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Sechstes Kapitel.

Es fiel der Thau der Sommernacht,
Da hüllt das alte Cumnor Hall
Der Mond in silberhelle Pracht
Und manche Eiche in dem Thal.

Mickle.

Vier Zimmer, welche die Westseite des alten viereckigen Schlosses Cumnor Place bildeten, waren mit außerordentlicher Pracht ausgeschmückt worden. Dies war das Werk weniger Tage gewesen, die dem Zeitpunkt vorangingen, in welchem unsere Erzählung beginnt. Handwerker, von London hergesandt, denen nicht erlaubt war, den Gutsbezirk zu verlassen, bis das Ganze vollendet war, hatten allen Gemächern an dieser Seite des Gebäudes, die bis dahin ganz das Ansehen verfallener Klosterhallen hatten, den Glanz königlicher Zimmer gegeben. Alle diese Einrichtungen waren auf geheimnißvolle Weise getroffen worden; die Handwerker kamen und gingen bei Nacht und alle Maßregeln wurden getroffen, zu verhüten, daß die zudringliche Neugier der Dorfbewohner über die Veränderungen, die in dem Wohnsitze des sonst dürftigen, jetzt aber reichen Nachbars stattgefunden hatten, weder speculiren noch klügeln konnte. Demzufolge ward auch dieser Zweck in dem Grade erreicht, daß nur leere und ungewisse Gerüchte darüber in Umlauf kamen, die man anhörte und wieder erzählte, ohne ihnen sonderlichen Glauben beizumessen.

An dem Abend, von dem wir sprechen, war die neue, prachtvoll verzierte Zimmerreihe zum ersten Mal erleuchtet, und zwar mit einem Glanz, den man ein halb Dutzend Meilen weit gesehen haben würde, – hätten nicht eichene, durch Riegel und Schlösser wohl verwahrte Fensterladen, die von Innen mit Vorhängen von Seide und Sammet, mit breiten goldenen Fransen besetzt, versehen waren, verhindert, daß der hellleuchtende Glanz von Außen gesehen werde.

Die vier Hauptzimmer führten eins in das andere, man gelangte zu ihnen auf einer breiten hohen Treppe, die in ein Vorzimmer oder eine Art von Gallerie führte, wo der Abt früher zuweilen seine Rathsversammlungen gehalten hatte; jetzt aber waren die Wände schön getäfelt mit braunem ausländischen Holze, dessen Politur von ungemeiner Schönheit war, und das, wie man sagte, aus Westindien gekommen und in London mit unendlicher Schwierigkeit und zum großen Nachtheil des Handwerkgeräths der Werkleute verarbeitet ward. Das Dunkle dieser Farbe wurde von zahlreichen silbernen Leuchtern, welche rund herum an den Wänden hingen, sowie durch sechs große, von den ersten Meistern der damaligen Zeit verfertigte Gemälde in prachtvollen Rahmen gehoben. Ein massiver eichener Tisch am untern Ende des Zimmers stand zur Bequemlichkeit Derer da, die das damals gebräuchliche Beilkespiel liebten, am andern Ende sah man eine erhöhte Gallerie für die zur Verherrlichung des Festes etwa herbeigerufenen Musiker und Minstrels.

Aus diesem Vorzimmer trat man in einen Banketsaal von mäßiger Größe, aber prachtvoll genug, um durch den Reichthum seiner Verzierungen die Augen zu blenden. Die Wände, noch kürzlich so nackt und finster, waren jetzt mit Tapeten von himmelblauem, mit Silber besetztem Sammet bekleidet; die Stühle waren von Ebenholz mit reich vergoldetem Schnitzwerk, die Kissen von demselben Stoff wie die Tapeten; an die Stelle der silbernen Wandleuchter, welche das Vorzimmer erhellten, trat hier ein mächtiger Kronleuchter von dem nämlichen Metall. Der Fußboden war mit einem spanischen Teppich belegt, auf welchem Blumen und Früchte mit so täuschenden und natürlichen Farben dargestellt waren, daß man Anstand nahm, so ausgezeichnete Kunstarbeiten zu betreten. Der Speisetisch von altenglischem Eichenholz war mit dem feinsten Tafeltuch bedeckt, und ein großer, tragbarer Schenktisch hatte seine mit erhabener Arbeit gezierten Thürflügel entfaltet, und zeigte in seinem Innern eine Fülle von Silberzeug und Porzellan. In der Mitte des Tisches stand ein Aufsatz von schöner italienischer Arbeit, von gediegenem Silber, über zwei Fuß hoch, den Riesen Briareus darstellend, dessen hundert silberne Hände den Gästen mancherlei Arten von Gewürzen darboten, um ihre Eßlust zu reizen.

