Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Neuntes Kapitel.

 

Das ist ein art'ger Krämer und ein kluger;
Kein Autolykus, der den Blick Euch will verblenden
Mit vielem Reden und weltlichem Tand.
Nein, er würzt all' seine blitzenden Waaren
Mit guten Lehren, dem Gebrauche angepaßt,
Wie über Gänse Brühen man bereitet, von Sago und Rosmarin.

Altes Schauspiel.

 

Am folgenden Morgen begann Mordaunt auf seines Vaters Fragen, ihm über den schiffbrüchigen Seemann, den er aus den Wellen errettet hatte, einige Auskunft zu geben. Er war indeß in der Wiederholung dessen, was Cleveland ihm gesagt hatte, noch nicht weit gekommen, als Mr. Mertouns Züge sich verfinsterten. Er stand hastig auf, und zog sich, nachdem er zwei- oder dreimal die Stube auf- und abgeschritten war, in das innere Zimmer zurück, wo er gewöhnlich blieb, wenn er von seiner Geisteskrankheit befallen war. Am Abend erschien er indeß wieder, ohne die geringsten Spuren seines Anfalles, und nun kann man sich denken, daß der Sohn sich in Acht nahm, auf den Gegenstand zurückzukommen, der ihn so heftig ergriffen hatte.

Mordaunt Mertoun wurde also ohne Beistand gelassen, von dem neuen Bekannten, den ihm das Meer zugesendet, zu denken, was er wollte, und er war im Ganzen nicht wenig erstaunt, zu finden, daß das Resultat seiner Betrachtungen für den Fremden ungleich weniger günstig ausfiel, als er selbst gedacht hätte. Es schien Mordaunt, als ob in dem ganzen Wesen des Mannes ein abstoßender Einfluß läge. Zwar war er unläugbar ein schöner Mann, von freiem, einnehmendem Wesen, allein es äußerte sich in Allem, was von ihm ausging, eine Anmaßung, welche Mordaunt durchaus nicht behagen wollte. Obgleich er eifriger Jäger genug war, um sich über seine Flinte mit dem spanischen Laufe zu freuen, und sie deßwegen mit großem Vergnügen anlegte und absetzte, und die kleinsten Theile am Schlosse und den Verzierungen mit großer Aufmerksamkeit besah, so konnte er sich doch im Ganzen über die Art, wie er sie erworben hatte, gewisser Bedenklichkeiten nicht erwehren.

»Ich hätte sie nicht annehmen sollen,« dachte er bei sich; »vielleicht sieht Capitain Cleveland sie als eine Art von Bezahlung für den kleinen Dienst an, den ich ihm geleistet habe, und doch würde es, bei der Art, wie sie mir angeboten wurde, unfreundlich sein, sie nicht anzunehmen. Ich wünschte, er hätte mehr an sich, wodurch es Einem Vergnügen machen könnte, ihm verpflichtet zu sein.«

