentlicher Versammlung zu warnen, damit fortzufahren. Die empfindliche Kränkung seiner Ehre durch die überaus böswillige Schandschrift des Aulus Cäcina Sueton ist hier ungenau. Cäcina war Pompejaner und mußte lange im Exil leben. Erst im Jahre 706 der Stadt (48 v. Chr.) wurde er von Cäsar begnadigt, nachdem er durch ein Buch, Klagen betitelt, Verzeihung erbeten hatte. Man sehe Cäcinas eigenen Brief an Cicero (Vermischte Briefe VI, 7) und dort die Ausleger. Von dem weiterhin genannten Pitholaus kenne ich keine näheren Nachrichten außer dieser Stelle. Vielleicht ist er einunddieselbe Person mit Marcus und Lucius Otacilius Pitholaus (oder Pilitus), einem Freigelassenen, der Pompejus' Lehrer in der Rhetorik und zugleich historischer Schriftsteller und bekannter Witzbold war. Vgl. Macrobius, Satiren II, 2 (und daselbst die Ausleger) mit Sueton, Von den Redekünstlern, Kap. 3 durch die höchst schmähsüchtigen Gedichte des Pitholaus ertrug er, als ob er nur ein einfacher Bürger einer Republik wäre.

76. Doch seine übrigen Handlungen und Reden wiegen schwer genug, um das Urteil zu rechtfertigen, daß er seine Herrschergewalt mißbraucht und den Tod mit Recht erlitten habe. Denn nicht genug, daß er alle ihm im Übermaß angetragenen Ehrenstellen, wie die stete Wiederwahl zum Konsul, die immerwährende Diktatur, das oberste Sittenrichteramt, dazu den Vornamen Imperator, den Beinamen Vater des Vaterlandes, die Aufstellung seines Standbildes unter den Königen, den Thronsitz in der Orchestra, annahm: sondern er ließ es auch geschehen, daß man ihm Ehrenbeweise dekretierte, welche das vernünftige Maß auch der höchsten menschlichen Erhabenheit übersteigen: den goldenen Sessel im Senatshause und im Gerichtshofe, einen Götterwagen mit einer Götterlade darauf für seine bei den Circensischen Spielen mit den Götterbildern in Prozession aufgeführte Bildsäule, Tempel, Altäre, Aufstellung seines Bildnisses neben den Götterbildern, einen Platz an der für die Götter bestimmten Festtafel, einen eigenen Flamen und eine eigene Klasse von Priestern des Pan Flamen ist ein Priester, der für den als Gott verehrten Cäsar die religiösen Ceremonieen zu vollziehen hatte. – Priester des Pan ( Luperci) gab es vor Cäsar zwei Klassen; Cäsar fügte eine dritte hinzu, die seinen Namen führte. und die Benennung eines Monats nach seinem Namen Diese ganze Stelle ist höchst merkwürdig. Wie kam Sueton, der kaiserliche Sekretär Hadrians, der Unterthan eines absoluten Herrschers dazu, gegen den Begründer des römischen Imperatorentums, gegen den vergötterten Cäsar, ein Urteil auszusprechen, das der glühendste Republikaner unter Cäsars Mördern nicht schärfer fassen konnte? Wie kam er dazu, an Cäsar die Annahme von Ehrenbezeigungen zu verdammen und als Frevel gegen die Gottheit zu bezeichnen, die seitdem allen Imperatoren erteilt worden waren und die zum Teil sein kaiserlicher Herr selbst die seinen nannte? Offenbar sind die hier gehäuften Anklagen den Manifesten des Brutus und Cassius entnommen. Aber wie kam Sueton zu der Freiheit, ihr Urteil so offen zu dem seinigen zu machen? Ich gestehe, daß ich diese Fragen nicht zu beantworten weiß; die Erklärer freilich haben sie nicht einmal aufgeworfen, und doch ist ihre Beantwortung wichtig für unser Urteil über Wesen, Charakter und Abfassungszweck der Suetonischen Schrift. Ich glaube, wir haben hier zum Teil wörtliche Auszüge aus den nach Cäsars Tode von der republikanischen Partei erlassenen Proklamationen und politischen Pamphleten vor uns, die Sueton, ohne sie weiter zu verarbeiten, in sein Buch aufnahm. Wenigstens von dem Kap. 77 als Quelle genannten Titus Ampius wissen wir, daß er ein fanatischer Gegner Cäsars war, der ihn – trotzdem – begnadigte! Wie jämmerlich viele Vorwürfe, zumal die Kap. 77 gemachten, sind und