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Zar Peter I.

Zar Peter I.
Bildquelle: wikipedia.org

Liebschaften Peters des Großen.


Peters frühe Ausschweifungen. – Verheiratung mit Jewdokia Lopuchina. – Verschiedenheit der Charaktere. – Jewdokias Haß gegen Mentschikoff. – Die Rache des Günstlings. – Jewdokias Verbannung. – Ihre angebliche Liebschaft. – Jewdokias Rache an Mentschikoff. – Die edle Anna Mons. – Peters Maitressen.


Rußlands größter Herrscher, der Zar, der das sarmatische Reich über Nacht aus Asien nach Europa versetzte, war als Mensch von zügelloser Grausamkeit und barbarischen Gewohnheiten. Selbst die unerbittlich strenge russische Zensur konnte die Geschichtsschreiber nicht hindern, den Ruhm des gewaltigen Regenten in den Schatten zu stellen durch die Aufdeckung seiner wilden Taten, durch die Aufzählung der zahllosen Opfer, die seinem Egoismus, seiner Brutalität, seinem unbändigen Despotismus gebracht wurden. Nachdem die Historiker Rußlands anderthalb Jahrhunderte nichts anderes getan hatten, als das Andenken Peters des Großen kritiklos zu verherrlichen, fand man endlich den Mut, auch die Nachtbilder seiner Epoche aus dem Staub der Archive hervorzuziehen. So hat man denn in den letzten Jahren durch eine Reihe russischer Dokumente endlich die Wahrheit namentlich über das Schicksal der ersten Gemahlin dieses Monarchen erfahren, die die erste war, die seiner Barbarei zum Opfer fallen mußte.

Man weiß, unter welchen Mühen und Gefahren die Kindheit und Jugend Peters des Großen verflossen. Sein Herz ward verbittert und verroht, sein Leben vergiftet, und während sein Geist die höchsten Sphären menschlichen Denkens und Wissens erreichte, blieb sein Gemüt im Schmutz der niedrigsten Leidenschaften haften.

Noch als unreifer Knabe überließ er sich mit wilden Genossen zügellosen Ausschweifungen, und ernste Männer, die aus gut gemeinter Vorsorge ihm Vorstellungen machten, erklärte er als seine schlimmsten Feinde, während er mit bösen Gesellschaftern Freundschaft fürs Leben schloß.

Da wußte sich die verzagte Mutter des jungen Zaren vor Gram und Leid nicht zu fassen und durchweinte bittere Tage und qualvolle Nächte.

Endlich beschloß Natalia Kirillowna, dem jungen Peter, obwohl er erst sechzehn Jahre zählte, eine Gemahlin zu geben, indem sie hoffte, ihn dadurch ruhiger und stiller zu gestalten. Sie erließ einen Ruf an die Bojaren und Wojwoden des Reiches und forderte sie auf, ihre Töchter nach Moskau zu senden, damit der Zar sich aus ihnen eine Zarin erwähle. Es war dies das letzte Mal, daß ein russischer Herrscher sich nach alter Sitte aus den Töchtern des Landes eine Gemahlin erkor, und derjenigen, die dieses Los traf, ward auch das trübste Schicksal von allen beschieden.

Alle Wojwoden und Bojaren folgten dem Rufe der Zarin Natalia und sandten ihre Töchter, sofern sie schön und anmutig waren, nach der alten Krönungsstadt an der Moskwa.

Die Zarin selbst prüfte die eingetroffenen Mädchen und bestimmte die Jewdokia Feodorowna Lopuchina, die Tochter des vornehmen und reichen Edelmannes Feodor Abramowitsch Lopuchin Jewdokia (auch Awdotia oder Eudoxia) Lopuchin wurde am 30. Juli 1669 geboren, war damals also bereits zwanzig Jahre alt, während Peter um drei Jahre weniger zählte. Vgl.: Fürstin Schahovskoy-Gleboff-Strechneff, Drei russische Frauengestalten, Heidelberg 1902. – Histoire d'Eudoxia Feodorowna, première épouse de Pierre le Grand, Leipzig 1861. zur zarischen Gemahlin.

Am 27. Januar 1689 wurde mit dem größten Pomp die Hochzeit gefeiert und Jewdokia Feodorowna bestieg den russischen Thron, um ihn mit Peter Alexejewitsch zu teilen.