Ein glücklicher Jagdtag söhnte ihn indessen mit der Flinte aus, und gab ihm die Ueberzeugung, welche die meisten jungen Jäger unter solchen Umständen gewinnen, daß, im Vergleich mit seiner Flinte, alle übrigen nur Knallbüchsen wären. Aber Möwen und Seehunde erlegen, wo man sich an Franzosen und Spanier wagen, wo man Schiffe entern und Steuermänner wegschießen konnte – war doch eine einförmige und verächtliche Bestimmung. Sein Vater hatte davon gesprochen, daß er die Inseln verlassen sollte, und seine Unerfahrenheit wußte von keiner andern Beschäftigung, als von der auf dem Meere, mit dem er von Kindheit an vertraut gewesen war. Sein Ehrgeiz hatte früher nichts Höheres gekannt, als die Mühseligkeiten und Gefahren einer grönländischen Fischfang-Unternehmung zu theilen, denn dahin verlegten die Shetländer die meisten ihrer gefährlichen Abenteuer. In neuerer Zeit, wo der Krieg wieder ausgebrochen war, hatten die Thaten des Sir Francis Drake, Capitain Morgan und anderer kühnen Abenteurer, deren Geschichte er von Bryce Snailsfoot kaufte, einen tiefen Eindruck auf sein Gemüth gemacht, und Capitain Clevelands Anerbieten, ihn mit zur See zu nehmen, ging ihm öfter wieder durch den Kopf, wenn auch die Freude über eine solche Aussicht etwas durch den Zweifel gedämpft wurde, ob er auf die Länge nicht sehr viel an seinem künftigen Befehlshaber auszusetzen finden würde. Das war ihm bereits klar, daß er sehr hartnäckig war, und wahrscheinlich sehr tyrannisch verfuhr, und daß, da sich selbst sein Wohlwollen nicht ohne Beimischung einer Anmaßung von Obergewalt äußerte, sein gelegentliches Mißfallen noch weit mehr von diesem unangenehmen Bestandtheile an sich haben dürfte, als denen behagen könnte, die unter ihm standen. Und dennoch dachte er, mit welchem Vergnügen er sich selbst bei allen diesen zweifelhaften Aussichten einschiffen würde, wenn er seines Vaters Einwilligung erhielt, um neue Gegenstände zu sehen, und merkwürdige Abenteuer zu bestehen; da nahm er sich vor, so große Thaten zu verrichten, daß sie der Gegenstand mancher Erzählung für die lieblichen Schwestern von Burgh-Westra werden müßten – Erzählungen, bei denen Minna weinen, Brenda lächeln, und Beide staunen sollten. Und dieß sollte seine Belohnung für die ausgestandenen Mühseligkeiten und Anstrengungen sein, denn Magnus Troils Herd hatte einen magnetischen Einfluß auf seine Gedanken, und wie sich diese auch in seinen wachen Träumen durchkreuzen mochten, war er doch der Punkt, auf dem sie am Ende stehen blieben.

Es gab Augenblicke, in denen Mordaunt auf dem Punkte stand, seinem Vater die Unterredung mitzutheilen, die er mit Capitain Cleveland gehabt, so wie die Vorschläge, welche ihm der Seemann gemacht hatte; allein die kurze und allgemeine Auskunft, welche er am Morgen nach seiner Abreise aus dem Orte über die Geschichte des Mannes gab, hatte eine so nachtheilige Wirkung auf Mr. Mertouns Gemüth gehabt, daß Mordaunt wenig Muth fühlte, weiter etwas davon zu erwähnen. Es würde Zeit genug sein, Capitain Clevelands Vorschlag zu erwähnen, wenn das andere Schiff ankäme, dachte er, und sein Anerbieten auf eine bestimmtere Weise wiederholte; und dem sah er in kurzer Zeit entgegen.

Aber Tage wurden zu Wochen, Wochen zu Monaten, und noch hörte er nichts von Cleveland; nur vernahm er von Bryce Snailsfoot, als dieser gelegentlich einsprach, daß dieser in Burgh-Westra wohne, und dort wie zur Familie gehörig angesehen würde. Mordaunt war durch diese Nachricht nicht wenig überrascht, obgleich die unbeschränkte Gastfreiheit auf den Inseln, welche Magnus Troil, durch Vermögen und Neigung dazu befähigt und angespornt, im höchsten Grade übte, es als etwas ganz Natürliches erscheinen ließ, daß der Capitain bei der Familie blieb, bis er sich für etwas Anderes entschied. Indessen war es doch sonderbar, daß er nicht nach einer der nördlichen Inseln gegangen war, um sich nach dem andern Schiffe zu erkundigen, oder daß er nicht lieber seinen Aufenthalt in Lerwick nahm, wohin Fischerboote oft Nachrichten von den Küsten und Häfen von Schottland und Holland brachten. Und warum ließ er die Kiste nicht holen, die er in Jarlshof zurückgelassen? Und dann, meinte Mordaunt, wäre es doch der Höflichkeit angemessen gewesen, wenn der Fremde ihm etwas hätte sagen lassen, um zu beweisen, daß er sich seiner noch erinnere.