Das dritte Gemach war ein Nebenzimmer, mit den schönsten Tapeten geschmückt, welche Phaetons Fall darstellten; – denn die Weberstühle in Flandern beschäftigten sich damals vorzüglich mit classischen Gegenständen. – Der Hauptsitz dieses Zimmers war ein Prunksessel, zwei Stufen höher als der Fußboden und breit genug, zwei Personen zu fassen; über demselben erhob sich ein Thronhimmel, der sowohl als die Kissen, seidenen Vorhänge und selbst die Fußdecke, aus hochrothem mit Samenperlen durchsticktem Sammet bestand. Ueber dem Baldachin prangten zwei Kronen, die Würde eines Grafen und einer Gräfin bezeichnend. Schemel mit Sammet bezogen, und Kissen nach maurischer Art geformt und mit Arabesken verziert, vertraten die Stelle der Sessel in diesem Zimmer, welches musikalische Instrumente, Stickwaaren und andere zur weiblichen Unterhaltung dienende Gegenstände enthielt. Außer kleineren Lichtern war dieses Nebenzimmer noch durch viele große Wachskerzen erhellt, von denen jede sich in der Hand einer Bildsäule befand, die einen bewaffneten Mauren darstellte, der in seiner Linken zwischen der Brust und dem Lichte einen hellpolirten Schild von Silber hielt, aus dem das Licht wie aus einem Kristallspiegel in tausendfachem Glanze zurückstrahlte.

Das Schlafgemach, welches zu dieser Zimmerreihe gehörte, war in weniger prachtvollem, aber darum nicht minder reichem Geschmack verziert als die andern. Zwei silberne Lampen, mit köstlich duftendem Oele gefüllt, verbreiteten zugleich einen herrlichen Wohlgeruch und ein zitterndes Dämmerlicht durch das stille Gemach, dessen Fußboden so dicht mit Teppichen belegt war, daß der schwerste Tritt nicht hätte gehört werden können. Das mit schwellenden Eiderdaunen gefüllte Bett war mit einer seidenen, mit Gold durchwirkten Decke belegt, unter welcher die feinsten Ueberzüge und Unterdecken von spanischer Lämmerwolle hervorhingen, so weiß wie die Lämmer selbst, die sie einst trugen. Die Vorhänge waren von blauem Sammet mit carmoisinrother Seide und goldenen Franzen besetzt, und mit einer Stickerei, Amors und Psyche's Liebe vorstellend, ausgeschmückt. Auf dem Putztische stand ein schöner venetianischer Spiegel, in einem Rahmen von silberner Filigranarbeit, und daneben eine goldene Schale, um den Nachttrunk daraus zu nehmen. Ein paar Pistolen und ein Dolch, mit Gold ausgelegt, hingen zu den Häupten des Bettes als Waffen der Nacht, die man damals jedem verehrten Gaste, wie zu vermuthen steht, mehr aus Ceremonie als aus Furcht darbot. Wir dürfen nicht unterlassen, zum Ruhm der Sitte jener Zeit zu erwähnen, daß in einer kleinen, von einer Kerze erleuchteten Blende zwei sammetne, mit Gold besetzte Kniepolster vor einem Betpult von ausgeschnitztem Ebenholze lagen. Diese Blende war früher der Privatbetstuhl des Abts gewesen; jetzt aber hatte man das Crucifix weggenommen und statt seiner zwei reich mit Silber beschlagene Gebetbücher in prachtvollem Einband auf das Pult hingelegt. Mit diesem einladenden Schlafgemach, wohin kein Geräusch drang, als der durch die Eichen des Parks hinsäuselnde Wind, so daß Morpheus selber es sich zur Ruhestätte würde gewünscht haben, standen zwei prächtig verzierte Ankleidezimmer in Verbindung. Es ist noch zu bemerken, daß ein Theil des anstoßenden Flügels für die Küche und das Zubehör, sowie zum Aufenthalte der Begleitung des großen reichen Lords diente, zu dessen Gebrauch diese prachtvollen Einrichtungen getroffen waren.

Die Gottheit, für welche man diesen Tempel geschmückt hatte, war des Aufwandes von Kosten und Mühe wohl würdig. Sie saß in dem Nebenzimmer, das wir so eben beschrieben, mit dem wohlgefälligen Blicke natürlicher und unschuldiger Eitelkeit den Glanz betrachtend, der sich so plötzlich um sie her verbreitete; denn da ihr Aufenthalt zu Cumnor Place die Veranlassung zu dem Geheimnisse war, welches man in allen Vorbereitungen zur Einrichtung dieser Zimmer beobachtete, so hatte man zugleich Vorkehrungen getroffen, daß sie nichts von den Anstalten erfahren konnte, die man in diesem Theile des alten Gebäudes machte, und dafür gesorgt, daß sie den mit dieser Einrichtung beauftragten Werkleuten nicht zu Gesichte kam. Erst an diesem Abend betrat sie einen Theil des Schlosses, den sie noch nie gesehen hatte, und der von dem übrigen so ganz verschieden war, daß er im Vergleich damit wie ein bezauberter Palast erschien. Als sie zum ersten Male diese glänzenden Zimmer besuchte, geschah es mit der lauten und ungezügelten Freude einer ländlichen Schönen, die sich plötzlich von einem Glanze umgeben sieht, von dem selbst ihre kühnste Phantasie keine Ahnung hatte, verbunden mit dem innigsten Gefühle eines zärtlichen Herzens und dem Bewußtsein, daß die sie umgebende Pracht ein Werk der großen Zauberin Liebe sei.