wie sehr viel schimpflicher für die, welche sie erhoben, als für Cäsar selbst, bedarf kaum der Erwähnung.. Sein drittes und viertes Konsulat führte er (allerdings) nur dem Namen nach, er begnügte sich mit der Diktaturgewalt, die man ihm zugleich mit den fortdauernd erneuten Konsulaten dekretiert hatte, und so erwählte er in jedem der beiden Jahre für die drei letzten Monate je zwei Konsuln als Stellvertreter, dergestalt, daß er in der Zwischenzeit gar keine Wahltage hielt Wahltage halten war ein Geschäft der Konsuln. Cäsar aber machte es für die Wahl der meisten Magistrate, wie wir sehen, überflüssig, da er sie selbst ernannte und andere, wie die Prätoren, durch neu kreierte Beamte (Präfekten) vertreten ließ., außer für die Ernennung der Tribunen und Ädilen des Volks, und statt der Prätoren Präfekten ernannte, die die städtischen Geschäfte wahrnehmen mußten, obschon er selbst in der Stadt anwesend war. Als einmal am letzten Tage des Jahres Die neuen Konsuln traten ihr Amt am ersten Januar an. Cicero machte über den hier erwähnten Fall mehrere seiner gewöhnlichen Witze, z. B.: »der Konsul (er hieß Gajus Caninius Rebilus) habe während seines ganzen Konsulats aus lauter Wachsamkeit nicht geschlafen« u. dgl. m. Man sehe Macrobius, Saturnalien II, 3, und die Bemerkung zu Suetons Nero 15. der eine Konsul plötzlich starb, verlieh er einem Bewerber das erledigte Amt auf die wenigen übrigen Stunden. Mit derselben Willkür vergab er, wider alles Herkommen, Staatsämter auf mehrere Jahre, verlieh zehn Männern, welche bloß Prätoren gewesen waren, konsularische Insignien, nahm neugemachte Bürger, und darunter sogar einige gallische Halbbarbaren, in den Senat auf. Überdies betraute er mit der Verwaltung des Münzwesens und der öffentlichen Zolleinkünfte Sklaven seines Haushalts. Statt daß sonst über das erstere eigene Magistrate, die Münztriumvirn, und über das andere Männer aus dem Ritterstande gesetzt waren. Vgl. Mommsen, Römische Geschichte, Bd. 3, S. 454. Das Kommando der drei Legionen, die er in Alexandria stehen ließ, übergab er dem Rufio, dem Sohne seines Freigelassenen, seinem Unzuchtgenossen. Dies kann derselbe Sueton nicht mit Fug sagen, der selbst eingestanden hat, daß nur in einem einzigen Fall (s. Kap. 2 und Kap. 49) dem Cäsar solch unnatürliches Laster und auch da nur von seinen Feinden schuld gegeben sei.

77. Gleich große Beweise despotischen Übermuts gab er, wie Titus Ampius schreibt, in seinen öffentlich gethanen Äußerungen: » die Republik sei ein Nichts, ein bloßer Name ohne Körper und sichtbare Gestalt«. »Der Thronist nichts, ist ein Stück Holz mit Samt überzogen! Ich bin der Thron!« sagte der moderne Cäsar zu seinem Senate. – » Sulla habe das ABC Ein guter Wortwitz im Urtexte. Dort heißt es: »Sulla habe die Buchstaben nicht gewußt, weil er« u. s. w. Diese Redensart bezeichnete bei den Römern einen gröblich Unwissenden ( litterae = die Buchstaben und die Gelehrsamkeit). Hier ist dieser Unwissende einer jener Schulmeister, deren Thätigkeit vorzüglich darin bestand, daß sie den Schülern Sätze diktierten, und so giebt das ein gutes, aber freilich unübersetzbares Wortspiel. der Politik nicht gewußt, weil er die Diktatur niedergelegt habe.« – » Die Leute müßten jetzt bedachtsamer mit ihm sprechen und seine Aussprüche als Gesetze betrachten!« Ja, er ging in seiner Vermessenheit so weit, daß er einem Haruspex bei Gelegenheit eines Opfers auf die Meldung: » die Eingeweide seien unglückverheißend, und es fehle das Herz«, zur Antwort gab: » sie würden schon glücklicher werden, sobald er es nur wollte, und man dürfe überhaupt keine göttliche Vorbedeutung daraus machen, wenn ein Vieh kein Herz habe«. Der Witz wird noch treffender, wenn man bedenkt, daß cor nicht nur » Herz«, sondern auch » Verstand« bedeutet.