Die Schönheit der jungen Frau vermochte den Gatten nur gerade für die Flitterwochen zu fesseln; aber dann verließ er sie bald. Sie liebte ihn und härmte sich ob der Vernachlässigung. Zeugnisse dafür sind ihre Briefe, die sich im Gossudarstwenny-Archiv (dem Reichs-Archiv) befinden und vor einigen Jahren veröffentlicht wurden. Da schreibt sie ihm einmal in ihrer schlichten Weise: »Meinem Kaiser, meiner Wonne Peter Alexejewitsch! Ich grüße Euch, Leuchte meines Lebens. Wir bitten Euch in Gnaden, o Herr, nicht mit Eurer Rückkehr zu zögern. Ich lebe und gedeihe unter der Obhut unserer Mutter. Euere kleine Frau, die sich vor Euch verneigt.« …

Ihre Bitte war vergebens. Erst als sie dem Zaren am 18. Februar 1690 einen Sohn schenkte, bezeigte er mehr Herzlichkeit. Auch jetzt war es allerdings nicht die rechte Liebe, vielmehr Stolz und Glück, einen Erben zu besitzen. Belustigungen wurden angeordnet, die Kirche und das Volk reich beschenkt. Der Knabe erhielt den Namen Alexey, und die Weisen am Hofe prophezeiten dem zarischen Sprößling eitel Segen. Ihre Wahrsagungen haben sich nicht erfüllt. Dieser Zarensohn war jener Alexey, welcher sich gegen seinen Vater empörte und infolgedessen einen grausamen Tod fand. Ein zweiter Sohn der Jewdokia, Alexander, geboren am 13. Oktober 1691, starb bald nach kurzem Siechtum. Viele Jahre später, unter der Regierung Katharinas der Ersten, trat ein falscher Alexander auf, der indes schnell beseitigt wurde.

Es steht fest, daß die Zarin Jewdokia ihren Gatten liebte und einen Augenblick lang von ihm ob ihrer Schönheit wiedergeliebt war, allein sie konnte ihn nicht lange fesseln. Bald eilte er von ihrer Seite und ergab sich seinen Liebeshändeln.

Zarin Jewdokia

Zarin Jewdokia
Bildquelle: wikipedia.org

Es fehlte der Jewdokia jede Bildung, ihre Briefe beweisen es.

Es fehlte ihr jeder Sinn für Peters Tätigkeit, für das, was sein Leben und Streben ausfüllte; sie stand seiner rastlosen Arbeitslust mit träger Gleichgültigkeit gegenüber.

Sie scheute jede Mühe, jede Anstrengung; sie flocht um sich und ihren Gatten kein gemeinsames Interessenband.

Nach orientalischer Sitte lebte sie still und eingezogen und zeigte sich niemals öffentlich. Wenn sie ausfuhr, so geschah dies in verschlossenem und verhängtem Wagen und nur ganz früh morgens oder spät abends, um die Begegnungen der Leute zu vermeiden. Der Wagen war mit rotem Samt bezogen und wurde von acht weißen Rossen geführt. Zu beiden Seiten ritt ein großes Gefolge in Waffenschmuck. Jewdokia hatte auch ihre eigene Schloßkapelle, in der sie mit ihren Damen Gottesdienst hielt; öffentliche Gotteshäuser betrat sie niemals.

Peter dagegen fand keinen Geschmack daran, nach der Weise seiner Vorfahren eingeschränkt und eingesperrt zu leben; er hatte vielmehr das Verlangen, sich häufig dem Volke zu zeigen, mit dem Volke frei zu verkehren, und besonderes Vergnügen boten ihm Unterhaltungen mit Ausländern.

Die Zarin wurde verdrießlich und zänkisch und hielt dem Zaren, wenn er spät nachts von Belustigungen heimkam, an denen häufig frivole Damen teilnahmen, lange Gardinenpredigten, die dem Selbstherrscher aller Reußen auf die Dauer langweilig und unerträglich wurden.

Der Zar kam immer seltener zu seiner Gemahlin und ließ sich nicht rühren, als sie ihm schrieb: Die Fürstin Schachowsky-Gleboff-Strechneff, die Verfasserin des Buches »Drei russische Fraueugestalten« ist eine Urenkelin Jewdokias. In dem genannten Buche hat sie das traurige Schicksal der letzten russischen Gemahlin eines Zaren auf Grund von historischen Dokumenten und Familienpapieren beschrieben und namentlich viel Interessantes über das Leben nach ihrer Verstoßung erzählt.

»Meinem sehr lieben Herrn, meinem Leben, dem Zaren Peter Alexejewitsch! Ich grüße Dich, mein Lebenslicht! Mögest Du lange Jahre noch leben! Schreibe mir, ich flehe Dich an, mein Geliebter, Väterchen, wie es mit Deiner Gesundheit geht, denn Dein Wohlergehen allein kann mir Freude bereiten. Vergesse unser nicht in Deiner Gnade, mich und Aläscha!« Ungehört verhallten diese Bitten und Mahnungen, zwecklos war die Erinnerung an das häusliche Glück, die Anrufung der Gnade des kaiserlichen Herrn für seine Gattin und sein Kind. Der Zar schmachtet in fremden Banden, seine Neigung für das Ausländische treibt auch sein Herz zur Liebe für eine ausländische Schönheit.

Dazu kam, daß Mentschikoff, der schon damals allmächtige Günstling des Zaren, auf die Gattin seines Herrn erbittert war und mit allen möglichen Mitteln gegen sie wühlte und hetzte.

