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4. Kapitel. Arbeit

Jedermann sei tätig, und tätig in der höchsten Beschäftigung, deren er fähig ist, und sterbe mit dem Bewußtsein, sein Bestes getan zu haben.

Sydney Smith.

Einer der besten Erzieher zu einem praktischen Charakter ist die Arbeit. Sie erweckt und schult Gehorsam, Selbstbeherrschung, Aufmerksamkeit, Fleiß und Beharrlichkeit; sie verleiht dem Menschen Einsicht und Geschicklichkeit in seinem besonderen Berufe, und Gewandtheit und Schnelligkeit in den Angelegenheiten des täglichen Lebens. Die Arbeit ist das Gesetz unseres Daseins – das lebendige Prinzip, das Menschen und Nationen vorwärtsbringt. Die Mehrzahl der Menschen ist in die Notwendigkeit versetzt, sich ihren Lebensunterhalt durch ihrer Hände Arbeit zu verdienen; aber alle müssen auf irgend eine Weise arbeiten, wenn sie das Leben genießen wollen, wie es genossen werden sollte.

Die Arbeit kann eine Last und Strafe sein, aber sie ist auch eine Ehre oder ein Ruhm: ohne sie kann nichts vollendet werden. Alles Große im Menschen rührt von der Arbeit her, und die Zivilisation ist ihr Erzeugnis. Würde die Arbeit abgeschafft, so wäre das Geschlecht Adams auf einmal dem moralischen Tode überliefert.

Die Trägheit ist der Fluch des Menschen, nicht die Arbeit. Die Trägheit zerfrißt das Herz des Menschen wie der Nationen, und verzehrt sie wie der Rost das Eisen. Als Alexander die Perser besiegt und ihre Sitten kennen gelernt hatte, machte er die Bemerkung, daß sie nicht zu wissen schienen, daß es nichts knechtischeres gibt als ein Leben des Vergnügens und nichts Edleres als ein Leben der Arbeit.

Als der Kaiser Severus auf dem Totenbett lag, zu York, wohin man ihn auf einer Tragbahre vom Fuße der Grampianberge gebracht hatte, rief er seinen Soldaten als letztes Losungswort zu: » Laboremus« (arbeiten wir!); und nichts als beständige Arbeit stützte und breitete Macht und Ansehen der römischen Feldherren aus.

Bei der Beschreibung der früheren sozialen Lage Italiens, wo man die gewöhnlichen ländlichen Arbeiten mit der höchsten bürgerlichen Würde für verträglich hielt, spricht Plinius von den triumphgeschmückten Feldherren und Soldaten, die zufrieden zu ihrem Pflug zurückkehrten. »Zu jenen Zeiten bestellten sogar Feldherren den Acker eigenhändig, der frohlockend die Pflugschar trug, welche mit Lorbeeren geschmückt war und von einem sieggekrönten Pflüger geführt wurde.« Erst als man Sklaven in ausgedehntem Maße in allen Zweigen der Industrie beschäftigte, wurde die Arbeit als entehrend und knechtisch angesehen. Und sobald als Indolenz und Luxus die charakteristischen Merkmale der herrschenden Klassen Roms wurden, war der Niedergang Roms früher oder später unvermeidlich.

Es gibt unter allen Neigungen unserer Natur vielleicht keine, vor der wir uns mehr hüten müssen, als die Trägheit. Als Gurney einen intelligenten Ausländer, der den größten Teil der Welt bereist hatte, fragte, ob er irgend eine Eigenschaft bemerkt hätte, die als ein allgemeines Charaktermerkmal unseres Geschlechts angesehen werden kann, sagte er in gebrochenem Englisch: › Me tink dat all men love lazy.‹ (Mich dünkt, alle Menschen lieben die Trägheit.) Sie ist für den Wilden wie für den Despoten charakteristisch. Es ist ganz natürlich, daß der Mensch die Produkte der Arbeit ohne ihre Mühe genießen will. Dieser Wunsch ist in der Tat so universell, daß James Mill äußerte, die Regierung wäre ursprünglich nur zu dem Zwecke erfunden worden, um die Faulheit auf Kosten der Gesellschaft zu verhindern.

Der Müßiggang ist für Individuen wie für Nationen gleich erniedrigend. Der Träge hat noch nie etwas Großes vollbracht und wird es auch nicht tun. Er erklimmt nie einen Hügel und überwindet nie eine Schwierigkeit, wenn er es vermeiden kann. Alles mißlingt ihm im Leben und wird immer mißlingen. Es liegt in der Natur der Dinge, daß er nie in etwas Erfolg hat. Er ist eine Last, ein Hindernis, ein Schaden – immer nutzlos, kläglich, traurig und elend.

Burton schreibt in seinem merkwürdigen und seltsamen Buche – von dem Johnson sagt, daß es ihn veranlaßt habe, zwei Stunden früher als gewöhnlich aufzustehen – die Ursachen der Schwermut hauptsächlich der Trägheit zu. »Die Trägheit,« sagt er, »ist der Fluch des Körpers und Geistes, die Amme der Nichtsnutzigkeit, die Wurzel alles Übels, eine der sieben Todsünden, des Teufels Ruhekissen, sein Pfühl und Lieblingslager.... Ein fauler Hund wird räudig, und wie soll ein träger Mensch dem entgehen. Faulheit des Geistes ist noch schlimmer als die des Körpers; der unbeschäftigte Verstand ist eine Krankheit – der Rost der Seele, eine Pest, die Hölle selbst. Wie in einem stagnierenden Sumpf Würmer und Schlingpflanzen überhand nehmen, so wuchern böse und verderbliche Gedanken im Geiste des Trägen und beflecken die Seele. So wage ich kühn zu behaupten: Wer träge ist, gehöre er einem Stand an welchem er will, sei er reich, von guter Abkunft, vermögend, scheinbar glücklich – mag er alles im Überfluß haben, so daß er sich alles, was das Herz zur Glückseligkeit und Zufriedenheit wünscht, verschaffen kann: so lange er müßig ist, wird er sich nie weder geistig noch körperlich glücklich fühlen, aber immer abgespannt, kränklich, ärgerlich, übersättigt, immer weinerlich, seufzend, kummervoll, argwöhnisch, mit sich und der Welt zerfallen sein, sich weit weg oder tot wünschen, oder er läßt sich von irgend einer törichten Laune einnehmen.«

Burton sagt noch mehr über denselben Gegenstand. Der Inhalt und die Lehre seines Buches ( Anatomy of Melancholy) ist aber in dem prägnanten Schlußsatz zusammengefaßt. »Nimm dies als Zusammenfassung und Schluß. Wenn du bei irgend einer Art von Schwermut deine körperliche und geistige Gesundheit erhalten willst, so befolge diese kurze Vorschrift: Überlasse dich nicht der Einsamkeit und dem Müßiggang. Sei nicht einsam – sei nicht träge«.

Der Träge ist indessen nicht ganz müßig. Wenn auch der Körper die Arbeit scheut, so ist das Gehirn nicht untätig. Wenn es nicht Korn baut, so baut es Disteln, die man längs der Laufbahn des Trägen im Leben aufgeschossen findet. Die Geister des Müßigganges erheben sich in der Dunkelheit und starren dem Schwächling ins Gesicht, um ihn zu peinigen.