Die Gräfin Emma, – denn zu diesem Range war sie durch ihre geheime aber feierliche Vermählung mit Englands stolzestem Grafen erhoben, – war daher eine Zeitlang von Zimmer zu Zimmer gehüpft, jeden neuen Beweis des Geschmacks ihres liebenden Gemahls bewundernd, – was noch in hohem Grade dadurch gesteigert wurde, daß sie in all dieser Pracht den fortgesetzten Beweis seiner feurigen, innigen Zärtlichkeit finden mußte. – »Wie schön sind diese Teppiche! – Wie trefflich gearbeitet das Silberzeug dort! Fast sollte man glauben, man habe Spaniens Gallionen auf hoher See geplündert! – O, Jeannette!« – rief sie wiederholt der Tochter Anton Fosters zu, die mit etwas minder enthusiastischer Freude ihrer Gebieterin auf dem Fuße gefolgt war – »o Jeannette, wie entzückend ist dieser Gedanke, daß alle diese kostbaren Sachen seine Liebe zu mir hier vereinigt hat, und daß ich diesen Abend noch, der jeden Augenblick dunkler und dunkler wird, ihm mehr noch für die Liebe, die dieses Zauberparadies für mich geschaffen, als für all' die Wunder, die es in sich schließt, danken soll.« –

»Dem Herrn muß man vor Allem danken,« sprach die niedliche Puritanerin, »der Dir, meine Gebieterin, den liebenden und gefälligen Ehegemahl schenkte, dessen Zärtlichkeit so viel für Dich gethan. Auch ich habe nach meinen geringen Kräften dazu beigetragen; aber wenn Ihr so von Zimmer zu Zimmer eilt, wird das Werk meiner Haarnadel und meines Kräuseleisens so schnell verschwinden, wie die Eisblumen am Fenster, wenn die Sonne scheint.«

»Du hast Recht, Jeannette,« sagte die junge, reizende Gräfin, schnell den Flug ihres Entzückens hemmend, und sich in einem Spiegel, so groß, wie sie noch keinen gesehen, der in der That selbst in der Königin Palast keinen seines Gleichen hatte, vom Kopf bis auf die Füße betrachtend. »Du hast Recht, Jeannette,« antwortete sie, als sie mit verzeihlichem Wohlgefallen aus dem prächtigen Spiegel Reize zurückstrahlen sah, wie sie selten seiner schön polirten Oberfläche sich darbieten mochten, »wahrlich, ich gleiche mehr einem Milchmädchen, als einer Gräfin, mit diesem glühenden Roth auf den Wangen, und all' diesen braunen Locken, die Du so kunstvoll geordnet, und die nun wie unbeschnittene Weinranken wild um den Kopf her hängen – mein Kragen, meine Halskrause sind zerknittert und in Unordnung, und Hals und Busen mehr entblößt, als Sittsamkeit und Anstand es gestatten. Komm, Jeannette, wir wollen uns an die Toilette machen. Gutes Mädchen, Du sollst diese rebellischen Locken in Ordnung bringen, und den Busen, der so hoch schlägt, unter Haft von Kammertuch und Spitzen legen.«

Sie gingen hierauf in das Ankleidezimmer, wo die Gräfin sich muthwillig auf eins der maurischen Kissen hinwarf, halb sitzend, halb liegend, halb in eigene Gedanken versunken, halb auf das Geplauder ihrer Dienerin horchend.

So hingegossen, mit einer Mischung von Sorglosigkeit und Erwartung in ihren feinen, ausdrucksvollen Zügen, bot sie einen Anblick dar, desgleichen man an Lieblichkeit und sinnigem Ausdruck auf Land und Meer vergebens gesucht hätte. Die Reihen von Brillanten, durch ihr braunes Haar geschlungen, kamen nicht dem Glanze ihrer schönen braunen Augen gleich, über die sich die bogenförmigen Brauen von etwas hellerer Farbe zogen, und von langen Wimpern von derselben Farbe beschattet wurden. Angestrengte Bewegung, aufgeregte Erwartung und befriedigte Eitelkeit verbreiteten eine Glut über ihre feinen Züge, die man sonst wohl etwas zu blaß hätte finden können. Ihr Halsband von milchweißen Perlen, welches sie trug, die nämlichen, die sie so eben als Liebespfand von ihrem Gemahl erhalten hatte, wurden an Weiße von ihren Zähnen und der blendenden Schönheit ihrer Haut übertroffen, außer wo das Incarnat der Freude und der Selbstzufriedenheit den Hals mit einem leichten Anflug von Röthe übergossen hatte. – »Nun laß Deine geschäftigen Finger ruhen, Jeannette,« sagte sie zu ihrer emsigen Zofe, die immer noch eifrig bemüht war, ihren Haarputz und Anzug wieder in Ordnung zu bringen. – »Laß es nun gut sein, sage ich – ich muß vor Mylords Ankunft noch Deinen Vater sprechen, sowie auch Herrn Richard Varney, auf den Mylord so große Dinge hält; – aber ich könnte ihm Sachen erzählen, die ihn bald um seine Gunst bringen würden.«