Jewdokia hatte nämlich dem genialen Emporkömmling vor vielen Damen und Herren des Hofes vorgeworfen:

»Du bist der Verführer des Zaren, Du zerrst ihn zu den liederlichen Frauenspersonen, welche deine Kunden waren, als du noch Kuchen feilbotest!« …

Diese Worte vergaß und verzieh Mentschikoff der Zarin nie und schwor ihr Rache.

Und der allmächtige Günstling siegte über die Gattin des Zaren ….

Als Peter einmal spät nachts nach einem wüsten Zechgelage heimkehrte, machte ihm Jewdokia die heftigsten Vorwürfe wegen seiner Trunkenheit und seiner Liebeshändel.

Diese Vorwürfe erbitterten den Zaren und er kannte in seiner Wut keine Grenzen, so daß die Zarin vor ihm flüchten mußte.

Damit war der eigentliche Bruch zwischen dem Zaren und der Zarin innerlich vollzogen. Doch wagte Peter nicht, solange seine Mutter lebte, sich auch öffentlich von seiner Gemahlin zu trennen. Da starb Natalia Kirillowna, die des jungen Zaren guter Geist gewesen, am 25. Januar 1694, und nun hatte Peter auf keinen Menschen mehr Rücksicht zu nehmen.

Für Jewdokia begann das Martyrium ohne Ende. Der Zar fing damit an, daß er die Verwandten der Zarin aus ihren Stellungen verjagte oder in entfernte Gegenden verbannte; ja einige, unter ihnen der Oheim Jewdokias, Peter Lopuchin, wurden gefoltert und hingerichtet. Im Volke erzählte man, daß der Zar diesen Lopuchin eigenhändig folterte, den Unglücklichen mit Spiritus begoß und dann anzündete. Und welches war das Verbrechen, das einen so grausamen Tod zur Strafe hatte? Peter der Große verlangte, daß Lopuchin seine Nichte, die Zarin, des Ehebruchs bezichtigte, um dem Zaren einen Scheidungsgrund zu schaffen. Lopuchin zog es vor, für die Unschuld der Zarin sein Leben zu opfern; aber auch dieses Opfer vermochte Jewdokias Schicksal nicht mehr zu wenden.

Und die schreckliche Stunde kam. Eines Tages trat der Zar zur Zarin Jewdokia Feodorowna und sagte ihr: er habe ihre Zänkereien und Eifersüchteleien satt; sie möge sich als von ihm geschieden betrachten und für den Rest ihres Lebens – sie zählte damals erst fünfundzwanzig Jahre! – in ein Kloster gehen.

Sie weigerte sich, dem Befehl zu gehorchen.

Da kam Mentschikoff dem Zaren zu Hilfe. Er wies »überzeugend« nach, daß Jewdokia bei dem Aufstande der Strjelitzen ihre Hand im Spiele gehabt, und die Zarin wurde aller ihrer Würden enthoben und in das Ssusdal-Kloster in der Nähe von Moskau verbannt.

Sie durfte nur ihre Zwergin Agathe als Wegleitung mitnehmen. Im Kloster war nichts für die verstoßene Zarin vorbereitet. Man empfing sie mit Schrecken. Der Zar hatte nichts für den Unterhalt seiner Gemahlin angewiesen, die arme Gemeinde mußte alles bestreiten. Für die unglückliche Frau, die noch vor einigen Tagen an der Seite des Monarchen über das mächtige Zarenreich gebieten durfte, wurde nicht einmal eine eigene Zelle freigemacht. So vergingen der verstoßenen Zarin sechs Monate bei Hunger, Durst und Entbehrungen. Jewdokia konnte sich von allen, auch von ihrem Gatten, vergessen glauben; aber er hatte ihrer, leider! nicht vergessen. Denn ein halbes Jahr nach ihrer Verstoßung war es, da erschien im Kloster ein Abgesandter Peters, der einen Klosterbruder Namens Hilarion mit sich führte. Die Boten des Zaren drangen in die Zelle der Jewdokia, und Hilarion schnitt der Zarin gewaltsam die Haare ab – die Zarin war zur Nonne gepreßt und durfte fortan nur Schwester Helena genannt werden. Die Märtyrerin lebte so mehrere Jahre in Elend und Kummer, bis plötzlich – man weiß nicht, wie – im Lande sich der Ruf ihrer Heiligkeit verbreitete und das Volk nach dem Kloster pilgerte, um die Gnade, von der Nonne Helena gesegnet zu werden, zu erflehen. Als Peter davon erfuhr, beschloß er dem Ruhme der Heiligkeit seiner verstoßenen Gemahlin ein schreckliches Ende zu machen. Im dichtesten Schneegestöber ritt er mit einer Truppe nach dem Kloster und befahl, auf der Stelle Pfähle und Galgen unter den Fenstern der Jewdokia zu errichten und eine Anzahl Pilger aufzuhängen. Die arme Jewdokia lag noch im Schlafe, als das Furchtbare geschah; und als sie die Augen öffnete, fielen ihre Blicke auf die Opfer der zarischen Verfolgungswut …