78. Jedoch den hauptsächlichsten und wahrhaft unversöhnlichen Haß zog er sich folgendermaßen zu. Er empfing nämlich die gesamten Senatoren, als sie ihm eine Anzahl für ihn höchst schmeichelhafter Beschlüsse überbrachten, sitzend in der Vorhalle des Tempels der Venus Genitrix. Einige meinen: er habe aufstehen wollen, sei aber von Cornelius Balbus zurückgehalten worden, andere dagegen: er habe gar nicht einmal den Versuch dazu gemacht, sondern habe vielmehr den Gajus Trebatius, der ihm einen Wink gab, sich zu erheben, unfreundlich angeblickt. Dies sein Verhalten erschien um so unerträglicher, als er selbst, da bei seinem Triumphzuge der Volkstribun Pontius Aquila in dem Augenblicke, wo der Triumphwagen vor den Sitzen der Tribunen vorbeipassierte, nicht aufgestanden war, im höchsten Unwillen ausgerufen haben sollte: » Nun so fordere denn, Aquila, die Republik von mir zurück, Tribun!« wie er denn auch mehrere Tage hinter einander alle Gnadenbewilligungen nur mit der Bedingung bewilligt habe: » Wenn anders Pontius Aquila keinen Einspruch thut

79. Zu dieser Beschimpfung des Senates durch so verächtliche Behandlung fügte er eine Handlung von noch größerm Übermute. Als nämlich am Lateinischen Opferfeste bei seiner Rückkehr in die Stadt mitten unter den unmäßigen und unerhörten Zurufen des Volkes ein Individuum aus der Menge seiner Statue einen Lorbeerkranz mit vorgebundener weißer Binde Die letztere war Zeichen der Königswürde. Über das Lateinische Fest auf dem Albanerberge bei dem heutigen Rocca di Papa lese man: Stahr, Ein Jahr in Italien T. I. S. 315 fg. aufsetzte und die Volkstribunen Epidius Marullus und Cäsetius Flavus die Binde von dem Kranze abrissen und den Menschen verhaften ließen, entsetzte er die Tribunen unter heftigen Scheltworten ihres Amtes, sei es aus Verdruß über die unglücklich abgelaufene Anregung seiner Erhebung zum Könige, oder sei es, wie er selbst geltend machte, weil sie ihm den Ruhm genommen, die Königskrone auszuschlagen. Doch blieb trotz alledem der Vorwurf, daß er nach dem Königsthrone strebe, auf ihm sitzen, obschon er dem Volke, das ihn mit dem Königsnamen begrüßte, zur Antwort gab: » er sei Cäsar, nicht König!« und obschon er am Feste der Luperkalien auf dem Forum das vom Konsul Antonius mehrmals seinem Haupte nahe gebrachte Diadem zurückwies und es aufs Kapitol bringen und dem höchsten Jupiter weihen hieß. Ja, es ging stark das Gerücht, er werde nach Alexandrien oder nach Ilium übersiedeln, alle Machtmittel des Reichs aus dem durch Aushebungen erschöpften Italien dorthin verlegen und das Regiment in Rom seinen Freunden überlassen; in der nächsten Senatsversammlung schon werde Lucius Cotta, einer der fünfzehn Bewahrer der Sibyllischen Bücher, den Antrag stellen: daß man, da bekanntermaßen es in den letzteren geschrieben stünde, die Parther könnten nur durch einen König besiegt werden, Cäsar zum Könige ernennen solle. Dies Gerücht war falsch und sein Inhalt der Sache nach innerlich unmöglich. Vgl. Mommsen, Römische Geschichte Bd. 3, S. 449.

