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Viertes Kapitel. Das Kriegswesen

Wandelungen desselben vom 14. bis ins 16. Jahrhundert. – Die »frummen« Landsknechte. – Taktische und soziale Gliederung der Heere. – Das »Feld-Zeug«. – Ein Schlachtbild aus dem 16. Jahrhundert. – Die dreißigjährige »Kriegsfurie«. – Übergang vom Söldnerheer zum stehenden. – Militär-Luxus.

 

Im Zeitalter der Reformation erhielten die allmählichen Wandelungen, welche seit dem 14. Jahrhundert auch im Waffenwesen Eingang gefunden hatten, ihre bestimmter ausgeprägten Formen. Die Entscheidung in den Schlachten des eigentlichen Mittelalters war bei der schwergeharnischten Adelsreiterei gewesen. Dem hatten aber die siegreichen Kämpfe der Schweizer gegen Österreich und Burgund ein Ende gemacht; denn an den »tiefen, wandelnden Mauern gleichen« Schlachthaufen der Bauern und Bürger war der Ansturm der ritterlichen Reisigen zerschollen. Der altgermanische Fußvolkskampf war dadurch wieder zu Ehren gekommen. Er gab den Ausschlag, bis mit der mörderischen Schlacht von Marignano (1515) ein neuer Wendepunkt in der Kriegskunst eintrat. Dieser Schlachttag zeigte nämlich zuerst die vielgestaltigere Kampfart der modernen Zeit, die Zusammenwirkung von Fußvolk, Reiterei und Artillerie, wodurch die Schweizerharste zum erstenmal geschlagen wurden. Ihre Niederlage, sowie die mannigfaltigen Verbesserungen des schweren Geschützes und des Handfeuerrohrs, leiteten zu der Kampfweise des sogenannten »zerstreuten« Gefechts, welche zuerst in der Schlacht von Pavia (1525) wirkungsreich hervortrat.

Für Deutschland war Georg von Frundsberg, genannt der »Vater der Landsknechte«, der Schöpfer des neuen Kriegswesens, dessen charakteristisches Merkmal im Gegensatze zu dem auf das feudale Lehnsrecht gegründeten mittelalterlichen Ritterdienste der Solddienst gewesen ist. Zwar wurden im 17. Jahrhundert da und dort in Deutschland (um 1600 in Bayern, 1611 in Brandenburg, 1614 in Sachsen) Milizeinrichtungen getroffen, aber weitaus der Hauptsache nach blieb die Söldnerei in Blüte, bis in den Zeiten Ludwigs XIV. eine neue Phase im Waffenwerk eintrat, indem jetzt an die Stelle der zeitweiligen Soldtruppen die durch Werbung gebildeten stehenden Heere traten. Stehend sind sie von da an leider geblieben, aber wir werden im dritten Buche sehen, wie die französische Revolution die Zusammensetzung der Armeen statt auf Werbung auf die Wehrpflicht sämtlicher Bürger gründete und dadurch die Wehrhaftmachung des ganzen Volkes anbahnte.

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Nr. 65. Salvator Rosa, Die Dirne.

Den Kern zu den Banden der Landsknechte, der Knechte, der Waffenknechte des Landes – welche Banden unter Maximilian I. aufkamen, und dann durch Frundsberg ihre feste Organisation erhielten – lieferte die deutsche Bauerschaft. Diese Söldner machten die eigentliche Stärke der Infanterie aus, welche ein Oberster-Hauptmann befehligte. Nach Karls V. Kriegsordnung bestand ein Fähnlein von vierhundert Fußknechten aus hundert Piken, fünfzig Schlachtschwertern oder Hellebarden und zweihundert Feuerröhren; die übrigen fünfzig dienten zur Ausfüllung entstandener Lücken. Die Pikeniere trugen Harnisch, Halskragen, Arm- und Beinschienen, Blechschurz und Pickelhaube. Sie führten ein kurzes Seitengewehr, zwei Pistolen mit Radschlössern im Gürtel und als Hauptwaffe die 16-18 Fuß lange Pike. Statt dieser hatte ein Teil des Fähnleins Hallbarten oder auch mächtige zweihändige Schlachtschwerter. Die mit Feuergewehren bewaffneten Fußknechte trugen einen leichten Panzer und eine Sturmhaube, hatten ein kurzes, zweischneidiges Seitengewehr und als Hauptwaffe eine Handbüchse (Halbhaken, Arkebuse, daher Arkebusiere) mit Luntenschloß oder auch mit Radschloß, welches letztere um 1517 in Nürnberg erfunden wurde. Bald kamen auch die sogenannten kleinen Doppelhaken oder Musketen auf, welche aus langen Rohren Panzer durchdringende Kugeln schossen, aber beim Anfeuern ihrer Schwere wegen auf einen Gabelstock (Bock, Furkete) gelegt werden mußten. Der Musketier trug an einem über die linke Schulter gehängten Riemen zwölf kleine hölzerne Kapseln, deren jede eine Pulverladung enthielt. Auch der Kugelbeutel und die Zündpulverbüchse waren an diesem Riemen befestigt. Gewöhnlich marschierten 10-15 solcher Musketiere, deren jeder 10 Gulden Monatssold erhielt, an der Spitze des Fähnleins. Dieses war in Rotten geteilt, deren jede sich ihren unmittelbaren Vorgesetzten, den Rottmeister, selber wählte. Dem Fähnlein war vorgesetzt ein Hauptmann, dessen Sold durchschnittlich monatlich 40 Gulden oder 10 sogenannte Solde (ein Sold zu 4 Gulden gerechnet) betrug. Unter ihm standen ein Leutnant mit 20, ein Fähnrich mit 20, ein Feldwebel mit 12, ein Kaplan mit 8 Gulden Monatssold, sowie auch einige Unteroffiziere. Eine bestimmte Anzahl von Fähnlein (von 8-10) formierte ein Regiment, welches ein Oberst mit 400 Gulden Monatssold befehligte, dessen Stellvertreter der Oberstleutnant war, dessen Sold monatlich 100 Gulden betrug. Ferner gehörten zum Stabe des Regiments der Wachtmeister, der Quartiermeister, der Regimentsfurier, der Feldprediger, der Oberfeldscherer, der Regimentsprofoß und, nicht zu vergessen, der »Hurenweibel«, welcher die Aufsicht über den Troß und die Lagerdirnen führte. Der Oberst bestellte die Hauptleute der einzelnen Fähnlein, welche sich dann ihre Leutnante und Feldwebel wählten. Der Sold der Gemeinen, welcher in der Regel alle drei Monate ausgezahlt werden sollte, richtete sich nach der Art ihrer Bewaffnung, da der Soldat seine Ausrüstung selber zu besorgen hatte. Stockungen in der Bezahlung des Soldes hatten oft furchtbare Meutereien zur Folge. Es war auch nicht ungewöhnlich, daß berühmte und reiche Bandenführer, wie z. B. die Frundsberge, den Soldherren zur Befriedigung der Söldner, welche außer dem gewöhnlichen Sold nach einer gewonnenen Schlacht oder nach Erstürmung einer Festung noch eine Extrabelohnung erhielten (»Sturmsold«), ansehnliche Summen vorstreckten.