Seither aber, als hätte sich die Grausamkeit des Zaren in dieser grauenhaften Tat für lange erschöpft, hatte Jewdokia Jahre hindurch Ruhe. Bald wagte sie sich aus ihrem Zufluchtsort hervor, besuchte benachbarte Klöster, und schließlich legte sie sogar die klösterliche Tracht ab und kleidete sich wieder in fürstliche Gewänder. So ward sie eines Tages von einem Offizier Namens Stephan Gljeboff gesehen, der sich in die noch schöne und junge Frau verliebte und sich ihr zu nähern verstand. Ein leidenschaftlicher Roman entspann sich, der tragisch enden mußte …

Als nach Jahren ihrem Sohne Alexey der Prozeß gemacht wurde, erschien auf Mentschikoffs Verdächtigungen hin auch Jewdokia als Angeklagte. Mentschikoff behauptete, daß in einer Kirche bei Ssusdal in den Kirchengebeten der ehemaligen Zarin stets als der rechtmäßigen Zarin gedacht worden; daß Jewdokia nur kurze Zeit Nonnenkleider getragen und dann ein weltliches Leben geführt; daß sie endlich von 1709 bis 1710 ein sehr intimes Verhältnis mit dem Major Gljeboff unterhalten und angeblich mit ihm auch politische Ränke gegen den Zaren geschmiedet hätte.

Wahr sind bloß die ersten drei Punkte, der vierte aber war erfunden.

Jewdokia stand mit dem Major Gljeboff in Briefwechsel. Das geschah aber nicht zu politischen Zwecken. In allen Briefen der Zarin an Gljeboff ist nichts von Politik, nur von Liebe, heißer Sehnsucht nach dem Geliebten, glühender, alles durchbrechender Leidenschaft zu lesen. Die Briefe zeugen von einer großen Gefühlstiefe und einem warmen Herzen, das Liebe genug zu vergeben hatte. Diese Liebe widmete sich aber nicht dem angetrauten Gatten, der die Zarin mißhandelt und vernachlässigt hatte, sondern einem Manne, den das Herz der vereinsamten Frau gewählt. Diese Briefe sind abgedruckt bei Ustrjalow, Geschichte Peters des Großen. St. Petersburg 1859. II, 402–407. VI, 327–384. Vgl. A. Brückner, in Raumer-Riehls Histor. Taschenbuch, 5. Folge, 10. Jahrgang, Leipzig 1880.

Jewdokias Briefe an Peter, von denen es nur wenige und kurze gibt, können den Vergleich mit den Briefen an Gljebow nicht aushalten. Wenn man die kalten konventionellen Zeilen der Gattin an den Gatten den heißen Leidenschaftsworten in den Briefen an Gljebow gegenüberstellt, so muß man es bedauern, daß der Zar es nicht vermocht hat, Jewdokia an sich zu fesseln. Nur selten entschlüpft der Zarin, fast wie widerwillig, ein Kosename für den Gemahl; in den Briefen an den Geliebten findet sie nicht genug der zärtlichsten Anreden.

Unter den Briefen Jewdokias an Gljeboff fand man einen folgenden Inhalts: »Ich verzehre mich! Gott allein weiß, wie teuer Du mir bist. O mein vielgeliebter Freund, warum muß ich Dich so lieben? Mein geliebtes Herz, trage nur stets den Ring, den ich Dir gab! Ich ließ mir den gleichen anfertigen.« In einem anderen Briefe heißt es: »Da, wo Dein Wort ist, wird auch das meine sein; da, wo Dein Wort ist, werden mein Geist und mein Herz weilen. Immer und für die Ewigkeit die Deinige.« Der Brief, der für die Richter der entscheidende war, hatte diesen Wortlaut: »Habe ich denn nicht genugsam Dein Antlitz, Deine Hände, alle Deine Glieder mit meinen Tränen begossen, daß Du nicht allenthalben die Spuren meiner Tränen findest?« …

Die Entdeckung des Verhältnisses zwischen der abgesetzten Zarin und dem Major Gljebow versetzte den Zaren in wilde Wut, und er soll die arme Frau höchst eigenhändig geknutet und gefoltert und ihr so das Geständnis ihrer Schuld abgepreßt haben.

Auch der Major Gljeboff kam unter Knute und Folter, ertrug aber alles standhaft und behauptete fortwährend Jewdokias Unschuld.

Zur Strafe für seine »Halsstarrigkeit« wurde er lebendig gespießt und erlitt ein qualvolles Ende, denn der Tod trat erst nach mehreren Stunden ein, die der Gespießte bei vollem Bewußtsein verbrachte.

Der Zar wohnte dieser Marterung bei.

Als Gljeboff ihn erblickte, spie er ihm ins Gesicht und rief:

»Verlaß mich, Tyrann, lasse mich wenigstens ruhig sterben!« …

Jewdokia wurde wie eine gemeine Verbrecherin in das Kloster Staraja Ladoga bei Schlüsselburg gesperrt und blieb hier bis zur Thronbesteigung ihres Enkels Peters des Zweiten.