»Thut das nicht, meine gute Lady!« entgegnete Jeannette; »überlaßt das der Vorsehung, die den Gottlosen zu seiner Zeit heimsuchen wird; tretet ja Varney nicht in den Weg, denn er besitzt so ganz Mylords Ohr, daß nur Wenige aufkommen konnten, die seine Pläne durchkreuzten.«

»Und von wem hast Du dies, meine ehrliche Jeannette?« fragte die Gräfin; »und warum sollte ich ein gutes Vernehmen mit ihm so sehr zu wünschen haben, da ich seines Herrn und Patrons Gemahlin bin?«

»Nun, gnädige Frau,« erwiderte Jeannette Foster, »Ihr versteht das besser als ich – aber ich hörte meinen Vater sagen, er wolle lieber einem hungrigen Wolf in den Weg kommen, als Richard Varney's Plänen entgegentreten. Und oft hat er mir auf die Seele gebunden, allen Umgang mit ihm zu vermeiden.«

»Da hat Dein Vater Recht, was Dich betrifft,« versetzte die Lady, »und ich bin überzeugt, daß er es gut mit Dir meint. Schade, daß sein Gesicht und sein Wesen so wenig zu seinen Gesinnungen stimmt; denn ich meine, seine Absichten sind doch am Ende gut!«

»Zweifelt nicht daran, Mylady,« antwortete Jeannette; »zweifelt nicht, daß mein Vater es gut meint, obgleich er nur ein schlichter Mann ist; und seine mürrische Miene wird von seinem Herzen Lügen gestraft.«

»Ich will das nicht in Abrede stellen, Mädchen, wäre es auch nur um Deinetwillen; und doch hat er eins von den Gesichtern, vor welchen man zurückbebt, wenn man sie anblickt – ich glaube, selbst Deine Mutter, Jeannette, – doch höre auf mit Deinem Haarkräuseln – kann ihn kaum ohne Beben angesehen haben.«

»Wäre dem so, Madame,« antwortete Jeannette Foster, »so achtete meine Mutter in ihm einen Mann, der sie anständig versorgen konnte. Erschraket und erröthetet Ihr nicht ebenfalls, Mylady, als Varney Euch den Brief von Mylord übergab?«

»Du bist dreist, Jüngferchen,« sagte die Gräfin, sich von den Kissen erhebend, auf denen sie halb in den Armen ihrer Dienerin ruhend gesessen hatte. »Wisse, daß hier Gründe zum Erschrecken vorhanden sind, die nichts mit Furcht zu schaffen haben. – Aber, Jeannette,« setzte sie hinzu, sogleich wieder in den gutmüthigen, vertraulichen Ton, der ihr eigenthümlich war, einlenkend, »glaube mir, ich will meinen ganzen Einfluß zu Gunsten Deines Vaters aufbieten, um so mehr, da Du, Herzenskind, seine Tochter bist. Ach!« fügte sie hinzu, indem ein plötzlicher Trübsinn ihre Züge überflog und ihre Augen sich mit Thränen füllten, »ich muß um so mehr in Deine kindlichen Gefühle einstimmen, als mein eigener armer Vater über mein Schicksal in Ungewißheit schwebt, und der Kummer über mich Unwürdige ihn, wie ich höre, auf das Krankenlager geworfen hat. – Aber ich werde ihn bald erfreuen – die Nachricht von meinem Glücke und meiner Standeserhöhung wird ihn wieder zum Jünglinge machen. – Und um ihn aufheitern zu können,« – sie trocknete ihre Augen, indem sie redete, – »muß ich selbst heiter sein. – Mylord darf mich nicht unempfindlich gegen seine Güte, oder kummervoll finden, wenn er einen Augenblick erhascht, seine Einsiedlerin nach so langer Abwesenheit zu besuchen. – Freue Dich mit mir, Jeannette, – die Nacht bricht an, und Mylord muß nun bald kommen. – Rufe Deinen Vater und Varney hieher – ich grolle mit Keinem von ihnen; obgleich ich Grund hätte, mich über Beide zu beklagen, soll es doch ihre eigene Schuld sein, wenn je eine Klage über sie durch mich dem Grafen zu Ohren kommt. – Rufe sie hieher, Jeannette.«