Von Uniformierung der Landsknechtebanden zeigen sich schon frühzeitige Spuren – Franz I. hatte bei Marignano eine Truppe in seinem Solde, welche von der Farbe ihres Zeuges und Kriegsgewandes den Namen der schwarzen Bande führte –; indessen kam Gleichförmigkeit in Schnitt und Farbe des Anzugs doch erst bei den stehenden Heeren zu entschiedener Durchführung. Früher hielt man es für genügend, wenn eine Armee Feldbinden von der Farbe des jeweiligen Soldherrn – die kaiserliche war rot – trug. Sonst überließen sich die Landsknechte im Gegenteil mit Vorliebe allen Eingebungen und Ausschweifungen der Mode ihrer Zeit und des persönlichen Geschmacks oder Ungeschmacks. Sie waren überhaupt nicht die frömmsten Gesellen, obgleich sie sich selbst als die »frummen Landsknechte« zu bezeichnen liebten. Sie waren Söldner, damit ist alles gesagt. Freilich, ihre Kriegsartikel waren streng genug und insbesondere verpönt Ungehorsam, Meuterei, Raub, Mord, Mordbrennerei, Feldflucht, Mißhandlung von Priestern, Kranken, Schwangeren und Kindern; auch hatte jedes Regiment ein förmliches Gericht mit einem Schultheiß an der Spitze, welches die geringeren Vergehen aburteilte, während bei schweren Kriminalfällen in altdeutscher Weise unter freiem Himmel Gericht gehegt wurde, wobei sämtliche Hauptleute, Fähnriche und Feldwebel als Schöffen amteten. Außerdem war bei manchen Regimentern das sogenannte Spießrecht in Übung, wobei sämtliche Landsknechte einen Kreis schlossen und auf die Anklage des Profossen hin den Bezichtigten freisprachen oder aber auf der Stelle verurteilten, durch die Spieße gejagt zu werden, behufs welcher Hinrichtungsart das Regiment eine Gasse mit vorgestreckten Spießen bildete, in welche der Verurteilte durch den Profoß gestoßen wurde. Das Streichen mit Ruten soll zuerst Alba in den Niederlanden, das schreckliche Gassenlaufen Gustav Adolf eingeführt haben. Eine gefürchtete Ehrenstrafe war das Reiten auf dem hölzernen Esel. Allein trotz der Strenge, womit im allgemeinen die Kriegsgesetze gehandhabt wurden, war der Landsknecht doch eine schwere Plage für den Bürger und Landmann, und gleichzeitige Schriftsteller sprechen nur mit Abscheu von ihm.

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Nr. 66. Fragonard, Das brennende Hemd.

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Nr. 67. Boucher, Liebesscherze.

Die Reiterei einer Armee stand unter dem Befehle des Feldmarschalls. Zu Karls V. Zeit zählte eine Reiterstandarte sechzig schwere Lanzen, hundertundzwanzig halbe Kyrisser und sechzig Karabiniere, welche Zusammensetzung jedoch bald einigen Änderungen unterworfen wurde. Die schweren Reiter (Lanzen oder Spießer, später überhaupt Kyrisser) ritten, noch ganz mittelalterlich vom Kopfe bis zum Fuße geharnischt, mächtige Turnierhengste, führten eine starke Lanze, einen langen auf Hieb und Stoß eingerichteten Degen, zwei Pistolen von zwei Fuß Länge mit Radschlössern und oft auch noch einen Streitkolben. Ihre ganze Erscheinung war so schwerfällig, daß, wenn einer in der Schlacht vom Pferde geworfen wurde, zwei Mann erforderlich waren, um ihn wieder aufzurichten. Die Karabiniere ritten leichtere Pferde und trugen leichtere Rüstung. Bewaffnet waren sie mit Degen und Pistolen und außerdem mit dem Karabiner, einer verkleinerten Arkebuse, welche bei dem Abfeuern vor die Brust gestemmt wurde. Der Stab eines Kavallerieregiments, welches von 750 bis auf 1000 Pferde stark war, bestand aus dem Oberst mit 400, dem Oberstleutnant mit 100, dem Wachtmeister, Proviantmeister, Quartiermeister je mit 40 und dem Regimentsfurier mit 24 Gulden Monatssold. Die Rittmeister der einzelnen Standarten hatten wechselnden Sold je nach der Stärke ihrer Fahnen, denn sie bekamen auf jeden ihrer Reiter monatlich einen halben Gulden; der Leutnant erhielt 40, der Fähnrich 30, der gemeine Kyrisser 24, der Karabinier 12 Gulden; sie mußten aber ihre Pferde selber stellen und unterhalten.