»Die Götter sind gerecht; aus unsern Lieblingslastern
Verfert'gen sie die Geißeln unsrer Torheit.«

Das wahre Glück liegt nicht darin, daß unsere Fähigkeiten schlummern, sondern, daß sie tätig sind und nützlich angewandt werden. Die Trägheit erschöpft uns, nicht die Tätigkeit; diese ist Leben, Gesundheit und Vergnügen. Der Geist kann durch die Arbeit müde und matt werden, aber durch Trägheit wird er gänzlich verwüstet. Daher pflegte ein kluger Arzt die Tätigkeit als eines seiner wertvollsten Heilmittel anzusehen. »Nichts ist schmachvoller«, sagte Dr. Marshall Hall, »als vergeudete Zeit.« Ein Mainzer Erzbischof pflegte zu sagen, daß das Herz wie ein Mühlstein ist: wenn man Weizen hineinschüttet, mahlt er ihn zu Mehl; wenn man nichts hineinschüttet, so mahlt er doch, aber sich selbst zu Staub.

Die Faulheit hat gewöhnlich viele Entschuldigungen, und der Faulpelz, obschon unlustig zur Arbeit, zeigt sich oft als scharfsinniger Sophist. »Es ist ein Löwe auf dem Pfad«, »der Berg ist schwer zu erklimmen«, »es lohnt nicht der Mühe«, »ich habe es versucht, doch umsonst, und kann es nicht fertig bringen«. Auf diese Sophismen eines jungen Mannes schrieb Sir Samuel Romilly einst: »Mein Angriff auf Ihre Trägheit, Zeitvergeudung usw. war sehr ernsthaft gemeint, und ich glaube, daß es nur Ihrem Mangel an Beschäftigung zuzuschreiben ist, daß Sie solche seltsame Argumente zu Ihrer Verteidigung gebrauchen. Ihre Theorie lautet: Jedermann tut so viel Gutes, als er kann. Wenn ein Individuum nichts Gutes tut, so ist dies ein Beweis, daß er dessen unfähig ist. Daß Sie nicht schreiben, beweist, daß Sie es nicht können; und Ihr Mangel an Neigung zeigt Ihren Mangel an Talenten. Was für ein wunderbares System – und was für wohltätige Folgen würde es haben, wenn es allgemein angenommen würde!«

Man hat mit Recht gesagt, daß der Wunsch, eine Sache zu besitzen, ohne sie erringen zu müssen, ebenso ein Zeichen von Schwäche ist, als die Anerkennung, daß das Hauptgeheimnis praktischer Kraft das ist, daß jede Sache von Wert nur durch Zahlung ihres Preises zu erlangen ist. Auch die Mußestunden können nicht genossen werden, ohne daß sie verdient sind. Wurden sie nicht durch Arbeit erlangt, so ist der Preis dafür nicht bezahlt worden. Vor und hinter der Muße muß Arbeit liegen; aber der Muße ohne Arbeit kann man sich nicht mehr erfreuen als der Übersättigung. Das Leben muß dem Reichen wie dem Armen widerwärtig sein, die nichts zu tun haben, oder nichts tun wollen. Auf dem rechten Arm eines sentimentalen Bettlers von etwa vierzig Jahren, der zum achten Male in dem Gefängnis zu Bourges in Frankreich eingesperrt wurde, fand man folgende Worte eintätowiert, die man als Motto aller Müßiggänger annehmen könnte: » Le passé m'a trompé; le présent me tourmente, l'avenir m'épouvante.« (Die Vergangenheit hat mich enttäuscht, die Gegenwart quält mich, die Zukunft schreckt mich.) Die Pflicht des Fleißes gilt für alle Klassen und Stände der Gesellschaft. Alle haben in ihrer Stellung ihre Arbeit zu verrichten, die Reichen so gut wie die Armen. Ein Mann von vornehmer Abkunft und Erziehung, wie reich er auch mit irdischen Gütern gesegnet sei, kann sich doch nicht dem Gefühl verschließen, daß er verpflichtet ist, sein Scherflein zum Wohle des Gemeinwesens beizutragen, in dem er lebt. Es kann ihm nicht Befriedigung gewähren, sich von der Arbeit anderer genährt, gekleidet und erhalten zu wissen, ohne der Gesellschaft, die ihn unterhält, in passender Form seinen Dank abzustatten. Einen ehrlichen, vornehm gesinnten Mann würde der Gedanke empören, sich niederzusetzen und eine Mahlzeit einzunehmen und dann wegzugehen, ohne seinen Anteil an der Rechnung bezahlt zu haben. Träge und unbrauchbar zu sein ist weder ein Vorrecht noch eine Ehre, und obwohl Leute von niedriger Gesinnung sich damit zufrieden geben können, bloß zu konsumieren – fruges consumere nati – so werden doch Männer von durchschnittlicher Begabung, von ernstem Streben und redlichen Zielen dies Verhalten mit wahrer Ehre und Würde unvereinbar finden.

»Ich glaube nicht,« sagte Lord Stanley, »daß ein unbeschäftigter Mensch, wie liebenswürdig und in anderer Beziehung achtenswert er auch sein mag, sich wirklich glücklich fühlen kann. Arbeit ist unser Leben; zeige mir, was du arbeiten kannst, so will ich dir sagen, wer du bist. Ich sagte, daß die Liebe zur Arbeit das beste Schutzmittel gegen niedrige und lasterhafte Neigungen ist. Ich gehe noch weiter und behaupte, daß sie auch das beste Mittel gegen die kleinlichen Ängstlichkeiten und Ärgernisse ist, die aus allzugroßer Eigenliebe entstehen. Früher glaubten die Menschen, daß sie sich vor der Sorge und Angst in eine andere, nur ihnen gehörige Welt flüchten könnten. Dies Experiment wurde oft versucht, doch immer mit demselben Erfolge. Man kann der Sorge und Arbeit nicht entgehen, sie ist das Geschick der Menschheit. Die vor der Unruhe zurückschrecken, werden von ihr aufgesucht. Dem Trägen mag es glücken, daß er weniger Arbeit verrichtet, als ihm zuerteilt wurde; aber die Natur, welche den Instinkt dem Werk anpaßt, macht das wenige viel und schwer für ihn. Wer nur sich zum Vergnügen lebt, wird früher oder später, und wahrscheinlich früher als später, finden, daß er sich einen sehr strengen Herrn erwählt hat; und die übertriebene Schwachheit, die von jeder Verantwortung zurückschreckt, findet auch ihre Strafe; denn wo große Interessen ausgeschaltet werden, da werden Kleinigkeiten zu großen Dingen, und dieselbe Anstrengung des Geistes, die sonst wenigstens auf die wahre Lebensbetätigung nützlich und heilsam verwendet worden wäre, wird oft in kleinlicher, eingebildeter Unruhe verschwendet, wie sie ein unbeschäftigtes Gehirn nährt und vervielfältigt.«

Selbst zu dem niedrigsten Zweck – dem persönlichen Vergnügen – ist beständige Beschäftigung notwendig. Wer nicht arbeitet, kann den Lohn der Arbeit nicht genießen. »Wenn wir beschäftigt sind,« sagte Sir Walter Scott, »so schlafen wir gesund und fühlen uns während der wachen Zeit glücklich: ein leises Gefühl der Ermüdung ist notwendig, damit wir die Muße recht genießen, wenn sie auch durch Arbeit verdient und durch Pflichterfüllung geheiligt ist.«

Zwar sterben manche Menschen an Überarbeitung, aber viel mehr an Selbstsucht, Nachsicht gegen sich selbst und Trägheit. Wenn Menschen an Überarbeitung zusammenbrechen, so fehlte es ihnen gewöhnlich an der richtigen Lebensordnung, und sie vernachlässigten die gewöhnlichen Gesundheitsbedingungen. Lord Stanley hatte wahrscheinlich recht, wenn er in der oben erwähnten Rede sagte, daß er daran zweifle, »daß harte Arbeit, wenn sie nur stetig und regelmäßig betrieben wird, jemandem schadet«.