Diese Betrachtungen standen mit anderen, noch unangenehmeren in Verbindung, zu denen er ebenfalls keinen Schlüssel finden konnte. Bis zur Ankunft des fremden Mannes war nicht eine Woche vergangen, ohne daß Mordaunt einen freundlichen Gruß oder ein Andenken von Burgh-Westra erhielt, und es fehlte nie an Vorwänden, einen unausgesetzten Verkehr zu unterhalten. Minna wünschte die Worte einer norwegischen Ballade, oder für ihre Sammlungen Federn, Eier, Muscheln, oder Exemplare der selteneren Seegewächse zu haben; oder Brenda schickte ein Räthsel, das Mordaunt auflösen, oder ein Lied, das er lernen sollte; oder der ehrliche alte Udallar sendete – in sehr roher Handschrift, die man für Runen-Schrift hätte halten können – seinen herzlichen Gruß an seinen jungen Freund, dabei ein Geschenk zu seiner Erquickung, und die ernstliche Bitte, so bald als möglich nach Burgh-Westra zu kommen, und so lange als möglich dort zu bleiben. Diese freundlichen Andenken wurden oft durch besondere Boten überschickt, und außerdem kam selten ein Fußgänger oder Reisender von einem Hause zum andern, der Mordaunt nicht einen freundlichen Gruß von Udallar und dessen Familie überbracht hätte. Dieser Verkehr war neuerlich immer sparsamer geworden, und jetzt schon seit mehreren Wochen kein Bote von Burgh-Westra nach Jarlshof gekommen. Mordaunt hatte diese Veränderung bemerkt und schmerzlich gefühlt, und sie lag ihm im Sinne, während er Bryce so genau, als Stolz und Klugheit es gestatteten, ausfragte, um wo möglich über die Ursache der Veränderung Licht zu bekommen. Er gab sich indessen Mühe, gleichgültig auszusehen, während er den Hausirer fragte, was es Neues im Lande gäbe.

»Große Neuigkeiten,« erwiderte der Gefragte, »und viele. Der verrückte Kerl, der neue Verwalter, will eine Veränderung in den Bismars und Ließpfunden Gewichte norwegischen Ursprungs, die noch in Shetland üblich sind. machen, und unser würdiger Voigt, Magnus Troil, hat geschworen, ehe er sie gegen die Schnellwage oder etwas Anderes vertauschte, wollte er lieber den Verwalter Yellowley von Brasse-craig herabwerfen.«

»Ist das Alles?« fragte Mordaunt gleichgültig.

»Alles? Nun ich dächte, das wäre genug,« erwiderte der Hausirer. »Wie sollen die Leute denn kaufen und verkaufen können, wenn man ihnen die Gewichte ändert?«

»Ja wohl,« antwortete Mordaunt; »aber habt Ihr nichts von fremden Schiffen an der Küste gehört?«

»Sechs holländische Dogger liegen auf der Höhe von Brassa, und, wie ich höre, eine Art von Galliote, mit hohem Verdeck und einem Obergaffsegel in der Bucht von Scalloway. Sie ist wahrscheinlich aus Norwegen.«

»Keine Kriegsschiffe oder Schaluppen?«

»Keine,« antwortete der Hausirer, »seitdem das Transportschiff, der Geyer, mit den gepreßten Leuten unter Segel gegangen ist. Wenn es Gottes Wille, und unsere Leute heraus wären, so wollt' ich, es läge tief unten im Meere.«

»Gibt es nichts Neues in Burgh-Westra? Ist die Familie wohl?«

»Alle wohl und munter, vielleicht etwas zu viel Lachen und Tollen ausgenommen; 's wird jede Nacht getanzt, wie man sagt, mit dem fremden Capitain, der da wohnt, dem, der vor einiger Zeit bei Sumburgh-Head strandete – damals mochte ihm wohl nicht so lustig zu Muthe sein.«

»Tollen! Tanzen jede Nacht!« sagte Mordaunt eben nicht sehr zufrieden. »Mit wem tanzt der Capitain?«

