Johann Elias Schlegel
Die stumme Schönheit
Johann Elias Schlegel

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Dreyzehender Auftritt.

Richard. Jungwitz.

Richard. Was für ein Unterschied, wenn ich die andre seh!
Wenn meine Tochter doch nur halb so artig wäre!

Jungwitz. Gewiß! ich wünschte das.

Richard.                                             Ich auch, bey meiner Ehre.
Wenn ich ein Mägdchen seh, das hübsch natürlich ist,
Nicht so von Kleidern strotzt, und nicht die Schritte mißt;
So lacht mir meine Treu das Herz in meinem Leibe,
Und es hält hart genug, daß ich ein Wittwer bleibe.

Jungwitz. Mein Herr, es ist mir lieb, sie so gesinnt zu sehn.

Richard. Warum?

Jungwitz.             Charlotte zwar ist schön, ich wills gestehn.

Richard. Ja, ja.

Jungwitz.         Etwas Verstand wird sie zum Engel machen.

Richard. Verstand? Verstand? Ey! was? Verstand? ich muß recht lachen.
Wär sie nur nicht ein Ding, das wie im Drathe geht,
Nur Complimente macht, und ihren Reiffrock dreht,
Das lauter Kleider ist, nichts wünscht, als schöne Kleider,
Und ihren Vater kaum so gern sieht, als den Schneider;
Das kaum für lauter Zucht die Lippen öffnen kann,
Und denkt, mit Ja! und nein! ist alles abgethan,
Und weiß sie nur im Spiel die Charten zuzugeben,
Sich einbildt, sie versteht die ganze Kunst zu leben;
Wär sie hübsch ohne Zwang und hätte Munterkeit,
Und spräche, doch nicht stets und auch nicht zu gescheidt,
Und wüste was sich schickt, und wär im Hause nütze,
So frag ich viel darnach, ob sie Verstand besitze.

Jungwitz. Mein Herr, so sind wir eins, so hätte sie Verstand.

Richard. Verstand? mein guter Herr, den hab ich eh gekannt.
Lehr er mich den Verstand der Frauen nur nicht kennen.
Wer ihn erfahren hat, hört ihn nicht gerne nennen.
Wenn ein herschsüchtig Weib den Mann zum Kinde macht,
Und denkt er nicht, wie sie, ihm ins Gesichte lacht,
Ihn straft, so oft er was ohn ihren Rath gesaget,
Ihn vor den Leuten ehrt, und ingeheim ihn plaget,
Und will er nicht, wie sie, mit ewigem Verdruß
Sich krank macht, weint und rast, bis er ihr folgen muß:
So heißt sie das Verstand. Wenn ich so eine hätte:
Ich will ein Schurke seyn, gieng ich mit ihr zu Bette.

Jungwitz. So find ich zwischen uns vollkommen Einigkeit.

Richard. Nun! wenn wir einig sind, was braucht es denn für Streit?

Jungwitz. Doch sollt ein einzig Wort wol ihre Freundschaft mindern?

Richard. Ey! so ein Lumpenstreit, wie sollte der sie hindern.

Jungwitz. Ich meyne das, was ich noch erstlich sagen will.

Richard. So sag ers.

Jungwitz.                 Doch ich weiß . . .

Richard.                                                 Nun denn, so schweig er still.

Jungwitz. Es muß einmal heraus. Am besten ists, ich rede.

Richard. Nun ja! so red er doch. Was thut er denn so blöde?

Jungwitz. Ich gieng zwar den Vergleich mit viel Vergnügen ein,
Und freute mich darauf ihr Tochtermann zu seyn:
Doch die Bedingung war, daß sie mir auch gefiele.

Richard. Ja, ja, nun merk ich wol. Nun kömmt er bald zum Ziele.

Jungwitz. Vielleicht reizt ihr Gesicht noch tausend Augen an.
Wer weiß, wer sie noch sieht, dem sie gefallen kann.
Sie kann noch auf ihr Geld und ihre Schönheit pochen.

Richard. Herr Jungwitz, aber er?

Jungwitz.                                     Ich habe sie gesprochen.

Richard. Nun hab ich schon genug. Gut, ich versteh ihn schon.
Er hat so unrecht nicht, Herr Sohn.

Jungwitz.                                               Nicht mehr Herr Sohn.

Richard. Nun! nun! den bösen Brauch will ich schon endlich lassen.
Nicht mehr Herr Sohn, ganz gut. Doch er muß mich umfassen.
Wir bleiben Freunde drum.

Jungwitz.                                     Das bitt ich.

Richard.                                                           Desto mehr.
Wenn man verschwägert ist, liebt man sich selten sehr.
Doch die verfluchte Frau, die mich so sehr betrogen,
Und denkt, sie hat mir gar ein Wunder auferzogen,
Die wollt ich . . .


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