Die Zahl der Jahre ist kein richtiger Maßstab für die Länge des Lebens. Das Leben des Menschen sollte danach bemessen werden, was er darin leistet und fühlt. Je Nützlicheres er vollbringt und je mehr er denkt und fühlt, desto wirklicher lebt der Mensch. Der Träge, Unbrauchbare vegetiert nur. Die ersten Lehrer des Christentums haben – wie schon die Lehrer des Stoizismus – die Arbeit durch ihr Beispiel geadelt. »Wer nicht arbeitet,« sagte Paulus, »der soll auch nicht essen.« Er rühmte sich selbst, daß er sich mit seiner Hände Arbeit ernährt habe und niemand zur Last gefallen wäre. Als Bonifacius in Großbritannien landete, trug er in der einen Hand das Evangelium, in der andern ein Zimmermannsmaß; aus England ging er später hinüber nach Deutschland und brachte die Baukunst dorthin. Ebenso arbeitete Luther inmitten einer Menge anderer Beschäftigungen für seinen Lebensunterhalt und verdiente sich sein Brot als Gärtner, Baumeister, Drechsler und Uhrmacher.

Es war charakteristisch für Napoleon, daß er bei der Besichtigung eines mechanischen Meisterwerks dem Erfinder große Achtung erwies und ihm beim Abschied eine tiefe Verbeugung machte. Als er einst auf St. Helena mit Frau Balcombe spazieren ging, begegneten ihnen einige Diener mit einer schweren Last. Die Dame befahl ärgerlichen Tones, aus dem Wege zu gehen; Napoleon aber mischte sich ein und sagte: »Respekt vor der Last, Madame.« Die Arbeit auch des bescheidensten Taglöhners trägt zum Wohlbefinden der Gesellschaft bei, und ein weiser Ausspruch eines chinesischen Kaisers lautete, daß, wenn da ein Mann nicht arbeite oder eine Frau müßig wäre, jemand in dem Reiche frieren oder hungern müsse.

Die Gewohnheit beständiger nützlicher Beschäftigung ist für Männer wie für Frauen zum Glück und Wohlbefinden nötig. Ohne sie verfallen Frauen leicht in einen Zustand gelangweilter Gleichgültigkeit und Unbrauchbarkeit, im Verein mit krankhaftem Kopfweh und »Nervenanfällen«. Karoline Perthes warnte ihre verheiratete Tochter Luise besonders davor, sich solcher Langeweile zu überlassen. »Ich fühle mich selbst,« sagte sie, »wenn die Kinder an einem freien Nachmittage fort sind, bisweilen so betäubt und stumpf, wie eine Eule bei Tageslicht; aber man darf diesem Gefühl, das alle jungen Frauen mehr oder weniger befällt, nicht nachgeben. Das beste Heilmittel ist die Arbeit, wenn sie mit Interesse und Fleiß unternommen wird. Arbeite also fleißig und beständig an irgend etwas; denn die Trägheit ist ein Fallstrick des Teufels für Kleine und Große, wie dein Großvater mit Recht sagt.«

Eine beständige nützliche Beschäftigung ist daher dem Körper wie dem Geiste heilsam. Der Träge schleppt sich faul durchs Leben, während das Bessere seiner Natur in tiefem Schlafe liegt, wenn er nicht gar moralisch und geistig tot ist. Der Tatkräftige dagegen ist eine Quelle der Tätigkeit und des Genusses für alle, die in den Bereich seines Einflusses kommen. Sogar eine ganz gewöhnliche Beschäftigung ist besser als Trägheit. Fuller sagt von Francis Drake, der frühzeitig auf die See geschickt wurde und von seinem Vorgesetzten tüchtig zur Arbeit angehalten wurde, daß diese »Mühe und Geduld in seiner Jugend die Fugen seiner Seele geschlossen und sie solid und fest gemacht hat.« Schiller pflegte zu sagen, daß er die Erfüllung einer täglichen mechanischen Pflicht, ein regelmäßiges Werk, das beständigen Fleiß erfordere, für einen großen Vorteil halte.

Tausende können die Wahrheit des Ausspruches des französischen Malers Greuze bezeugen, daß die Arbeit – Beschäftigung, nützliche Tätigkeit – eines der Hauptgeheimnisse des Glückes sei. Casaubon wurde einst durch ein Fest seiner Freunde veranlaßt, einige Tage vollständig zu ruhen, aber er kehrte zu seiner Arbeit zurück mit der Bemerkung, daß es leichter wäre, ein Unwohlsein zu ertragen, wenn man arbeite, als wenn man müßig sei.

Als Charles Lamb für immer von der Mühsal täglicher Schreiberarbeit im Dienste der Ostindischen Handelskompagnie befreit war, fühlte er sich als der Glücklichste der Menschen. »Ich würde nicht um zehntausend Pfund noch zehn Jahre in mein Gefängnis zurückgehen«, sagte er zu einem Freunde. In derselben begeisterten Weise schrieb er an Bernard Barton: »Ich habe kaum noch so viel Seßhaftigkeit, um einen Brief zu schreiben. Ich bin frei, frei wie der Vogel in der Luft! Ich will noch fünfzig Jahre leben .... Ich wollte, ich könnte Ihnen etwas von meiner Muße ablassen! Wahrhaftig, das beste, was einer tun kann, ist Nichts zu tun, und demnächst vielleicht gute Werke.« Zwei Jahre, – zwei lange und langweilige Jahre – vergingen, und Charles Lambs Gefühle hatten sich gänzlich geändert. Er entdeckte jetzt, daß eine bestimmte, wenn auch monotone Arbeit, »das Tagewerk des täglichen Einerlei«, gut für ihn gewesen war, wenn er sich auch dessen nicht bewußt war. Die Zeit war früher seine Freundin gewesen, jetzt war sie seine Feindin geworden. Er schrieb wieder an Bernard Barton: »Ich versichere Sie, gar keine Arbeit ist schlimmer als Überarbeitung. Der Geist zehrt von sich selbst, der ungesündesten Nahrung. Ich kümmere mich fast um nichts mehr.... Niemals ergossen sich die Wasser des Himmels auf ein unseligeres Haupt. Was ich tue und bis zum Überdruß tue, ist spazieren gehen. Ich bin ein blutdürstiger Mörder der Zeit. Aber das Orakel schweigt.«