»Mit wem er will, denk' ich,« sagte der Hausirer; »überhaupt muß Jeder dort nach seiner Pfeife tanzen. Ich selbst weiß indessen wenig davon, denn ich halte es gegen mein Gewissen, dergleichen Tanz und Spiel lange mit anzusehen. Die Leute sollten bedenken, daß ihr Leben nur ein dünner Faden ist.«

»Deßwegen handelt Ihr auch wohl mit so vergänglicher Waare, Bryce, damit die Leute diese heilsame Wahrheit immer vor Augen behalten« – antwortete Mordaunt, dem sowohl die Art der Antwort, als die heuchlerischen Bedenklichkeiten des Antwortenden auffielen.

»Das soll wohl darauf gehen, ich sollte Bedacht haben, daß Ihr selbst gern tanzt und spielt, Mr. Mertoun, aber ich bin ein alter Mann, und muß mein Gewissen rein halten. Doch Ihr werdet gewiß bei dem Tanze sein, den es am Johannis- oder St. Johannis, wie ihn die verblendeten Geschöpfe nennen, Abend in Burgh-Westra geben wird; und da werdet Ihr doch wohl einige weltliche Zierden haben müssen, Beinkleider, Westen und dergleichen. Ich habe Zeug aus Flandern!« und damit legte er seinen Kram auf den Tisch, und fing an, auszupacken.

»Tanz?« wiederholte Mordaunt; »Tanz am St. Johannis-Abend? Solltest du mich dazu einladen, Bryce?«

»Nein, aber Ihr wißt ja, daß Ihr immer willkommen seid, gebeten oder ungebeten. Der Capitain aber soll den Vortänzer machen, wie sie es nennen, – so zu sagen, den Rädelsführer.«

»Hol' ihn der Teufel!« sagte Mordaunt in ungeduldiger Aufwallung.

»Alles zu seiner Zeit,« antwortete der Hausirer; man muß nichts übereilen, der Teufel wird schon das Seinige bekommen, das laßt nur gut sein. Aber es ist so ganz, wie ich Euch erzähle, wenn Ihr auch so ungeberdig dabei ausseht, wie eine wilde Katze. Und dieser Capitain – ich weiß nicht gleich, wie er heißt – hat mir eine von den Westen abgekauft, die ich Euch zeigen will, Purpur mit einer goldenen Einfassung, und schön gestickt, und ich habe für Euch ein Stück, das dazu paßt, mit grünem Grunde, und wenn Ihr neben ihm Euch sehen lassen wollt, so müßt Ihr gerade das kaufen, denn das Gold glänzt, selbst jetzt noch, am meisten in den Augen der Mädchen. Seht es einmal an,« fügte er hinzu, indem er den Stoff nach verschiedenen Richtungen wendete, »seht einmal, wie es im Lichte aussieht; und wie das Licht durchscheint, mit dem Strich und gegen den Strich; es sieht nach allen Seiten gut aus; kommt von Antwerpen; kostet vier Thaler, und gefiel dem Capitain so, daß er mir einen Jakobs'dor von zwanzig Schillingen hinwarf, und mir sagte, ich möchte das Uebrige nur in Teufels Namen behalten! – Das arme unheilige Geschöpf, wahrhaftig, ich bedaure ihn.«

Ohne genauer nachzufragen, ob der Hausirer den Capitain wegen seiner weltlichen Unklugheit oder wegen seiner religiösen Fehler bedaure, wandte sich Mordaunt von ihm ab, schlug die Arme über einander, ging im Zimmer auf und ab, und sprach vor sich hin: »Nicht einmal eingeladen, – und ein Fremder der König des Festes ...« Diese Worte wiederholte er so heftig, daß Bryce einen Theil des Sinnes errieth.

»Was das Einladen betrifft, Mr. Mordaunt, »so glaube ich, daß Ihr noch eingeladen werdet.«

»Sie erwähnten meiner also?« fragte Mordaunt.