An der Spitze des Geschützwesens (»Feld-Zeug«) stand der Zeugmeister, dessen Amt sehr angesehen und gut besoldet war. Er hatte unter sich einen Leutnant, einen Zahlmeister, einen Zeugwart und verschiedene Zeugdiener, Pulverhüter. Den Befehl über die Bedienung der einzelnen Geschütze führten die Büchsenmeister und Feuerwerker (später Konstabler und Bombardiere), deren Sold 8-16 Gulden monatlich betrug. Dem Train war ein Geschirrmeister, dem Pontonwesen ein Brückenmeister, dem Befestigungswesen ein Schanzmeister vorgesetzt. Die deutsche Artillerie teilte die Geschütze schon frühe in Belagerungsgeschütze (Mauerbrecher) und Feldgeschütze ein. Zu jenen gehören die Scharfmetze, der Basilisk, die Nachtigall, die Singerin und die große Quartanschlange; zu diesen die Notschlange, die ordinäre Schlange, die Falkaun, das Falkonett, das scharfe Tindlein. Das erstgenannte aller dieser Geschütze schoß eine Kugel von 100 Pfund Eisen, das letzte eine halbpfündige Bleikugel. Der Kollektivname für alle war Kartaunen. Die sogenannten Steinbüchsen (Hauffnitz, woraus Haubitzen) warfen steinerne Kugeln von 25 bis 200 Pfund Schwere. Unter Karl V. wurde eine Kartaune, welche eine vierzigpfündige Kugel schoß, von zwei Büchsenmeistern mit sechzehn Gehilfen bedient; das Falkonett aber, welches eine dreipfündige Kugel schoß, von einem Büchsenmeister mit nur zwei Gehilfen. Das Formen, Gießen und Bohren der Geschütze geschah in der Hauptsache schon seit 1450 wie noch jetzt. Wichtig für die Ausbildung der Geschützkunst wurde die Anwendung mathematischer Grundsätze auf Tragweite und Zielen, wie sie zuerst der Italiener Tartaglia um 1531 lehrte, und die von dem Nürnberger Mechaniker Hartmann 1540 gemachte Erfindung des Kaliberstabes. Auch im Kunstfeuerwesen machte man Vorschritte und wurden namentlich die Bomben (»sprengende Kugeln«) wirksamer eingerichtet und gefüllt, wie auch schon seit 1524 der Gebrauch der Handgranaten (Grenaden, daher Grenadiere) bekannt war. Es begreift sich leicht, daß die Ausbildung der Artillerie auch die Feldverschanzungs- und Festungsbaukunst vorwärts bringen mußte; denn die alten Einrichtungen dieser Art hielten ja dem verbesserten Geschütze nicht mehr stand, und so war insbesondere die Umschaffung der alten Rundelle in dreieckige vorn spitz zulaufende Bastionen bald ein unabweisliches Bedürfnis. Das Exerzitium richtete sich fast gar nicht auf Evolutionen und Massenbewegungen, sondern vielmehr auf die Kampffähigkeit des einzelnen Mannes und war auch in dieser Beziehung ungemein umständlich und langsam. Die noch in den Windeln liegende Strategik empfing durch Frundsberg, Schertlin und Moritz von Sachsen einige kräftigende Nahrung und lernte dann durch die Generale des Dreißigjährigen Krieges allmählich stehen und gehen. Den Oberbefehl über ein Heer – im 17. Jahrhundert, wo alles in Deutschland verwelscht wurde, kam dafür die spanische Bezeichnung »Armada« auf – führte der Landesherr selbst oder ein von diesem ernannter Oberster-Feldhauptmann, auch Generaloberst genannt. Seinen Generalstab bildeten der Kriegszahlmeister, der Oberproviantmeister, der Generalprofoß (»Generalgewaltiger«), der Armee-Herold, der Generalquartiermeister, der Oberst-Feldarzt, etliche Geheimschreiber und der Brandmeister, welcher die Brandschatzungs- und Verbrennungsgeschäfte zu besorgen hatte.

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Nr. 68. Strozzi, Baßgeigenkünstlerin.