Kein Mensch war mehr von der praktischen Wichtigkeit des Fleißes durchdrungen als Sir Walter Scott, der selbst einer der eifrigsten und unermüdlichsten Menschen war. Als sein Sohn Charles sich auf der Schule befand, schrieb er ihm: »Ich kann deinem Geist nicht zu oft einprägen, daß die Arbeit die Bedingung ist, die Gott uns in jeder Lebensstellung auferlegt hat! es gibt nichts Wertvolles, was man ohne sie erlangen kann, von dem Brote an, das der Landmann im Schweiße seines Angesichts gewinnt, bis zu den sportlichen Übungen, durch die der Reiche seine Langeweile beseitigt.... Was Kenntnisse anlangt, so können sie ohne Arbeit ebensowenig dem menschlichen Geiste eingepflanzt werden, als das Feld Weizen ohne den vorherigen Gebrauch des Pfluges hervorbringt. Doch besteht hier der große Unterschied, daß der Zufall oder die Gunst der Umstände es fügen können, daß ein anderer erntet, was der Landmann sät, während niemand durch Unfälle oder Mißgeschicke um die Frucht seiner Studien gebracht werden kann. Der reiche und ausgedehnte Schatz von Kenntnissen gehört ihm ganz allein. Darum arbeite, lieber Junge, und benutze die Zeit wohl. In der Jugend ist unser Schritt leicht und unser Geist lenksam, und Kenntnisse werden leicht gesammelt; aber wenn wir unsern Frühling versäumen, wird unser Sommer nutzlos und verächtlich, unser Herbst Spreu und der Winter unseres Alters verachtet und einsam«.

Southey war ebenso arbeitsam wie Scott. Man kann fast sagen, daß die Arbeit einen Teil seiner Weltanschauung bildete. Er war erst neunzehn Jahre alt, als er folgende Worte schrieb: »Neunzehn Jahre! Der vierte Teil meines Lebens, wenn nicht noch mehr! Und doch habe ich der Gesellschaft noch keinen Dienst geleistet. Der Bauernjunge, der für zwei Pence den Tag die Krähen verscheucht, ist nützlicher, denn er beschützt das Brot, das ich in Trägheit verzehre.« Trotzdem war Southey als Knabe nicht träge gewesen – im Gegenteil, er war ein sehr fleißiger Schüler. Er war nicht nur in der englischen Literatur sehr belesen, sondern war auch durch Übersetzungen mit Tasso, Ariost, Homer und Ovid bekannt geworden. Er fühlte indessen, daß sein Leben nutzlos gewesen war und entschloß sich, etwas zu vollbringen. Er begann und verfolgte bis an sein Lebensende ununterbrochen ein literarisches Studium – wobei er täglich an Kenntnissen fortschritt, wie er selbst sagt, »nicht so gelehrt als er arm, nicht so arm als er stolz, nicht so stolz als er glücklich war.«

Die Maximen der Leute enthüllen oft ihren wahren Charakter. Der Wahlspruch Sir Walter Scotts war: »Sei nie ohne Beschäftigung.« Robertson nahm schon im fünfzehnten Jahre folgenden Spruch an: » Vita sine literis mors est« (Leben ohne Lernen ist Tod). Voltaires Motto war: » Toujours au Travail« (Immer bei der Arbeit). Der Lieblingsspruch des Naturforschers Lacépedè lautete: » Vivre c'est veiller« (Leben heißt wach sein). Dies war auch der Spruch Plinius'. Als Bossuet noch studierte, zeichnete er sich durch solchen Lerneifer aus, daß seine Kameraden ihn mit Anspielung auf seinen Namen » Bos-suetus aratro« nannten (den des Pfluges gewohnten Ochsen). Der Name Vita-lis (das Leben ein Kampf), den der schwedische Dichter Sjoberg annahm, wie Friedrich von Hardenberg den Namen Nova-lis, bezeichnet das Streben und Wirken beider großen Männer.

Wir sagten, daß die Arbeit eine Schule sei; aber sie erzieht auch den Charakter. Auch eine erfolglose Arbeit ist besser als Müßiggang, weil sie eben Arbeit ist; denn sie erzieht die Fähigkeit und bereitet so die erfolgreiche Arbeit vor. Die Gewohnheit des Schaffens lehrt Methode. Sie zwingt uns, die Zeit genau einzuteilen und sie mit weiser Einsicht zu benutzen. Und wenn die Kunst, das Leben durch nützliche Beschäftigung auszufüllen, einmal durch die Übung erworben ist, so wird jede Minute in betracht gezogen; die Muße wird dann mit um so größerem Behagen genossen.

Coleridge bemerkte sehr richtig, daß, »wenn der Träge die Zeit totschlägt, so ruft sie der methodisch vorgehende Mann ins Leben und moralische Sein, während er sie zum Gegenstand nicht nur der Gewissenhaftigkeit, sondern des Gewissens macht. Er organisiert und beseelt die Stunden, und so teilt er dem, was dem innersten Wesen nach flüchtig und vergänglich ist, eine unvergängliche geistige Natur mit. Von dem guten und treuen Diener, dessen so gerichtete Energie auf diese Weise methodisch geleitet wird, kann man mit größerem Recht behaupten, daß die Zeit in ihm, als daß er in der Zeit lebt. Seine Tage, Monate und Jahre werden, wie Haltepunkte und Marksteine in der Reihe erfüllter Pflichten, den Weltuntergang erleben und noch fortbestehen, wenn die Zeit selbst nicht mehr ist«.

Gerade weil man durch den auf ein Geschäft verwandten Fleiß die Methode so wirksam lernt, ist er für die Erziehung des Charakters so wichtig. Die höchsten Arbeitskräfte werden durch tätige und sympathische Berührung mit andern in den Angelegenheiten des täglichen Lebens am besten entwickelt. Es ist unwesentlich, ob sich die Arbeit auf einen Haushalt oder eine Nation bezieht. Die tüchtige Hausfrau muß auch, wie wir in einem früheren Kapitel zu zeigen versuchten, eine geschickte Geschäftsfrau sein. Sie muß die Einzelheiten des Haushalts regeln und kontrollieren, mit ihren Mitteln ihr Auskommen finden, alles planmäßig und systematisch anordnen, und diejenigen, welche unter ihrer Herrschaft stehen, weise führen und regieren. Eine tüchtige Wirtschaftsführung erfordert Fleiß, Emsigkeit, Methode, moralische Disziplin, Einsicht, Klugheit, praktische Geschicklichkeit, Menschenkenntnis und Organisationstalent – was alles auch bei der tüchtigen Führung eines Geschäftes erforderlich ist.

Geschäftliche Talente haben in der Tat ein weites Feld der Tätigkeit. Sie bedeuten Anlage für geschäftliche Angelegenheiten, Fähigkeit, die praktische Lebensarbeit erfolgreich zu bewältigen – ob nun der Ansporn zur Tätigkeit in der Haushaltung, in einem Berufe, in Gewerbe oder Handel, in sozialer oder politischer Tätigkeit bestehe. Und die Erziehung, welche die Befähigung zu alledem gibt, ist die nützlichste im praktischen Leben.