Sie mußte von Brot, Gemüse und Wasser ihr Leben fristen.

Als aber der Sohn des unglücklichen Alexey den Thron der Romanows bestiegen hatte und seine Großmutter an den Hof zurückrief, kam sie und half ihren Todfeind Mentschikoff stürzen, der nicht zum wenigsten durch ihre Bemühungen nach Sibirien zu wandern gezwungen wurde.

Nachdem sie dieses Werk der Rache vollbracht, kehrte sie wieder in die Verborgenheit zurück und lebte ein stilles Leben, bis sie am 10. September 1731 verschied.

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Verzeichnis der nunmehr benützten Literatur: Des großen Herrens Czaars Petri Alexowiz Leben und Taten. Von J. H. von L., Franckfurt und Leipzig 1710. – Jean Perry, Etat present de la Grande Russie, traduit de l'anglais. A la Haye 1717. – Korb, Diarium itineris in Moscoviam, Vienna 1698. – Le Brun, Voyage par la Moscovie en Perse. Amsterdam 1718. – An impartial history of Peter Alexowitz, by a british officer in the service of the Czaar. London 1723. – J. G. Rabener, Leben Petri des Ersten und Großen. Leipzig 1725. – Nestesuranoi (J. Raisset), Mémoires du règne de Pierre le Grand. 1729–1737. – Mauvillon, Histoire de Pierre I le Grand. Amsterdam et Leipzig 1742. – A. Gordon, The history of Peter the Great. Aberdeen 1755. Deutsche Ausgabe: Leipzig 1765. – Voltaire, Histoire de l'empire de Russie sous Pierre le Grand, Génève 1761–1768. Deutsch: Franckfurt und Leipzig 1761–1764. – Bacmeister, Beyträge zur Geschichte Peters des Großen. Riga 1774. – Hupel, Nordische Miscellanen. Riga 1782. – Jacob Stählin, Originalanekdoten von Peter dem Ersten. Leipzig 1785. – Golikow, Taten Peters des Großen. Moskau 1788. 80 Bände. 2. Ausgabe in 15 Bänden. Moskau 1837–1843. (Russisch). – J. Golikow, Neue Anekdoten von Peter dem Großen. Deutsch, Riga 1802. – G. A. von Halem, Leben Peters des Großen. Münster und Leipzig 1808–1804. – J. Ch. A. Bauer, Unterhaltende Anekdoten aus dem 18. Jahrhundert. Peter der Erste. Leipzig 1804. – B. Bergmann, Peter der Große als Mensch und Regent. Königsberg und Riga 1823–1826. Ségur, Histoire de Russie et de Pierre le Grand, Paris 1829; deutsche Ausgabe von C. D. H. Grimm, Halberstadt 1831, drei Bändchen. – Reiche, Peter der Große und seine Zeit. – Pelz, Geschichte Peters des Großen. Leipzig 1848. – Belani, Peter der Große, seine Zeit und sein Hof. Leipzig 1856. – Ustrjälow, Geschichte der Regierung Peters des Großen. Petersburg 1858. Russisch. – Kamensky, Das Jahrhundert Peters des Großen. Russisch. – Golovine, Histoire de Pierre I. Leipzig 1861. – Engelmann, Peter der Große. Dorpat 1872. – Pogodin, Die 17 ersten Jahre im Leben Peters des Großen. Moskau 1876. Russisch. – Hallez, Mémoires secrets pour servir á l'histoire de la Russie sous les règnes de Pierre le Grand et Cathérine I. Bruxelles 1853. – Memoires historiques, politiques et militaires sur la Russie. par le General de Manstein. Dazu die gleichzeitige deutsche Ausgabe. Beide Leipzig 1771, bey Weidmanns Erben und Reich. – Le Clerc, Histoire de la Russie. Paris 1788–1794. – Merkwürdige Anekdoten aus der Geschichte Rußlands bis 1736. Wien 1787. – (G. A. W. von Helbig), Russische Günstlinge. Tübingen 1809. – Maison impériale de la Russie. Paris 1828. – Lacroix, Mystères de la Russie. Paris 1845. – Denkwürdigkeiten des Petersburger Hofes. Leipzig 1845. – Crusenstolpe, Der russische Hof. Hamburg 1855. – Rußland was es war und was es ist. Pest 1855. – E. Sadler, Die geistige Hinterlassenschaft Peters I. Leipzig 1862. – Galitzin, La Russie au XVIII siècle. Paris 1863. – Schlosser, Geschichte des XVIII. Jahrhunderts. – Hermann, Geschichte des russischen Staates. – Peter der Große. Lebensbild eines Monarchen, von R. v. R. Berlin 1869. – Ssolowjew, Geschichte Rußlands. Moskau. Russisch. Band 12–18. – J. Golowin, Russische Geheimnisse 1882. – M. J. Semewsky, Erzählungen aus der russ. Geschichte des XVIII. Jahrh. St. Petersburg 1884 (russisch). – Das beste Werk über Peter ist von A. Brückner, Berlin, Grote 1879. – Das jüngste Buch über Peter den Großen ist von K. Waliszewski in Paris 1897 (5. édition) veröffentlicht worden.