80. Deshalb beeilten die Verschwornen ihre geplante Unternehmung, um nicht in die Notwendigkeit versetzt zu werden, jenem Antrage ihre Zustimmung zu geben. Die Beratungen, welche bisher zerstreut und oft nur von zwei bis drei Verschwornen abgehalten waren, wurden jetzt in einer allgemeinen Versammlung vorgenommen, da auch das Volk nicht einmal mehr mit dem gegenwärtigen Stande der Dinge zufrieden war, sondern heimlich und öffentlich seinen Widerwillen gegen die Form der absoluten Herrschaft zu erkennen gab und nach Befreiern verlangte. Zur Ehre Suetons muß ich annehmen, daß er hier nicht aus eigener Ansicht, sondern aus derjenigen redet, welche von den Verschwornen in ihren Verhandlungen geltend gemacht wurde. Wie sich das Volk verhielt, wissen wir selbst aus Sueton besser. Aber es ist ganz psychologisch richtig, daß die Verschwörer albern genug waren, aus manchen Witzen der boshaften und spottliebenden Menge, wie wir sie im folgenden lesen, den Schluß zu ziehen: das Volk von Rom sei republikanisch gesinnt und hasse Cäsars Herrschaft! So ward nach der Aufnahme der Fremden in den Senat ein Blatt mit der Bekanntmachung angeschlagen gefunden: » Von Amts wegen! Die Formel: » Bonum factum!« im Texte ist eine religiöse Anfangsformel der Edikte, deren Ursprung daher stammte, daß das im Edikt Befohlene als etwas Gutes bezeichnet werden sollte. Später wurde es bloße äußere Formel. Daß sich keiner beikommen lasse, einem neuen Senator den Weg nach dem Senatshause zu zeigen!« Auch sang man überall die Verse:

Im Triumph hat Cäsar Gallier, doch ins Rathaus auch geführt,
Gallier legten ab die Hosen Weite Pluderhosen bis an die Knöchel waren die Nationaltracht der kriegerischen Keltenstämme; der breite Purpurstreif ( latus clavus) ist Zeichen der Senatorenwürde., thaten an den Purpurstreif.

Als Quintus Maximus, dem er an seiner Statt auf drei Monate das Konsulat übertragen hatte, ins Theater trat, und der Liktor, wie es Brauch war, dem Volke sein » Habt AchtEine Aufforderung, dem Konsul Platz zu machen und ihm die schuldige Verehrung zu erweisen. zurief, erhob sich von allen Seiten der Ruf: » Der ist nicht Konsul!« Als Cäsar die Volkstribunen Cäsetius und Marullus abgesetzt hatte, fand man bei den nächsten Wahlversammlungen zahlreiche Stimmzettel, welche ihre Namen für das Konsulat enthielten. An dem Standbilde des Lucius Brutus las man die Inschrift: » O daß du lebtest!« und an der Cäsars Ein Standbild Cäsars war auf dem Kapitol errichtet worden, wo es in der Reihe der Statuen der sieben alten Könige, dicht neben dem dazu gehörigen Standbilde des Brutus, der den letzten König vertrieben, seinen Platz hatte. Dio Cassius, ein Geschichtschreiber zu Anfang des dritten Jahrhunderts, bemerkt das Wunderbare dieses Zufalls und fügt hinzu: »Gewiß war dieser Umstand nicht ohne Einfluß auf das Gemüt des Marcus Brutus und seine Handlungsweise gegen Cäsar.« ( Dio Cassius, Buch XLIII, Kap. 45, S. 236 der Leunclavischen Ausgabe.) die Verse:

Brutus, der vertrieb die Könige, unser erster Konsul ward;
Dieser, der vertrieb die Konsuln, unser König ward zuletzt!