Folgende Stelle aus einem Artikel der Pall Mall Gazette wird sich schon von selbst der allgemeinen Beachtung empfehlen. »Es steht heutzutage ohne Frage fest, daß die Gewöhnung an Arbeit, das Aufgehen in den Geschäften, die Berührung mit den Menschen und der ganze Nachdruck, den uns die Arbeit auferlegt, eine treffliche Erziehung für den Geist und eine glänzende Gelegenheit zur Schulung des Charakters ist. Nur eine ganz tiefstehende Meinung kann die Arbeit als ein Mittel zum Gelderwerb ansehen. Das Schaffen eines Mannes ist ein Teil der Arbeit der Welt, ein Teil der Tätigkeit, welche die Gesellschaft erhält. Er mag sie lieben oder verabscheuen, aber es ist Arbeit und erfordert als solche Fleiß, Selbstverleugung, Disziplin. Es ist sein Drill und er kann in seiner Beschäftigung nicht gründlich sein, ohne sie anzuwenden, seine Phantasie zu verbannen, seine Regungen zurückzudrängen und sich an den Kreislauf der Dinge zu halten, ohne sich dem Drill ganz zu ergeben. Aber die beständige Bereitschaft, die Selbstbeherrschung und Kraft, die das Geschäft heischt, der beständige Appell an den Verstand, die Willenskraft, die Notwendigkeit rascher und verantwortlicher Urteilsfähigkeit, all dies schafft eine hohe, wenn nicht die höchste Kultur. Diese Kultur stärkt und kräftigt, wenn sie nicht reinigt, sie gibt Kraft, wenn nicht Glätte – das fortiter in re, wenn nicht das suaviter in modo. Es macht starke und fertige Menschen von großer Fähigkeit für Geschäfte, wenn es auch nicht notwendigerweise verfeinerte Menschen oder Gentlemen macht.« Überdies ist die Arbeit die beste Schulung des Charakters; denn sie entwickelt Fleiß, Aufmerksamkeit, Selbstverleugnung, Urteilsfähigkeit, Takt, Kenntnis von Andern und Sympathien für diese.

Solch eine Erziehung erzeugt weit mehr Glück und nützliche Wirksamkeit im Leben als irgend ein Ergebnis literarischen Studiums oder einsamen Nachdenkens; denn auf die Dauer pflegt gewöhnlich praktische Geschicklichkeit über den Verstand und Temperament und Gewohnheit über das Talent zu siegen. Man muß indessen hinzufügen, daß diese Art Bildung nur durch emsige Achtsamkeit und sorgfältig gesammelte Erfahrung erworben werden kann. »Um ein guter Schmied zu sein,« sagte General Trochu, »muß man sein ganzes Leben lang geschmiedet haben; um ein guter Verwalter zu sein, mußte man sein ganzes Leben mit dem Studium und der Ausübung des Geschäfts zugebracht haben.«

Es war charakteristisch für Sir Walter Scott, daß er vor tüchtigen Geschäftsleuten die größte Achtung hatte, und er bekannte, daß er kein literarisches Erzeugnis für wert hielte, in einem Atem mit den Meisterwerken in den höheren Zweigen praktischer Tätigkeit genannt zu werden, am allerwenigsten mit einem ausgezeichneten Heerführer.

Der große Feldherr überläßt nichts dem Zufall, sondern sieht jede Möglichkeit voraus. Er läßt sich sogar zu anscheinend unbedeutenden Einzelheiten herab. So ordnete Wellington, als er sich an der Spitze des Heeres in Spanien befand, ganz genau an, wie die Soldaten ihre Mahlzeiten kochen sollten. In Indien bestimmte er die Geschwindigkeit, zu der die Ochsen angetrieben werden sollten; jede Einzelheit der Ausrüstung wurde vorher ganz genau in Ordnung gebracht. Und so sicherte er sich nicht nur volle Schlagfertigkeit, sondern auch die Ergebenheit seiner Leute und ihr volles Vertrauen zu seiner Leitung. Bei der ersten Veröffentlichung seiner » Dispatches« sagte einer seiner Freunde, nachdem er die Berichte über seine indischen Feldzüge gelesen hatte: »Es scheint mir, Herzog, als ob Sie sich in Indien hauptsächlich damit beschäftigt hätten, Reis und Ochsen zu schaffen.« »So war es auch,« versetzte Wellington, »denn wenn ich Reis und Ochsen hatte, so hatte ich auch Leute, und wenn ich Leute hatte, konnte ich den Feind schlagen.«

Wie andere große Heerführer hatte Wellington eine fast unbegrenzte Arbeitskraft. Er setzte die Hauptpunkte einer Polizeiverordnung für Dublin auf (da er gleichzeitig Staatssekretär für Irland war), während er an der Mündung des Mondego kreuzte und Junot und die französische Armee ihn am Ufer erwarteten.

Washington war auch als Geschäftsmann unermüdlich. Von Kindheit an übte er sich im Fleiß, Studieren und methodischer Arbeit; seine Schulhefte, die noch vorhanden sind, zeigen, daß er sich schon im Alter von dreizehn Jahren freiwillig mit dem Kopieren von Quittungen, Schuldscheinen, Wechseln, Pfandscheinen, Kontrakten, Mietsverträgen, Landverschreibungen und anderen trockenen Urkunden beschäftigte, die alle sorgfältig abgeschrieben sind. Und diese so früh erworbenen Gewohnheiten, waren im großen und ganzen der Grund zu den bewunderungswürdigen geschäftlichen Eigenschaften, die er später so erfolgreich in Regierungsgeschäften betätigte.

Der Mann oder die Frau, welche bei der Durchführung eines wichtigen Geschäftes von Erfolg begleitet werden, sind ebenso großer Ehre wert, wie der Künstler, der ein Bild malt, der Schriftsteller, der ein Buch schreibt, oder der Soldat, der eine Schlacht gewinnt. Ihr Erfolg kann angesichts ebenso großer Schwierigkeiten und nach ebenso großem Kampfe errungen worden sein; und wenn sie eine Schlacht gewonnen haben, so war es wenigstens eine friedliche und an ihren Händen klebt kein Blut. Einige Leute sind der Meinung gewesen, daß geschäftliche Tätigkeit mit einem Genius unvereinbar sei. Im Leben Richard Lovell Edgeworths wird von einem Herrn Bicknell gesagt, daß er einen bei genialen Menschen häufigen Fehler habe: er verabscheue geschäftliche Tätigkeit. Aber es gibt gar keinen größeren Irrtum. Die größten Genies sind ohne Ausnahme auch die größten Arbeiter gewesen, selbst bis zur Plackerei. Sie arbeiteten nicht nur mehr als gewöhnliche Menschen, sondern sie taten auch ihre Arbeit mit höheren Fähigkeiten und einem lebhafteren Geist. Niemals wurde etwas Großes und Dauerhaftes improvisiert. Nur durch edle Geduld und Arbeit sind die Meisterwerke der Genies vollendet worden. Nur der Tätige hat Kraft, der Träge ist immer schwach. Die unverdrossen arbeitenden Menschen sind die Herrscher der Welt. Es hat nie einen Staatsmann von Bedeutung gegeben, der nicht auch zugleich fleißig war. Selbst Ludwig XIV. sagte: »Nur durch Arbeit regieren Könige.«

Dieselbe Energie, die sich in der Arbeitskraft betätigt, hat alle hervorragenden Männer der Gegenwart wie der Vergangenheit ausgezeichnet. Während der Bewegung gegen das Korngesetz schrieb Cobden an einen Freund, daß er »wie ein Pferd arbeite, ohne einen freien Augenblick zu haben.« Lord Brougham war ebenfalls ein bemerkenswertes Beispiel eines unermüdlich tätigen und arbeitsamen Mannes. Von Lord Palmerston kann man sagen, daß er im Greisenalter noch schwerer um den Erfolg arbeitete, als in der Blüte der Manneskraft, wobei er bis zu seinem Ende seine Arbeitskraft, seine gute Laune und Jovialität beibehielt.