»Das kann ich nun nicht ganz bestimmt sagen,« erwiderte Bryce Snailsfoot, »aber Ihr braucht darum den Kopf nicht so finster wegzuwenden, wie ein Seehund, wenn er vom Ufer geht, denn, seht einmal, ich hörte es ganz deutlich, daß alle die jungen lustigen Leute in der Gegend dort sein sollten – und da werden sie Euch, einen alten, wohlbekannten Freund und den leichtfüßigsten Tänzer bei allen solchen Festlichkeiten (der Himmel schenke Euch, zu seiner Zeit, bessere Gaben), der je zwischen hier und Unst nach einem Bogenstriche sprang, doch nicht zurücklassen? So, glaub' ich, seid Ihr so gut als eingeladen, und Ihr werdet am besten thun, Euch mit einer Weste zu versehen, denn schmuck und stattlich wird gewiß dort Alles sein, – der Herr sei ihnen gnädig!«

Mit seinen grünen, gläsernen Augen folgte er allen Bewegungen des jungen Mordaunt Mertoun, der, in tiefes Nachdenken versunken, im Zimmer auf und ab schritt. Der Hausirer, der wie Claudio dachte, daß, wenn Jemand niedergeschlagen ist, es ihm nothwendig an Gelde fehlen muß, legte indeß sein Nachdenken ganz anders aus, und redete ihn daher, nach einer abermaligen Pause, folgendermaßen an: »Ihr braucht Euch über die Sache nicht zu betrüben, Mr. Mordaunt, denn obgleich ich von dem Capitain meinen Preis für die Waare erhalten habe, so werde ich es doch mit Euch, als einem guten Freunde und Kunden, nicht so genau nehmen; ich will den Preis, so zu sagen, nach Eurem Beutel einrichten, oder es auch mit der Bezahlung bis St. Martinstag, oder sogar bis Lichtmeß anstehen lassen. Ich weiß zu leben, Mr. Mordaunt; der Himmel behüte mich, daß ich irgend Jemand drücken sollte, am wenigsten einen Freund, der mich schon öfter etwas hat verdienen lassen. Ja, ich will Euch auch wohl das Kleidungsstück für den Werth in Federn, oder Seeotterhäuten, oder irgend einem andern Pelzwerk lassen. Niemand versteht es besser, als Ihr, solche Waare zu bekommen, und ich habe Euch gewiß das allerbeste Pulver verkauft. Ich weiß nicht, ob ich Euch gesagt habe, daß es aus der Kiste des Capitain Plunkett war, der vor sechs Jahren mit der Kriegsbrigg Mary am Felsen von Unst scheiterte. Er war selbst ein guter Schütze, und es war ein Glück, daß die Kiste trocken an's Ufer kam. Ich verkaufe es auch nur an gute Schützen. Wenn Ihr also etwas habt, das Ihr gegen die Weste vertauschen wollt, so bin ich zum Tausche bereit; denn Ihr werdet gewiß auf St. Johannis-Abend nach Burgh-Westra geladen, und Ihr werdet doch wohl nicht schlechter aussehen wollen, als der Capitain? Das würde sich doch nicht schicken.«

»Ich will wenigstens dort sein, geladen, oder nicht geladen,« sagte Mordaunt, indem er plötzlich stehen blieb, und dem Hausirer das Stück Westenzeug hastig aus der Hand riß; »und wie Ihr sagt, ich werde ihnen schon Ehre machen.«

»Nur sachte – nur sachte, Mr. Mordaunt,« rief der Hausirer aus. »Ihr geht ja damit um, als ob es ein Stück grober Wadmaal wäre; Ihr werdet es in Stücke reißen, und da hättet Ihr recht, daß ich mit vergänglichen Waaren handele – aber bedenkt, daß der Preis vier Thaler ist. Soll ich es Euch aufschreiben?«

»Nein!« sagte Mordaunt heftig, nahm seine Börse heraus, und warf ihm das Geld hin.