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Seit seiner Trennung von Jewdokia wurde Peter ein Spielball der rohesten Leidenschaften. Dieser große Herrscher, der sein Reich aus dem Zustande der Barbarei zum erstenmal wenigstens bis zum Niveau halbeuropäischer Bildung hob, war in seinem Innern selbst noch ein vollkommener Barbar geblieben, der seinen Begierden keinen Zwang auferlegen mochte. Und während er das geringste Vergehen seiner Untertanen mit blutiger Strenge ahndete, taumelte er selbst von Verbrechen zu Verbrechen.

Die Heiligkeit der Frau flößte ihm keine Scheu ein; er schätzte das Weib fast nur als Gegenstand der Sinnlichkeit und dürfte nächst dem »apostelgleichen« Fürsten Wladimir von Kijew unter allen russischen Herrschern derjenige gewesen sein, der die meisten Frauen verführt hat.

Doch muß betont werden, daß der Zar fast nie Gewalt anwandte, anzuwenden brauchte.

Die Sitten am Peters Hofe waren von der erbärmlichsten Art, und nur von einem einzigen Fall ist zu berichten, wo eine junge schöne Dame dem Liebeswerben des Herrschers erfolgreich Trotz bot.

In allen übrigen Fällen leisteten die Damen, ob sie nun Mädchen oder verheiratete Frauen, hohen oder niederen Standes waren, dem Kaiser keinen Widerstand.

Das Andenken dieser Personen, die an vielen wichtigen Staatsakten mitwirkten, deren schmutzigen Handlungen so manches erlauchte Haus seinen Ursprung verdankt, ist zum großen Teil vergessen; nur einige wenige Namen von Geliebten Peters des Großen sind erhalten.

Anna Mons de la Croix, nach den einen eine Livländerin, Tochter eines Weinschenken, nach den anderen aus einer vornehmen holländischen Adelsfamilie stammend, war jene einzige Dame am Hofe Peters des Großen, die den rohen Bewerbungen des Zaren erfolgreich Trotz bot.

Alle Urteile stellen Anna Mons einig als Muster der vollkommensten Weiblichkeit dar.

Sie verband mit einer geradezu faszinierenden Schönheit einen edlen, lauteren Charakter; sie war empfindsam, ohne schmachtend zu sein; sie hatte pikante Launen, die aber nicht in Eigensinn ausarteten; sie besaß Verstand, den sie anwendete, ohne der Güte ihres Herzens zu schaden; ernste Klugheit milderte sie durch tändelnden Witz. Und durch diese Vorzüge errang sie eine Herrschaft über ihre Umgebung, die sie durch keine Kunstgriffe zu stützen oder zu mehren brauchte.

Solch ein Weib konnte dem Auge Peters natürlich nicht entgehen. Er trug dem schönen Mädchen kurz und bündig seine Liebe an, wurde aber ebenso kurz und bündig zurückgewiesen.

Der ungewohnte Widerstand entmutigte den Zaren jedoch nicht, bewog ihn nicht im geringsten, von seinen Verführungskünsten abzustehen; er reizte vielmehr seine Leidenschaft.

Fast demütig bittend erneuerte Peter seine Anträge, er begleitete sie mit den verlockendsten Verheißungen und schenkte der jungen Dame auch sogleich ein Haus in Petersburg.

Aber Fräulein Mons blieb kühl und drängte den Kaiser ruhig und ernst in die Schranken der Sitte zurück. Vergeblich sann der Verliebte auf neue Mittel, um die Spröde gefügig zu machen, und war entschlossen, vor nichts zurückzuweichen, um sein Ziel zu erreichen.

Und immer heißer und heißer kochte sein Blut, immer leidenschaftlicher begehrte er nach dem Weibe, das ihm so energischen Widerstand leistete. Ja, er wollte die Mons sogar zu seiner Gemahlin machen, sie zur Kaiserin erheben, wenn sie nicht sonst sich ihm ergeben wollte …

Sie aber liebte im Stillen einen anderen Mann, den preußischen Gesandten am Petersburger Hofe, den Baron Kaiserling.

Als der Zar eines Abends auf einen Hofball kam, wurde ihm von Mentschikoff, der durch die Liebe Peters zur Mons seinen Einfluß auf den Zaren zu verlieren fürchtete, ein Billet in die Hand gespielt, in welchem die junge Dame ihrem Bräutigam Klagen über die Zudringlichkeit des Monarchen zukommen ließ.

Diese Entdeckung verwandelte Peters Liebe in Zorn und Haß.

Schäumend vor Wut stürmte der Zar auf die Mons zu, beleidigte sie in unwürdiger Weise und forderte sogar das geschenkte Haus zurück. Infolge dieser Szene kehrte die junge Dame in ihre Wohnung zurück, während sie zugleich ihren Verlobten von dem Vorgefallenen benachrichtigte.