Er selbst pflegte zu sagen, daß er sich im Amte und von Arbeit überhäuft, am besten bei Gesundheit befinde. Er blieb dabei von Langeweile verschont. Helvetius war der Meinung, daß die Empfindung der Langeweile für den Menschen die Hauptursache seiner Überlegenheit über das Tier sei, daß es die Notwendigkeit sei, ihr zu entgehen, die ihn nötige, sich zu betätigen, und daß sie daher die Triebfeder des menschlichen Fortschritts sei.

Dies lebendige Prinzip beständiger Arbeit, reichlicher Beschäftigung und praktischer Berührung mit Leuten, die inmitten des geschäftigen Lebens stehen, hat sich in der Tat zu allen Zeiten als das beste Mittel erwiesen, die energische Lebenskraft starker Naturen zur Reife zu bringen. Wohlgepflegte und geschulte Geschäftstalente erweisen sich in jedem Zweige – sei es Politik, Literatur, Wissenschaft oder Kunst – als sehr nützlich. So ist ein großer Teil der besten literarischen Arbeiten von Leuten geleistet worden, die systematisch in geschäftlicher Arbeit geübt waren. Derselbe Fleiß, dieselbe Emsigkeit, Zeiteinteilung und Tätigkeit, die sich in der einen Arbeitssphäre als nützlich erwiesen haben, bewähren sich auch in der anderen.

Viele der früheren englischen Schriftsteller waren Geschäftsleute und an geschäftliche Tätigkeit gewöhnt; denn damals existierte noch nicht wie heute ein Schriftstellerstand, die Priesterschaft vielleicht ausgenommen. Chaucer, der Vater der englischen Dichtkunst, war zuerst Soldat und später Kontrolleur an einem kleinen Steueramt. Das Amt war durchaus keine Sinekure, denn er hatte alle Berichte eigenhändig zu schreiben; wenn er dann seine Berechnungen auf dem Steueramte gemacht hatte, kehrte er mit großer Freude zu seinen Studien nach Hause zurück und beschäftigte sich mit seinen Büchern, bis ihm die Äugen zufielen.

Die großen Schriftsteller im Zeitalter der Königin Elisabeth, währenddessen sich das Leben in England besonders kräftig entwickelte, waren nicht Schriftsteller in der heutigen Bedeutung des Wortes, sondern sie waren tätige, in Geschäften wohlgeübte Leute. Spencer war Sekretär des Statthalters von Irland; Raleigh war abwechselnd Höfling, Soldat, Seemann und Entdecker; Sidney war Politiker, Diplomat und Soldat; Bacon war ein eifriger Rechtsanwalt, ehe er Großsiegelbewahrer und Lord-Kanzler wurde; Sir Thomas Browne wirkte als Arzt in einer Landpraxis zu Norwich; Hooker war der mit Arbeit überhäufte Pastor einer Landgemeinde; Shakespeare war der Leiter eines Theaters, an dem er selbst ein nur mittelmäßiger Schauspieler war, und er scheint sich mehr um seine Geldangelegenheiten, als um das Schicksal seiner Geisteskinder gekümmert zu haben. Doch zählen alle diese Leute von großen geschäftlichen Talenten zu den größten Schriftstellern aller Zeiten; das Zeitalter Elisabeths und Jakobs I, war daher in England die Ära der größten literarischen Tätigkeit und Pracht.

Anstatt daß geschäftliche Tätigkeit einen gebildeten Geist zu wissenschaftlichen und literarischen Bestrebungen unfähig macht, ist sie vielmehr oft eine gute Schule für ihn. Voltaire behauptete mit Recht, daß der wahre Geist des Geschäfts und der Geist der Literatur derselbe sei; beide stellen in ihrer Vollkommenheit eine Vereinigung von Energie und Besonnenheit, von geschultem Verstand und praktischer Weisheit, von tätiger und beschaulicher Natur dar – eine Vereinigung, die Lord Bacon als die konzentrierte Vortrefflichkeit der menschlichen Natur bezeichnete.

Man sagt, daß auch ein Mann von Genie nichts in bezug auf Angelegenheiten des menschlichen Lebens schreiben kann, was des Lesens wert ist, wenn er nicht auf irgend eine Weise die ernste Alltagsarbeit des Lebens kennen gelernt hat. Daher sind viele der besten Bücher von Geschäftsleuten geschrieben worden, denen die Literatur eher eine Nebenbeschäftigung als ein Beruf war. Gifford, der Herausgeber des »Quarterly«, der die Mühseligkeit des Schreibens um den Lebensunterhalt kannte, bemerkte einst, »daß eine einzige Stunde freien Schaffens, die man von der Tagesarbeit abspare, mehr wert sei, als die ganze tägliche Mühe dessen, der um des Verdienstes willen arbeitet: in dem ersteren Falle erfrischt sich der Geist wie ein Hirsch am Waldbache, in dem letzteren verfolgt er keuchend seinen elenden Weg, gehetzt von den Hunden des Hungers und der Not.«

Coleridges Rat an seine jungen Freunde lief auf dieselbe Wirkung hinaus. »Mit Ausnahme eines außerordentlichen Mannes«, sagte er, »habe ich nie ein Individuum, am wenigsten eins von Genie, gekannt, das sich ohne einen Beruf gesund und glücklich fühlte, d. h. ohne eine regelmäßige Beschäftigung, die nicht von der augenblicklichen Eingebung abhängt und die so weit mechanisch fortgeführt werden kann, daß zu ihrer getreuen Erfüllung nur ein durchschnittliches Maß von Gesundheit, Geist und intellektueller Anstrengung erforderlich ist. Drei Mußestunden, die von jeder Bedrückung frei sind und auf die man mit Freude als Abwechslung und Erholung blickt, genügen, um in der Literatur etwas Genialeres zu schaffen, als Wochen krampfhafter Anstrengung.... Wenn Tatsachen nötig sind, um die Möglichkeit zu erweisen, daß die Schaffung bedeutender literarischer Werke sich sehr wohl mit der Erfüllung einer Beschäftigung vereinen lassen, so mögen die Werke Ciceros und Xenophons bei den Alten, die von Sir Thomas More, Bacon, Baxton, oder von Darwin und Roscou die Frage entscheiden.«

Die ersten großen Schriftsteller Italiens waren nicht bloß dies; sie waren Geschäftsleute – Kaufleute, Staatsmänner, Diplomaten, Richter und Soldaten. Villani, der Verfasser der besten Geschichte von Florenz, war Kaufmann,– Dante, Petrarca und Boccaccio waren auf mehr oder weniger wichtigen Gesandtschaften tätig: Dante war, ehe er Diplomat wurde, eine Zeitlang Chemiker und Drogist. Galilei, Galvani und Farini waren Ärzte, und Goldoni war Rechtsanwalt. Ariosts Geschäftstalent war ebenso groß wie sein dichterischer Genius. Beim Tode seines Vaters wurde er damit beauftragt, das Familiengut zum Wohle seiner jüngeren Geschwister zu verwalten, was er mit Geschick und Redlichkeit tat. Als man seine geschäftliche Begabung entdeckt hatte, wurde er von dem Herzoge von Ferrara zu wichtigen Botschaften nach Rom und anderen Städten benutzt. Später gelang es ihm als Gouverneur eines unruhigen Bergdistrikts durch feste und gerechte Regierung verhältnismäßige Ordnung und Sicherheit zu schaffen. Sogar die Banditen des Landes hatten Respekt vor ihm. Als er eines Tages in den Bergen von einer Räuberbande festgenommen wurde, nannte er nur seinen Namen, und sofort erboten sie sich, ihn sicher zu geleiten, wohin er nur wollte.