»Der Himmel segne Euch das Kleidungsstück und mir das Silber,« sagte der Hausirer vergnügt, »und bewahre uns vor irdischer Eitelkeit und irdischer Begierde, und sende Euch das weiße linnene Gewand nach, welchem wir nachtrachten müssen, als nach dem Muslin, dem Cambric, dem Linon und dem Seidenzeuge dieser Welt, und sende mir die Talente, welche mehr nützen, als viel spanisches Geld oder holländische Thaler, und – aber, Gott behüt' uns – warum drückt Ihr denn das Seidenzeug so zusammen, als wäre es ein Heubündel?«

In diesem Augenblicke trat Swertha, die Haushälterin, herein, der Mordaunt das Gekaufte mit einer Art sorgloser Nichtachtung hinwarf, wie um die Sache los zu sein. Nachdem er ihr befohlen hatte, es wegzulegen, nahm er seine Flinte, die in der Ecke stand, warf sein Jagdzeug um, und verließ schnell das Zimmer, ohne auf Bryce zu achten, der von einem schönen Seehundsfelle zu sprechen anfangen wollte, so weich wie Rehleder, aus dem die Riemen und der Ueberzug seiner Flinte gemacht waren.

Der Hausirer sah mit seinen grünen, blinzelnden, schlauen Augen dem Kunden, der seine Waare mit so wenig Achtsamkeit behandelte, einen Augenblick nach.

Auch Swertha blickte ihm mit Verwunderung nach und sagte: »Der Junge ist nicht recht bei Sinnen.«

»Nicht recht bei Sinnen!« wiederholte der Hausirer. »Der wird so wild werden, als sein Vater je war. Ein Stück Waare, das ihm vier Thaler kostet, so zu behandeln, das ist sehr feifisch, wie das Ostlands-Fischervolk sagt.«

»Vier Thaler für den grünen Lumpen?« sagte Swertha, das Wort auffassend, das dem Händler so unversehens entschlüpft war; »das nenne ich mir einmal einen guten Handel! Ich weiß nicht, über wen ich mich mehr wundern soll, über ihn, daß er sich so hat betrügen lassen, oder über dich, der ihm so viel abgenommen hat, Bryce Snailsfoot.«

»Ich habe ja nicht gesagt, daß es ihn volle vier Thaler kostet,« sagte Bryce, und wenn es wäre, so ist es des Burschen eigenes Geld, denk' ich; er ist ja alt genug, um für sich zu kaufen. Und was noch mehr ist, die Waare ist das Geld wohl werth, und noch mehr als das.«

»Und was noch mehr ist,« sagte Swertha kaltblütig, »so wollen wir 'mal hören, was der Vater dazu sagen wird.«

»Ich hoffe doch nicht, daß Ihr so böse sein werdet, Frau Swertha,« sagte der Händler; »das wäre schlechter Dank für den schönen Oberrock, den ich Euch von Lerwick bis hierher gebracht habe.«

»Und für den Ihr gewiß auch schönes Geld fordern werdet,« erwiderte Swertha; »ich weiß recht gut, worauf alle Eure guten Werke hinausgehen.«

»Ihr sollt mir geben, was Ihr wollt, oder es kann auch bleiben, bis Ihr etwas für die Wirthschaft oder für Euren Herrn kauft, und dann kann Alles auf eine Rechnung kommen.«

»Das ist freilich auch wahr, Bryce Snailsfoot; ich denke, wir werden bald etwas Tischzeug brauchen, denn da keine Frau im Hause ist, können wir auch nicht spinnen und dergleichen, und so machen wir kein eigenes Zeug.«

»Das heißt,« sagte der Hausirer, »nach den Worten leben: »»Geht zu Denen, die da kaufen und verkaufen;«« der Text hat doch seinen guten Nutzen.«

»Es ist doch ein Vergnügen, wenn man mit einem gescheidten Manne zu thun hat, der aus Allem Nutzen ziehen kann,« sagte Swertha; »und wenn ich des Burschen Westenzeug genauer betrachte – 's ist unter Brüdern vier Thaler werth.«


 


 << zurück weiter >>