Jeannette Foster gehorchte ihrer Gebieterin, und nach wenigen Minuten trat Varney in das Nebenzimmer mit der anmuthigen Zwanglosigkeit und der unbewölkten Stirn eines vollendeten Höflings, geübt, unter dem Schleier äußerer Höflichkeit seine wahren Gesinnungen zu verbergen und die der Andern auszuforschen. Nach ihm trat mit schwerfälligem Schritte Anton Foster ein; seine natürliche, mürrische Gemeinheit schien noch deutlicher hervorzutreten durch den unbeholfenen Versuch, die Mischung von Furcht und Mißvergnügen zu verbergen, die er beim Anblick der Lady empfand, über die er bis dahin so strenge Aufsicht geführt hatte, und die nun so prachtvoll gekleidet und mit so vielen reichen Pfändern der Neigung ihres Gemahls geschmückt vor ihm stand. Die linkische Verbeugung, bei der er nicht das Herz hatte, die Gräfin anzublicken, war das stumme Bekenntniß dieser Empfindungen – sie glich der Verbeugung, die der Verbrecher vor seinem Richter macht, wenn er sein Verbrechen gesteht und um Gnade fleht – und zugleich unverschämt und verlegen sich zu vertheidigen oder zu entschuldigen und seinen Richter zur Milde zu bewegen sucht.

Varney, der vermöge seiner Geburt vor Anton Foster in's Zimmer getreten war, wußte seine Rede besser zu stellen als Jener, und sprach mit besserem Anstand und größerem Selbstvertrauen. Die Gräfin begrüßte ihn mit anscheinender Herzlichkeit, die eine völlige Vergessenheit alles dessen anzudeuten schien, worüber sie sich rücksichtlich seiner zu beklagen hatte. Sie erhob sich von ihrem Sitze, trat ihm zwei Schritte entgegen und reichte ihm die Hand mit den Worten:

»Herr Richard Varney, Ihr brachtet mir diesen Morgen so angenehme Kunde, daß ich fürchte, Ueberraschung und Freude ließen mich den Auftrag meines Herrn und Gemahls vergessen, Euch mit Auszeichnung aufzunehmen. Wir bieten Euch unsere Hand zur Versöhnung.«

»Ich bin nicht würdig, sie anders zu berühren,« sprach Varney, indem er sich auf ein Knie niederließ, »als wie es einem Unterthanen gegen seinen Fürsten gebührt.«

Knieend berührte er mit den Lippen ihre niedlichen, mit Ringen und Juwelen reich geschmückten Finger, erhob sich dann mit gefälliger Galanterie und schickte sich an, sie zu dem Prunksessel zu führen, als sie sagte: »Nein, guter Herr Richard Varney, ich nehme meinen Platz nicht eher ein, als bis Mylord mich selbst dahin führt. Ich bin für jetzt noch nicht als Gräfin anerkannt, und will diesen Ehrenplatz erst dann einnehmen, wenn ich von Demjenigen, welchem ich denselben verdanke, dazu berechtigt bin.«

»Ich hoffe nicht, Mylady,« nahm jetzt Foster das Wort, »daß ich durch die Befolgung der Befehle Mylords, Eures Gemahls, hinsichtlich der Beschränkungen mir Euer Mißfallen zugezogen habe, da Ihr seht, daß ich nur meine Pflicht gegen Euren und meinen Gebieter erfüllte, denn der Himmel hat, wie die heilige Schrift sagt, dem Manne Gewalt über das Weib gegeben.«

»Ich bin im Augenblicke so angenehm überrascht, Herr Foster,« antwortete die Gräfin, »daß ich die pflichtmäßige Strenge gern entschuldige, mit der mir der Zutritt in diese Zimmer verweigert wurde, bis sie einen so neuen und glänzenden Anblick gewährten.«

»Ja, Mylady,« sagte Foster, »es hat auch manchen schönen Kronthaler gekostet, und damit nicht mehr, als nöthig ist, darauf gehe, lasse ich Euch bis zu Mylords Ankunft in der Gesellschaft des Herrn Richard Varney; er hat Euch, glaube ich, von Seiten Eures edlen Lords und Gemahls noch Mehreres mitzutheilen. – Folge mir, Jeannette, um nachzusehen, ob Alles in Ordnung ist.«

»Nein, Herr Foster,« entgegnete die Gräfin, »wir wollen, daß Eure Tochter hier in unserem Zimmer bleibe; doch mag sie, wenn Varney mir Etwas von Mylord zu berichten hat, in gehöriger Entfernung bleiben.«