Dieselbe Erscheinung beobachten wir auch in andern Ländern. So waren Cervantes, Lope de Vega, Calderon, Camoens, Descartes, Maupertuis, La Rochefoucauld, Lacépède, Lamarck in ihrer Jugend Soldaten.

Die hauptsächlichsten früheren Werke von John Stuart Mill wurden in den Pausen seiner Amtstätigkeit geschrieben. Er hatte das Amt eines Oberinspektors im East India House inne, wo auch Charles Lamb, Peacock, der Verfasser von Headlong Hall, und Edwin Norris, der Philologe, beschäftigt waren. Macaulay schrieb sein » Lays of Ancient Rome« im Kriegsministerium, wo er den Posten eines Kriegssekretärs bekleidete. Es ist allgemein bekannt, daß die gedankenvollen Schriften von Helps in den Pausen des Geschäfts geschrieben sind. Viele andere Beispiele könnten den angegebenen noch hinzugefügt werden.

Andererseits haben sich gründlich gebildete Männer der Wissenschaft als vorzügliche Geschäftsleute erwiesen. Eine gute Bildung schult den Fleiß, erzieht den Geist, versorgt ihn mit Hilfsquellen und verleiht freie und kraftvolle Handlungsweise, was alles erforderlich ist, um ein Geschäft erfolgreich zu führen. So zeigen bei jungen Leuten Erziehung und Bildung Charakterstärke an, denn sie erfordern beständige Aufmerksamkeit, Fleiß und die zur Aneignung gründlicher Kenntnisse nötige Geschicklichkeit und Energie; solche Leute sind auch gewöhnlich im Besitz einer mehr als durchschnittlichen Pünktlichkeit, Fähigkeit und Gewandtheit.

Montaigne sagte von wahren Philosophen, daß »wenn sie in der Wissenschaft groß waren, sie noch größer im Handeln waren;... und wurden sie je auf die Probe gestellt, so erhoben sie sich so hoch, daß man ihren Geist erhoben und bereichert von der Kenntnis der Dinge sah.«

Man muß aber gleichzeitig zugeben, daß eine zu ausschließliche Beschäftigung mit spekulativer und philosophischer Literatur, besonders wenn sie zur Gewohnheit geworden ist, einen Menschen für die Geschäfte des praktischen Lebens unfähig macht. Spekulative und praktische Fähigkeit sind verschiedene Dinge, und derselbe Mann, der in seinem Studierzimmer mit der Feder zu großen Ausblicken auf Leben und Politik fähig ist, kann in der Welt gänzlich ungeeignet sein, sie in die Tat umzusetzen.

Spekulative Fähigkeit beruht auf kräftigem Denken, praktische Geschicklichkeit auf kräftigem Handeln, und beide Eigenschaften sind gewöhnlich in sehr ungleichem Verhältnis miteinander verknüpft. Der spekulative Mann ist zur Unentschlossenheit geneigt. Er sieht alle Seiten einer Frage, seine Tatkraft wird aufgehoben, wenn er das Für und Wider sieht, die sich oft das Gleichgewicht zu halten scheinen, während der praktische Mann logische Bedenken überspringt, kommt er zu einer bestimmten Überzeugung und setzt seine Idee sofort in der Tat um.

»Der Verstand,« sagt Bailey, »der einen regelmäßigen logischen Gedankengang zu verfolgen gewohnt ist, wird in gewissem Grade zu jener raschen, beweglichen Entschlußfähigkeit unfähig, die man durch das Geschäft erwirbt, und die darin unentbehrlich ist. Tiefes Denken und praktische Talente erfordern so verschiedene Geistesgewohnheiten, daß man, wenn man nach dem einen strebt, unvermeidbar Gefahr läuft, das andere zu verlieren.« »Daher«, fügt er hinzu, »finden wir so oft Leute, die ›Riesen im Zimmer‹, sich nur als ›Kinder in der Welt‹ erweisen.«

Dennoch hat es viele große Gelehrte gegeben, die sich als tüchtige Geschäftsleute erwiesen haben. Wir erfahren nicht, daß Sir Isaak Newton ein schlechter Münzdirektor gewesen wäre, weil er ein großer Philosoph war; noch gibt es Klagen über Sir John Herschels Tätigkeit, der dasselbe Amt innehatte. Die Gebrüder Humboldt waren ebenfalls in allem, was sie unternahmen, tüchtig, war dies nun Literatur, Philosophie oder Bergbau, Diplomatie und Politik.

Der Geschichtsschreiber Niebuhr zeichnete sich als Geschäftsmann durch erfolgreiche Energie aus. Er erwies sich als Sekretär und Zahlmeister des afrikanischen Konsulats, dem er durch die dänische Regierung zugeteilt worden war, so tüchtig, daß man ihn später in die Finanzkommission wählte; er verließ dies Amt, um Mitdirektor einer Berliner Bank zu werden. Inmitten seiner geschäftlichen Tätigkeit fand er noch Zeit, römische Geschichte, Arabisch, Russisch und andere slawische Sprachen zu studieren, und sich einen Ruf als Schriftsteller zu erwerben, wegen dessen man seiner noch gedenkt.

Nach den Ansichten, die Napoleon I. über Männer der Wissenschaft hatte, konnte man voraussehen, daß er sie zur Kräftigung seiner Regierung berufen würde. Bei einigen Ernennungen griff er fehl, während er bei anderen mehr Glück hatte. So wurde Laplace Minister des Inneren; aber kaum war er dazu ernannt worden, so erwies sich dies schon als ein Mißgriff. Napoleon sagte später von ihm: »Laplace betrachtete nichts von dem richtigen Gesichtspunkt. Er suchte immer nach Spitzfindigkeiten; alle Gedanken waren Probleme und er wandte den Geist der Infinitesimalrechnung auf die Geschäftsführung an.« Aber Laplace hatte sich diese Gewohnheiten in langem Studium erworben und er war zu alt, um sie den Forderungen des praktischen Lebens anzupassen.

Anders war es bei Daru. Aber dieser hatte den Vorteil praktischer Geschäftskenntnisse, da er in der Schweiz unter Massena als Intendant gedient hatte, wobei er sich auch als Autor auszeichnete. Als Napoleon ihn zum Intendanten des kaiserlichen Haushaltes ernennen wollte, zögerte Daru, das Amt anzunehmen. »Ich habe den größten Teil meines Lebens unter Büchern zugebracht,« sagte er, »und habe nicht Zeit gehabt, die Funktionen eines Höflings zu erlernen.« »Eines Höflings,« antwortete Napoleon, »ich habe genug um mich herum. Aber ich brauche einen Minister, einen aufgeklärten, festen und wachsamen Mann, und darum habe ich Sie gewählt.« Daru erfüllte den Wunsch des Kaisers und wurde auch Premierminister, in welcher Eigenschaft er sich als ebenso tüchtig erwies und derselbe bescheidene, ehrenwerte und uneigennützige Mann blieb, der er sein ganzes Leben gewesen war.