Die Verschwörung gegen ihn bestand aus mehr als sechzig Mitgliedern, aber die Häupter derselben waren Gajus Cassius, Marcus und Decimus Brutus. Zuerst waren sie unschlüssig, ob sie ihn auf dem Marsfelde bei Gelegenheit der Wahlversammlungen, wenn er die Tribus zum Stimmen aufriefe, in geteilten Haufen von der Brücke Eine der Brücken über den breiten Graben, welcher das Marsfeld umschloß. stürzen und ihn unten auffangen und erdolchen oder ob sie ihn auf der Heiligen Straße oder beim Eingange zum Theater angreifen sollten. Als aber eine Senatsversammlung auf den fünfzehnten März in die Kurie des Pompejus angesagt wurde, so gab man unbedenklich dieser Zeit und diesem Orte den Vorzug.

81. Dem Cäsar wurde unterdessen der bevorstehende gewaltsame Tod durch die offenbarsten Vorzeichen verkündigt. Wenige Monate zuvor, da in der Kolonie Capua die Kolonisten, die infolge des Julischen Gesetzes dorthin übersiedelten, zum Aufbau ihrer Landhäuser uralte Gräber umgruben und dies um so eifriger thaten, weil sie dabei eine große Menge Gefäße von alter Kunstarbeit fanden, entdeckte man in einem Monument, das für das Grabmal des Capys, des Gründers von Capua, galt, eine eherne Tafel mit griechischer Schrift und Sprache, des Inhalts: » wenn einst die Gebeine des Capys ans Licht gekommen sein würden, werde ein Sprosse des Julus von der Hand seiner Blutsverwandten getötet, sein Tod aber bald durch schreckliche Heimsuchungen Italiens gerächt werden.« Niemand darf diese Thatsache für fabelhaft oder erdichtet halten; es bezeugt sie Cornelius Balbus, Cäsars vertrautester Freund. Der Denkwürdigkeiten aus seinem und Cäsars Leben hinterließ. Siehe Paulys Realencyklopädie T. II, S. 694. Wenige Tage vor seinem Ende berichtete man ihm, daß die Rosse, welche er beim Übergange über den Rubiko den Göttern geweiht und ohne Hüter frei hatte laufen lassen, durchaus nicht mehr fressen wollten und häufige Thränen vergössen. Ähnliche Züge von edlen Kriegsrossen findet man schon bei Homer: Achilleus Rosse beweinen den Tod des Patroklos; bei Virgil weint an der Leiche des Pallas sein Leibroß, und selbst in Shakespeare's Macbeth (Akt II, Scene 3) geben Duncans Rosse ihren Schmerz kund um den Tod ihres königlichen Herrn. Beim Verrichten eines Opfers erteilte ihm der Opferschauer Spurinna die Warnung: er möge sich vor einer Gefahr hüten, die nicht länger als bis zu den Iden des März ausbleiben werde. Am Tage aber vor diesen Iden des März sah man eine Vogelschar vor dem nahegelegenen Haine einen Zaunkönig, der mit einem Lorbeerzweiglein in die Pompejanische Kurie flog, verfolgen und daselbst zerreißen. Ja, in der Nacht, auf die der Tag des Mordes anbrach, sah Cäsar seinerseits im Traume sich mehrmals über den Wolken schweben und dann wieder einmal, wie er dem Jupiter die Hand reichte; und Calpurnia, seine Gattin, sah im Traum, wie der Giebel ihres Hauses einstürzte und wie man ihren Gemahl in ihren Armen erdolchte; zugleich sprangen plötzlich von selbst die Thüren des Schlafgemachs weit auf. Teils dieser Dinge wegen, teils weil er sich unwohl fühlte, war er längere Zeit unentschlossen, ob er sich nicht lieber zu Hause halten und das, was er dem Senate vorzutragen beschlossen hatte, vertagen sollte. Endlich aber machte er sich, da ihm Decimus Brutus vorstellte, doch den zahlreich versammelten und bereits längere Zeit auf ihn wartenden Senat nicht vergeblich sitzen zu lassen, etwa um die fünfte Stunde D. h. zwischen 10-11 Uhr vormittags nach unserer Stundenrechnung. auf den Weg. Eine Schrift, die ihm unterwegs von jemand überreicht wurde und die eine Anzeige des Verschwörungsplanes enthielt, steckte er unter die übrigen Schriften, die er in der Linken hielt, um dieselbe später zu lesen. Als er darauf das Opfer hielt und die Opfertiere, trotzdem daß man deren mehrere schlachtete, keine glücklichen Vorzeichen gaben, ging er ohne Rücksicht auf diese religiösen Bedenklichkeiten in die Kurie. Dort sah er den Spurinna und bemerkte ihm mit spottendem Lächeln, um ihn als falschen Propheten zu bezeichnen: » Des Märzen Idus sind ja ohne Unglück gekommen!«, worauf jener warnend erwiderte: » Gekommen sind sie, aber noch nicht vorüber!«