Foster machte eine plumpe Verbeugung und entfernte sich verdrießlich, wie es schien, über den verschwenderischen Aufwand, mit dem man seine nackte, verfallene Behausung in einen asiatischen Palast umgeschaffen hatte. Nachdem er sich entfernt, nahm seine Tochter ihren Stickrahmen zur Hand und setzte sich im Hintergrunde des Zimmers nieder, indeß Richard Varney mit einer tiefen demüthigen Verbeugung den niedrigsten Sessel, den er finden konnte, ergriff, ihn neben die Kissen stellte, auf welchen die Gräfin wieder Platz genommen hatte, und mit niedergeschlagenen Augen dasaß. »Ich glaubte, Herr Varney,« begann sie, als sie bemerkte, daß er nicht geneigt sei, das Gespräch zu eröffnen, »Ihr hättet mir Etwas von meinem Gemahl mitzutheilen, so verstand ich wenigstens Herrn Foster, und ließ deshalb meine Zofe sich zurückziehen. Wenn ich mich geirrt habe, so will ich sie wieder an meine Seite rufen; denn ihre Nadel ist noch nicht so geübt in Platt- und Kreuzstichen, daß sie meiner Aufsicht schon gänzlich entbehren könnte.«

»Mylady,« entgegnete Varney, »Foster hat mich zum Theil mißverstanden. Nicht im Namen Eures edlen Gemahls, sondern über ihn fühle ich mich veranlaßt, ja selbst verpflichtet, mit Euch zu reden.«

»Der Gegenstand ist mir höchst willkommen, mein Herr,« sagte die Gräfin, »sei es nun von oder über meinen Gemahl. Aber faßt Euch kurz, denn ich erwarte seine baldige Ankunft.«

»Kurz also, Madame,« versetzte Varney, »und kühn, denn mein Gegenstand erfordert sowohl Muth als Eile – Ihr sahet heute Tressilian.«

»Ja, mein Herr, und was weiter?«

»Nichts, was Euch betrifft, Mylady. Aber glaubt Ihr, verehrte Frau, daß Mylord, Euer Gemahl, es eben so gleichgültig vernehmen wird?«

»Und warum sollte er es nicht? – Für mich allein war Tressilians Besuch unangenehm und peinlich, denn er brachte mir Nachricht von meines guten Vaters Krankheit.«

»Von Eures Vaters Krankheit, Madame?« antwortete Varney, »die muß schnell gekommen sein; denn der Bote, den ich auf Mylords Befehl dorthin schickte, fand den guten Ritter auf der Jagd, seine Spürhunde mit seinem gewohnten jovialen Jagdrufe ermuthigend. Ich bin überzeugt, Tressilian hat diese Nachricht nur erfunden. – Er hat seine Gründe, Madame, wie Euch sehr wohl bekannt ist, Euer gegenwärtiges Glück zu stören.«

»Ihr thut ihm Unrecht, Herr Varney,« versetzte die Gräfin lebhaft, – »Ihr thut ihm großes Unrecht. Er hat das freimüthigste, offenste und edelste Herz von der Welt. – Außer meinem verehrten Lord habe ich noch Niemand gekannt, dem Falschheit verhaßter wäre, als Tressilian.«

»Ich bitte um Verzeihung, Madame,« sagte Varney, »ich wollte dem Herrn kein Unrecht thun – ich wußte nicht, daß Ihr so viel Antheil an ihm nehmt. In manchen Fällen kann man aus guten und edlen Gründen die Wahrheit verhehlen; denn müßte man immer und bei allen Gelegenheiten die Wahrheit reden, so käme man nicht durch die Welt.«

»Ihr habt das Gewissen eines Höflings, Herr Varney,« sagte die Gräfin, »und Eure Wahrheitsliebe wird, wie es scheint, Eurem Fortkommen in der Welt nicht im Wege stehen. – Aber was Tressilian betrifft – dem muß ich Gerechtigkeit widerfahren lassen, denn ich habe ihm Unrecht gethan, wie Niemand besser weiß als Ihr. Tressilians Gewissen ist aus anderem Stoffe gebildet. – Die Welt, von der Ihr redet, könnte ihm nichts bieten, was ihn von dem Pfade der Wahrheit und Ehre weglocken, noch seinen Ruf beflecken möchte; eher würde der Hermelin die Höhle des schmutzigen Iltis zu seiner Wohnung erwählen. Deshalb liebte ihn mein Vater – und deshalb würde auch ich ihn geliebt haben, wenn ich es gekonnt hätte. Zwar hatte er in diesem Falle, unbekannt mit meiner Verheirathung und der Person meines Gemahls, so dringende Gründe, mich von diesem Orte zu entfernen, daß ich gern glauben will, er habe meines Vaters Krankheit sehr übertrieben, und Eure erfreulichere Kunde sei die wahre.«

»Glaubt mir, daß sie es ist, Mylady,« antwortete Varney; »ich behaupte nicht, ein Kämpfer für jene nackte Tugend, Wahrheit genannt, zu sein. Ich lasse es geschehen, wenn man ihre Reize mit einem Schleier bedeckt, und wäre es auch nur des Anstandes wegen. Doch Ihr müßt geringer von meinem Kopf und Herzen denken, als es einem Manne gebührt, den mein edler Gebieter seinen Freund nennt, wenn Ihr glaubt, ich konnte Euch absichtlich und unnöthigerweise in einer Sache, die Euer Glück betrifft, eine so leicht zu entdeckende Unwahrheit berichten.«