Männer von geschulter Arbeitskraft nehmen die Gewohnheit zur Arbeit so an, daß ihnen die Trägheit unerträglich wird; wenn sie durch irgendwelche Umstände aus ihrem Wirkungskreise verdrängt werden, finden sie in andern Beschäftigungszweigen Zuflucht. Der Fleißige findet schnell auch für seine Mußestunden Beschäftigung, und er verschafft sich Muße, wo der Träge keine findet. »Der hat keine Muße,« sagt George Herbert, »der sie nicht benutzt.« »Der tätigste und geschäftigste Mann, der je gelebt oder noch leben wird,« sagt Bacon, »hat ohne Zweifel viele Mußestunden, während deren er die Wiederkehr und das Zurückfluten der Arbeit erwartet, wenn er nicht gerade langsam und ungewandt ist, oder leichtsinnigen und törichten Ehrgeiz darauf verwendet, sich mit Dingen abzugeben, die besser andere tun würden.« So ist vieles Großes in solchen Mußestunden getan worden von Leuten, denen Fleiß zur zweiten Natur geworden war und die es leichter fanden, zu arbeiten, als zu feiern.

Auch »Steckenpferde« sind wichtig als Erzieher zur Arbeit. Sie erwecken einen Fleiß besonderer Art und gewähren zum mindesten eine angenehme Beschäftigung, allerdings nicht solche Steckenpferde wie das Domitians, der sich damit beschäftigte, Fliegen zu fangen. Dagegen sind doch solche Beschäftigungen wie die des Königs von Mazedonien, der Laternen machte, oder die des Königs von Frankreich, der Schlösser machte, von achtenswerter Art. Selbst eine rein mechanische Beschäftigung wird von Geistern, die unter Hochdruck arbeiten, als Befreiung empfunden; es ist eine Unterbrechung der Arbeit, eine Ruhe, eine Erholung, wobei das Vergnügen mehr in der Arbeit als in dem Resultat besteht.

Aber die besten Steckenpferde sind geistige. So suchen Leute von tätigem Geiste Erholung von ihrer täglichen Arbeit in andern Zweigen, in Wissenschaft, Kunst oder meistens in Literatur. Solche Erholungen gehören zu den besten Schutzmitteln gegen Selbstsucht und gemeine Weltlichkeit. Es war wohl Lord Brougham, der da sagte: »Selig ist der Mann, der ein Steckenpferd hat,« und bei der reichen Beweglichkeit seiner Natur hatte er selbst mehrere, von der Literatur bis zur Optik, von Geschichte, Biographie bis zur Sozialwissenschaft. Geistige Steckenpferde dürfen indes nicht zu scharf geritten werden, sonst bringen sie, anstatt die Natur eines Mannes zu erfrischen, zu erholen und zu kräftigen, nur die Wirkung hervor, daß sie ihn erschöpft, entnervt und deprimiert zu seinem Geschäft entlassen.

Viele tätige Staatsmänner außer Lord Brougham haben ihre Mußestunden oder ihre Zurückgezogenheit vom Amte dazu benutzt, Werke zu schaffen, die zu den hervorragendsten der Weltliteratur gehören. So leben Cäsars »Kommentare« noch als klassisches Werk fort; der klare, kräftige Stil, in welchem sie verfaßt sind, stellen ihn in eine Reihe mit Xenophon, der ebenso glücklich die Literatur mit den Geschäften des praktischen Lebens verband.

Turgot suchte für den Verlust seines Amtes, von dem er durch die Intrigen seiner Feinde vertrieben wurde, Trost in dem Studium der Physik. Er kehrte auch zu seiner früheren Neigung zur klassischen Literatur zurück. Während seiner langen Reisen und der schlaflosen Nächte, in denen er von der Gicht gepeinigt wurde, machte er lateinische Verse, von denen nur der erhalten ist, welcher dem Standbilde Benjamin Franklins als Inschrift dienen sollte: » Eripuit caelo fulmen, sceptrumque tyrannis.« (Dem Himmel entriß er den Blitz, den Tyrannen das Szepter.)

Unter den neueren französischen Staatsmännern, die indessen ebenso eifrig die Literatur wie die Politik zum Berufe gemacht haben – wären De Tocqueville, Thiers, Guizot und Lamartine zu nennen, während Napoleon III. durch sein »Leben Cäsars« sich einen Platz in der Akademie errang. Die Literatur ist auch der beliebteste Trost unserer größten englischen Staatsmänner gewesen. Als Pitt vom Amte zurücktrat, wandte er sich wie sein großer Zeitgenosse Fox dem Studium der griechischen und römischen Klassiker zu. Grenville betrachtete in der Tat Pitt als den besten Schüler im Griechischen, den er je gekannt hatte. Canning und Wellesley beschäftigten sich in der Zurückgezogenheit damit, die Oden und Satiren des Horaz zu übersetzen. Cannings Leidenschaft für Literatur tat sich in allen seinen Bestrebungen kund und gab seinem Leben eine besondere Färbung. Sein Biograph sagt von ihm, daß, wenn sich nach einem Diner bei Pitt die übrige Gesellschaft zu eifriger Konversation auflöste, man ihn und Pitt gewöhnlich in einer Ecke des Salons über einem alten griechischen Klassiker brüten sah. Fox studierte ebenso eifrig die griechischen Schriftsteller und las wie Pitt den Lycophron. Er verfaßte auch eine Geschichte Jakobs II. obgleich das Buch nur ein Fragment, und, wie man zugestehen muß, nur von geringem Werte ist.

Um zum Schluß zu kommen: ein tüchtiges Maß Arbeit ist gut für Körper und Geist. Der Mensch ist ein intelligentes Wesen, das durch die Arbeit körperlicher Organe unterhalten und bewahrt wird und deren tätiger Gebrauch für den Genuß der Gesundheit nötig ist. Nicht Arbeit, sondern Überarbeitung ist schädlich, und harte Arbeit nicht so sehr wie eintöniges, ödes, hoffnungsloses Schaffen. Jede hoffnungsvolle Arbeit ist gesund und nützlich, und erfolgreiche Beschäftigung ist eins der großen Geheimnisse der Glückseligkeit. Geistige Tätigkeit, mit Maß geübt, ist nicht schwerer als alle andere Art Arbeit: Wenn sie recht eingeteilt wird, ist sie der Gesundheit ebenso zuträglich wie körperliche Übungen, und wo die Körperbeschaffenheit genau beachtet wird, wird schwerlich jemand überlastet werden. Es ist schädlicher, sein Leben nur mit Essen, Trinken und Schlafen zu verbringen. Durch die Trägheit werden die Kräfte mehr abgenutzt als durch die Arbeit.

Überarbeitung kommt immer von schlechter Arbeitseinteilung. Sie bedeutet eine große Kraftverschwendung, namentlich wenn sie mit Ärger gepaart ist. Der Ärger schadet tatsächlich mehr als die Arbeit. Er verzehrt und verbraucht die Körperkraft, wie Sand und Kies durch die große Reibung die Räder einer Maschine abnutzen. Vor Überarbeitung und Ärger hat man sich zu hüten. Überanstrengung des Gehirns ist Überbürdung, welche die Kräfte als Exzeß gegen die Natur erschöpft und vernichtet. Wer mit dem Gehirn arbeitet, kann seinen Geist durch das Übermaß erschöpfen, und ihm denselben Schaden zufügen, den der Athlet seinem Körper antut, wenn er seine Muskeln überanstrengt oder ums Leben kommt, weil er ein Kunststück versuchte, das über seine Kraft geht.


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