Es dürfte jedoch der Leser durch ein Schlachtenbild aus jener Zeit leicht eine deutlichere Anschauung von dem damaligen Kriegswesen erhalten, als ihm durch unser bisheriges Referat beigebracht werden kann. Wir halten daher einstweilen inne und geben das Wort einem berühmten Kriegshelden, eben unserem Georg von Frundsberg, damit er uns die schon erwähnte, politisch und kriegsgeschichtlich gleich wichtige Schlacht von Pavia, welche König Franz I. gegen das unter dem Oberbefehl des Marchese von Pescara stehende Heer Karls V. verlor, im Schlachtbulletinstil seiner Zeit und mit seinen eigenen Worten schildere. »Am dritten Tag des Mayen sind wir zu Tampian mit dem Heere neben dem Thyergarten und des Franzosen Leger gegen Pavia auf eine welsche Meil geruckt, daselbst im freyen Veld wider das Leger geschlagen. Des seyn die Veind zwischen unser und der statt gelegen, sich seer vast vergraben (verschanzt), damit wir sy nit überzugend und inen nicht dann mit großem merklichen schaden abbrechen möchten. Die (Besatzung) von Pavia uns zugeschrieben durch die Ziffren, wie wir keyneswegs angreifen sollen, auch unser Sach ihrenhalben in keyn gefahr setzen sollen. Darauf wir begert haben, einen von ihnen zu uns herauszuschicken und mit ihme zu ratschlagen, damit wir wissen unser und wir ihre Anschleg. Darauf sy uns den Walderstein heraußgeschickt, haben wir mit ihme geratschlagt, damit sy aus dem Schloß heraus ziehen und hinter ihnen das Schloß besetzen und 200 knecht (Landsknechte) an die Orth in der statt da dann es von nöten sey verordnen, sampt etlichen Italionern. Und doch mit ihnen beschlossen, daß sy ir sach in keyn gefahr setzen, biß daß wir in der Nacht zween schuß mit großen Stucken ihnen zu einem Worzeichen tun, damit sy wissen daß wir auf seyn, dagegen sy uns feurzeichen geben und damit angezeigt daß sy ihr Sach auch in Ordnung haben; darauff seind die unsere von stund in der Nacht aufgeweßt, den troß von uns hinter sich auf die seytten geschickt an Thyergarten und in Gottis Namen darnach in einer stund von unserem Leger über die seyt an die Maur gezogen, und als den Tag hergangen ist, haben wir die Maur gewunnen und haben einen lauffenden Hauffen 200 Knecht und 1000 Spanier, die all weiße hemmeter angehabt, verordnet, uß der Ursach, daß wir gemeint haben, die Maur vor tags zu gewinnen, und haben wellen die Kyrisser im Thyergarten überfallen, hat uns der Tag übereylt und verhindert von wegen daß es sich so lang mit der Maur verzogen hat. Seind indem die Kyrisser der Sach gewar worden und auch auf geweßt, zu ihrem Hauffen geruckt, auff sy haben wir verordnet den lauffenden Hauffen und neben ihnen die leichtesten Pferd, und ist uff sy gangen unser Geschütz, darnach Herr Mertein Sittich von Ems mit seinem Hauffen so er (aus Deutschland) hereingeführet, mit sampt den 12 fendlein Knechten so ich, Jerg von Fronsperg, ihme mit sampt Jakoben Vernang meinem Haubtmann von meinem Hauffen zugeordnet. Nach demselben bin ich, der von Fronsperg, mit Herr Kaspar Wintzrer mit dem andern Hauffen Lantsknechte gezogen. Also haben der Zeugmeister, ausserhalb Bevelch oder Geheiß unser, die Büchse ausgespannen. Nun haben wir, als wir in den Thyergarten kommen seyn, Worzeichen mit denen von Pavia gemacht, daß wir und sy in einer Posseß, Mirabel genannt, zusammen kommen sollten. Do ist Herr Mertein durch den Marckes (Marchese von Pescara) entboten worden, er soll eylends ziehen zu dem Hauffen, und ich Jerg von Fronsperg hab müssen warten, damit das Geschütz wieder angespannen wurd, und mochten das Geschütz nit so geschwind über die Gräben bringen, dadurch des Franzosen reysiger Zeug etlich Paurn, Ochsen und Roß bey dem Geschütz erstochen. Und haben also Geschütz müssen verlassen und seynd also mit meinem Hauffen bis wieder zu Herr Mertein eylends gezogen. Do haben die am Nachzug mit dem Geschütz auch schaden gethon. Also ist der Franzos mit seinem Reysigen Zeug, dergleichen mit seinem Hauffen Lantsknecht und den Schweitzern gegen uns geruckt, und ihr Geschütz vor ihnen geschleift und heftig gegen uns geschossen, Got hab lob nit darnach schaden gethan. Darnach wir rätig geworden, wiewohl der Hauff zu Pavia noch nit bey uns gewesen, und im Namen Gottis bei 1500 Spanierschützen unserem reysigen inen zu geben (beizugeben), und seyn Herr Mertein und ich mit unseren beden Hauffen gestracks neben einander dem Geschütz zuzogen, darauf der Franzosen Hauff Lantsknecht demnächsten uns unter Augen getroffen und Herr Mertein mit seinem Hauffen über ein Orth auch in des Franzosen Hauffen Lantsknechte getroffen und haben indem die Lantsknecht geschlagen und mit beden Hauffen fürgedruckt, ihnen ihr Geschütz abdrungen, also haben die Spanische Schützen und neben ihnen unser Reysigen in des Franzosen Kyrisser so fast gesetzt und geschossen, daß dieselbigen Kyrisser den Schweitzern zum Teil ihr Ordnung zertrennt, und unsere Reysigen als darein mit ihnen gehauen und dem Künig sein Roß geschossen. Sobald wir die Lantsknecht geschlagen, haben die Schweitzer kein stand gethon (als die deutschen Landsknechte Franz' I. von den kaiserlichen Landsknechten geschlagen waren, hielten auch seine schweizerischen Söldner nicht mehr stand). Also seyn Reysigen und sonderlich Grav Niklas von Salm mit sampt seinen reysigen Hoffgesind des Franzosen Reysigen nachgefolgt und sich erlich und wol gehalten und sonderlich der Grav Niklas sich so hart umb den Künig angenommen und dem Künig sein pferd erstochen. Da hat sich der Künig vast gewert, doch ist er als der Hengst unter ihme gefallen, gefangen worden, und wollen in (ihn) vil jetzund gefangen haben. Die unser zu Pavia haben inen selbst ein Hauffen Schweitzer, Kastganier (Gascogner) und Lantsknecht in ihrem Auszug fürgenommen, dieselben zu verhindern, und darauff hinausgefallen und sy perfort geschlagen, groß Gut gewunnen, dann sy ihnen ihre Läger alle geplundert. Und sind also mit sampt denen, so ertrenkt (ertrunken), ob den zehntausend mannen tod pliben und erschlagen worden, darund' viel guter Leuth umbkommen, und ich acht das wir auf unser seyten über die vierhundert man nit verloren. Und haben sich die Franzosen Lantsknecht tapffer gewert, doch der merteyl das Gloch schon bezalt, und haben viel guter gefangen. Nemlich den künig von Frankreich, den künig von Navarra, auch des künigs von Schotten bruder und vil mechtige französisch Herren. Wann welliche nit gefangen worden, seynd alle erschlagen. Wir haben auch den Veinden genommen 32 Stuck Püchsen und der Schweitzer, sowir gefangen und wieder ledig gelassen, seynd bei vier Tausend. Es seynd auch sonst viel Lantsknecht gefangen und der Langemantel ist erstochen werden.«