»Herr Varney,« sagte die Gräfin, »ich weiß, daß Mylord Euch achtet und für einen treuen und guten Piloten in diesen Seen hält, wo er seine Segel so hoch und kühn gespannt hat. Glaubt deshalb nicht, daß ich Böses von Euch dachte, als ich zu Tressilians Rechtfertigung die Wahrheit sagte. – Ich bin auf dem Lande geboren, wie Ihr wißt, und halte mehr auf die schlichte Wahrheit der Landleute, als auf Complimente, wie sie bei Hofe gebräuchlich sind; doch werde ich vermuthlich meine Gewohnheiten in meiner neuen Sphäre ändern müssen.«

»Es ist wahr, Madame,« sagte Varney lächelnd, »und obwohl Ihr jetzt im Scherze redet, so wäre es doch nicht übel, wenn Eure Worte mit Eurer wirklichen Absicht in Verbindung träten. – Eine Hofdame zum Beispiel, – selbst die edelste – tugendhafteste – tadelloseste von Allen, die um den Thron der Königin stehen, – würde sich wohl gehütet haben, vor dem Begleiter und Vertrauten ihres edlen Gemahls etwas zum Lobe ihres verabschiedeten Geliebten zu sagen.«

»Und warum,« sagte die Gräfin ungeduldig, indem sie roth wurde, »sollte ich Tressilians Werthe keine Gerechtigkeit widerfahren lassen vor dem Freunde meines Gemahls – vor meinem Gemahl selber – vor der ganzen Welt?«

»Und mit derselben Offenheit,« sagte Varney, »wird Ihre Herrlichkeit meinem edlen Herrn, Eurem Gemahl erzählen, daß Tressilian Euren so sorgfältig verborgenen Aufenthaltsort entdeckt und eine Unterredung mit Euch gehabt hat?«

»Ohne Zweifel. Es wird das Erste sein, was ich ihm mittheile, sowie auch jedes Wort, welches Tressilian gesagt und ich geantwortet habe. Ich werde darin meine eigene Schande aussprechen, denn Tressilians Vorwürfe, weniger gerecht, als er meinte, waren nicht ganz unverdient – ich will daher mit Schmerz reden, aber ich will reden und ihm Alles mittheilen.«

»Ihre Herrlichkeit wird thun, wie es Euch beliebt,« antwortete Varney; »aber mich dünkt, es wäre ebenso gut, da nichts diese offene Erklärung fordert, Euch diesen Schmerz und Mylord die Unruhe zu ersparen, sowie auch Herrn Tressilian die Gefahr, in die er höchst wahrscheinlich gerathen wird.«

»Ich kann keine dieser schrecklichen Folgen entdecken,« sagte die Dame mit Festigkeit, »wenn man nicht meinem edlen Lord unwürdige Gedanken zuschreibt, welche sein edles Herz gewiß niemals gehegt hat.«

»Weit entfernt sei das von mir,« sagte Varney, und dann setzte er nach augenblicklichem Schweigen mit wahrer oder angenommener Freimüthigkeit hinzu, die von seiner gewohnten glatten Höflichkeit sehr verschieden war: »Hört, Madame, ich will Euch zeigen, daß ein Hofmann ebenso gut wie ein Anderer die Wahrheit zu sagen wagen kann, wenn es sich um das Wohl Derjenigen handelt, die er ehrt und achtet – ja wenn es ihm auch selber Gefahr bringen sollte.« – Er hielt inne, als erwarte er den Befehl, oder wenigstens die Erlaubniß, fortzufahren; doch da die Dame schwieg, sprach er weiter, aber offenbar mit großer Vorsicht. – »Blickt um Euch, edle Dame,« sagte er, »und beobachtet die Schranken, womit dieser Ort umgeben ist, das strenge Geheimniß, wodurch das glänzendste Juwel, welches England besitzt, vor den bewundernden Blicken geschützt wird; – seht, mit welcher Strenge Eure Spaziergänge beschränkt und Eure Bewegungen gehemmt sind durch den Wink jenes schurkischen Foster. Beachtet dies und urtheilt selber, welches die Ursache davon sein mag.«

»Mylords Wille,« antwortete die Gräfin; »und ich bin verbunden, nach keinem andern Beweggrunde zu forschen.«

»Sein Wille ist es in der That,« sagte Varney; »und sein Wille geht aus einer Liebe hervor, die des Gegenstandes würdig ist, welcher ihm dieselbe einflößt. Doch wer ein Kleinod besitzt und es hoch schätzt, ist oft ängstlich nach Maßgabe des Werthes, den er demselben beilegt, es vor den gierigen Händen Anderer zu schützen.«

»Was soll all dieses Reden nützen, Herr Varney?« sagte die Dame dagegen; »Ihr wollt mich glauben machen, daß mein edler Lord eifersüchtig ist. Gesetzt es sei wahr, so weiß ich ein Heilmittel gegen Eifersucht.«

»Wirklich, Madame?« sagte Varney.