82. Als er Platz nahm, stellten sich die Verschworenen unter dem Scheine, ihm ihre Ehrfurcht zu bezeigen, im Kreise um ihn herum, und sofort trat Tullius Cimber, der die erste Rolle übernommen hatte, als wenn er ihn um etwas bitten wollte, näher an ihn heran. Da jener ihn durch einen Wink abschlägig beschied und durch eine Handbewegung auf eine andere Zeit verwies, faßte er ihn auf beiden Schultern an der Toga, und als Cäsar ausrief: » Das ist ja Gewalt!«, so verwundete ihn der eine Cassius von vorn ein wenig unterhalb der Kehle. Cäsar ergriff den Arm des Cassius und durchstach ihn mit dem Schreibgriffel, wurde aber, als er aufspringen wollte, durch eine zweite Verwundung gehindert. Wie er nun sah, daß von allen Seiten gezückte Dolche auf ihn eindrangen, verhüllte er mit der Toga das Haupt und zog zugleich mit der linken Hand den Faltenbausch derselben bis zu den Knöcheln nieder, um mit anständig bedecktem Unterleibe zu fallen, und in dieser Haltung wurde er mit dreiundzwanzig Streichen tot niedergestreckt, während er nur bei dem ersten Stoße einen Seufzer, aber kein Wort vernehmen ließ, obschon einige berichten, er habe dem auf ihn einstürzenden Brutus auf griechisch zugerufen: » Auch du, mein Sohn?!« Als er das Leben verhaucht hatte, blieb er, da alle entflohen, eine geraume Zeit liegen, bis endlich drei armselige Sklaven den Leichnam in einer Sänfte mit heraushängenden Armen in sein Haus zurücktrugen. Und doch ward unter so vielen Wunden, nach dem Berichte seines Leibarztes Antistius, nur eine tödlich befunden, die zweite, die er in der Brust erhalten hatte. Die Verschworenen waren willens gewesen, den Leichnam des Ermordeten in die Tiber zu schleifen, sein Vermögen einzuziehen, seine Anordnungen zu kassieren; aber aus Furcht vor dem Konsul Marcus Antonius und vor dem Magister Equitum Lepidus standen sie davon ab.

83. So wird denn auf Antrag des Lucius Piso, seines Schwiegervaters, das Testament, das er am 13. September des vorigen Jahres auf seinem Labikanischen Landgute gemacht und der ältesten unter den Vestalischen Jungfrauen in Verwahrung gegeben hatte, eröffnet und im Hause des Antonius vorgelesen. Quintus Tubero berichtet: daß er in der Zeit von seinem ersten Konsulate bis zum Ausbruch des bürgerlichen Krieges in seinen mehrmals erneuerten Testamenten immer den Cnejus Pompejus zu seinem Erben eingesetzt und dies seinen Soldaten durch öffentliche Vorlesung mitgeteilt habe. In seinem letzten Testament jedoch setzte er drei Erben ein: seiner Schwester Enkel, den Gajus Octavius, zu drei Vierteilen, den Lucius Pinarius und den Quintus Pedius mit dem übrigen Vierteil der Hinterlassenschaft. Am Schlusse des Testaments verlieh er dem Gajus Octavius die Rechte seiner Familie und seinen Namen. Viele seiner Mörder ernannte er zu Vormündern seines Sohnes, falls ihm ein solcher geboren würde; Decimus Brutus fand sich sogar unter den zweiten Erben Die im Sterbefall der ersten erbberechtigt waren. genannt. Dem Volke insgesamt vermachte er seine Parkgärten an der Tiber und jedem einzelnen dreihundert Sesterzien. 52,62 Reichsmark.