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Nr. 69. Courtin, Galanter Kupferstich.

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Nr. 70. Modebild.

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Nr. 71. Bürger und Bürgerin.

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Nr. 72. van Dyck, Porträt der Gräfin Percy.

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Nr. 73. Charles Eisen, Schäferszene.

Im Dreißigjährigen Krieg hielt sich im allgemeinen die bisher geschilderte Einrichtung des Kriegswesens, im einzelnen aber wurde in Taktik und Strategik manches doch verändert und verbessert. Tilly, Wallenstein, Gustav Adolf und die nach ihm kommandierenden schwedischen Feldherren trafen mancherlei neue Einrichtungen, jedoch blieb es im kaiserlichen Heere mehr beim Alten. Die kaiserliche Reiterei bestand aus Kyrissern, Karabinieren, Kroaten und Dragonern, welche letzteren eigentlich als leichtes Fußvolk gebraucht wurden und sich der Pferde nur zum rascheren Weiterkommen bedienten. Das kaiserliche Fußvolk hielt an der Einteilung in Pikeniere und Musketiere fest. Die kaiserliche Artillerie schleppte sich noch immer mit den ungefügen Stücken aus dem 16. Jahrhundert. Die Batterien Tillys bestanden aus Vierundzwanzigpfündern, zu deren Fortschaffung zwanzig Pferde erforderlich waren, aus Sechsunddreißigpfündern und Achtundvierzigpfündern. Diese Stücke ruhten auf ungeheuren Lafetten, und da, wo sie beim Anfange des Treffens aufgestellt wurden, mußten sie ihrer Ungefügheit wegen stehen bleiben. Kanonenpatronen kannte man noch nicht. Die geöffnete Pulvertonne stand neben dem Stück, und der Konstabler schüttete mittels einer Schaufel das Pulver in die Mündung. Wallenstein vermehrte das Geschütz der kaiserlichen Armada auf achtzig Stücke. Viel mehr führte Gustav Adolf mit sich, wie er z. B. im Lager von Nürnberg 300 Stücke hatte. Er richtete auch neben den schweren Kartaunen zuerst eine sogenannte fliegende Artillerie ein, welche aus Vierpfündern bestand, die bereits mit Patronen geladen wurden. Noch leichter und daher auch rascher fortzuschaffen und zu handhaben waren seine ledernen Kanonen, deren Rohr aus einem dünnen mit Eisenbanden umschmiedeten, mit Stricken umwundenen und zuletzt mit Leder überzogenen Kupferbleche bestand. Der Schwedenkönig ließ, um nie Mangel an Artilleristen zu haben, auch die Musketiere auf die Bedienung der Geschütze einüben. In seiner Reiterei bediente er sich nur der Dragoner und Kyrisser und benahm den letzteren durch Verminderung der Rüstung ihre Unbehilflichkeit. In den Infanterieregimentern setzte er die Zahl der Pikeniere auf ein Drittel herab und vermehrte die mit Feuergewehr bewaffneten bis auf zwei Drittel, wodurch er ebenfalls den Kaiserlichen Vorteile abgewann. Seine Strategie beruhte hauptsächlich auf einer Vorwegnahme der berühmten Napoleonischen Schnelligkeit der Bewegungen, seine Taktik auf Ausbildung der Manövrierfähigkeit der Regimenter für sich und in Verbindung miteinander, sowie auf dem erhöhten Zusammenwirken der drei Waffengattungen. In der Aufstellung des Heeres zum Kampfe verfuhr Gustav Adolf ebenfalls als denkender und umsichtiger Führer. Er ging ab von der viereckigen, dichtgedrängten, der mazedonischen Phalanx ähnlichen Schlachtordnung, wie die Schweizer sie aufgebracht hatten, weil er einsah, welche Nachteile eine solche Aufstellung den Wirkungen des Geschützes gegenüber haben müßte, und bildete eine Schlachtlinie, welche den Infanteriebrigaden, die ihrerseits durch Reiterei auf den Flanken und in den Zwischenräumen gedeckt waren, Raum zu freier und rascher Bewegung gab, während das maskierte Geschütz durch Öffnung der Reihen des Fußvolks zu entscheidendem Gebrauche fertig gemacht werden konnte. Mit Recht hat man daher die Schlachtordnung des Schwedenkönigs einer wohlgebauten Festung verglichen, die fähig war, den Feind überall bestens zu empfangen, und mit Fug stellt man Gustav in die Reihe der größten Generale der Geschichte. In einer Zeit, wo der Drang der Umstände auch dem niedriggeborenen Talente zum Feldherrnstabe verhalf – ich erinnere nur an die Generale Johann von Werth, Aldringen, Beck, Stallhantsch, Sporck und an den Schneiderlehrling Derfflinger, der etwas später brandenburgischer Feldmarschall wurde, sowie daran, daß Tilly, Pappenheim und Wallenstein nur dem niederen Adel angehörten –, in einer solchen Zeit hob sein militärisches Genie den König über seine Mitstrebenden weit hinweg, und es gebührt ihm auch noch die Anerkennung, daß bei seinen Lebzeiten von seiten des protestantischen Heeres der Krieg wenigstens noch einigermaßen nach menschlichen Grundsätzen geführt wurde. Später freilich wurde das anders, und die Lutheraner hatten den Tillyschen und Friedländischen sehr bald nichts mehr vorzuwerfen.