»Es besteht darin,« versetzte die Dame, »Mylord jederzeit die Wahrheit zu sagen, mein Gemüth und meine Gedanken so rein vor ihm zu erhalten, wie einen polirten Spiegel; so daß, wenn er in mein Herz blickt, er nur seine eigenen Züge dort zurückgestrahlt sieht.«

»Ich bin stumm, Madame,« antwortete Varney; »und da ich keine Ursache habe um Tressilian bekümmert zu sein, der mein Herzblut vergießen würde, wenn er dazu im Stande wäre, so kann ich mich leicht über das beruhigen, was jenem Herrn geschehen wird, wenn Ihr Mylord offen mittheilt, daß er sich erkühnt hat in Eure Einsamkeit einzudringen. – Da Ihr Mylord viel besser kennt, als ich, so werdet Ihr auch beurtheilen können, ob er eine solche Beleidigung ungerächt ertragen wird.«

»Nein, wenn ich denken müßte, die Ursache von Tressilian's Verderben zu sein,« sagte die Gräfin, »so möchte ich mich wohl bewegen lassen zu schweigen, da ich ihm bereits so viel Kummer verursacht habe. – Und doch, was wird es helfen, da ihn Foster, und wenn ich nicht irre, noch sonst Jemand gesehen hat? Nein, nein, Varney, redet mir nicht weiter zu, ich will Mylord die ganze Sache erzählen und Tressilian's Thorheit auf solche Weise zu entschuldigen suchen, daß Mylords edles Herz eher geneigt sein soll ihm zu dienen, als ihn zu bestrafen.«

»Euer Urtheil ist dem meinigen weit überlegen, Mylady,« sagte Varney, »besonders da Ihr, wenn Ihr wollt, das Eis erst prüfen könnt, ehe Ihr es betretet, indem Ihr Tressilian's Namen gegen Mylord erwähnt und beobachtet, wie derselbe auf ihn wirkt. Foster und sein Diener kennen Tressilian nicht persönlich und ich kann ihnen leicht eine vernünftige Entschuldigung für die Erscheinung eines unbekannten Fremden angeben.«

Die Dame schwieg einen Augenblick und erwiderte dann: »Wenn es wirklich wahr wäre, daß Foster noch nicht weiß, daß der Mann, den er gesehen, Tressilian gewesen, so muß ich gestehen, daß ich es gerne sähe, wenn er nicht erführe, was ihn nichts angeht. Er ist schon strenge genug gegen mich, und ich wünsche ihn nicht zum Richter oder Rathgeber in meiner Sache zu haben.«

»Still,« sagte Varney, »was hat der mürrische Kerl mit Ihrer Herrlichkeit Angelegenheiten zu thun? – Gewiß nicht mehr als der Kettenhund, der seinen Hofplatz bewacht. Wenn er Ihrer Herrlichkeit im Geringsten zuwider ist, so habe ich Einfluß genug, ihn mit einem Castellan zu vertauschen, der Euch angenehmer ist.«

»Herr Varney,« sagte die Gräfin, »wir wollen diesen Gegenstand fallen lassen – wenn ich mich über die Diener zu beklagen habe, mit denen Mylord mich umgeben hat, so muß es gegen Mylord selber geschehen. – Horch! ich höre den Hufschlag von Pferden. Er kommt – er kommt!« rief sie, indem sie freudig aufsprang.

»Ich kann nicht glauben, daß er es ist,« sagte Varney, »noch daß Ihr den Hufschlag seines Pferdes durch die dicht verschlossenen Fenster hören könnt.«

»Haltet mich nicht zurück, Varney, – mein Gehör ist schärfer, als das Eurige, – er ist es!«

»Aber, Madame! – Aber, Madame!« rief Varney ängstlich, indem er ihr noch immer nicht aus dem Wege ging, – »ich hoffe, daß das, was ich in demüthiger Pflichtergebenheit gesprochen, nicht zu meinem Verderben wird angewendet werden? – Ich hoffe, daß mein wohlgemeinter Rath nicht zu meinem Nachtheil wird ausgelegt werden? Ich bitte Euch –«

»Beruhigt Euch, Mann – beruhigt Euch!« sagte die Gräfin, »und laßt mein Kleid los – Ihr seid zu kühn mich zurückzuhalten. Beruhigt Euch, ich denke nicht an Euch.«

In diesem Augenblicke wurden die Flügelthüren weit geöffnet, und ein Mann von majestätischer Gestalt, in einen weiten Reitmantel von dunkler Farbe gehüllt, trat in's Zimmer.



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