84. Als das Leichenbegängnis angesagt war, wurde der Scheiterhaufen auf dem Marsfelde nahe bei dem Grabmale der Julia errichtet und vor der Rednerbühne ein vergoldetes Gerüst nach dem Modell des Tempels der Venus Genitrix aufgestellt; innerhalb desselben stand ein elfenbeinernes Paradebett, mit goldverbrämten Purpurdecken belegt, und zu Häupten desselben ein Tropäum mit dem Gewande, in welchem er ermordet worden war. Die, welche Leichengeschenke Die man zu Ehren des Verstorbenen den Flammen des Scheiterhaufens übergab und die sonst im feierlichen Zuge vorgetragen wurden. zu bringen beabsichtigten, wurden angewiesen, weil der Tag (für einen geordneten Leichenzug) nicht auszureichen schien, sich mit denselben auf jedem beliebigen Straßenwege, ohne Berücksichtigung der geordneten Prozession, auf dem Marsfelde einzufinden. Zwischen den Leichenspielen wurden, um das Mitleid mit dem Ermordeten und den Haß gegen die Mörder aufzustacheln, Stücke aus Pacuvius »Waffengericht« Eine Tragödie, deren Gegenstand der Streit des Ajax und Ulysses über die Waffen Achills war., wie die Stelle:

»So hab' ich denn gerettet meine Mörder mir!«

und andere ähnlichen Inhalts aus der »Electra« des Atilius gesungen. Anstatt der Lobrede ließ der Konsul Antonius durch einen Herold den Beschluß des Senates vorlesen, durch welchen derselbe ihm alle möglichen göttlichen wie menschlichen Ehren dekretiert hatte, desgleichen den Eid, durch welchen alle Senatsmitglieder sich zum Schutze dieses einen Mannes verpflichtet hatten. Er selbst fügte nur wenige eigene Worte hinzu. Das vor der Rednerbühne aufgestellte Paradeleichenbett trugen teils im Amt befindliche, teils gewesene Magistratspersonen zum Forum hinab. Während nun einige vorschlugen, ihn in der Tempelzelle des Kapitolinischen Jupiter zu verbrennen, andere dazu die Kurie des Pompejus in Vorschlag brachten, erschienen plötzlich zwei Unbekannte, mit Schwertern an der Seite und zwei Wurfspießen in den Händen, und zündeten mit Wachsfackeln das Gerüst an. Sogleich schleppte die Menge der Umstehenden dürres Reisig, Gerichtsbänke und Richterstühle, und was sonst zur Hand war, zusammen; die Spielleute und die Schauspieler warfen die Gewänder ab, welche sie von dem Gepränge der früheren Triumphzüge zu der gegenwärtigen Feier angelegt hatten, und warfen sie zerrissen in die Flammen; ebenso die Veteransoldaten ihre Waffenstücke, mit denen gerüstet sie den Leichenzug begleiteten, viele Matronen die Schmuckgegenstände, welche sie trugen, sowie die goldenen Kapseln und Prätexten Alle vornehmen Knaben trugen goldene Kapseln ( bullae) als Amulette um den Hals, solange sie im Knabenkleide ( praetexta) gingen. Wenn sie das Männergewand ( toga virilis) anlegten, ward beides den Hausgöttern als Weihgeschenk dargebracht. ihrer Kinder. Während dieser großen öffentlichen Staatstrauer ließ auch die große Menge der ausländischen Einwohner in besonderen Versammlungen ihre üblichen Klagegesänge erschallen, vor allen die Juden, die sogar viele Nächte hintereinander den niedergebrannten Scheiterhaufen besuchten. Sie hatten gegründete Ursache, ihn als ihren Wohlthäter zu betrauern, denn Cäsar hatte ihnen in Rom freie Übung ihres Kultus bewilligt ( Josephus, Jüdische Altertümer XIV, 10, § 8). Sein Nachfolger Augustus hatte zwar persönlich Widerwillen gegen die jüdische Religion ( Sueton, Augustus 93), aber er verfolgte sie nicht, wie Tiberius (s. Sueton, Tiberius 36) und Claudius ( Claudius 25) thaten. Vgl. Egger, Examen critique des historiens d'Auguste, S. 199.