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Nr. 74. Charles Eisen, Der Ehebruch.

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Nr. 75. Zofendienste.

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Nr. 76. Beham, Freuden des Lebens

Der Dreißigjährige sogenannte Religionskrieg sollte den Beweis leisten, wie weit die Menschen es überhaupt in der Bestialität bringen könnten. Der Abschaum der Söldnerbanden Europas führte auf dem geschändeten deutschen Boden das gräßlichste Kriegstrauerspiel auf, welches unsere, welches die Geschichte überhaupt gesehen hat. Zu einer namenlosen Zügellosigkeit der soldatischen Sitte gesellte sich eine haarsträubende Erfindsamkeit der Grausamkeit und eine rasende um des Mordes selbst willen mordende Mordlust. Die Hand müßte einem erstarren, wollte man die entsetzlichen Greuel jener Tage, wie der ehrliche Philander von Sittewalt in seinen »Gesichten«, im Kapitel vom »Soldatenleben«, sie geschildert hat, im einzelnen nachschreiben. Genug, das Sengen, Rauben und Totschlagen, das Totschänden unreifer Kinder, das Notzüchtigen von Mädchen und Frauen auf den Rücken ihrer gebundenen und verstümmelten Väter und Gatten, das Brüste abreißen Schwangerer, das Leibaufschlitzen Gebärender, das massenhafte Niedermetzeln der Bewohnerschaften eroberter Orte, das martervolle Tränken mit Jauche (Schwedentrank), die erbarmungslosesten Erpressungen, die mutwilligste Vernichtung von Vieh, Feldfrüchten und Wohnungen: das alles und noch vieles Ähnliche war dreißig Jahre lang in Deutschland an der Tagesordnung. Und wo der mitleidlose Kriegssturm vorübergerast war, da ließ er hinter sich gräßliche Seuchen und Hungersnöte. Während der Jahre 1636-37 war, wie der alte Khevenhiller erzählt, in vielen Teilen Deutschlands, voraus in Sachsen, in Hessen und im Elsaß, die Hungersnot so entsetzlich, daß die Bewohner Fleisch vom Schindanger holten, Leichen vom Galgen herab stahlen, die Gräber nach Menschenfleisch umwühlten. Brüder verzehrten ihre toten Schwestern, Töchter ihre verstorbenen Mütter, Eltern mordeten ihre Kinder, um sie zu essen, und nahmen sich dann, über die schreckliche Sättigung in Wahnsinn fallend, selber das Leben. Es bildeten sich Banden, die auf Menschen, als wären es wilde Tiere, förmlich Jagd machten, und als man in der Gegend von Worms eine solche Jagdgenossenschaft, die um siedende Kessel herumsaß, auseinandertrieb, fand man menschliche Arme, Hände und Beine zur Speise bereitet in den Kochgeschirren vor. So lösten sich alle sozialen Bande, alle Forderungen der Menschlichkeit wurden mit Füßen getreten, alle heiligsten Gesetze verhöhnt; der Acker lag unbebaut, die Werkstätte stand leer, die Zivilisation schien mit ihren Wurzeln ausgerottet werden zu sollen. Alles verwilderte und verödete. In dem kleinen Herzogtum Württemberg allein waren abgebrannt 8 Städte, 45 Dörfer, 158 Pfarr- und Schulhäuser, 65 Kirchen, 36 000 Häuser. Die Bewohnerschaften ganzer Gegenden starben an der Ruhr und Pest dahin, welche infolge des Gebrauches unnatürlicher Lebensmittel und infolge der Obdachlosigkeit und Entblößtheit ausgebrochen waren. In den acht Jahren von 1634-41 allein gingen in Württemberg 34 5000 Menschen zugrunde, so daß das Land im Jahre 1641 kaum noch 48 000 Bewohner zählte. In Thüringen hatten vor dem Kriege in 19 Dörfern 1773 Familien gewohnt; nach dem Kriege waren es noch 316. In Sachsen sollen einer angestellten Wahrscheinlichkeitsrechnung zufolge nur binnen zwei Jahren (1631-32) nicht weniger als 934 000 Menschen erschlagen worden oder vor Hunger und Kummer zugrunde gegangen sein. Die Pfalz hatte vor dem Kriege eine halbe Million Einwohner, zur Zeit des Westfälischen Friedens höchstens 48 000. Noch furchtbarer war der Menschenverlust in Franken. In dem einzigen Kreise Henneberg z. B. schmolzen in der Zeit von 1631 bis 1649 die 18 158 Bewohner auf 5840 herab. Sehr begreiflich daher, daß, dem Mangel an Menschen zu steuern, zu ganz befremdlichen Auskunftsmitteln gegriffen wurde. Ein solches war z. B. der Beschluß, welchen am 14. Februar 1650 der Fränkische Kreistag zu Nürnberg gefaßt hat und dessen aktenmäßiger Wortlaut dieser ist: – »Demnach auch die unumgängliche des heyl. Römischen Reichs Notthürft erfordert, die in diesem 33 Jerig blutigen Krieg ganz abgenommene, durch das Schwerdt, Krankheit und Hunger verzehrte Mannschaft wiederumb zu ersetzen und in das khünfftig eben desselben Feinden, besonders aber dem Erbfeind des christlichen Namen, dem Türckhen, desto stattlicher gewachsen zu sein, auf alle Mitl, Weeg und Weiß zur gedenkhen, als seinds auf reiffe Deliberation und Beratschlagung folgende 3 Mittel vor die bequembste und beyträglichste erachtet und allerseits beliebt worden: 1) Sollen hinfüro innerhalb den nechsten 10 Jahren von Junger mannschaft oder Mannßpersonen, so noch unter 60 Jahren sein, in die Klöster uffzunemmen verbotten, vor das 2te denen Jenigen Priestern, Pfarrherrn, so nicht ordensleuth, oder auff den Stifftern Canonicaten sich Ehelich zu verheyrathen; 3) Jedem Mannßpersonen 2 Weyber zu heyrathen erlaubt sein: dabey doch alle und Jede Mannßperson ernstlich erinnert, auch auf den Kanzeln öffters ermanth werden sollen, Sich dergestalten hierinnen zu verhalten und vorzusehen, daß er sich völlig und gehörender Discretion und versorg befleiße, damit Er als ein Ehrlicher Mann, der ihm 2 Weiber zu nemmen getraut, beede Ehefrauen nicht allein notwendig versorge, sondern auch under Ihnen allen Unwillen verhüette.« Im Jahre 1618 hatte Deutschland sicherlich eine Bevölkerung von 16-17 Millionen, im Jahre 1649 war sie auf nahezu 4 Millionen zusammengeschmolzen.