Kaiserling beschloß nunmehr, sich mit seiner Braut sofort zu vermählen, um sie vor neuen Wutausbrüchen des Kaisers wirksam zu schützen. Seltsamerweise erkrankte er plötzlich und siechte in wenigen Tagen hin. Auf dem Sterbebette aber ließ er sich noch die Mons antrauen.

Diese verlebte nach dem Tode ihres Gatten noch lange Jahre ein Dasein, das durch die zügellose Roheit des größten russischen Herrschers zu einem namenlos traurigen geworden war, aber durch Peters fürchterliches Ende zwei Jahrzehnte später Sühne fand. Vielfach wurde behauptet, dass Peter mit Anna Möns zehn Jahre »in Beziehung« stand. Das mag schon richtig sein. Aber diese Beziehungen müssen doch nicht intim gewesen sein und sind historisch noch nicht klargestellt. Nur dass Peter die Mons besitzen wollte, steht fest. Aber nicht minder unzweifelhaft, dass die Mons ihm Widerstand leistete. Die Angaben über die Episode Mons sind bei den verschiedenen Geschichtsschreibern überaus widerspruchsvoll. Erwähnenswert ist die Bemerkung von Brückner, dass »die Mons den preussischen Gesandten Keyserlingk heiratete und bald darauf starb.« – Auch Pelz, 219, sagt: »Die Mons heiratete mit des Zaren Zustimmung den preussischen Gesandten Kaiserling.«

Nicht so große Schwierigkeiten stellten sich dem Zaren entgegen, als er das Herz einer Schwester der Anna Mons bestürmte, welche die Gattin eines Generals Balk war. Obgleich sie sich schon in sehr vorgerückten Jahren befand, vermochte sie doch Peters Neigung zu fesseln und lange Zeit zu behalten.

Als Maitresse spielte sie keine bedeutende Bolle. Dagegen machte sie kurz vor dem Tode des Zaren in der tragischen Liebesaffaire ihres Bruders von sich reden.

Die Glanzrolle im Liebesleben Peters des Großen spielte die livländische Sklaventochter Martha, später Katharina die Erste.

Die Weltgeschichte kennt keine zweite Frau, deren Schicksal dem dieser gleichen würde. Aus der untersten Schichte des Volkes hervorgegangen, wurde sie, nachdem sie erst Sklavin, dann Soldatengattin, hierauf Geliebte zweier russischer Generale gewesen, die Maitresse und 1711 die Gemahlin des größten russischen Regenten und nach dem Tode desselben Selbstherrscherin des größten Reiches der Welt. Und als sie nach bloß zweijähriger Regierung starb, legten die Höfe Europas vielwöchentliche Trauer um sie an …

Auch nach seiner Vermählung mit Katharina gab Peter seine Maitressenwirtschaft nicht auf.

Aus der unendlichen Zahl seiner Geliebten von 1711 bis zu seinem 1725 erfolgten Tode ragen besonders fünf Damen hervor.

Von der einen, einer Madame Tschernitscheff, weiß ich nur zu berichten, daß sie die Frau eines Generalmajors war und außer dem Zaren auch anderen ihre Gunst in ausschweifendster Weise gewährte.

Eine niederträchtige Handlung beging der Kaiser an dem Vater einer jungen Hamburgerin. Als Peter 1716 – beiläufig bemerkt mit Katharina – die Elbestadt besuchte, lernte er daselbst die Tochter eines lutherischen Pastors kennen. Die Schöne sehen und sich unsterblich in sie verlieben, war natürlich eins. Sie hatte auch nichts dawider, die kurzweilige Maitresse des Kaisers zu werden. Der Vater aber, der ehrliche lutherische Pastor, weigerte sich entschieden, seine Tochter dem zarischen Wüstling zu opfern; er verlangte, daß Peter das Mädchen in Ruhe lasse oder Katharina verstoße und dafür die Begehrte anständigerweise heirate.

Peter entschied sich kurz für das letztere, ließ alle gehörigen Dokumente aufsetzen und unter feierlichen Zeremonien die Trauung vollziehen.

Nachdem er jedoch von den Reizen des jungen Weibchens in einer Nacht genug gekostet hatte, schickte er dem Pastor die Tochter nebst tausend Dukaten heim und erzwang die Rückstellung der Heiratskontrakte. –

Eine andere bemerkenswerte Geliebte Peters war Anna Iwanowna Kramer, eine schöne Kaufmannstochter aus Narwa. Sie wurde nach der Einnahme ihrer Vaterstadt durch die Russen nach dem alten Kasan an der oberen Wolga geführt, von hier an den General Balk in Petersburg und von diesem an das Hoffräulein Hamilton als Kammerjungfer verschenkt.

Bei Fräulein Hamilton sah sie der Zar, und das aufgeweckte Mädchen, das übrigens manche zärtliche Erinnerung hinter sich hatte, erregte seine Aufmerksamkeit, sein Interesse.