85. Das Volk stürmte sofort vom Leichenbegängnis mit Fackeln gegen das Haus des Brutus und Cassius; dort mit Mühe zurückgeschlagen, ermordete es den ihm unterwegs begegnenden Helvius Cinna, den es durch einen Namensirrtum für den Cornelius Cinna hielt, welchen es gerade aufsuchte, weil er tags zuvor in öffentlicher Versammlung heftig gegen Cäsar gesprochen hatte, und trug seinen Kopf auf einer Lanze durch die Stadt. Später errichtete es eine fast zwanzig Fuß [5,914 m] hohe Säule aus einem numidischen Marmorblocke mit der Inschrift: » Dem Vater des Vaterlandes!« Lange Zeit noch pflegte man bei derselben Opfer zu bringen, Gelübde zu thun und gewisse Streitsachen durch einen Eid bei Cäsars Namen zu schlichten.

86. Bei manchen der Seinen hinterließ Cäsar die Vermutung: er habe nicht länger leben wollen und keine Vorsorge (für sein Leben) getragen, weil seine Gesundheit zuletzt schwankend gewesen, und deshalb habe er sowohl die Mahnungen der Vorzeichen, als die Berichte seiner Freunde vernachlässigt. Manche meinen, er habe im Vertrauen auf den oben erwähnten Senatsbeschluß und Eid auch die spanischen Garden, die ihm sonst mit Schwertern überallhin das Geleit gaben, entfernt, andere dagegen, er habe gemeint: es sei besser, den von allen Seiten drohenden Nachstellungen ein für allemal sich preis zu geben, als immerwährend dagegen auf der Hut zu sein. Andere erzählen, er habe oft gesagt: » es sei weniger sein, als der Republik Interesse, daß er leben bliebe. »Frankreich hat mich mehr nötig, als ich Frankreich.« Napoleon. Er habe bereits Macht und Ruhm im Übermaße erlangt; der Staat werde, wenn ihn ein Unglück treffen sollte, statt Ruhe zu genießen, von viel schlimmeren Bürgerkriegen heimgesucht werden.«

87. Das steht bei allen vollkommen fest: daß ein solcher Tod ihm fast erwünscht zu teil geworden ist. Denn einmal, als er im Xenophon gelesen hatte, daß Cyrus in seiner letzten Krankheit gewisse Anordnungen über seine Bestattung gegeben habe, hatte er seinen Widerwillen gegen ein so langsames Sterben ausgedrückt und sich einen plötzlichen und schnellen Tod gewünscht. Und am Tage vor seiner Ermordung, als in der Unterhaltung an der Tafel bei dem Marcus Lepidus die Rede darauf kam, welches Lebensende das beste sei, hatte er dem plötzlichen und unerwarteten den Vorzug gegeben.

88. Sein Tod erfolgte im sechsundfünfzigsten Jahre seines Alters, und seine Aufnahme unter die Zahl der Götter geschah nicht nur durch den Mund der Beschließenden, sondern auch durch die Überzeugung des Volkes. Erglänzte doch während der Festspiele, welche gleich nach seiner Vergötterung sein Erbe Augustus ihm zu Ehren aufführen ließ, sieben Tage lang ein Komet am Himmel, der um die elfte Stunde aufging, und allgemein glaubte man, das sei die Seele des in den Himmel aufgenommenen Cäsar, weshalb denn auch noch jetzt seinem Bildnisse immer ein Stern über dem Scheitel hinzugefügt wird. Die Kurie, wo er ermordet worden, ward nach einem Beschlusse vermauert, der Tag der März-Iden sollte den Namen »Vatermordstag« führen und nie an diesem Tage Senatsversammlung gehalten werden.

89. Von seinen Mördern aber überlebte ihn beinahe keiner über drei Jahre, und keiner starb eines natürlichen Todes. Nachdem sie alle insgesamt verurteilt waren, kam ein Teil durch Schiffbruch, ein anderer in der Schlacht um. Einige nahmen sich mit demselben Dolche, mit dem sie die Unthat an Cäsar vollbracht hatten, das Leben.


 << zurück weiter >>