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Nr. 77. Weyer, Nächtliches Gelage.

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Nr. 78. Meldemann, Der Nasentanz zu Gimpelsbrunn.

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Nr. 79. Raphael, Gemeinsames Bad.

Der Übergang vom Söldnerheer zum stehenden, welches letztere dem fürstlichen Absolutismus zu seiner Existenz schlechterdings notwendig war und ist, machte sich unschwer. Man verlängerte seit dem Dreißigjährigen Kriege die Dienstverpflichtung der Söldner, welche sich früher nur auf kurze Frist, oft nur für einen bestimmten Kriegszug verdungen hatten, immer mehr und mehr, endlich auf eine bestimmte Anzahl von Jahren. Dabei wurde das Handgeld größer, aber der Sold viel geringer, die Kriegsartikel schärften sich, die Fuchtel begann zu regieren. Eine eigene Menschenklasse kam auf, die der Werber, welche kein Mittel scheuten, ihren Auftraggebern Rekruten zu liefern, und einen förmlichen Menschenhandel organisierten. Frankreich ging in Bildung stehender Heere voran, wie denn dort und in den Niederlanden das meiste für die Ausbildung der modernen Kriegskunst geschah. Ludwigs XIV. militärische Einrichtungen waren maßgebend, die Festungsbauten seines berühmten Ingenieurs Vauban, mit welchem nur der Niederländer Coehoorn wetteifern konnte, waren Vorbilder für ganz Europa. In Deutschland schlossen sich die stehenden Armeen an den Kern der fürstlichen Leibtrabantenkompagnien. Die Bezeichnung Knecht oder Landsknecht kam ab, das Wort Soldat wurde gebräuchlich. In den Türken- und Franzosenkriegen, wie in den Feldzügen Karls XII., vergrößerten sich die Heere, und seither hat auch die Soldatenspielerei, der Uniformentand, die Revüenlust und Kasernenwirtschaft – erst die stehenden Heere hatten Kasernen nötig – immerfort zugenommen. Die Waffen wurden bei allen Truppengattungen nach und nach verbessert und handlicher gemacht. Die Infanterie wurde bald durchgehends mit Feuergewehren bewaffnet, so daß nur noch die Subalternoffiziere leichte Partisanen führten. Seit 1680 wurde das Bajonett allgemein, doch ward es zunächst noch in den Lauf der Muskete gesteckt. Den ersten Rang beim Fußvolk nahmen die Grenadiere ein, welche neben dem Gewehr auch Handgranaten führten. Der Kavallerie wurden als neue Reitergattungen Husaren und Ulanen hinzugefügt. Eine dynastisch-egoistische Staatskunst wußte den Unterschied zwischen Soldaten und Bürgern immer schroffer auszubilden. Der soldatische Korpsgeist trat mit allen seinen Folgerungen immer anmaßender auf. Der militärische Ehrbegriff spitzte sich aufs allerkünstlichste zu und schuf einen Duellkodex, welcher unzählige Opfer forderte und in dem um 1670 üblichen Pistolenduell zu Pferde den eigentümlichen Versuch machte, die mittelalterlich ritterliche Kampfweise mit der modernen Waffe zu verbinden.

siehe Bildunterschrift

Nr. 80. Fuhrmann mit Hosenlatz.