Er fand sich häufig und häufiger bei der Hamilton ein, die Kramer mußte während seiner Besuche stets in den Kreis der Familie gezogen werden und sie verstand es, durch kluge Koketterie den Zaren immer mehr zu fesseln.

Um mit ihr ungestörter verkehren zu können, gab Peter der Kramer eine Stelle in seinem Palaste.

Sie erhielt sich ziemlich lange in der Gunst des Zaren und genoß sein volles Vertrauen. Sie war eine der wenigen Personen, die um das Geheimnis der meuchlerischen Ermordung des Cäsarewitsch Alexey wußten. Eine übrigens nicht ganz einwandfreie Erzählung berichtet nämlich: Nachdem General Weide dem Prinzen grausamerweise den Kopf abgehauen hatte, führte der Kaiser selbst seine Maitresse in das Zimmer, wo die verstümmelte Leiche lag, und das gefühllose Weib nähte in aller Eile den Kopf des Alexey wieder an den Rumpf und bekleidete den bluttriefenden Körper, um ihn für die Ausstellung in der Kirche parat zu machen …

Kurz nach dieser entsetzlichen Tat mußte Anna Iwanowna anderen Maitressen weichen. Doch vergaß der Kaiser nicht den Dienst, den sie ihm geleistet hatte und über den sie mit bewunderungswürdiger Festigkeit niemals ein Wort verlor, und belohnte sie reichlich mit Geld und Gütern. Nach dem Tode Peters zog sie sich wieder nach Narwa zurück, wo sie noch ein halbes Jahrhundert lebte. Sie starb 1770 im Alter von 76 Jahren.

Das früher erwähnte Fräulein Hamilton war ebenfalls eine Geliebte des Zaren, dem sie auch ein Kind gebar.

Peters Neigungen wechselten schnell, und auch die Hamilton wurde bald verstoßen. Sie machte dem Kaiser bittere Vorwürfe, er aber achtete nicht darauf.

Um sich zu rächen, ermordete sie das Kind, welches von Peter sehr geliebt war. Sie büßte diesen Racheakt mit ihrem Leben. Der Zar ließ sie enthaupten, gab ihren Kopf der Akademie der Wissenschaften und befahl, ihn gut zu verwahren.

Später bekam der Frauenkopf die Gesellschaft eines schönen Männerkopfes …

Diese Liebschaften waren indessen alle nur vorübergehende Launen, welche Katharina mit ziemlicher Gleichgültigkeit betrachten konnte.

Ernster aber erschien Peters Interesse für eine junge Prinzessin Kantemir, die in den letzten Lebensjahren des Zaren eine große Bedeutung am Petersburger Hofe gewann.

Die Familie Kantemir stammte angeblich vom Chan Timur, dem mittelasiatischen Weltstürmer. Dmitry, Sohn des moldauischen Wojwoden Konstantin Kantemir, kam 1711 nach Petersburg, ward daselbst in den Fürstenstand erhoben und ein Günstling Peters des Großen. Er beförderte eifrig die Gründung der Akademie der Wissenschaften und schrieb eine Historia de ortu et defectione imperii turcici. Sein Sohn Antioch Dmitryjewitsch war der erste russische Satiriker, seine Tochter – die letzte Geliebte Peters.

Die Prinzessin Kantemir galt als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit, und Peter war so sehr in sie verliebt, daß er ihr zu Gefallen Katharina verstoßen wollte. Noch inniger wurde das Verhältnis, als die Prinzessin dem Kaiser die Hoffnung auf die Geburt eines Kindes, vielleicht gar eines Sohnes, den der Kaiser sehnlich wünschte, eröffnete. Zum Unglück kam sie aber mit einer Fehlgeburt nieder, und Peter, erzürnt über die ihm bereitete Enttäuschung, verjagte die Geliebte und kehrte wieder zu Katharina zurück. Diese gewann ihren alten Einfluß in so hohem Maße wieder, daß der Zar sie sogar krönte und zu seiner Nachfolgerin bestimmte. Kaum war dies geschehen, so kam Katharinas Untreue, ihr skandalöses Verhältnis zu dem Kammerherrn Mons an den Tag …

Peters Rache war gräßlich, und Katharinas Verderben schien besiegelt.

In dieser Sturmzeit tauchte die Prinzessin Kantemir wieder am Petersburger Hofe auf, und der Zar, der sich von Katharina betrogen sah, wandte der Prinzessin abermals sein Herz zu. Als Peter nun auch erfuhr, daß die Fehlgeburt der Kantemir auf Katharinas Veranlassung durch den Arzt Policula, das Werkzeug der Kaiserin, herbeigeführt worden war, faßte Peter den Entschluß, Katharina sofort zu verstoßen und die Prinzessin Kantemir an ihre Stelle zu setzen.

Allein schneller als die Rache des Zaren war die Sichel des Todes. Sie fällte Peter den Großen, ehe er seinen Entschluß ausführen konnte.


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