Wie schon gesagt, vergrößerten sich die Heere rasch. Im 16. Jahrhundert hatte eine kaiserliche Armee von 25 000 Mann für sehr stark gegolten, im Jahre 1673 zählte die Armee, welche Leopold I. unter dem Generalissimus Montecuculi – der den bekannten Ausspruch tat, daß zum Kriege drei Dinge nötig seien: Geld, Geld und wieder Geld – gegen die Franzosen ins Feld stellte, an 50 000 Mann, die Reichsvölker ungerechnet. Die Infanterieregimenter waren 2500, die Kavallerieregimenter 900 Mann stark. Nächst Österreich hielt besonders Preußen eine zahlreiche stehende Armee. Der Große Kurfürst (1640-88), welcher auch den von seinen Nachfolgern leider wieder aufgegebenen ernstlichen Versuch machte, eine deutsche oder wenigstens eine preußische Kriegsmarine zu schaffen, begründete die Stellung Preußens als Militärmacht. Schon 1656 zählte die brandenburgische Armee vier Generalleutnants und zwölf Generalmajors. Die Armee verschlang von den Gesamteinkünften des Landes, welche 2½ Millionen betrugen, schon fast die Hälfte. Im Jahre 1689 zählte das Heer eine Trabantengarde, die »Grandsmousketairs«, ein Leibregiment und außerdem an Kavallerie 7 Regimenter Kürassiere und 5 Regimenter Dragoner, an Infanterie 26 Kompagnien Leibgarde und 19 andere Fußregimenter, endlich 798 Artilleristen mit 40 Stücken Geschütz, im ganzen 26 858 Mann. Beim Tode des ersten Königs von Preußen (1713) war die Armee 30 000 Mann stark. Die Montierung der Truppen war zum Teil prachtvoll. Die Trabantengarde zu Pferde war blau mit Gold uniformiert und trug karmesinrote Bandeliere, die Scharlachuniform der Offiziere war mit Goldstickerei bedeckt. Die Grandsmousketairs, lauter Edelleute mit Offiziersrang, trugen Scharlach mit Gold und Hüte mit braun und weißen Federbüschen. Die Grenadiergarde war blau mit weiß montiert, und die Offiziermützen bestanden aus Karmesinsamt. Behrenhorst, der Bankert des »alten Dessauer«, mag uns den Aufzug einer preußischen Grenadierkompagnie damaliger Zeit beschreiben: »Röcke, Westen und Aufschläge hellblau mit rotem Unterfutter, weit und lang, gelbe Knöpfe darauf. Die Westen gehen bis zum Knie, die Oberröcke sind nur um ein paar Zoll länger, Aufschläge und Ärmel von Rokelorweite. Die Gemeinen tragen den Rock offen, die Schöße aufgehakt, die Ober- und Unteroffiziere aber den Rock bis unten zugeknöpft. Alles hat stumpf abgespitzte Beutelmützen von Tuch, vorn weiß, das Hinterteil bei den Gemeinen blau, bei den Offizieren rot. Die Ober- und Unteroffiziere haben dicke weiße Halstücher, die Gemeinen rote, vorn in einen Knoten geschlungen. Alles hat Handschuhe. Die Gemeinen haben rote, die Unteroffiziere blaue, die Oberoffiziere schwarze Strümpfe. Alles ist mit Flinten, Bajonetten und Pallaschen mit gelben Handgriffen bewaffnet, Bandeliere der Gemeinen gelb, der Offiziere rot. Ringkragen vergoldet.« Diese Uniform blieb im wesentlichen bis nach dem Siebenjährigen Kriege dieselbe, doch werden wir, wenn wir im dritten Buche wieder vom Militärwesen sprechen müssen, Zopf und Puder hinzutreten sehen. Der Troß, welcher die Heere zu Ausgang des 17. und am Anfang des 18. Jahrhunderts begleitete, war ungeheuer. Namentlich aber schleppten die deutschen Fürstlichkeiten, wenn sie persönlich zu Felde zogen, ein unglaubliches Gerümpel von Menschen und Dingen nach. Als z. B. der römische König Joseph, nachmals der erste Kaiser dieses Namens, 1702 zu der Armee ging, welche Landau belagerte, hatte er ein Gefolge von 230, seine ihn begleitende Gemahlin ein Gefolge von 170 hohen und niedern Bedienten, den militärischen Hofstaat nicht mitgerechnet. Dreiundsechzig Kutschen und vierzehn Kaleschen, auf jeder Station mit 406 Relaispferden bespannt, waren zur Fortschaffung dieses Dienertrosses nötig, in welchem vom Oberhofmeister bis zum Kesselreiber herab alle möglichen Bedienstungen vorkamen. Und dann, welche Gepäcklast wurde diesem Troß nachgeführt! Man schleppte sogar zwei Geflügelwagen, zwei Ziergartenwagen und sechs Kellerwagen mit Wein von Wien an den Rhein.

 


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